Nr. 37 - 1942

Anfang Mai

SOZIALISTISCHE MITTEILUNGEN

News for German Socialists in England

This newsletter is published for the information of Social Democratic
refugees from Germany who are opposing dictatorship of any kind.

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Mit seiner Reichstagsrede vom 26. April hat Hitler viel von dem Lügengewebe zerrissen, das er und seine Propagandisten innerhalb und ausserhalb des Dritten Reiches um den Gewaltcharakter seiner Diktatur gewoben hatten. Das Bild, das er seinen von ihm selbst gewählten Getreuen im Reichstag entwarf, war nicht das einer begeistert ihm folgenden Nation, die in Siegestaumel jauchzt und in Weltmachtsträumen schwelgt. Es war das Bild eines zu Abenteuern und Blutopfern ohne Ende gehetzten Volkes, dem die "Nerven" versagen und das nur durch verstärkten Zwang von oben her, durch brutale Drohung mit absoluter Gewalt und mit der Furcht vor dem Untergang erneut zur Schlachtbank getrieben werden kann. Je länger der Krieg dauert, umso mehr wird Hitler gezwungen, von den Lügen zu lassen, mit denen er und seine Marktschreier die Welt zu täuschen hofften. Die neuen Vollmachten, die er sich vom Reichstag "gewähren" liess, enthüllen den Rechtszustand, der im Dritten Reich faktisch schon seit Jahren bestand: Recht ist, was der Führer anordnet. Dass Hitler diesen Zustand jetzt öffentlich sanktionieren liess, ist ein Eingeständnis der Tatsache, dass die Opposition, die er erfuhr und die er erwartet (und die ihm, nach seiner eigenen Andeutung, schon im vergangenen Winter beinahe das Ende bereitet hätte), nicht mehr auf die entmachteten, entrechteten, anonym gewordenen Massen beschränkt ist, sondern Kreise ergreift, die an Hitlers Herrschaftsapparat teilhatten, weshalb er sich ein unbeschränktes Mandat zu Absetzungen und "Liquidierungen" geben liess.

So ermutigend für alle Gegner Hitlers diese Eingeständnisse sind und so sehr sie die Wahrheit dessen be-

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stätigen, was unbestechliche Beurteiler der innerdeutschen Lage seit langem sagten, so wenig dürfen wir uns von ihnen zu Illusionen über die Weltlage verführen lassen. Die Wahrheit ist nun einmal, dass dieser Krieg und die faschistischen Weltmachtpläne keine nur deutschen Angelegenheiten sind. Die Machtergreifung Lavals in Vichy-Frankreich hat es selbst denen bewiesen, die Hacha[1] und Quisling und Pavelic[2] und Antonescu[3] nicht zur Kenntnis nehmen wollten, und die bedrohliche Fortsetzung des japanischen Vorstosses in Asien beweist das gleiche.

Trotz aller wachsenden inneren Schwierigkeiten verfügt Hitler heute noch immer über verbündete Gruppen in fast allen Ländern des Kontinents - und hofft auf Entlastung und Entsatz vom Fernen Osten.

Er hat die Frühjahrsoffensive durch Wochen aufgeschoben; aber es spricht viel dafür, dass er sie doch unternehmen wird: weil sie seine letzte Hoffnung ist, sich und seine Alliierten an der Macht zu halten, seine und ihre Opposition einzuschüchtern und - mit Japans Hilfe - den Ring zu sprengen, der um den Kontinent gelegt ist.

Dass die demokratischen Mächte ihre Vorbereitungen gegen die drohenden Gefahren, aber auch für die möglichen wirksamen Gegenschläge trafen, ist nach den Besprechungen, die in London zwischen britischen und amerikanischen Stabschefs stattgefunden haben, als sicher zu bezeichnen. Es ist müssig, über Pläne zu reden, welche die Eingeweihten geheimhalten. Die verstärkten Angriffe der britischen Luftflotte gegen deutsche Häfen und Fabriken und gegen die für Hitler arbeitende Industrie der besetzten Gebiete deuten ebenso wie die Handstreiche der "Kommandos" an der französischen Küste auf den offensiven Charakter künftiger Kriegsführung, während die Gegenangriffe der deutschen Luftwaffe auf englische Städte die weitere Notwendigkeit defensiver Vorkehrungen betonen. Es ist kein Zweifel darüber, dass die Entscheidung auf dem Kontinent fallen wird, - aber wie und wann sie erreicht werden kann, ist keine Frage der Agitation, sondern der militärischen Möglichkeiten und politischen Vorbereitungen.

Auch hier gilt es, der Wahrheit nicht auszuweichen und den Schwierigkeiten ins Gesicht zu sehen, um sie zu überwinden. Der Abbruch der Verhandlungen, die Sir Stafford Cripps namens der britischen Regierung mit den Führern der Parteien und Gruppen Indiens führte[4], hat an

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einem - von Europa sehr fernen, aber ihm in mancher Beziehung sehr ähnlichen - Beispiel gezeigt, dass Gegensätze und Misstrauenskomplexe, die sich in Jahrhunderten entwickelt und erhalten haben, nicht in Wochen beseitigt werden können, dass es einer geraumen Uebergangszeit bedarf, um Einigung zu erreichen, dass aber diese Einigung Aussichten hat, wenn sie auf die klare Verheissung der Freiheit und Freiwilligkeit gegründet ist.

Ein Schritt auf diesem Wege ist in Indien gemacht worden, und alle Gutgesinnten hoffen, dass er nicht vergebens und nicht zu spät erfolgt ist. Die Japaner, die durch ihre Besetzung Singapores und Niederländisch-Indiens einen Keil zwischen Australien und Indien trieben, sind jetzt dabei, in Burma den Keil zwischen China und Indien zu treiben. Die Gefahr für Indien wächst mit jedem Tag. Niemand kann den Völkern Indiens ehrlicher wünschen, die Gefahr zu erkennen, als die, welche die Tragödie Europas als Augenzeugen miterlebten.

Wenn nicht alles täuscht, stehen wir dicht vor dem Beginn neuer kriegerischer Ereignisse auch auf den Schlachtfeldern Europas und des Vorderen Orients. Die Gegner Hitlers und seiner Vasallen sehen ihnen mit Zuversicht und Siegeshoffnung entgegen. Sicher wird die "Achse" noch einmal alles in den Kampf werfen, was sie hat. Aber Hitlers Rede (ebenso wie wenige Tage später Mussolinis Appell an seine Präfekten[5]), war ein deutliches Anzeichen für die Gegenkräfte, die hinter der Hitlerschen Kriegsfront immer drohender werden. Sie sind nicht für immer zum Schweigen gebracht worden. Die Wahrheit ist auf dem Marsche.




[Veranstaltungshinweis]

Eine War-Time-Konferenz veranstaltet der "Left Book Club"

Sonnabend, den 30. Mai (9.30-1.00 und 2.30-6.00 Uhr) u[nd]
Sonntag, den 31. Mai (Tagungszeit wie am Sonnabend) im
Royal Hotel, Woburn Place (Russel Square, Tube Stat[ion])

Ueber aktuelle Gegenwartsfragen und die Probleme der europäischen Revolution sprechen u.a.:

Prof. H. Laski, Sir Richard Acland, M.P. John Evans[6] F/Lt. John Strachey[7], Kingsley Martin[8], der Bischof von Bradford, Julius Braunthal, Louis de Brouckère (Belgien), H. Hauck (Frankreich).

Unsere Genossen und Freunde, die an der Konferenz teilnehmen wollen, mögen sofort bei uns Teilnehmerkarten [an]fordern.

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Das Friedensziel-Komitee der Federal Union, dem Prof. Joad, Miss Josephy[9], Mr. Kimber[10] und Mr. Zilliacus[11] angehören, hat einen in den "Federal Union News" veröffentlichten Entwurf beschlossen, der die Grundlagen ihrer Propaganda beschreibt.

Der Entwurf geht von der Feststellung aus, dass das Kriegsbündnis der 26 "vereinten Nationen" die Keimzelle einer Weltorganisation darstellt. "Die vereinten Nationen", so wird gesagt, "weisen drei Weltmächte auf: die USA, das britische Commonwealth, die Sowjetunion, die zukünftige fernöstliche Grossmacht China, mehrere lateinamerikanische Staaten und einige, hauptsächlich emigrierte, europäische Alliierte. Die Grossen Vier werden vor allem für die Gestaltung des Friedens verantwortlich sein und auch für die ersten Massnahmen zum Wiederaufbau. Sie haben diese Verantwortung in der Atlantic Charter anerkannt". Da einige verbündeten Staaten wie die Sowjetunion und China noch keine Demokratien sind, werden sie nicht sofort Mitglieder einer demokratischen Föderation werden können, deren Parlament die Zulassung von Parteien, die Pressefreiheit, die Freiheit des Reisens in fremde Länder, freie Gewerkschaften und das Recht des Bundesparlaments, in "innere" Angelegenheiten der föderierten Staaten einzugreifen, voraussetzt.

Deshalb kann die demokratische Föderation zunächst keine Weltföderation sein. Den Anfang werden die USA und das britische Commonwealth machen, die aber mit der Sowjetunion und China gemeinsam die Gestaltung des Friedens vornehmen müssen.

Es wird vorgeschlagen, dass die verbündeten Nationen sobald wie möglich einen Vertrag schliessen sollten, der einen weltumfassenden Staatenbund vorsieht, und zugleich eine demokratische Föderation.

Dieser Föderation sollten alle jene "vereinten Nationen" beitreten, die "ihre eigenen Territorien kontrollieren und geeignet sind, an der Errichtung der Demokratischen Union teilzunehmen".

Für die neuen Regierungen, die nach dem Zusammenbruch der Achsen- und Quisling-Regierungen entstehen werden, soll die Möglichkeit des Beitritts offengehalten werden.

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Die Vorbereitungen für die Föderation der Zukunft sollten schon während des Krieges getroffen werden. Die Einsetzung eines Wiederaufbau-Komitees durch die britische Regierung war ein erster Schritt. Es soll die unmittelbar nach Kriegsende notwendigen Hilfsmassnahmen und Organisationsmassnahmen vorbereiten, sollte aber auch die Grundlinien eines Vertrags über die künftige Weltorganisation entwerfen, deren Kern die Demokratische Föderation sein wird. "Schon sind Vertretungen von Alliierten anerkannt, die nicht behaupten können, Regierungen zu sein. Ein ähnliches System könnte angewandt werden, um es zu ermöglichen, dass sie im Wiederaufbau-Komitee vertreten sind, und das System könnte erweitert werden, so dass es alle freundlichen Gruppen wie Freie Deutsche, Italiener, Japaner, Rumänen, Ungarn, Finnen usw. umfasst, immer vorausgesetzt, dass diese Gruppen wirklich Bedeutung haben und nach dem Krieg wahrscheinlich eine bedeutende Rolle spielen werden, sodass ihre Mitarbeit lohnend ist." Das Programm der Federal Union sieht einen längeren (bis zu drei Jahren dauernden) Waffenstillstand vor dem eigentlichen Friedensschluss vor. Diese Periode ist dem Wiederaufbau zu widmen, für den eine Zusammenarbeit auf internationaler Basis ebenso notwendig wie zur Erringung des Sieges ist.

Während des Waffenstillstandes sollen die Achsenmächte entwaffnet werden, die Ordnung in den Achsenländern und den besetzten Gebieten wiederhergestellt werden, vorläufige Grenzen (auf Vorkriegsbasis) sollen gezogen und die endgültige Grenzziehung der Föderation und der Weltliga überlassen werden. Während dieser Zeit soll auch die "Fusion der emigrierten Regierungen mit den tatsächlichen revolutionären Regierungen, die auf die fliehenden Faschisten und Quislings folgen", vollzogen werden. Die provisorischen Regierungen sollen im Wiederaufbaukomitee vertreten sein. Sobald Regierungen entstanden sind, die stabil genug sind, um Mandate ihrer Völker zu erhalten, soll das Wiederaufbau-Komitee in eine Körperschaft umgebildet werden, die den Vertrag über die Weltliga und die Demokratische Föderation entwirft und zur eigentlichen Friedenskonferenz wird, deren Ziel vor allem die Sicherung der demokratischen Regierungen und Respektierung der Gesetze wäre sowie die Herbeiführung wirtschaftlicher internationaler Zusammenarbeit.

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Was soll mit Deutschland geschehen?
Ein besonderes Kapitel ist den "Exfeinden" gewidmet. Im Falle, dass Deutschland infolge eines überwältigenden Sieges der Sowjetunion ganz in russische Abhängigkeit käme, so wird gesagt, "wären alle Vorschläge, Deutschland in eine demokratische Föderation einzubeziehen, bestenfalls akademisch". Aber im Falle eines Zusammenbruchs Deutschlands oder der Einsetzung einer provisorischen Regierung in Deutschland wird empfohlen: Deutschland (oder strategische Punkte) durch eine alliierte Polizeimacht zu besetzen, die mit einer zivilen Kommission zusammenarbeitet. Sie sollen jeder demokratischen Regierung, die nach dem Sturz der Nazis in Deutschland entsteht, jede mögliche Hilfe gewähren. Eine Umerziehung der Deutschen soll erfolgen, deren Beginn vom deutschen Volke selbst gemacht werden muss. Die Junker, die Armee und die Grossindustriellen müssen entmachtet und enteignet werden. Gleichzeitig müsste Deutschland in der europäischen Wiederaufbaukommission vertreten sein.

Sollte in der Zeit des Waffenstillstandes eine genügend stabile Regierung in Deutschland entstehen, deren Vertreter sofort an der Diskussion der Friedenslösung teilnehmen könnten, so sollte darauf geachtet werden, dass diese neue Regierung nicht das Odium unpopulärer Friedensbestimmungen auf sich zu nehmen hätte.

Da zwischen Ende der Feindseligkeiten und Verhandlungen der Friedenskonferenz Jahre vergehen dürften, werden sich in allen europäischen Ländern Aenderungen vollzogen haben, und in Deutschland wird der Prozess der Umerziehung bereits fortgeschritten sein. Deshalb sollte man es wagen, Deutschland von vornherein in die Föderation aufzunehmen. Wenn es nicht möglich sein sollte, demokratische allgemeine Wahlen in Deutschland abzuhalten, sollten sie lokal vollzogen werden, da lokale Verwaltungen in Deutschland sicher eher eingesetzt werden könnten als eine zentrale Regierung.




diese traurige Nachricht erreichte uns gerade bei Redaktionsschluss. Als Leiterin der Frauenabteilung der Arbeiterkammer hat die Genossin Leichter, eine der fähigsten unter den führenden Genossinnen Wiens, vorbildliche Arbeit geleistet. Das deutsche KZ hat ihr Leben ausgelöscht, die deutschen Genossen werden ihr Andenken hoch halten.

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Es ist verständlich, dass die militärischen Leistungen der Sowjetunion und ihr offener Kampf gegen Hitler an der Seite Englands und der Alliierten seit dem 22. Juni 1941 die Sympathien für Sowjetrussland mächtig gesteigert hat, und das auch in der deutschen sozialistischen Emigration darüber debattiert wird. Es ist jedoch klar, dass die militärischen Erfolge der Sowjetunion und ihr gegenwärtiger Kampf an der Seite der Weltdemokratien keine nachträgliche Rechtfertigung für die sowjetrussische Politik der vergangenen Jahre oder der Zersetzungspolitik der KPD gegen die deutsche Arbeiterschaft und die deutsche Republik darstellen. In der New Yorker ["Neuen] Volkszeitung" bringt Siegfried Marck[13] einige beachtenswerte Thesen zur Russland-Debatte, der wir folgende Zeilen entnehmen:

1. Russland ist nicht nur der unentbehrliche, sondern der entscheidende Bundesgenosse der Weltdemokratie geworden. Die schwierigsten Momente für die Weltdemokratien in diesem Krieg lagen trotz der jetzigen fern-östlichen Rückschläge in der Epoche der wohlwollenden Neutralität Sowjet-Russlands für Hitler. Eine wirkliche Allianz zwischen der faschistischen und der kommunistischen Diktatur, die zeitweise drohend schien, hätte die Situation wahrscheinlich hoffnungslos gemacht. Heute ist die Lage so, dass in dem Scheitern oder dem Erfolg der Hitlerschen Frühjahrsoffensive gegen Russland zwar nicht die endgültige Entscheidung, aber die wichtigste Vorentscheidung des Krieges fallen wird.

2. Der Widerstand und erfolgreiche Gegenangriff der Roten Armee hat das russische Prestige in der Welt ungeheuer gestärkt. Das Heldenepos der russischen Armee kann jedoch weder den ideologischen Bankrott der Komintern verhüten, noch als nachträgliche Rechtfertigung aller bolschewistischen Regierungs-Methoden dienen. Es ist ausserordentlich verständlich, dass sich alle durch Erfolg nicht gerade verwöhnten Antifaschisten in der Welt an den neuen Mythos klammern, der in dem ersten erfolgreichen Widerstand gegen Hitler geschaffen wurde. Unter diesem Eindruck jedoch eine politische Philosophie zu revidieren, ist Mangel an Festigkeit. Wir wissen, dass manche Literaten, die nie

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den wohltätigen Einfluss der Schwergewichte praktisch-politischer Verantwortung erfahren haben, zu solcher Haltung neigen. Aber auch erfahrene Politiker unterliegen bisweilen der suggestiven Macht ihrer Sympathien.

3. Stalins weltgeschichtliche Rolle hat ihn zum Zar[en] Peter des 20. Jahrhunderts gemacht. Der Krieg ist das 'examen rigorosum' der Völker. Der Widerstand Russlands hat es bewiesen, dass die Fünfjahrespläne einen vollen Erfolg bedeuteten. In ihnen ist eine den Taten Peters des Grossen zu parallelisierende Modernisierung des Landes, eine den Anforderungen des totalen Krieges gewachsene Kriegsindustrie und Armee geschaffen worden.

4. Das russische System ist nicht Sozialismus und erst recht nicht Marxismus. Es enthält jedoch materiell und ideologisch stark sozialistische Züge. Es ist daher ungerechtfertigt, dieses System einen roten Faschismus zu nennen. Keine einfachen Schlagworte können die schwierige Frage beantworten, ob Russland ein sozialistischer Staat ist oder nicht. Zweifellos ist ein System, in welchem die Wohlfahrt des Individuums und die Menge der Konsumtionsgüter nicht gesteigert werden konnten, vom verwirklichten Sozialismus weit entfernt. Der politisch und ökonomisch allmächtige Staat beutet das Individuum in seiner Arbeitskraft und seiner Bewegungsfreiheit restlos aus. Neue Klassen sind im Entstehen begriffen, und in dieser Hinsicht ist die Korrektur utopischer Elemente im Marxismus durch das Experiment sogar positiv zu bewerten. Auf der anderen Seite sind die sozialistischen Tendenzen und ursprüngliche leninistische Ideen in der geistigen und politischen Erweckung der Arbeiter und Bauern, in der Kollektivierung der Landwirtschaft, in den grossartigen Tendenzen zur Bildung der Massen geblieben.

Die Kennzeichnung Sowjetrusslands selbst als faschistischen Staat verkennt die elementaren Fakten, dass in der Ideologie des Bolschewismus der sogenannte totalitäre Staat niemals Selbstzweck dargestellt hat. Den Totalitarismus zum Selbstzweck machen ist gerade das spezifische Kennzeichen des Faschismus. In den konkreten Zügen lässt sich der Unterschied zwischen dem Faschismus und der Haltung der Sowjets klar aufzeigen: in der Einstellung zum Weltfrieden, zur Sozialpolitik, zum Rassenproblem, zur Frau und zur Wissenschaft.

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5. Die Komintern hat in ihrer ganzen Geschichte an dem Widerspruch zwischen russischem Nationalismus und proletarischem Internationalismus gekrankt, und sie kann diesen Widerspruch niemals überwinden. Nationalismus mag ein widerspruchsloses System darstellen und Internationalismus ebenfalls. Aber eine Internationale, diktatorisch zentralisiert in einem der Brennpunkte der Aussenpolitik, war immer in sich widerspruchsvoll. Man hat zwar für die Vereinbarkeit solcher Widersprüche oft genug das schöne Wort "Dialektik" zur Hand, aber damit kommt man in der Tagespolitik nicht allzuweit. Es hat gewiss keinen Zweck, das alte Sündenregister der Kommunisten in der Zeit der Weimarer Republik aufzurollen, das zum Teil mit der Haltung der Sowjetrepublik in aussenpolitischen Fragen zusammenhing. Aber man erinnert sich noch gut der Tatsache, dass auch in der Zeit der Volksfront in Frankreich die Haltung der Kommunisten zwiespältig war: Auf Befehl Stalins mussten die französischen Kommunisten damals: es lebe die Armee! rufen, und zur gleichen Zeit verschärften sich die sozialen Kämpfe im Innern in einer den Interessen der Landesverteidigung abträglichen Weise. Und wenn schliesslich in der russischen Aussenpolitik der Hitler-Stalin-Pakt, obwohl er ein Fehler war, durch die Politik der Chamberlain und Bonnet verständlicher wurde, so haben die Sophistereien der kommunistischen Parteien ausserhalb Russlands in jener Epoche die Augen der Welt endgültig für die Gebrechen und Geburtsfehler der Dritten Internationale geöffnet.

6. Eine Auflösung der Komintern wäre ein Dienst sowohl für die Arbeiterbewegung der Zukunft, wie für die Gestaltung der angelsächsisch-russischen Beziehungen, von denen das Schicksal des Planeten abhängen mag. Im Falle eines gemeinsamen Sieges der Angelsachsen und Russlands wird Russland die Komintern als ein zusätzliches Instrument seiner Aussenpolitik entbehren können. Denkt man in diesem Rahmen an die Rekonstruktion Europas, an das kommende Schicksal Polens, der Tschechoslowakei, Zentraleuropas und der Balkanländer, so wird es sofort klar, wie Stalins Verzicht auf weltrevolutionäre Propaganda und expansiven Kommunismus die gesamte Situation und den notwendigen Ausgleich mit der westlichen Welt erleichtern könnte.

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7. Die radikale soziale Umgestaltung, die in der westlichen Welt nach diesem Krieg wahrscheinlich ist, kann durch die Existenz einer kommunistischen Internationale nur gestört und nicht gefördert werden. Wenn die unblutige Revolution in England mit ihren weittragenden Konsequenzen für die ganze westliche Welt im Sinne der Ideen eines Laski und Stafford Cripps kommt, so braucht diese Bewegung völlige Unabhängigkeit und Freiheit vom Einfluss fremder Regierungen. Gewiss mögen zwischen den englischen Massen, die in einer solchen Bewegung zu grösserem Einfluss und zu grösserer sozialer Gleichheit gelangen würden, und den russischen Massen die Sympathie und das Verständnis wachsen. Aber der Apparat der Komintern in ihrer bisherigen Gestalt könnte diesen Annäherungsprozess nur stören und nicht fruchtbarer machen.

8. Eine Demokratisierung Russlands selbst nach diesem [!] wäre wünschenswert. Sie ist nicht allzu wahrscheinlich, obwohl im Fall eines Sieges manche Diktaturmassnahmen gelockert werden könnten. Diese Demokratisierung muss indessen nicht als eine notwendige Bedingung für das Zusammenleben Russlands mit den Demokratien in einem neuen Völkerbund betrachtet werden. Trotz aller gegenteiligen Versicherungen ist Russland keine Demokratie, da das monopolistische Ein-Partei-System überall den eigentlichen Widerspruch zur Demokratie darstellt. Da siegreiche Kriege ein Regierungssystem zu festigen pflegen, ist im Falle des von uns erhofften Kriegsausgangs eine durchgreifende Demokratisierung Russlands nicht zu erwarten. Dies Faktum wird anerkannt werden müssen, und die Organisation eines neuen Völkerbundes wird auf den Ausgleich der demokratischen und der proletarisch-totalitären Tendenzen bedacht sein müssen. Solcher Ausgleich wird allerdings die Anerkennung einer internationalen 'bill of rights', d.h. gewisser Grundrechte des Individuums, garantiert durch den Völkerbund, von Seiten nichtdemokratischer Staaten in sich schliessen müssen.




Unter diesem Titel ist nun die von uns bereits angekündigte Broschüre des Gen. Walter Kolarz im Verlag Lincolns Prager Ltd., London, erschienen. Sie ist ein Versuch, "in der Beurteilung Russlands eine klare Erkenntnis an die Stelle von Skepsis u. Zweifel, aber auch ruhige Ueberlegung an die Stelle von blinder Begeisterung zu setzen".

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Das unter obigem Titel im Gollancz-Verlag erschienene Buch des unter dem Schriftstellernamen Oscar Paul publizierenden führenden österreichischen Sozialisten[14] versucht ein Bild der Entwicklung zu geben, die durch die Niederlage und den Sturz der Hitler-Diktatur und ihrer Verbündeten in Europa entstehen wird, und auf die Probleme aufmerksam zu machen, die damit gestellt sind. Es ist ein Appell für die Anerkennung der sich vorbereitenden europäischen Revolution und eine Auseinandersetzung mit den Versuchen, durch falsche Theorien und tendenziöse Kampagnen gegen diese Revolution mobilzumachen.

Dass jede Aussage über Einzelheiten der europäischen Zukunftsgeschehnisse gewagt ist, solange der Krieg nicht entschieden und die in Europa gebundenen Kräfte nicht freigesetzt sind, bedarf keiner Erörterung; und jeder Leser des Buches wird sich der Schwierigkeiten bewusst sein, denen der Autor bei seiner Arbeit gegenüberstand. Umso eindrucksvoller ist die überzeugende Kraft seiner auf sozialistischem Verstehen der Situation und auf vernünftiger Wirklichkeitsbeurteilung gegründeten Darstellung.

Die Gefahr für die kommende europäische Revolution besteht darin, dass sie auf nationale Revolutionen der einzelnen vom Druck der Tyrannei befreiten Völker beschränkt bleibt. Oscar Paul betont, dass nur dann eine wirkliche Aenderung der europäischen Verhältnisse und eine wirksame Beseitigung neuer Kriegsgefahren erfolgen kann, wenn die Revolution international ist und soziale Umwälzungen tiefgreifender Art in allen europäischen Ländern erreicht [sind]. Erscheinungen wie die Vichy-Regierung und andere Quisling-Regierungen haben bewiesen, dass der Faschismus keine Macht ist, die sich auf ein einziges Land beschränkt oder nur aus einem Lande kommt, - und es ist klar, dass in den meisten unterdrückten Völkern die revolutionäre Erhebung sich nicht nur gegen die feindliche Besatzung richten wird, sondern auch gegen die eigenen Nutzniesser dieser Besatzung. So stark die nationale Tendenz der Freiheitsbewegung sein mag, - erst die internationale und soziale Zielsetzung kann ihr den Weg zum Erfolg bahnen.

Von dieser Ueberzeugung ausgehend untersucht Oscar Paul die Kräfte, die sich dieser Revolution in den Weg stellen könnten, die Probleme, die sich aus ihr ergeben,

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und die Kräfte, die sie tragen werden.

Mit rückhaltloser Offenheit lenkt er den Blick auf die Gefahren, die der amerikanische Kapitalismus der europäischen Revolution verursachen kann, auf die grosse Verantwortung der britischen Labour-Bewegung bei ihrer Mitgestaltung der Friedens- und Nachkriegspolitik und auf die Probleme, die sich aus dem zu erwartenden Einfluss der Sowjetregierung auf die Entscheidungen beim Ende des Krieges ergeben. Oscar Pauls Untersuchung führt zu dem Ergebnis, dass die britische Demokratie und vor allem die Labour-Bewegung die Schlüsselstellung haben wird: wenn es ihr gelingt, die Gefahr anglobritischer [wahrscheinlich gemeint: angloamerikanischer] Kapitalistenpolitik in Europa ebenso abzuwehren wie die Gefahr einer Diktaturpolitik nach Stalinschem Muster (falls sich der Charakter der Sowjetregierung inzwischen nicht weitgehend ändern sollte), dann könnte der europäischen Revolution der Weg zu dem grossen Ziel geöffnet werden: einen Sozialismus der Freiheit in einem international organisierten Europa zu schaffen.

Oscar Paul weist darauf hin, dass diese Entwicklung nicht gewaltlos wird verlaufen können, und er warnt davor, aus gutgemeinter Liebe zu Ruhe und Ordnung eine Bewegung im Keim zu ersticken, die aus dem Chaos des Zusammenbruchs eine neue Ordnung hervorbringen muss und zugleich die ungeheuren durch Umsiedlung, Arbeiterdeportationen, Aufrichtung eines bis ins Kleinste gehenden diktatorischen Machtapparats und totalen Kriegsapparates gestellten Probleme wird praktisch bewältigen müssen. Es wird nicht ohne Hilfe von aussen möglich sein; aber diese Hilfe darf nicht Hemmung werden.

Dass die entscheidende Kraft und der sicherste Träger der europäischen Revolutionsbeweg[ung] die Arbeiterschaft sein wird, ist Oskar Pauls immer wieder belegte und betonte Ueberzeugung. Aber er weist auch auf die Rolle der Bauernschaft, besonders in Osteuropa, hin; und er erörtert die Frage, wie der Mittelstand, dessen politische Bedeutung zu lange verkannt wurde, für die Revolution zu gewinnen ist.

Die besondere Rolle der deutschen Revolution, die von vornherein keine nationale, sondern soziale und internationale sein wird, wird in dem Buche besonders beachtet und herausgearbeitet.

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FREEDOM


The call for international solidarity


The following address was delivered by Mr. Erich Ollenhauer, one of the leading German Social Democrats, at the International May-Day Celebration at Ravenscourt Park, London, where Labour and Trade Union representatives from Austria, Belgium, Czechoslovakia, France, Germany, Italy, Norway and Poland made speeches, both in their own language and in English. The speeches were broadcast to Europe by the British Broadcasting Corporation.

"It is exactly nine years this week since my friends and I left Germany. We went to a free country, Czechoslovakia, where we could organize the help for our friends who had remained in Germany, assisting them in their underground activities and speaking on behalf of the first victims of the Hitler regime, the German workers.

Many are the victims among the German workers and Socialists in the struggle against Hitler's dictatorship. Many have been murdered, many thousands are still in the prisons and concentration camps of the Third Reich.

The German workers did not want war. They did not want conquests. They wanted freedom and peace for themselves, at home and for all peoples. This is why Hitler destroyed the German Labour Movement. And having achieved his savage victory over German democracy he plunged Europe into war in order to establish his rule of force over Europe and the world.

We have just reached a turning-point in this hard struggle for the freedom and the future of mankind. The Hitler regime and its supporters know that they are engaged in a life and death struggle.

The combat will be fierce, but it will end in the destruction of the German war machine and the fall of Hitler's dictatorship.

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To-day terror spreads silence over the anti-Hitler front inside Germany. But the day will come when the German worker will again co-operate actively in the destruction of the fascist war machine. The day will come when the German Labour Movement will again be represented in the May Day celebrations of a free international labour movement.

It will be a new German Labour Movement, a movement, formed in the inferno of fascism and war. A Labour Movement that will set an end to dictatorship and social reaction in Germany, so that all nations may live in peace and may build up the new order that will enable all men to live free from distress, free from fear, enjoying freedom of thought and freedom in their belief.

To-day's international manifestation is very encouraging to us German Socialists, because it demonstrates clearly the strength of our common socialist ideal.

I wish to thank you for this demonstration.

I feel confident that the day is not far when our friends in Germany will be able to prove to you by their deeds that they are worthy of the confidence which the workers in the free world place in their love of freedom and their socialist creed.

Let me end with the salute of the German socialists, a salute born in their struggle against Hitlerism:

Freiheit!

In May, the socialist women of Sweden will celebrate their International Women's Day 1942.

The German Social Democrats, now in Exile in Great Britain, have sent the following message to Stockholm:

Socialdemokrat

Sveavägen, Stockholm

For German socialdemocratic women in exile and for those condemned to silence inside Germany, fraternal greetings to Swedish women for International week. Hope future sees all workers united in free socialist Europe.

Herta Gotthelf, Ollenhauer, Vogel

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One of the most heroic fighters against the Fascist invasion of his country, the Jugoslav General and Minister of War Michailovich[15], whose guerrilla armies are carrying on their epic struggle in the mountains of Serbia, sent a message to Marshall Pétain, when the old man of Vichy surrendered to the traitor Laval.

From the English translation of Michailovich's message we quote the following paragraphs:

"The fight which my soldiers and myself are waging against our common enemies in the mountains and hills of Serbia had helped us greatly to learn how to stop that devilish monster which rushed once along the endless and flat roads of Europe, sweeping like a great thunderstorm.

My almost barehanded soldiers often succeeded in forcing the brute to leave the battlefields in haste. Instead of fighting against us in open fight, the enemy is now sending his bands against our cities and villages, destroying there the lives of many women, children, and other peaceful citizens.

But now we see that even the people of those enemy countries whose merciless war machines set out to plunder and ravage other people's homes are beginning to realize the whole extent of the crimes which had been and are being committed against other peoples.

In the ranks of my soldiers I have now even soldiers of German origin, who have started to think and feel like men.

I feel that the time has come to make all the peoples of the oppressed countries of Europe rise in a common guerrilla war against the enemy. But also I feel that such a movement would be unanimous and absolute if the spirit of France would give the great signal for the common uprising of all those who suffer under the yoke of our common enemy.

Your call will be answered not only by the peoples of the conquered countries of Europe but also by the peoples of Germany themselves, who are becoming ever more aware of their terrible mistakes."

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richtete Erich Ollenhauer nach einführenden Bemerkungen des Prof. Harold J. Laski folgende Worte über die BBC:

"Ich danke Ihnen, dass ich zunächst in meiner Muttersprache zu Ihnen sprechen kann. Dadurch erhalten auch unsere Freunde in Deutschland die Möglichkeit, die grosse symbolische Bedeutung dieser internationalen Kundgebung zu begreifen. Hier in London, im dritten Jahr des furchtbaren Krieges, den Hitlers Gewaltpolitik herbeigeführt hat, feiern wir den Ersten Mai, den Tag der Arbeit, der Freiheit und des Friedens. Londoner Arbeiter, Männer und Frauen, die Repräsentanten der Arbeiterbewegung der von Hitlerdeutschland unterdrückten Völker und Sozialisten aus Deutschland und Italien, wir alle sind verbunden durch das gemeinsame Ziel: Die Hitlerdiktatur und ihre Vasallen zu vernichten und die neue Welt der sozialen Sicherheit, der Freiheit und der Menschenwürde, des dauernden Friedens für alle Völker zu errichten.

Welch ein Kontrast zwischen Hitler's 'neuer Ordnung' in Europa und dem Geist dieser Kundgebung. Dort ein blutiges Gewaltregiment der fremden Eroberer, hier ein frei gewähltes Bündnis der arbeitenden Menschen aller Völker. Der Platz der deutschen Sozialisten in diesem Bund internationaler Solidarität ist begründet in dem Vertrauen der Arbeiter und Sozialisten aller Länder zu den deutschen Arbeitern, dass sie ihren aktiven Anteil im Kampf zur Vernichtung der Hitlerdiktatur und der deutschen Kriegsmaschine übernehmen werden. Wir wissen, dass viele es heute schon tun, unter grossen Gefahren und schweren Opfern.

Unser gemeinsamer Gegner, Hitler und seine Kriegsmaschine, ist heute noch stark, aber schon hat Hitler selbst die Sturmvögel der Revolution ankündigen müssen. Er hat sich von seinen Söldnern und Kumpanen die Vollmachten zum totalen Krieg gegen eine dritte Front geben lassen, und diese dritte Front ist das deutsche Volk selbst.

Der Tag kommt näher, an dem die deutschen Arbeiter mithelfen werden, den Mächten der Gewalt und der Redaktion den Todesstoss zu versetzen und eine neue Ordnung zu errichten, die allen Völkern Freiheit und dauernden Frieden sichert.

Freiheit!"

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Der österreichische Sozialist Julius Braunthal schreibt in der April-Nummer der "Left News" in Erwiderung auf einen (in der vorigen Nummer der SM wegen seiner irreführenden Behauptungen über die SM zitierten) Artikel eines deutschen Kommunisten namens Schmidt:

"Ich verstehe vollkommen die Abneigung meiner österreichischen und deutschen Genossen, in Verhandlungen mit Vertretern der österreichischen oder deutschen Kommunisten in England einzutreten, weil die Kommunisten, die zur Gefolgschaft Moskau gegenüber verpflichtet sind, die Politik der arbeitenden Klasse ihrer Länder vor allem auf die Bedürfnisse der Sowjetunion abstellen ... Bei diesem Bemühen misslingt ihnen meist völlig das Verständnis dafür, dass die deutschen, französischen, österreichischen Sozialisten auch den Sozialismus erstreben, dass sie für ein sozialistisches Deutschland, Frankreich, Oesterreich kämpfen, an der Seite eines sozialistischen Russland. Eine wirkliche Politik des internationalen Sozialismus muss die Methoden und Ziele für die Zwecke des europäischen Sozialismus koordinieren. Die Probleme der deutschen oder österreichischen Revolution müssen deshalb mit den Problemen der europäischen Revolution ebenso wie mit den Lebensinteressen der Sowjetunion verbunden werden.

Wenn das richtig ist, dann scheint mir, dass Verhandlungen zwischen deutschen Sozialdemokraten und deutschen Kommunisten oder zwischen österreichischen Sozialdemokraten und österreichischen Kommunisten nicht das richtige Mittel sind, die Ziele zu erreichen. Es ist klar, dass nur durch Verhandlungen zwischen der Sozialistischen und Kommunistischen Internationale eine Verständigung über die Linie einer internationalen sozialistischen Politik erreicht werden kann, - einer Politik für Deutschland ebenso wie für ganz Europa.

Nach meiner Meinung ist die Behauptung sinnlos, dass keine Sozialistische Internationale existiert und dass es deshalb keine Körperschaft gibt, die zu Verhandlungen Vollmacht hat. In eine Zeit, in der eine internationale Krise gigantischer Art herrscht wie jetzt, erscheint mir das Verlangen nach einem legitimen Mandat monstroes. Niemand kann die Autorität General de Gaulles bezweifeln oder die des Dr. Benes, obwohl sie kein 'legitimes Mandat'

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haben; sie besitzen einfach das moralische Mandat. Selbst wenn die Quelle der legalen Autorität jener Körperschaft, welche wir die Sozialistische Internationale nennen, umstritten ist, kann doch niemand ernsthaft die moralische Autorität von Sozialisten wie Friedrich Adler bestreiten, der fast zwanzig Jahre Generalsekretär der Sozialistischen Internationale war, oder von Louis de Brouckère, der viele Jahre lang ihr Präsident war, oder von Albarda, - ganz zu schweigen von Camille Huysmans, der gegenwärtig Präsident ist. Es kann auch nicht bestritten werden, dass Sozialisten wie zum Beispiel Louis Lévy, Vogel, Ording, Buset[16], um nur einige, die in England leben, zu nennen, kraft ihrer Vergangenheit und ihres Ansehens in der Arbeiterbewegung den Geist der Arbeiterklasse ihrer Länder repräsentieren.

werden in einem interessanten Artikel des Genossen Wenzel Jaksch in Nr. 31 des "Sozialdemokrat", der Monatsschrift der Sudetendeutschen Sozialdemokratie, behandelt, in dem der Verfasser zu folgendem Schluss kommt:

"Die Internationale ist nicht tot. Sie ist nur mundtot gemacht worden. Der Einbruch des Vansittartismus in die exilierte Arbeiterbewegung wird eine traurige Episode bleiben. Der Aufmarsch der sozialistischen Arbeiter Europas zur Schlussabrechnung mit der faschistischen Internationale ist bereits im Gange. Die Abrechnung mit den Hitlers und Himmlers wird nicht weniger gründlich sein als die Abrechnung mit Quisling, Mussert[17], Degrelle[18], Moravec[19] Tiso[20], Horthy, Antonescu, Pavelic, Mussolini, Franco und Laval. Niemand wird eine so gewaltige Umwälzung der politischen Struktur Europas in engen nationalen Grenzen halten können ..."




[Veranstaltungshinweis]


Die im IGB zusammengefassten ausländischen Gewerkschaftsgruppen veranstalten Sonnabend, den 16. Mai, 6.30 Uhr in der ISLINGTON-HALL, Drayton Park, Holloway Rd., N.3. ein grosses Internationales Konzert mit Werken von: Adam - Brahms, Dvorak - Ireland - Novak - Schostakowitsch - Schubert - Smetana - Verdi. Tickets für sh 1/6 in der Canterbury Hall, im Bloomsbury House und im Austrian Labour Club.

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Dr. William Temple[21] hat bei seiner feierlichen Einsetzung, zu der Vertreter der protestantischen Kirchen aller Länder des Kontinents (auch Deutschlands) geladen waren, den Wunsch nach einem Frieden zum Ausdruck gebracht, der alle Völker umfassen möge.

Dr. Temple war schon als Erzbischof von York wegen seines fortschrittlichen Geistes, seiner Ablehnung des Völkerhasses und seiner Anteilnahme für soziale Fragen (und der Flüchtlingsfragen) und ihrer Lösungsversuche bekannt. Die deutsche Goebbels-Propaganda hatte ihn bekanntlich im Berliner Rundfunk als Bolschewisten bezeichnet. Anfang des Jahres erschien seine Schrift (ein Penguin-Buch) "Christianity and Social Order"[22] die folgende sechs Grundsätze für eine künftige Sozialpolitik enthielt:

1. Jedes Kind muss Mitglied einer Familie sein, die anständig und würdig untergebracht ist.

2. Jedes Kind soll die Möglichkeit einer Erziehung bis zu den Jahren seiner Reife haben, die es ihm ermögl[ich]t, seine besonderen Fähigkeiten voll zu entwickeln.

3. Jeder Bürger sollte sicher im Besitze eines Einkommens sein, das es ihm ermöglicht, einen Haushalt zu führen und Kinder in den oben beschriebenen Verhältnissen aufzuziehen.

4. Jeder Bürger sollte eine Stimme bei der Leitung des Geschäftes oder der Industrie haben, die dank seiner Arbeit geführt werden, und er sollte durch das Bewusstsein befriedigt werden, dass seine Arbeit dem Wohle der Gemeinschaft nutzbar gemacht wird.

5. Jeder Bürger sollte täglich genügend freie Zeit haben und zwei Ruhetage in der Woche und, wenn er ein Angestellter ist, einen jährlich gezahlten Urlaub, damit ihm der Genuss vollen persönlichen Lebens ermöglicht wird, bei dem er seine Interessen und Talente entwickeln kann.

6. Jeder Bürger sollte gesicherte Freiheit der Religion, der Rede, der Versammlung und der Vereinigung zu bestimmten Zwecken haben.

Dr. Temple bemerkt dazu: "Ist das utopisch? Nur insoweit, als wir es nicht schon morgen haben können. Lasst uns beständig auf dieses sechsfache Ziel zusteuern ..."

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Es war kein kleiner Schreck für die "enemy aliens", als sie lasen, dass die Behörden in verschiedenen Teilen von [!] USA militärische Bann-Zonen zu errichten gedenken. Für Emigranten bedeutet so etwas immer vermehrte Schwierigkeiten, Evakuierung, Wanderung. Bis jetzt wurde eine solche Zone nur längs der Westküste geschaffen, wo die "japanische Gefahr" angesichts des starken japanischen Bevölkerungsteiles besonders gross erscheint. Die Evakuierung nach dem Innern ist dort noch im Gange. Man hat für die japanischen Aliens etliche Kleinhaus-Camps geschaffen, und es wird Monate dauern, ehe die 135.000 untergebracht sind. Die deutschen Refugees wurden von der Evakuierung im Westen bisher noch nicht erfasst. Prominente Namen haben sich vor dem kalifornischen Sonderausschuss für eine Sonderbehandlung der deutschen und italienischen Refugees eingesetzt. Ob es gelingen wird, sie von der Evakuierung zu befreien, bleibt abzuwarten. Noch immer hoffen wir, dass die beendete Registration eine Neueinteilung der Ausländer ermöglichen wird. Diese Registration war für die Behörden wahrlich keine kleine Aufgabe. 375.000 Ausländer musterte allein New York, und es geschah mit Humanität und allen möglichen Erleichterungen.

Behördliche Kreise sehen ein, dass man der grossen Zahl derer, die verjagte Opfer und Gegner des Faschismus sind, mit der jetzigen Klassifizierung grobes Unrecht antut. Man darf darum hoffen, dass auf der Grundlage der Registrations-Erklärungen neue Einteilungen kommen und die antifaschistischen Refugees zu "friendly aliens" umgestempelt werden. Die Entscheidungen dürften bald fallen, zumal die Masse der Ausländer auch für den Produktionsprozess gebraucht wird. Eine Musterung aller Männer vom 45. bis zum 64. Jahr wird stattfinden und soll die Grundlage für die Einreihung aller nicht Militärpflichtigen in die Front der Arbeit ergeben. Noch sind viele Refugees ohne feste Tätigkeit - die Not der Zeit, der Mangel an Arbeitskräften, die wachsenden Anforderungen der Produktion werden auch hierin in einigen Monaten deutlichen Wandel schaffen. Hunderttausende Emigranten stehen bereit, um ihre Kräfte für den Kampf der Demokratie überall einzusetzen, wo diese Kräfte gebraucht werden.

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Die "Fünfte Kolonne" hat sich auf die Flüsterkampagne zurückgezogen. Ab und zu gibt es Verhaftungen von Ausländern, bei denen Haussuchungen allerhand verbotenes Material, Waffen oder Kurzwellensender zutage fördern. Die Schuldigen sind durchweg keine neuen Refugees, sondern langjährige Ansässige.

Die deutschamerikanischen Vereine schwenkten zwar nach Pearl Harbour samt und sonders auf die Linie der Landesverteidigung ein, aber die Staatspolizei, die [!] FBI, weiss recht gut, wie stark in manchem dieser Vereine die Naziseuche noch vor Jahresfrist umging. Die "Fünfte Kolonne" arbeitet im Zwielicht der Heuchelei und einer amerikanisch-patriotischen Verschleierung noch immer gern mit Drohungen, denen nichts fehlt als die Unterschrift.

Kürzlich erst machte ein Redakteur der deutschen "Staatszeitung"[23], New York, seinem gepressten Herzen drastisch Luft, indem er seine Leser wissen liess, welch gemeine anonyme Schmäh- und Drohbriefe er seit Kriegsausbruch aus deutschamerikanischen Kreisen erhielt. Es war sozusagen eine Flucht in die Oeffentlichkeit. Die "Staatszeitung" hat vor dem Krieg zwischen Demokratie und Diktatur geschwankt, ein Schaukelspiel, das den schwankenden Nuancen ihrer Leserschaft entsprach. Der Krieg setzte dieser Schaukelei ein Ende, das Bekenntnis zur Verteidigung Amerikas hatte seine journalistischen Konsequenzen und prompt setzte der sattsam bekannte anonyme Terror der Fünften Kolonne ein ... Es könnte politisch in den Reihen der Deutschamerikaner klarer und eindeutiger aussehen, wenn diese deutsche Tageszeitung ihre politischen Pflichten früher erkannt und den Kampf gegen den braunen Terror aufgenommen hätte, als er in Deutschl[and] zur Herrschaft kam.

war das Thema, das Gen. J. S. Middleton, Generalsekretär der Labour Party, an drei aufeinanderfolgenden Freitagen vor deutschen Sozialdemokraten behandelte. Der gute Besuch dieser im Austrian Labour Club Haus [!], London, tagenden Veranstaltungen, bewies das grosse Interesse unserer Genossen am Thema, aber auch ihre Würdigung eines Aktes internationaler sozialistischer Verbundenheit, die hier zum Ausdruck kam. Im Gegensatz zur kontinentalen Arbeiterbewegung hat die Labour Party niemals Karl Marx und seine Lehre

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als Basis für ihre Arbeit anerkannt. Es gab keine Auseinandersetzungen um theoretische Thesen - im Mittelpunkt stand immer der praktische Tageskampf.

Die Wurzeln der Labour Party sind in der Gewerkschaftsbewegung, und es waren die Gewerkschaften, die die Labour Party schufen, um die Arbeiterinteressen im Parlament zu vertreten. Die meisten grossen Gewerkschaften waren als Körperschaften der Labour Party angeschlossen, und erst nach Kriegsende wurden Einzelmitglieder aufgenommen.

Der Redner besprach dann das Wachsen der Labour Party und erzählte viele persönliche Erlebnisse, die besonderen Verdienste der Parteipioniere wie Keir Hardie's[24], des schottischen Bergarbeiters, und Ramsay MacDonald's würdigend. Als enger Mitarbeiter MacDonalds brachte Middleton den deutschen Hörern das Werk und die Bedeutung dieser Persönlichkeit besonders nahe.

1908 erfolgte die Aufnahme der Labour Party in die Internationale. Die Schwierigkeit der Aufnahme löste Kautsky[25], dessen Resolution besagte, dass "die Labour Party zwar den Klassenkampf nicht anerkenne, dass sie ihn jedoch in der Praxis durchführe und deshalb beanspruchen könne, in die Internationale aufgenommen zu werden".

Seitdem ist die Labour Party sich immer ihrer internationalen Verbundenheit und Verpflichtung bewusst gewesen, und während und nach dem letzten Kriege hat neben MacDonald auch Arthur Henderson[26] vorbildliche Arbeit für die Sicherung der internationalen Verständigung geleistet. - Der Redner sprach ausführlich über die beiden Labourregierungen 1924 und 1929 und die Situation nach dem Sturze dieser Regierungen. [Anhand] der Parteitagsbeschlüsse, von Aufrufen der Labour Party und Wahlplakaten bewies der Redner die klare Aussenpolitik und die Haltung der Labour Party gegenüber Mussolini, Franco und dem Hitlerismus. Der Redner und Hannen Swaffer[27] vom "Daily Herald" - der am zweiten Abend als Gast anwesend war - brachten den deutschen Sozialdemokraten in ihren Ausführungen sympathisches Verständnis zum Ausdruck.

Gen. Middleton hat es uns leichter gemacht, unsere englische Bruderpartei zu verstehen. Trotz mancher Verschiedenheit in der Tradition und im Willensausdruck ist das Ziel ein gemeinsames: ein einiges, sozialistisches Europa, eine geeinte sozialistische Welt.

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wurde auch diesmal gemeinsam von der "Union" und der "Landesgruppe" veranstaltet, und zwar in der Caxton Hall. Die Labour Party war u. a. durch ihren Generalsekretär J. S. Middleton und Ph. Noel-Baker, M.P. vertreten, kontinentale Bruderparteien hatten ebenfalls Vertreter entsandt. Im Mittelpunkt der Feier stand die Ansprache des Mitgliedes der Exekutive der Labour Party, Mrs. Barbara AYRTON-GOULD, J.P. Von persönlichen Erinnerungen an die internationale Konferenz der SAI in Wien[28] ausgehend, betonte sie die Notwendigkeit der gemeinsamen Kampfführung gegen Hitler. Aber auch nach diesem Kriege müsse der Kampf um den Sozialismus gemeinsam geführt werden zur Eroberung einer Welt "ohne Refugees und Enemy Aliens". Erwin Schöttle gedachte in seiner Rede aller Freunde und Genossen, im KZ wie in den Fabriken, unter der afrikanischen Wüstensonne wie in der tapferen Roten Armee und überall dort, wo sie im gemeinsamen Kampf gegen den Hitlerismus stehen, und zeichnete in kurzen Strichen die vor uns liegenden Aufgaben. - Durch die meisterhafte Wiedergabe des Sonaten-Satzes von Beethoven durch Dr. Friedrich Berend[29] erhielt die Feier eine würdige Einleitung. Lieder, von Ernst Urbach, Grete Bengen und Alice Schäffer, Rezitationen, von Ilsabe Diek[30] und Felix Knüpfer, ersten Kräften der "Fachgruppe Bühne, Film und Rundfunk"[31], vorgetragen, verhalfen der gut besuchten Maifeier auch zu einem starken künstlerischen Erfolg.

Ueber die anderen Mai-Veranstaltungen in deutscher Sprache können wir aus Platzmangel nicht berichten, wir wollen sie aber registrieren. Bei den österreichischen Sozialisten im Austrian Labour Club House sprachen Walter Schevenels, Generalsekretär des IGB, und R. Strasser[32] (Linz). Die sudetendeutschen Sozialdemokraten versammelten sich am Sonntag vormittag, um Vorträgen der Sozialistischen Jugend und einer Rede des Gen. Wenzel Jaksch zu lauschen. -

Zum May-Day Meeting des Internationalen Gewerkschaftsbundes war auch die Landesleitung der deutschen Gewerkschaftsgruppe anwesend. Walter Schevenels sprach über die Bedeutung der gewerkschaftlich geschulten Arbeiter auf dem Kontinent für den Kriegsverlauf und ihren Einfluss auf die künftige Gestaltung des Friedens unter starker Aufmerksamkeit der versammelten Gewerkschaftsfunktionäre des IGB.

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der SPD in London im Mai und Juni 1942

Freitag, den 8. Mai, 7. Uhr: Zu Karl Marx' Geburtstag am 5. Mai 1918 spricht Gen. Sternfeld:
"Karl Marx als politischer Flüchtling in London".

Freitag, den 15. Mai, 7 Uhr: Geschlossene Versammlung. Aussprache über Aufgaben und Arbeiten der Emigration. Einleitendes Referat: Wilhelm Sander.

Freitag, den 22. Mai, 7. Uhr: Gen. J. Necas (Minister für Wiederaufbau in der Tschechoslowakei) spricht über das Wiederaufbauproblem.

Arthur Wauters[33] (ehemaliger belgischer Arbeits- und Informationsminister) ist gebeten worden, an einem späteren Freitag über den Wiederaufbau Europas zu sprechen.

Für den Monat Juni liegen folgende Zusagen vor:
Louis Lévy (Frankreich) über: Laval und die französische Politik; Paolo Treves (Italien) anlässlich des Jahrestages der Ermordung Matteottis und der Kriegserklärung Italiens an Frankreich und England am 10. Juni, über: "Matteotti und sein Vermächtnis an uns". Die Sozialistische Jugend London wird an diesem Abend mitwirken. Mrs. Lucy Middleton (ehemalige Sekretärin der India-League) hat für Juni ein Referat über Indien zugesagt.




NATIONAL TRADE UNION CENTRES IN GREAT BRITAIN

Saturday, May 16th, 1942, at 6.30 p.m.
in the Islington Central Hall (Church Hall) N5 (Tube Stations: Holloway Road - Drayton Park)

VOICES OF THE NATIONS (International Concert)

Czechoslovakian, English, French, German, Italian and Russian Folksongs. The Czechoslovakian Female Choir. Famous solo singer - the Issy Geiger Orchestra.

Mr. Walter Schevenels (Gen. Secr. of the IFTU) will address the audience.

Tickets sh 1/6 (Tax incl.) available at: Room 64, Bloomsbury House; 31, Broadhurst Gardens (Austrian Labour Club); 128, Westbourne Terrace, W2. Book in time !




Issued by the London Representative of the German Social
Democratic Party, 33, Fernside Avenue, London NW7






Editorische Anmerkungen


1 - Emil Hacha (1872 - 1945), von November 1938 bis März 1939 Staatspräsident der CSR (Unabhängigkeit der Slowakei), Staatspräsident von Böhmen und Mähren als dt. Protektorat.

2 - Ante Pavelic (1889 - 1959), Gründer und Führer der faschistischen kroatischen Ustacha-Bewegung, 1945 in Abwesenheit zum Tode verurteilt.

3 - Ion Antonescu (1882 - 1946), 1933 Generalstabschef des rumänischen Heeres, 1937/38 Verteidigungsminister, ab 1941 Militärdiktator, 1944 gestürzt, hingerichtet.

4 - Vgl. SM 36, 1. Apr. 1942, Anm. 2 : Die dort erwähnten britischen Pläne und Vorschläge wurden von der Kongress-Partei und der Moslem-Liga abgelehnt.

5 - Am 29. April 1942 appellierte Mussolini an die 98 italienischen Provinzpräfekten: Das ganze italienische Volk müsse sich ab sofort als mobilisiert betrachten.

6 - John Evans (geb. 1875), britischer Gewerkschafter und Politiker, Labour-MP 1946-1950.

7 - John Strachey (1901 - 1963), britischer Labour-Politiker, Geschwaderkommodore der RAF, MP 1929-1931 und 1945 ff.; Hrsg. von "The Socialist", 1946-1950 Ernährungsminister.

8 - Kingsley Martin (1897 - 1969), Herausgeber von "New Statesman and Nation" 1931-1960.

9 - F. L. Josephy, Vorsitzende(r) der National League of Young Liberals.

10 - C. D. Kimber, Mitbegründer der Federal Union und Hrsg. der "Federal Union News", Monatsorgan der FU (London).

11 - Konni Zilliacus (1894 - 1967), linker Labour-Politiker, Journalist und Schriftsteller, 1939-1945 beim Informationsministerium, MP 1945-1950, 1949 aus der Labour Party ausgeschlossen, 1952 Wiedereintritt.

12 - Käthe Leichter (1895 - 1942), österreichische Sozialistin und Journalistin ("Der Kampf" und "Arbeiter-Zeitung"), Mai 1938 von der Gestapo verhaftet, ab Januar 1940 KZ Ravensbrück, ermordet.

13 - Siegfried Marck (1889 - 1957), deutscher sozialdemokratischer Journalist, Staatswissenschaftler und Soziologe, 1933 Emigration nach Shanghai, 1934 Frankreich, 1935 ausgebürgert, 1941 USA.

14 - Oscar Paul [= Oskar Pollak]: Underground Europe calling, London 1942.

15 - Draza Michailovich (1893 - 1946), jugosl. General und Kriegsminister, baute 1941 eine nationale und antikommunistische Widerstandsbewegung gegen die Besatzungsmächte auf, 1946 hingerichtet.

16 - Max Buset (1895 - 1959), belgischer Sozialist, vor 1940 Generalsekretär der Zentrale für Arbeitererziehung, Parlamentsabgeordneter, während des II. Weltkriegs im englischen Exil. 1945 bis zu seinem Tod Vorsitzender der belgischen Sozialisten.

17 - Anton Adrian Mussert (1894 - 1946), Begründer der niederländischen nationalsozialistischen Bewegung, Kollaborateur, hingerichtet.

18 - Léon Degrelle (geb. 1906), belgischer Politiker, gründete 1930 die rechtsradikale Rexisten-Bewegung, Kollaborateur, Kommandeur der Wallonischen Legion an der Ostfront, floh 1945 nach Spanien.

19 - Emanuel Moravec (1893 - 1945), Schul- und Propagandaminister der Protektoratsregierung in Böhmen und Mähren, Freitod.

20 - Josef Tiso (1887 - 1947), Prälat, slowakischer Staatspräsident 1939-1945, hingerichtet.

21 - William Temple (1881 - 1944), 1921-1929 Bischof von Manchester, 1929-1942 Erzbischof von York, 1942-1944 Erzbischof von Canterbury.

22 - William Temple: Christianity and Social Order, Harmondsworth 1942.

23 - "New Yorker Staats-Zeitung und Herold", erschien 1934-1954 als Tageszeitung.

24 - James Keir Hardie (1856 - 1915), schottischer Arbeiterführer, unter seinem Einfluss 1893 Gründung der Independent Labour Party, MP, Pazifist.

25 - Karl Kautsky (1854 - 1938), deutscher Sozialdemokrat und führender marxistischer Theoretiker.

26 - Arthur Henderson: "Financial secretary to the War Office" (siehe SM 73/74, April/Mai 1945 (Beil. "Gollancz: What Buchenwald really means"), S. [II]).
Weitere biographische Angaben konnten nicht ermittelt werden.

27 - Hannen Swaffer (geb. 1879), britischer Redakteur und Schriftsteller.

28 - 25. Juli - 1. August 1931.

29 - Friedrich Berend (1889 - 1955), deutscher Dirigent, ab 1937 Exil in Italien, 1939 Großbritannien.

30 - Ilsabe Diek, verheiratet mit Friedrich Berend, siehe Anm. 29.

31 Fachgruppe innerhalb der Landesgruppe Deutscher Gewerkschafter in Großbritannien.

32 - Richard Strasser (geb. 1889), österreichischer Sozialist und Gewerkschafter, 1923-1934 im Vorstand der SDAP, nach dem Schutzbundaufstand 1934 Flucht in die CSR, 1934/35 UdSSR, 1935 CSR, 1937 Großbritannien; 1945 Rückkehr nach Österreich.

33 - Arthur Wauters (1890 - 1960), belgischer sozialistischer Politiker und Journalist, 1937 - Anfang 1939 Gesundheitsminister, 1939 Minister für Arbeit und Soziales, anschl. Informationsminister. Ab 1940 in London zur Aufstellung eines belgischen Nationalkomitees. Kontakt mit Henri de Man. 1946 Landwirtschaftsminister.



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