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TEILDOKUMENT:




Teil B: Schlüsselstrategien



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I. Den Bildungssektor gerechter und effizienter machen



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1. Die Modernisierungsaufgabe



1.1. Zur Bedeutung der Bildung

Alle sind sich einig: Bildung muß für den Menschen und für die Gesellschaft zuallererst einen allgemeinbildenden, im weitesten Sinne humanistischen Auftrag erfüllen. Sie muß einen Beitrag dazu leisten, den Schülerinnen und Schülern sowie den Studierenden ein fundiertes Allgemeinwissen zu vermitteln, Verständnis für die Gemeinschaft wecken und die Fähigkeit zur Übernahme von Verantwortung in der und für die Gesellschaft herausbilden. Dazu gehören beispielhaft das Verständnis für die kulturellen Grundlagen unserer wie auch anderer staatlicher Gemeinwesen, für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte, die Erkenntnis, daß ein dauerhaft friedliches Zusammenleben zwischen Menschen im privaten wie im öffentlichen Leben aber auch zwischen verschiedenen Gesellschaften nur auf Kooperation und gewaltfreien Konfliktlösungsmustern basieren kann und schließlich das Wissen um den Wert unserer immer stärker gefährdeten Umwelt und unserer Lebensgrundlagen.

Darüber hinaus ist Bildung für den einzelnen die wichtigste Zukunftsinvestition. Humankapital ist wichtiger als Sachkapital. Bildung ist auch Massengeschäft. An den Hochschulen studieren gegenwärtig rund 1,8 Mio. Studenten. Die Hauptschulen schrumpfen. Dafür drängen immer mehr Jugendliche in die Gymnasien. In einer komplexeren Umwelt wird angesichts der Wissens- und Informationsexplosion die Organisation des Bildungssystems immer schwieriger. Gleichzeitig haben sich auch die „Kunden" des Bildungssystems, d.h. Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern, aber auch die öffentlichen und die privaten Arbeitgeber sowie die weiterführenden Bildungsinstitutionen, verändert. Die Ausländerquote ist gestiegen. In innerstädtischen Schulen sind die Deutschen oft in der Minderheit. Bildungsmotivation und die Unterstützung durch die Eltern schwanken erheblich.

1.2. Stärken und Schwächen des Bildungssystems – ein Überblick

Die Stärken des deutschen Bildungssystems liegen nach wie vor in der umfassenden und breit angelegten Bildung. Dies gilt für die Gymnasium, für die Hochschulen und für die Lehrlingsausbildung gleichermaßen. Noch immer herrscht eine hohe Lerndisziplin, obwohl hier eindeutig Erosionsprozesse eingesetzt haben. In den letzten Jahren werden jedoch immer mehr Schwächen deutlich:

• Dreizehn Schuljahre bis zum Abitur (oft noch mehr) sind zu viel. Elf bis vierzehn Semester bis zu einem Hochschulexamen sind zu lang. (Alter der Studienabgänger fast 28 Jahre). Junge Akademiker sind reich an Wissen und arm an Erfahrungen, wenn sie 30 werden und wirklich selbständig sein sollten, um z.B. ein Unternehmen zu gründen. Die Aufnahme eines Studiums ist zu risikoreich, denn fast ein Drittel der Studienanfänger brechen ihr Studium ab.

• In den Schulen grassieren Lernunlust, Gewalt, Konzentrationsschwäche und Aggressivität. Sie stehen vor dem kulturellen Widerspruch, daß sie Schüler zu Konzentration, zum Lernen, zur intensiven Auseinandersetzung mit der Welt, in der Sie leben, anregen sollen, wobei eine wachsende Zerstreuungs- und Freizeitindustrie ständig das Gegenteil versucht. Die Lehrer sehen sich überfordert, weil sie kaum die Möglichkeit haben, die externen Einflüsse zu bekämpfen. Ihre Kreativität wird durch zu starke zentralistische Gängelung beeinträchtigt. Es fehlen Anreize zur Eigeninitiative zum kooperativen Unterrichten. Die stark zentralisierte Steuerung des Schulsystems in einer Welt, in der die Bildungsvoraussetzungen und Motivationen immer heterogener werden, hat versagt und wird weiter versagen. In einer Welt der schnellen Veränderungen der Vielfalt der Bildungsmotive und Bildungsfähigkeiten wird der Staat als monopolistische Anbieter immer obsoleter.

• Das Bildungssystem erzeugt unerträgliche Ungleichheit. Zwanzig Prozent der ausländischen Hautschüler erreichen keinen Hauptschulabschluß. Sechs Prozent der Ausländer (3,8 Prozent der deutschen Kinder) besuchen Sonderschulen. Hauptschulabgänger haben immer schlechtere Chancen in der Konkurrenz um knappe Ausbildungsplätze. Gleichzeitig erhalten Akademiker eine aufwendige Sonderausbildung, die von den Steuerzahlern finanziert wird und erzielen – gestützt auf die staatliche Ausbildung – hohe Bildungsrenten. Die Quoten der Abiturienten und der Hochschulabsolventen steigen. Damit verschärft sich in einer Situation der Arbeitsplatzknappheit der Wettbewerb zu Lasten der Hauptschulabgänger und der Drop Outs. Der Staat ermöglicht Kindern, deren Eltern nicht in der Lage sind, sie in der Schulausbildung angemessen zu unterstützen, nur selten Ganztagsschulen und ist unfähig, die Schulen in einen wirklichen Leistungswettbewerb zu zwingen.

Vor diesem Hintergrund wird verständlich, daß die deklassierten Hauptschüler immer häufiger in eine aggressive Subkultur absinken, daß Jugendbanden eine höhere Attraktivität erhalten als Ausbildungsgänge, die zu viele auf die Verliererstraße abdrängen, weil diese Ausbildung – gemessen an den Anforderungen – immer häufiger einfach nicht ausreicht. Es ist zynisch oder ignorant, dieses staatliche Ausbildungssystem im Namen der Gleichheit zu verteidigen. Der Staat als Bildungsmonopolist macht ungleich. Der Staat als Bildungsmonopolist verschwendet Lebenszeit von Millionen Studenten und Gymnasiasten. Bildung kann besser, motivierender, mobilisierender, realitätsnäher, fairer und produktiver sein. Das, was wir heute haben, bleibt weit hinter den Möglichkeiten und Anforderungen zurück.

1.3. Elemente einer Modernisierungsstrategie

Im Lichte der Diskussion über die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland rückt ins öffentliche Bewußtsein, daß die Modernisierung des gesamten Bildungssystems von entscheidender Bedeutung dafür ist, welche Rolle Deutschland im Konzert der Wirtschaftsnationen zukünftig noch spielen kann.

Die Konzentration von Softwareindustrien in Indien, die online auch für große deutsche Auftraggeber arbeiten, hat mit der Illusion aufgeräumt, daß Deutschland als eines der Mutterländer „intelligenter" Arbeitsplätze insoweit über Bestandsgarantien verfüge. Eine Studie über die Qualifikationen von Mathematikschülern im internationalen Vergleich hat mit ihren für Deutschland wenig schmeichelhaften Ergebnissen völlig zu Recht für die längst überfällige Alarmstimmung gesorgt. Gleiches gilt für die erkennbar werdenden Unterschiede des Ausbildungsniveaus in den einzelnen Bundesländern.

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2. Zur Entwicklung des allgemeinen Schulsystems



2.1. Die Kunden setzen die Maßstäbe

Kriterium für die Qualität der Schulausbildung muß in erster Linie die Tauglichkeit der Ausbildungsergebnisse aus der Sicht der „Kunden" der Schulen sein. Weder in Haupt- und Realschulen noch in Gymnasien sind Zeugnisse ein ausreichender Maßstab für die Ausbildungsqualität. Selbst bei einer Vereinheitlichung der Prüfungsmaßstäbe – etwa durch ein Zentralabitur nach französischem Vorbild – würde sich an der Natur der Prüfung als einer „internen" Qualitätskontrolle nichts ändern. Gegenwärtig spiegeln die Abschlußnoten die tatsächliche Qualität des Ausbildungsergebnisses jedenfalls weder im Vergleich zwischen Schulen noch zwischen den Systemen der Länder wider.

Es fällt auf, daß der allgemeine Anstieg der erzielten Durchschnittsnoten keineswegs dazu geführt hat, daß die Betriebe oder weiterführenden Bildungseinrichtungen sich positiv über die erworbenen Fertigkeiten der von ihnen übernommenen Absolventen der Schulen äußern. Im Gegenteil: Seit Jahren wird ein Abfallen des Leistungsstandes beklagt. Viele Betriebe lehnen die Einstellung Auszubildender wegen zu geringer Lese-, Schreib- und Rechenfertigkeiten ab. Andere Unternehmen veranstalten anstelle der berufsspezifischen Ausbildung mathematische Nachhilfekurse. Solche Nachholkurse sind auch in vielen naturwissenschaftlichen Fakultäten üblich, die sonst den Lehrstoff den Erstsemestern nicht vermitteln können. Juristische Fakultäten beklagen die mangelhafte schriftliche Ausdrucksfähigkeit der Erstsemester. Mängel des Leistungsstandes der Abiturienten haben zu Forderungen nach Eingangsprüfungen der Universitäten geführt, die ihrerseits aber neue Probleme nach sich ziehen.

Die Verifizierung und Veröffentlichung allgemeiner Qualifizierungsdefizite aus der Sicht derer, die als weiterführende Bildungseinrichtungen oder als Arbeitgeber bestimmte Anforderungen stellen müssen, um die eigenen Leistungen erbringen zu können, würde die Motivation der Schulbehörden und Schulen fördern, Abhilfe zu schaffen und einen Qualitätswettbewerb zu eröffnen. Die Forderung der Fraktionen des hessischen Landtages, einen Ländervergleich zur schulischen Bildung durchzuführen, geht insofern in die richtige Richtung. Notwendig sind dabei nicht einmalige und schnell veraltende Studien oder Umfragen über subjektive Eindrücke, sondern ein ständiges Screening auf der Grundlage von Rückmeldungen derjenigen, die die Schulabgänger aufnehmen.

Um so eine für die richtige Schulwahl notwendige Transparenz herzustellen, müssen unter Beteiligung der Schulen, der Schüler, der Absolventen, der Arbeitgeber und der weiterführenden Bildungseinrichtungen Performance-Indikatoren entwickelt und veröffentlicht werden, auf die sich das oben geforderte Screening beziehen kann.

Wirtschaft und weiterführende Einrichtungen können den Schulen nicht konkrete Bildungsziele oder Lehrinhalte vorgeben, zumal ihnen der viel beschworene „Zukunftsbedarf" naturgemäß noch gar nicht bekannt ist. Sie sollten aber registrieren und die Öffentlichkeit bzw. die Schulbehörden darüber informieren können, welche Schulen ihnen in der Lebenswirklichkeit Absolventen zur Verfügung stellen, die sich auf ihre Anforderungen einzustellen vermögen.

2.2. Der Wettbewerb unter den Schulen bedingt die Förderung der freien Schulwahl und eine entsprechende Organisation des Schulbesuchs

Wenn es richtig ist, daß der Staat überall ein Ausbildungsangebot vorhalten muß, das freilich nicht überall gleich sein kann und überdies im Wettbewerb entwickelt werden soll (Holzapfel), dann muß dem die tatsächliche Möglichkeit des Schülers entsprechen, ein Angebot in größerer Entfernung oder auch außerhalb des eigenen Wohnortes wahrzunehmen. Dies scheitert heute weitgehend an der Organisation der Halbtagsschule. Forderungen nach dem Angebot ganztägigen Schulunterrichts bis hin zu Internatsschulen müssen daher unterstützt werden. Sie sind auch geeignet, denjenigen Schülern die notwendige Förderung anzubieten, die häusliche Hilfe nicht im gleichen Maß in Anspruch nehmen können wie andere.

Schulen sind heute keiner direkten Konkurrenz und wenig frischen Einflüssen ausgesetzt. Dafür sorgt schon der verhängnisvolle Einstellungsstop der Schulbürokratie, der zu einer unverantwortlichen Überalterung der Kollegien geführt hat. Hinzu kommen Motivationsdefizite und – insbesondere bei älteren Lehrkräften – Burning-out-Effekte. Neben einer Änderung der falschen Personalpolitik, die zu wenig Einstellungen ermöglicht und in wenigen Jahren zu einer schweren Krise führen wird, ist eine stärkere organisatorische Selbständigkeit der Schulen, verbunden insbesondere mit der Einstellungsbefugnis im Rahmen vorzugebender Personalbudgets und einer Bestellung der Schulleiter auf Zeit erforderlich.

2.3. Weiterbildungsangebote an die Lehrer

Die Standards hierfür orientieren sich an den Qualifikationsanforderungen der weiterführenden Bildungseinrichtungen und der Wirtschaft. Hierzu können Wirtschaftsunternehmen einen wichtigen Beitrag leisten.

Anforderungsgerechte Lehrprogramme können schwerlich von Pädagogen entwickelt werden, die nicht wissen, welche Fähigkeiten von ihren Schülern erwartet werden. Die Behebung hier festzustellender Defizite kann durch Angebote der Unternehmen behoben werden, die Fachausbildung der Lehrer durch betriebliche Praktika zu ergänzen. Sie dürften wirksamer sein als die bisher üblichen oberflächlichen Praktika für Schüler, deren Ausbildungswert sehr begrenzt ist. Auch in scheinbar schulfachfremden Bereichen wie den juristischen Berufen sind Kooperationen der Praxis mit den Lehrern geeignet, deren Verständnis und Fähigkeit zum Erkennen und Fördern spezifischer Begabungen und Fertigkeiten ihrer Schüler zu stärken bzw. überhaupt erst zu schaffen.

2.4. Engagement der Unternehmen

Die Unternehmen sollen nicht nur mehr Leistungsfähigkeit der allgemeinbildenden Schulen fordern. Sie müssen sich dafür auch engagieren. Ein solches Engagement muß vom Staat auch künftig gefördert werden.

Die Verknappung der öffentlichen Mittel hat bisher in erster Linie zu Forderungen an die Eltern und die Schüler geführt, sich zugunsten ihrer Schulen unentgeltlich zu engagieren. Kooperationen zwischen Unternehmen und Schulen gibt es in weit geringerem Maße. Beispiele sind jedoch die Förderung einer kommunikationstechnisch orientierten Schule durch einen Medienkonzern oder die Förderung von leistungsorientierten Internaten durch eine Unternehmens-Stiftung.

Über derlei Ansätze hinaus liegt hier ein weites Feld für weitblickendes unternehmerisches Engagement. Wer am Sitz seiner Betriebe auch die dortigen Schulen – etwa durch Lehrerbildungs- und Sprachprogramme oder im technischen Bereich – unterstützt, baut Vorbehalte gegenüber den Anforderungen und Leistungen der Wirtschaft ab und verbessert die Voraussetzungen für die Realisierung selbst geforderter Ausbildungsziele.

Über gemeinnützige Schulfördervereine können hier auch steuerliche Hilfen genutzt werden. Diese Möglichkeiten sollten auch für den Fall erhalten bleiben, daß eine Steuerreform die steuerlichen Abzugsmöglichkeiten im übrigen einschränkt.

2.5. Die Ungleichheit verringern

Ein zentraler Mangel des staatlichen Bildungssystems bleiben die extremen Ungleichheiten, die unter dem Deckmantel öffentlich finanzierter Bildung entstehen. Deutlich wird dies an der ständigen inneren Umstrukturierung. Die Hauptschule wird zur „Schrumpfschule". Immer mehr Eltern versuchen ihre Kinder auf Gymnasien oder zumindest auf die Realschule zu schicken. Dahinter steht die Erkenntnis, daß die Ergebnisse der Hauptschule immer häufiger nicht ausreichen, um im Wettbewerb um knappe Ausbildungsplätze oder attraktive Arbeitsplätze mithalten zu können. Bezieht man die Jugendarbeitslosigkeit der Hauptschüler oder derer, die keinen Abschluß schaffen mit ein, dann steht man vor einer erschreckenden Ungleichheit.

Einerseits erzielen Akademiker durch eine intensive Nutzung des staatlichen Bildungssystems hohe Bildungsrenten, andererseits sind gerade Hauptschulabgänger, die dieses System in weit geringerem Umfang in Anspruch nehmen, von den Verdrängungsprozessen am Arbeitsmarkt in besonderem Maße betroffen. Angesichts der Rationalisierungsmaßnahmen, von denen praktisch-manuelle Tätigkeiten überproportional stark betroffen sind, kann sich die Hauptschule nicht mehr auf die Vermittlung derartiger Fertigkeiten beschränken. Eine im vergangenen Jahr von der OECD veröffentliche Studie über Rolle von elementaren Lese- und Schreibfähigkeiten für den beruflichen Erfolg zeigt diesen Zusammenhang für sämtliche OECD-Länder in aller Deutlichkeit.

Darüber hinaus sind Eltern häufig und aus den verschiedensten Gründen nicht in der Lage, ihren Kindern für das spätere Leben in Beruf und Gesellschaft wichtige Sekundärqualifikationen zu vermitteln. Die Quote der Ausländer in den Hauptschulen ist ständig gestiegen und damit die Quote der Eltern, die vielfach die von ihnen erwartete Rolle als „Hilfslehrer" nicht erfüllen kann. Zudem erzeugt Perspektivlosigkeit unter Jugendlichen kriminelle Ersatzkarrieren und fördert die Gewaltbereitschaft. Der Hauptschule wächst insofern auch ein bedeutender pädagogischer Auftrag zu, den ca. 30 Prozent aller Eltern für ihre Kinder nachfragen.

Die Kundenorientierung im Hauptschulbereich erfordert sowohl eine angemessene Berücksichtigung der Bedürfnisse der Eltern als auch eine Ausrichtung des Bildungsauftrags an den Interessen der Wirtschaft. Für den längerfristigen Erfolg im Berufsleben muß die Hauptschule die Jugendlichen mit Basisqualifikationen ausstatten: Das sind Lesen, Grundlagen in Rechnen, in der Rechtschreibung, der schriftlichen und mündlichen Kommunikation sowie in der EDV-Anwendung. Darüber hinaus verlangt die Wirtschaft von den Schulabgängern immer mehr die Fähigkeit zur Selbständigkeit und zur Übernahme von Verantwortung, so die jüngst im Auftrag des DIHT erstellte Studie „Hauptschule mit Zukunft". Eltern erwarten neben dem Angebot eines berufsqualifizierenden Abschlusses für ihre Kinder, der auch die Option für den Besuch weiterführender Bildungsinstitutionen eröffnet, die möglichst individuelle Förderung der unterschiedlichen Begabungen sowie die Überwindung von Lern- und Leistungsschwierigkeiten.

Diese Schulform hat also (Berufs-)Bildungs- und Sozialisationsaufgaben zu erfüllen, die für Familien, Gesellschaft und Unternehmen gleichermaßen von Bedeutung sind. Im Rahmen des gesamten Bildungsbudgets muß zugunsten der Hauptschüler an Intensität und Differenzierung zugelegt werden. Bei Aufstockungen der Mittel für das Bildungssystem sollten die Hauptschulen Priorität erhalten, den hier findet man anders als in den Hochschulen mit den überlangen Bildungsgängen kaum Rationalisierungsreserven und auch keine Möglichkeit, wie bei Studiengebühren, zusätzliche Mittel zu mobilisieren.

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3. Zur Fachhochschul- und Hochschulausbildung

In internationalen Vergleichen schneiden nicht nur die deutschen Schulen, sondern auch die Hochschulen vielfach schlechter ab als die japanischen, amerikanischen und die Universitäten einiger europäischer Länder. Kritisiert wird das späte Eintrittsalter, die zu lange Ausbildungszeit sowie die geringe Zweck- und Zielbestimmung der Studiums. Diese Untersuchungen beziehen sich zumeist auf die wirtschaftliche Wissenschaft und Lehre. Viele Kritikpunkte treffen aber auch für andere Fächer zu.

In Deutschland selbst wird eine lang anhaltende Diskussion über die Fragen des richtigen Reformansatzes für die Hoch- und Fachhochschulen geführt, die wie im Schulbereich auf die bedarfsorientierten Kriterien gelenkt werden muß. Aus wirtschaftlicher Sicht sind insbesondere die nachfolgenden Aspekte zu beachten.

3.1. Eintrittsalter und Studiendauer müssen gesenkt werden

Dazu muß die Ausbildungszeit der mit der Hochschulreife abschließenden Schulzeit um ein Jahr verkürzt werden. Die Hochschulen dürfen aber die Schule nicht zum Sündenbock machen, sondern müssen die Konsequenzen daraus ziehen, daß die viel größeren Zeitreserven im Bereich des Studiums selbst liegen. Die Hochschulen Frankreichs wie auch private Hochschulen in Deutschland mit einem Trimestersystem und weniger Leerzeiten in den Semesterferien zeigen, daß ein Studium durchaus mit 24 oder 25 Jahren abgeschlossen werden kann, ohne daß die Ausbildungsqualität darunter leidet.

3.2. Die Zugangsbedingungen müssen wettbewerblich orientiert sein

Der Numerus clausus und die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) sind seit langem überholt. Studienplatzsuchende müssen sich der Aufgabe stellen können, sich bei einer Hoch- oder Fachhochschule ihrer Wahl um einen Studienplatz zu bewerben. Dabei ist der individuelle Berufs- und Studienwunsch in Einklang zu bringen mit der Einschätzung der eigenen Fähigkeiten sowie mit einer Einschätzung der Leistungsfähigkeit der Einrichtung. Die Fachhochschulen und Hochschulen müssen sich fragen lassen, welche Qualität ihre Ausbildung hat. Ähnlich wie bei den Schulen sind die staatlichen Stellen aufgefordert, durch Erhebungen der Abbruchquoten und über die Akzeptanz bei den die Absolventen einstellenden Stellen, Rückschlüsse auf die Qualität des Ausbildungsangebots zu ermöglichen. Die Hochschulen müssen zur Sicherung ihrer Standards Bewerber ablehnen können. Ob insoweit Eignungsprüfungen (wie bereits bei den privaten Einrichtungen) nötig sind, bedarf der Prüfung.

3.3. Der Studierende muß sich an den Kosten der Ausbildung beteiligen (Studiengebühren)

Ein materielles Engagement für das eigene Studium ist den Studierenden durchaus zuzumuten. Ein eigenes wirtschaftliches Risiko beim Studium wirkt der verbreiteten Neigung zu einer unvertretbaren Verlängerung der Studienzeiten entgegen. Es erhöht die Motivation, das Studium effektiv zu gestalten und in eine Ausbildungseinrichtung zu investieren, die den größeren Erfolg verspricht. Zugleich werden auf diese Weise leistungsstarke Einrichtungen mit Mitteln belohnt, die sie zweckentsprechend einsetzen können. Dabei muß freilich sichergestellt werden, daß von den Hochschulen über Studiengebühren eingenommene Mittel nicht durch entsprechende Kürzungen der staatlichen Zuwendungen wieder voll neutralisiert werden. Darüber hinaus sollten die an den Hochschulen vorhandenen Rationalisierungspotentiale ausgeschöpft werden.

Die Studiengebühren können von Kindern leistungsfähiger Eltern direkt aus dem Einkommen getragen werden. Kinder weniger gut situierter Eltern können Kredite aufnehmen, deren Verzinsung und Tilgung einkommens- und studienabschlußabhängig gestaltet werden kann. Dort, wo die Akademikerausbildung – mit oder ohne Abschluß – nicht zu überdurchschnittlichen Einkommen führt, sollte der Staat ebenfalls auf Rückzahlung verzichten. Eine solche Regelung würde Abschreckungseffekte weitgehend vermeiden.

Sozialen Härten kann auch durch Förderungsmodelle vorgebeugt werden. Hierbei sind die schon heute bestehenden ca. 10.000 Stiftungen zu berücksichtigen, die Stipendien vergeben und Projektförderung betreiben. Die Wirtschaft ist aufgefordert, solche Institutionen zu unterstützen.

3.4. Die Internationalität muß gestärkt werden und der Umgang mit neuen Technologien muß zum selbstverständlichen Standard werden

Nach wie vor sind eine (oder gar zwei) sicher beherrschte Fremdsprachen eher die Ausnahme als die Regel. Die Globalisierung der Wirtschaft ist aber soweit vorangeschritten, daß Auslandserfahrung, die bereits im Studium erworben wurde, und das sichere Beherrschen wenigstens einer Fremdsprache – somit also erste Ansätze des Arbeitens in einer multikulturellen Umgebung – wichtige Eingangs- und Erfolgsvoraussetzungen sind. Hier liegt auch eine wichtige Aufgabe für die allgemeinbildenden Schulen.

Internationale Kommunikationsfähigkeit setzt auch Medienkompetenz voraus. Immer weniger Unternehmen können es sich leisten, Fach- und Hochschulabsolventen einzustellen, denen das Arbeiten mit IT-Arbeitsplatzanwendungen nicht geläufig ist. Das Leben und Arbeiten in einer vernetzten Welt macht den selektiven Umgang mit einer unüberschaubaren Vielfalt an Informationen unumgänglich. Die Hoch- und Fachhochschulen müssen ihren Studierenden Zugang zu Personalcomputern und Netzdiensten zur Verfügung stellen. Die Unternehmen sind im eigenen Interesse aufgefordert, hier fördernde Unterstützung zu leisten.

3.5. System- und Methodenkompetenz sowie ethische Verantwortung müssen als wenigstens gleichwerti neben die Fachkompetenz gestellt werden

Nach wie vor steht die Vermittlung von Fachwissen uneingeschränkt im Vordergrund. Der Studienabgänger steht jedoch vom ersten Tag seines beruflichen Alltags vor fachübergreifenden Aufgaben. Diese kann er nur lösen, wenn er über eine Methodenkompetenz verfügt, die es ihm ermöglicht, Problemstellungen jenseits seines Fachbereichs zu erkennen und zu ihrer Lösung beizutragen.

Ethische Verantwortung, Teamgeist und Solidarität müssen Teil der Erfahrung im Studium sein. Eine reine Effizienzorientierung birgt die Gefahr, daß Spezialisten entstehen, die nicht in der Lage sind, selbständig zu handeln und sich an Werten zu orientieren, ohne die eine Gesellschaft nicht existieren kann. Moderne Unternehmen übernehmen Verantwortung in einer komplizierten Welt, und wer Führungsfunktionen in Unternehmen ausführen soll, muß in der Lage sein, die Bedeutung ethischer Prinzipien zu erlernen und danach zu handeln. Denn die Fähigkeit, Solidarität mit anderen Menschen zu üben und im offenen Dialog Erfahrungen zu erarbeiten, eröffnet erst die Möglichkeit zum teamorientierten Handeln.

3.6. Sozialverhalten muß Gegenstand der Studiengänge sein, der Praxisbezug muß erhöht werden

Ob Fach- oder angehende Führungskraft, das Zusammenarbeiten mit gleichberechtigten Partnern in einer weniger hierarchischen und mehr vernetzten Welt wird im nationalen und vor allem im internationalen Maßstab zum entscheidenden Erfolgskriterium. Fach- und Methodenkompetenz bleiben erfolglos, wenn es nicht verstanden wird, dies anderen zu vermitteln. Presentation Skills und Transformation Leadership sind feste Bestandteile der Lehrangebote führender amerikanischer Hochschulen. Über die privaten Fachhochschulen und Hochschulen hinaus müssen sie auch in Deutschland zum Standard werden.

So ist auch die Diskussion, ob die Lehre und Wissenschaft mit der Wirtschaft zusammenarbeiten darf, obsolet. Nur die enge Partnerschaft von Lehre und Forschung mit führenden Unternehmen der Wirtschaft sichert den Erfolg der Unternehmen im globalen Wettbewerb, bietet der Wissenschaft unter anderem dringend benötigte Mittel und den Studierenden den notwendigen Realitätsbezug.

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4. Zur Beruflichen und Berufsschulbildung im Dualen System



4.1. Das Duale System verbessern

Das Duale System hat sich nach der gesetzlichen Fixierung durch das Berufsbildungsgesetz 1969 als ein sich selbst steuerndes System bewährt, das die Absolventen des dreigliedrigen Schulsystems aufnimmt, sie auf das Beschäftigungssystem vorbereitet und damit die Integration ins Arbeitsleben erleichtert. Aber die Selbststeuerungs- und Integrationskräfte des Dualen Systems sind in Gefahr. Der Erfolgsfaktor dieses Systems – die direkte Verbindung von Ausbildung und Berufspraxis – muß erhalten werden. Aber es muß sich den Herausforderungen der Zeit stellen.

In den vergangenen 20 Jahren haben zwischen 53 und 75 Prozent der Schulabgänger eine Berufsausbildung im Dualen System aufgenommen. Bei Übernahmequoten von über 80 Prozent konnte von einem nahtlosen Übergang vom Bildungs- in das Beschäftigungssystem gesprochen werden. Die Selbststeuerung des Systems resultierte aus dem unternehmerischen Bestreben und vielfach auch aus dem Ethos, den eigenen Nachwuchs selbst auszubilden und im Unternehmen integrieren zu wollen. Ausbildungswillige hatten damit in florierenden Wirtschaftsphasen gute Perspektiven.

Mit der wirtschaftlichen Talfahrt Deutschlands hat sich eine Schere zwischen Angebot und Nachfrage nach Ausbildungsplätzen geöffnet. In der Gesamtschau mag zwar rechnerisch noch immer für jeden Bewerber ein Ausbildungsplatz bereitstehen, jedoch bestehen regional erhebliche Unterschiede – insbesondere in den Neuen Bundesländern. Die Arbeitslosenquote bei Jugendlichen unter 20 Jahren ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen und schwankt je nach Bundesland zwischen 6 und 18 Prozent. Auf der anderen Seite suchen Branchen wie der Einzelhandel, aber auch einzelne Industriezweige verzweifelt nach Nachwuchs.

Vielfach werden von den Unternehmen kurze gezielte Qualifizierungsmaßnahmen für effizienter gehalten als mehrjährige Berufsausbildungsgänge. Aber die Schulabsolventen mit höheren Abschlüssen sind es, die heute von der Arbeitsplatzknappheit profitieren. Sie und nicht die geringer Qualifizierten haben die Wahl zwischen Dualem System oder Studium und entscheiden sich immer öfter für beides. So haben 80.000 Studienanfänger im Jahr 1994 zuvor eine Berufsausbildung im Dualen System absolviert und damit 80.000 Ausbildungsplätze besetzt. Der Verdrängungswettbewerb zu Lasten gering Qualifizierter ist in vollem Gange. Viele Arbeitsplätze, die bisher von einem Facharbeiter ausgefüllt wurden, werden heute mit einem Akademiker besetzt.

Nur das Duale System kann ein Spektrum an Ausbildungsberufen bieten, das für alle Leistungsklassen der Schulabgänger vom der Sonderschüler bis zum Abiturienten einen angemessenen Beruf bieten kann. Die Berufswelt der Zukunft wird nicht an den Schreibtischen der Arbeitsverwaltung ersonnen, sondern entfaltet sich im wirtschaftlichen Gesamtprozeß. Deshalb darf sich die Berufsausbildung nicht von der Arbeitsrealität abkoppeln. Ein Berufsbildungssystem, das die Schulabsolventen am Arbeitsmarkt vorbei qualifizieren wollte, wäre zum Scheitern verurteilt. Staatlich organisierte Berufsbildungsmaßnahmen ohne betrieblichen Bezug sind auch in den Neuen Bundesländern ein im Grunde falscher Ansatz, der nur im Rahmen von Notmaßnahmen zu rechtfertigen ist. Falsch wäre es aber auch, die Ausbildung nur den Wirtschaftsunternehmen zu überlassen.

4.2. Der Weg führt von der Berufsausbildung zur Berufsfeldausbildung. Bildungsziel ist die Lernfähigkeit als Voraussetzung der Berufstüchtigkeit

Globalisierung, neue Arbeits- und Organisationsformen und die Nutzung neuer Technologien stellen die bisherige Anpassung der Berufsbilder in Frage. Weder ein Prozeß der permanenten Modifizierungen, die letztlich die Identifikation der Auszubildenden mit ihrem Beruf gefährden, noch eine Zergliederung der Ausbildungsinhalte in Module und zahllose Varianten derselben Berufe, die nicht mehr vergleichbar bzw. abgrenzbar wären – was auch den Wettbewerb um einen Arbeitsplatz behindern würde – können hier eine Lösung bringen.

Wir sollten statt dessen den Auszubildenden und im Beruf Tätigen variable Entwicklungsperspektiven anbieten. Dieser Lösungsansatz führt auf den Weg von der Berufsausbildung zur Berufsfeldausbildung: Betriebe mit hierfür ausreichenden Kapazitäten könnten zunächst Ausbildungsverträge über eine breitgefächerte Grundausbildung von etwa 18 Monaten in einem Berufsfeld und danach eine weiterführende Spezialausbildung anbieten. Ein solches Modell böte sowohl die notwendige Flexibilität für die Unternehmen als auch größere Arbeitsplatzchancen für die Auszubildenden. Um eine Vergleichbarkeit der Abschlüsse zu gewährleisten, sollte für jedes Berufsfeld eine gewisse Anzahl von Spezialisierungsmöglichkeiten festgelegt werden. Kleinere Betriebe könnten sich auf Spezialausbildungen für solche Bewerber beschränken, die ihre Grundausbildung in anderen Betrieben oder überbetrieblichen Einrichtungen erhalten haben.

Dieses variable System trägt dem Umstand Rechnung, daß angesichts der immer kurzlebigeren alten und der immer schnelleren Entwicklung neuer Berufsbilder und Berufsfelder ein einmaliger Ausbildungsabschluß lebenslang gültige und einsatzfähige Qualifikationen nicht mehr verbriefen kann. „Ausgelernt" hat heute niemand mehr – zu keiner Zeit im Leben. Eine zukunftsgerichtete Berufsausbildung muß deshalb, wenn sie ihre Legitimation nicht verlieren will, die Grundlagen legen für ein offenes, sich beständig veränderndes Arbeitsleben. Ihre Schwerpunkte liegen bei der Vermittlung nicht nur des erforderlichen fachlichen Spezialwissens, sondern auch eines breiten Grundlagenwissens.

4.3. Hemmende Rahmenbedingungen der Berufsausbildung müssen beseitigt, Fehlentwicklungen muß begegnet werden. Nötig ist eine „Konzertierte Aktion Berufliche Bildung"

In den letzten Jahren haben insbesondere kleinere Unternehmen die Ausbildung ganz eingestellt und größere die Ausbildungsquoten reduziert. Die rückläufige Anzahl von Ausbildungsplätzen in den Unternehmen hat mehrere Gründe. So wurden bei einer Umfrage des Bundesinstitutes für Berufsausbildung „Kein Bedarf an neu ausgebildeten Fachkräften" (39 Prozent), „Ausbildung zu teuer" (30 Prozent),schlechte wirtschaftliche Lage" (24 Prozent) und „Keine geeigneten Bewerber" (von 19 Prozent der Befragten) als die vier Hauptgründe genannt.

Daß 54 Prozent der befragten Unternehmen Ausbildungsaktivitäten wegen der damit verbundenen wirtschaftlichen Belastung zurückfahren, hat z.B. seinen Grund darin, daß sämtliche Arbeitszeitverkürzungen der letzten Jahre auf Kosten der betrieblichen Ausbildungszeit gegangen sind. Die Frage wird gestellt, warum die wöchentliche Ausbildungszeit an die tarifliche Arbeitszeit gekoppelt sein muß. Warum sollen die Auszubildenden nicht im eigenen Interesse an einer hochwertigen Ausbildung, ein paar Stunden mehr pro Woche in die eigene Entwicklung investieren können? Jeder Studierende, der in angemessener Zeit ein gutes Examen ablegen möchte, muß das schließlich auch tun.

Ähnlich kontraproduktiv ist die Wirkung tarifvertraglicher Übernahmegarantien, die nur zu einer besonders kritischen Prüfung der Frage führen, wie viele Auszubildende ein Betrieb sich noch leisten kann. In letzter Zeit beklagen immer mehr, besonders mittelständische, Unternehmen die Höhe der Ausbildungsvergütung als Ausbildungshemmnis. Diese umfaßt derzeit etwa die Hälfte der Ausbildungskosten. Ein Bafög-Modell, angepaßt an die Bedürfnisse der dualen Berufsausbildung, könnte die Akzeptanz einer entsprechenden Entlastung der Wirtschaft erhöhen.

Ausbildungshemmend wirkt auch mangelhafte Information. Die Quote der vorzeitig gelösten Ausbildungsverträge ist von 14,3 Prozent im Jahre 1984 auf 25,2 Prozent im Jahre 1994 deutlich gestiegen. Offenkundig beginnt ein Teil der Schulabsolventen in Anbetracht der angespannten Lage auf dem Ausbildungsstellenmarkt zunächst eine Berufsausbildung, die nicht unbedingt den jeweiligen Neigungen und Fähigkeiten entspricht. Der Übergang von der industriellen Produktions- zur Dienstleistungs- oder Informationsgesellschaft brachte ferner Tätigkeitsprofile mit sich, die vor einigen Jahren undenkbar waren und für Menschen, die nicht direkt in diesen Bereichen arbeiten, nur schwierig nachvollziehbar sind. Hier wäre von den berufsbildenden Stellen, aber auch von den Unternehmen wesentlich mehr Öffentlichkeitsarbeit wünschenswert, die auf ansprechende Weise über Veränderungen und Neuheiten auf dem Ausbildungssektor hinweist.

Nicht zu verwechseln mit der Beseitigung von Ausbildungshemmnissen ist die Subventionierung von Ausbildungsplätzen über den Bedarf hinaus. Die kurzfristige Bereitstellung von Ausbildungsplätzen, von denen niemand weiß, ob sie später auch zu einem Beschäftigungsverhältnis führen, nützt letztlich wenig. Daran kann auch die derzeit diskutierte Umlagefinanzierung nichts ändern. Zwar könnten, gelockt durch Subventionen, einige Unternehmen zur Ausbildung bewegt werden oder der Staat könnte aus dem Budget der Umlagefinanzierung vermehrt Ausbildungsstellen im öffentlichen Bereich schaffen. Doch was wäre die Folge? Die ursprüngliche Intention der dualen Berufsausbildung, die Auszubildenden auf eine reale Berufswelt vorzubereiten, geriete zur Makulatur. Der nahtlose Übergang vom Bildungs- ins Beschäftigungssystem, der sich über die Jahre hinweg bewährt hat, wäre gefährdet. Jede künstlich herbeigeführte Steigerung der Ausbildungszahlen, um die nachwachsende Generation in die Erwerbsgesellschaft zu integrieren, verlagert die wirklichen Probleme um drei Jahre, ohne zu ihrer Lösung beizutragen.

Im Sinne einer Beseitigung solcher Hemmnisse und Fehlentwicklungen, zu denen auch Qualifikationsdefizite der Schulabgänger zählen, [ Vgl. in diesem Kapitel Abschnitt 2 oben.] ist eine konzertierte Aktion aller an der Berufsbildung Beteiligten, nämlich der öffentlichen Arbeitgeber, der Unternehmen, der Auszubildenden, der Arbeitnehmervertreter, der Verbände sowie der übrigen berufsbildenden Stellen, erforderlich. Ihre „gemeinsame Sache" besteht darin, über ein leistungsfähiges Ausbildungssystem und eine entsprechend hohe Qualifikation der Arbeitnehmer den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken und dadurch wieder vermehrt Arbeitsplätze zu schaffen und auf diesem Wege dem einzelnen Arbeitsplatzchancen zu eröffnen, die durch eine kurzsichtige Politik des Sparens an der falschen Stelle gefährdet werden.

Eine zukunftsgerichtete Berufsausbildungspolitik muß verstärkt neue Berufe in zukunftsträchtigen Betätigungsfeldern, gesellschaftlichen wie auch privatwirtschaftlichen, fördern, um es den Unternehmern zu erleichtern, in neue, zukunftsorientierte Bereiche zu investieren und damit zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen. Sie muß den Übergang unserer Berufsausbildung aus einem geschlossenen, mehr oder weniger statistischen System in ein offenes, dynamisches System bewerkstelligen, das sich aufnahmefähig und flexibel in seinen Reaktionen gegenüber von Einflüssen von außen zeigt. Wenn dies gelingt, können die Vorteile, welche die duale Berufsausbildung in der Vergangenheit für Wirtschaft und Gesellschaft unter Beweis gestellt hat, auch in die Zukunft übertragen werden.

4.4. Eckpfeiler einer Zukunftsorientierung der Beruflichen Bildung

• Berufsbildung muß das Ziel haben, jungen Menschen den Übergang in das Beschäftigungssystem zu erleichtern, indem sie ihnen eine „Berufstüchtigkeit" vermittelt, die ihnen langfristig eine aktive Teilnahme am Arbeitsmarkt ermöglicht.

• Die Berufsbildung muß auch weiterhin in der Verantwortung der ausbildenden Unternehmen – als Bereitsteller von Ausbildungsplätzen – bleiben, denn nur dann besteht die Chance auf eine spätere Integration in das Beschäftigungssystem.

• Es müssen verstärkt neue Berufe in zukunftsträchtigen Wirtschaftsbereichen gefördert werden, um dadurch zusätzlich Ausbildungsbereiche zu schaffen. Ordnungspolitik hat sich dabei der Bildungs- und Beschäftigungspolitik unterzuordnen.

• Der Prozeß zur Entwicklung neuer Berufe muß weiter beschleunigt werden.

• Die Berufswahl sollte vielfältige Entwicklungswege zulassen und den einzelnen dann mehr Flexibilität gewährleisten. Dies könnte geschehen, indem zunächst eine berufsfeldeinheitliche Ausbildung erfolgt und die endgültige Berufsspezialisierung auf einen zweiten Ausbildungsabschnitt verschoben wird.

• Berufsausbildung muß für die fachübergreifende Zusammenarbeit sensibilisieren.

• Eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit über Berufe und deren Karriereperspektiven ist dringend erforderlich, um das Image der dualen Berufsausbildung zu stärken.

• Berufsausbildung soll auch die Persönlichkeit fördern und darf keinesfalls nur den rasch einsetzenden, „flexibel funktionierenden" Mitarbeiter zum Ziel haben. Hier sind insbesondere die Berufsschulen gefordert.

• Es sind verstärkt Wege zu entwickeln, die auch leistungsschwächere Jugendliche in das Ausbildungs- und Beschäftigungssystem integrieren. Hier könnte man zusätzliche Einstiegsberufe anbieten, die eine spätere Weiterqualifizierung zulassen.

• Es sind Wege weiterzuentwickeln, um leistungsstarken Jugendlichen dauerhafte Anreize zu geben. Unsere Bildungsressourcen sind zu wertvoll, als daß Jugendliche sie (zu Lasten anderer) mehrfach in Anspruch nehmen können sollten. Alternative duale Bildungsgänge müssen deshalb ausgebaut werden.

Gleichwertig kann Berufsausbildung für junge Menschen nur sein, wenn das Auslernen sichtbar in ein Weiterlernenkönnen übergeht, wenn Perspektiven und Durchlässigkeit sichtbar sind.

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5. Zur Beruflichen Weiterbildung



5.1. Die Bedeutung der formellen und informellen Weiterbildung

Der Deutsche Bildungsrat definiert Weiterbildung als „Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lernens nach Abschluß einer unterschiedlich ausgedehnten ersten Ausbildungsphase". In der Statistik des Berichtssystems Weiterbildung für die Bundesrepublik Deutschland werden die Sektoren der beruflichen Weiterbildung, der allgemeinen Weiterbildung und der wiederaufgenommenen Ausbildung unterschieden. Jedoch entzieht sich gerade der wichtige ‘weiche’ Bereich der informellen Weiterbildung weitgehend einer Definition und statistischen Erfassung, ist aber gleichwohl von großer und im Informationszeitalter eher wachsender Bedeutung.

5.2. Unzureichende Weiterbildung

5.2.1. Zu geringe Investitionen in Humankapital

Folgt man dem 1996 vom Bundesminister für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie herausgegebenen „Integrierten Gesamtbericht zur Weiterbildungssituation in Deutschland", so hat die Reichweite der beruflichen Weiterbildung in den letzten Jahren zugenommen (von 21 Prozent der Deutschen im Alter zwischen 19 und 65 Jahren auf 24 Prozent), während gleichzeitig der durchschnittliche Zeitaufwand der Erwerbstätigen für berufliche Weiterbildung, in Stunden pro Jahr gerechnet, eine eher negative Entwicklung aufweist.

Der Zeitaufwand für berufliche Weiterbildung pro erwerbstätiger Person ist zwischen 1991 und 1994 im Öffentlichen Dienst und im Handels- und Dienstleistungsbereich zwar angestiegen (von 40 auf 47 bzw. von 34 auf 36 Stunden), in der Industrie aber kräftig von 43 auf 34 Stunden und im Handwerk noch kräftiger von 36 auf 26 Stunden zurückgegangen. Insgesamt hat sich der Umfang der betrieblichen Weiterbildung in den letzten Jahren zurückentwickelt.

Eine Analyse der betrieblichen Weiterbildung liefert der Leiter der Hauptabteilung Weiterbildungsforschung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB). Er legt mit der Hochrechnung des Instituts der Deutschen Wirtschaft für das Jahr 1992 einen Aufwand von 36,5 Mrd. DM für die betriebliche Weiterbildung zugrunde. Nach der Rechnung des BIBB sind das zu 69 Prozent Ausfallkosten, so daß der betriebliche „Weiterbildungsmarkt" nur ca. 11,3 Mrd. DM umfasse. Der „Weiterbildungsmarkt" der öffentlichen Hand belief sich 1992 nach einer ähnlichen Rechnung auf knapp 3 Mrd. DM. Der individuelle Aufwand von Privatpersonen für die berufliche Weiterbildung ist mit rund 6,2 Mrd. DM daneben keineswegs zu vernachlässigen.

Schließlich gab die Bundesanstalt für Arbeit im gleichen Zeitraum knapp 8 Mrd. DM für die Finanzierung der beruflichen Weiterbildung aus (ohne Unterhaltsgeld und ohne die Aufwendungen für die berufliche Rehabilitation von Behinderten mitzuzählen). Dieser Betrag war 1992 durch die hohen Aufwendungen in den Neuen Bundesländern mitverursacht und ist inzwischen im Zuge der Sparmaßnahmen und als Folge steigender Aufwendungen für Arbeitslosigkeit fast halbiert worden.

Insgesamt schätzt das BIBB das Geldvolumen, das 1992 auf dem Markt der beruflichen Weiterbildung nachfragewirksam wurde (wobei es sich zum größten Teil um einen captive market handelt), auf etwa 30 Mrd. DM und schreibt: „Betrachtet man die Weiterbildungsaufwendungen als Investitionen in ‘Humankapital’ und vergleicht sie mit den Sachkapitalinvestitionen (1992: rund 700 Mrd. DM), dann zeigt sich, daß die ‘Humankapitalinvestitionen’ in Form beruflicher Weiterbildung nur 4,3 Prozent der Anlageinvestitionen ausmachen".

Die Interpretation dieser Zahlen und Aussagen ist besonders vor dem Hintergrund einer sehr flexiblen betrieblichen Praxis nicht einfach. Sie zeigen zwar, daß der Aufwand für „organisiertes Lernen" in der beruflichen Weiterbildung, jedenfalls in der Industrie und im Handwerk, seit einigen Jahren rückläufig ist. Andererseits liegt aber klar zu Tage, daß die Qualifikationsanforderungen keineswegs nachlassen. Vielfach tritt an die Stelle der Weiterbildung im Hause die Einstellung höher qualifizierter Kräfte, worin sich auch die geringere betriebliche Bindung und die höhere Fluktuation der besser Qualifizierten widerspiegelt. Neue Formen der Arbeitsorganisation führen auch zu einer verstärkten Weiterbildungsleistung on the job, der gesonderte Veranstaltungen zum Opfer fallen.

5.2.2. Die Mittel der Bundesanstalt für Arbeit gehen zurück

Im außerbetrieblichen Bereich ist allerdings unbestreitbar, daß die Mittel der Bundesanstalt für Arbeit, die für die berufliche Weiterbildung zur Verfügung stehen, als Folge der wachsenden Arbeitslosigkeit zurückgehen. Der auf die Weiterbildung entfallende Anteil der Investitionen in Humankapital ist daher gegenwärtig insgesamt zu niedrig. Notwendig ist eine gemeinsame Vision, welche Prioritäten in der beruflichen Weiterbildung gesetzt werden müssen, um mit dem Strukturwandel fertig zu werden und Wachstum und Beschäftigung zu sichern.

Dieser Strukturwandel stellt außerordentlich komplexe Anforderungen an die berufliche Weiterbildung. Er ist vor allem charakterisiert durch die Informatisierung der Arbeitswelt. Hinzu kommt die zunehmende Verlagerung der Beschäftigung auf den Dienstleistungssektor und die steigende Verantwortung der Beschäftigten in der privaten Wirtschaft und im öffentlichen Bereich im Rahmen ‘fraktaler’ Organisationsformen (folgt man einem Begriff des FHG-Präsidenten Professor Warnecke). Schließlich ist die internationale Arbeitsteilung und die Europäisierung der Beschäftigung ein Trend, der auch auf die Anforderungen an die berufliche Weiterbildung durchschlägt.

Der Versuch, den zukünftigen Qualifizierungsbedarf zu ermitteln, stößt naturgemäß auch auf die mit der Laufzeit von Projektionen zunehmende Prognoseunsicherheit. Dabei spielen konjunkturelle Entwicklungen ebenso eine Rolle, wie die Entwicklung der Produktivität einzelner Wirtschaftszweige. Deregulierung und neue Märkte in der Informationsgesellschaft sind schwer abschätzbare Faktoren. Infolgedessen gibt es weder in der Wirtschaft, noch bei der Bundesanstalt für Arbeit eine einigermaßen zuverlässige mittel- bis langfristige Vorstellung darüber, welchen Anforderungen die berufliche Weiterbildung als Ganzes unterworfen sein wird. Es gibt jedoch eine Fülle von einzelnen Regulierungen und speziellen Berufsbildern, die den Markt der beruflichen Weiterbildung beeinflussen. Das Managementprinzip „Go and Correct" ist für die berufliche Weiterbildung charakteristisch.

Demgemäß bedarf es einer Vision über das Zukunftsbild der Ziele, der Organisation und des notwendigen Aufwands beruflicher Weiterbildung. Wie bei der beruflichen Ausbildung muß sie in einer gemeinsamen Anstrengung aller Beteiligten entwickelt werden.

5.2.3. Berufliche Weiterbildung von Arbeitslosen ist eine Investition in die Zukunft und entlastet die Arbeitslosenversicherung

Die Bundesanstalt für Arbeit verwaltete im Jahr 1997 ein Ausgabevolumen von rund 150 Mrd. DM. Das ist der Preis der Arbeitslosigkeit (ohne Einschluß der Sozialhilfe), die sich seit Mitte der siebziger Jahre in Deutschland festgesetzt und in diesem Jahr ein Rekordniveau erreicht hat. Dadurch werden die sogenannten Pflichtleistungen der Arbeitsämter (Arbeitslosengeld) weiter ansteigen. Infolgedessen müssen die Kann-Leistungen der aktiven Arbeitsmarktpolitik noch weiter zurückgeführt werden, wenn der Zuschuß des Bundes an die Bundesanstalt für Arbeit eingefroren wird.

Damit entsteht ein Teufelskreis, denn weniger Qualifizierung heißt höhere Pflichtleistungen, die wiederum zu einer Verminderung der Kann-Leistungen führen. Die Zahl der Menschen in Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung ist von 500.000 im Jahr 1996 auf 300.000 im Jahre 1997 zurückgegangen und wird in 1998 stagnieren. Die Zahlen deuten darauf hin, daß wir uns in einer Abwärtsspirale befinden, aus der es kein Entrinnen zu geben scheint. Im Grunde können wir es uns schon aus finanziellen Gründen gar nicht leisten, daß der erste Arbeitsmarkt immer weiter schrumpft, weil dadurch immer weniger Erwerbstätige für immer mehr Arbeitslose zahlen müssen. Und den zweiten Arbeitsmarkt können wir nicht mehr bezahlen, weil seine Finanzierung aus der Arbeitslosenversicherung die Unternehmen und Erwerbstätigen immer stärker belastet. Im Hinblick auf die Kostenbelastung durch Sozialabgaben sind die Unternehmensteuern eine Größe zweiter Ordnung. Das ist eine verhängnisvolle Entwicklung, der nur durch ein grundsätzliches Umsteuern entgegengewirkt werden kann.

Ein wesentliches Hindernis im Aufschwung ist die Befürchtung der Unternehmen, im Falle einer zu optimistischen Einschätzung der Entwicklung, ihren Beschäftigungsstand nur unter hohen Kosten wieder nach unten anpassen zu können. Flexible Arbeitszeitregelungen können zwar dazu beitragen, die Risiken für diejenigen zu vermindern, die bereits Arbeit haben. Um den hohen Arbeitslosigkeitssockel wieder abzubauen, ist aber mehr erforderlich, nämlich ein konsequenter Ausbau der aktiven Arbeitsmarktpolitik im Rahmen einer zwischen den Tarifparteien und der Politik zu verabredenden Doppelstrategie, die es Unternehmen auf der einen Seite erlaubt, Neueinstellungen vorzunehmen, ohne dadurch hohe finanzielle Risiken auf sich zu nehmen, und zum anderen von Entlassung betroffenen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen eine faire Chance gibt, durch berufliche Weiterbildung und mit neuen Fähigkeiten ausgestattet eine neue Arbeit zu finden.

Die hier zu Gebote stehenden Instrumente reichen von Lohnsubventionen bis hin zur Förderung von Beschäftigungsgesellschaften oder vorübergehenden eigenem unternehmerischen Engagement der öffentlichen Hände. Dazu gehören auch von der Bundesanstalt für Arbeit aus Steuermitteln finanzierte betriebliche Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung. Sie können in geeigneten Fällen an die Stelle von Arbeitslosigkeit treten und als schlechter bezahlte Durchgangsstation zur Rückkehr in den ersten Arbeitsmarkt betrachtet werden. Wem dies im ersten Anlauf nicht gelingt, der muß im zweiten Arbeitsmarkt vorübergehend sein Unterkommen finden und dort Leistungen erbringen, die sozial und volkswirtschaftlich von Nutzen sind.

5.2.4. Die Chancen der Neuen Medien für die Qualifizierung nutzen

Die Bundesregierung sollte die Entwicklung einer Vielzahl neuer Formen der computer- und kommunikationsgestützten beruflichen Bildung fördern und einen intensiven Informationsaustausch zwischen Unternehmen, Bildungsträgern und Forschungseinrichtungen zur breiten Umsetzung der Ergebnisse in die organisierte und informelle berufliche Bildungslandschaft initiieren.

Telelearning und Computer Based Teaching werden auch in der beruflichen Weiterbildung eine wachsende Rolle spielen und sie von Grund auf verändern. Neue Simulationstechniken auf der Grundlage von Computer Generated Imaging stehen zwar aus Kostengründen noch am Anfang ihrer Entwicklung, aber bereits heute wird deutlich, daß damit eine neue Dimension in Bildung und Training erschlossen werden kann. Der Kostenverfall in der Mikroelektronik wird in wenigen Jahren Virtual Reality-Techniken im Rahmen von Personal Computern ermöglichen. Der enge Zusammenhang mit Computerspielen (Nintendo arbeitet mit Silicon Graphics zusammen) hat zu dem Schlagwort vom Edutainment geführt. Es wird höchste Zeit, daß sich die berufliche Bildungslandschaft in Deutschland auf die damit verbundenen Herausforderungen einstellt.

Die Bereitstellung von Software und Informationen über das Internet bietet neue Möglichkeiten der informellen Weiterbildung, deren Nutzung von entscheidender Bedeutung bei der Bewältigung des Strukturwandels sein wird. Inzwischen beginnt sich ein Generationenkonflikt in der Handhabung und Nutzung neuer Informationstechniken zu entwickeln, dessen nachteilige Folgen nur durch konsequente berufliche Weiterbildung auf der Grundlage dieser Techniken abgefedert werden können.

In einem zeitlich befristeten Förderprogramm des Bundes sollte die Entwicklung neuer Formen der computer- und kommunikationsgestützten schulischen und beruflichen Aus- und Weiterbildung gefördert werden. Ein intensiver Informationsaustausch zwischen Unternehmen, Bildungsträgern und Forschungseinrichtungen muß zur breiten Umsetzung der Ergebnisse in der Öffentlichkeit organisiert werden.


©Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Juli 1998

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