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Vorbemerkung

Über Bildungspolitik ist in Deutschland zu lange diskutiert worden, ohne daß man über den gewohnten Tellerrand weit genug hinausgeblickt hat. Bei den kaum noch überschaubaren Debatten über

• die Gesamtschule und das herkömmliche gegliederte Schulsystem,

• den praktischen Wegfall der Hauptschulen, die Rolle der Gymnasien und die Erleichterung des Zugangs zu ihnen,

• die Rolle privater Schulen,

• die Ganztagsschule,

• die Bezahlung der Lehrer und die Länge ihrer Arbeitszeit,

• die Dauer der Schulzeit und die Qualifikation der Schulabsolventen für die Arbeitswelt oder die nachfolgenden Bildungsabschnitte sowie

• die Kosten für die Schulbildung insgesamt

ist viel von pädagogischen, politischen und sozialen Zielsetzungen die Rede gewesen, wenig aber davon, was Staat und Gesellschaft - und zu ihr gehören nicht nur die Eltern, sondern zuvörderst auch die öffentlichen und privaten Arbeitgeber - von Schülern und Lehrern verlangen können und ihnen billigerweise anbieten sollten, damit sie den Erwartungen entsprechen können.

Mehr oder weniger das gleiche gilt im Hinblick auf das duale System der Berufsausbildung, die Unzulänglichkeiten und Mißstände an unseren Hochschulen und die berufsbegleitende oder außerhalb der Arbeitswelt stattfindende Aus- und Weiterbildung.

Im Lichte der Diskussion über die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland bahnt sich insoweit eine Änderung an. Es rückt ins öffentliche Bewußtsein, daß die Modernisierung des gesamten Bildungssystems von entscheidender Bedeutung dafür ist, welche Rolle Deutschland im Konzert der Wirtschaftsnationen zukünftig noch spielen kann.

Die Konzentration von Softwareindustrien in Indien, die online auch für große deutsche Auftraggeber arbeiten, hat mit der Illusion aufgeräumt, daß Deutschland als eines der Mutterländer „intelligenter" Arbeitsplätze insoweit über Bestandsgarantien verfüge. Eine Studie über die Qualifikationen von Mathematikschülern im internationalen Vergleich hat mit ihren für Deutschland wenig schmeichelhaften Ergebnissen völlig zu recht für die längst überfällige Alarmstimmung gesorgt. Gleiches gilt für die erkennbar werdenden Unterschiede des Ausbildungsniveaus in den einzelnen Bundesländern.

Es geht darum, daß die sich hieraus ergebenden Ausgangsfragen akzeptiert und konstruktiv bearbeitet, nicht aber unter bekannten bildungspolitischen Diskussionsformeln begraben werden. Es ist z.B. unsinnig, unter Hinweis auf die erwähnte internationale Studie dem Land NRW das Festhalten an der Gesamtschule vorzuwerfen, obwohl gerade die Länder mit den besten Ergebnissen wie etwa Japan ein gegliedertes Schulwesen gar nicht kennen. Kaum am Zentrum des Problems setzt auch an, wer statt besserer Qualifikationen nur neue Berufsbilder mit verkürzten Ausbildungszeiten für theorieschwache Schüler fordert.

Dringend geboten ist es hingegen, die Diskussion auf die Konkretisierung dessen zu richten, was gefordert und geleistet werden muß, damit Deutschlands wirtschaftliche Zukunft nicht durch Versäumnisse im Bildungswesen verspielt wird. Hierzu sollen die nachfolgenden Thesen einen Beitrag leisten.


©Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Juli 1998

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