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D. Erschließungsbeiträge

Zentrale Rechtsgrundlagen für Erschließungsbeiträge sind die §§ 127 bis 135 des BauGB. Erschließungsbeiträge sind Kommunalabgaben, die ihre Rechtsgrundlage in einem Bundesgesetz finden und für die die jeweiligen Kommunalabgabengesetze der Länder ergänzend anzuwenden sind.

Nach § 127 BauGB erheben die Gemeinden zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag nach Maßgabe der §§ 127 – 135 BauGB. Erschließungsbeiträge werden gem. § 128 BauGB erhoben für den Erwerb und die Freilegung der Flächen für Erschließungsanlagen, für ihre erstmalige Herstellung einschließlich der Einrichtungen für ihre Entwässerung und Beleuchtung sowie für die Übernahme von Anlagen als gemeindliche Erschließungsanlagen. Nicht über Erschließungsbeiträge finanzierbar sind bereits hergestellte und vorhandene Erschließungsanlagen. Dies folgt aus den §§ 133 Abs. 4, 242 Abs. 1 BauGB.

Da es sich bei den Erschließungsbeiträgen um klassische Beiträge handelt, sind sie maßgeblich durch das Äquivalenzprinzip gekennzeichnet. Dem Prinzip von Leistung und Gegenleistung, von Erschließung durch Erschließungsanlage und Erschließungsvorteil kommt entscheidende Bedeutung zu, da der Erschließungsbeitrag vom Erschließungsvorteil abhängig ist. Durch den Erschließungsbeitrag wird ein Ausgleich für den durch eine Leistung der Gemeinde ausgelösten Sondervorteil verlangt; ohne eine durch die Erschließungsanlage gewährten Erschließungsvorteil wäre die Heranziehung zur Zahlung eines Beitrags verfassungswidrig, weil insoweit gegen das den Beitrag kennzeichnende Äquivalenzprinzip verstoßen werden würde [ vgl. hierzu Driehaus in Berliner Kommentar, Vorb. §§ 127-135 Rn 11] .

Abzustellen ist im Rahmen der Vorteilsermittlung darauf, daß den betroffenen Grundstücken durch die Erschließungsanlage eine bauliche oder erschließungsbeitragsrechtlich vergleichbare Nutzbarkeit durch die Inanspruchnahmemöglichkeit der Anlage eröffnet wird und dadurch den Grundstückseigentümern gegenüber Dritten eine besondere Stellung verliehen wird.

Der Erschließungsvorteil ist objektiv zu bestimmen. Allerdings fordert der auch im Erschließungsbeitragsrecht geltende Grundsatz der Beitragsgerechtigkeit, daß Grundstücke, denen ein höherer Erschließungsvorteil zukommt, stärker belastet werden sollen, als diejenigen, denen nur geringere Vorteile zukommen. Dieses wird durch den Beitragsmaßstab gewährleistet, dem ein sachgerechter Maßstab zur Ermittlung des konkreten Vorteiles in Bezug auf das konkret betroffene Grundstück zugrunde liegt.

Die Gemeinden erheben zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag. Aus dieser Definition ergibt sich, daß die Gemeinden verpflichtet sind, Erschließungsbeiträge zu erheben [ siehe Quaas , S. 94 Rn. 232] . Das Bundesverwaltungsgericht zieht daraus den Schluß, daß für die Gemeinden ein zwingendes Gebot besteht, sämtliche Möglichkeiten der Erschließungsbeitragserhebung auszuschöpfen und ggf. auch Beiträge nachzuerheben. Zwar ist diese Ansicht auf Kritik gestoßen [ ausführlich dargestellt in Quaas S. 94 Rn. 233] ; vorherrschend dürfte sie trotzdem sein.

Nach der zum 1. Januar 1998 weggefallenen Überleitungsvorschrift des § 246a BauGB bestand für die neuen Bundesländer eine Einschränkung im Rahmen des Erschließungsbeitragsrechts. Nach dieser Regelung konnten für vor dem 3. Oktober 1990 erstmals hergestellte Erschließungsanlagen oder Teile derselben keine Erschließungsbeiträge erhoben werden. Als erstmalig hergestellt galten dabei solche Anlagen oder Anlagenteile, die nach dem technischen Ausbauprogramm oder nach den örtlichen Ausbaugepflogenheiten vor dem 3. Oktober 1990 erstmals fertiggestellt worden sind. Nach dem Wegfall dieser Bestimmung besteht für die neuen Bundesländer keine Sonderregelung mehr.

Die Erhebung von Erschließungsbeiträgen vollzieht sich in drei Phasen nach der sog. „Drei-Phasen-Theorie". [ Driehaus in Driehaus § 8 Rn 1 ff.] . Nach dieser erfolgt die Beitragserhebung durch die Aufwendungs-, die Verteilungs- und die Heranziehungsphase.

Zunächst wird die Aufwendungsphase durchlaufen. In dieser wird der beitragsfähige Erschließungsaufwand, d.h. die Kosten, die durch die Anlage entstanden sind, berechnet. Beitragsfähig sind dabei nur die in § 127 Abs. 2 BauGB genannten Erschließungsanlagen und zwar nur dann, wenn es um die Kosten einer in §§ 128, 129 BauGB aufgeführten und erforderlichen Maßnahme geht.

In der Verteilungsphase, welche auch parallel zur Aufwendungsphase erfolgen kann, wird festgestellt, auf welche vorteilsbehafteten Grundstücke dem Grunde und der Höhe nach der entstandene umlagefähige Aufwand zu verteilen ist. Dabei versteht sich der umlagefähige Aufwand als beitragsfähiger Aufwand abzüglich Gemeindeanteil und Zuschüssen Dritter, § 129 Abs. 1 S. 3 BauGB. Der in der Beitragssatzung festzuschreibende Beitragssatz ist wie im sonstigen Beitragsrecht der Schlüssel zur Verteilung des auf das jeweilige Grundstück entfallenden Aufwands in Abhängigkeit von dem Maß des dem konkreten Grundstück zukommenden Erschließungsvorteils.

Liegen sämtliche grundstücksbezogene Beitragsvoraussetzungen nach § 33 Abs.1, 2 BauGB vor, beginnt die Heranziehungsphase, und es entsteht die sog. sachliche Beitragspflicht des Grundstücks. Mit Entstehen der sachlichen Beitragspflicht beginnt die Festsetzungsverjährungsfrist zu laufen.

Innerhalb der Festsetzungsverjährungsfrist ist der für das Grundstück entstandene Beitrag gegenüber dem persönlich Beitragspflichtigen (Grundstückseigentümer, Erbbauberechtigter) festzusetzen und zu erheben, §§ 134, 135 BauGB.

Zu einem früheren Zeitpunkt, als es in dem beschriebenen „Drei-Phasen-Verfahren" möglich ist, können Beiträge nur dann erhoben werden, wenn die Voraussetzungen einer Heranziehung im Wege der Kostenspaltung nach §§ 133 Abs. 2, 127 Abs. 3 BauGB vorliegen oder gem. § 133 Abs. 3
S. 1 eine Vorausleistungserhebung möglich ist.

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1. (wirksame) Erschließungsbeitragssatzung

Die Erhebung von Erschließungsbeiträgen setzt grundsätzlich eine Erschließungsbeitragssatzung voraus. Nach § 132 BauGB regeln die Gemeinden durch Satzung die Art und den Umfang der Erschließungsanlagen, die Art der Ermittlung und der Verteilung des Aufwands sowie die Höhe des Einheitssatzes, die Kostenspaltung und die Merkmale der endgültigen Herstellung einer Erschließungsanlage. Diese Ermächtigungsgrundlage stellt klar, daß die Gemeinden nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet sind, Erschließungsbeitragssatzungen zu erlassen [ so auch Driehaus in Berliner Kommentar zu § 132 Rn. 1] .

Nach dem Erlaß einer gültigen Satzung können die Gemeinden auch Beiträge für solche Anlagen erheben, die vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens technisch erstmals hergestellt worden sind, da nur anhand der Regelung in der Satzung definitiv festgestellt werden kann, wann die Erschließungsanlage erstmals hergestellt wurde.

Die in § 132 BauGB genannten Voraussetzungen gehören nicht zum zwingend vorgeschriebenen Mindestinhalt der Satzung. Lediglich über die Art und den Umfang sowie über Merkmale der endgültigen Herstellung einer Erschließungsanlage wie auch Regelungen über die Verteilung des Aufwands sind als Mindestinhalt der Erschließungsbeitragssatzung zwingend vorgeschrieben. Die sonst genannten Bestimmungen sind nur bedingt erforderlich, so z.B. Bestimmungen über Einheitssätze und Kostenspaltung (§ 132 Nr. 2 und 4). Fehlt es in einer Satzung an einer Regelung zur Ermittlung des Aufwands wird die im Erschließungsbeitragsrecht vorherrschende, typische Methode zur Aufwandsermittlung herangezogen, nach der auf die tatsächlichen Kosten abgestellt wird.

Die sachliche Beitragspflicht entsteht – wie bereits angesprochen – wenn alle Voraussetzungen der Entstehung der Beitragspflicht vorliegen. Da eine wirksame Satzung Voraussetzung der Beitragserhebung ist, kann ein Beitragsbescheid nur aufgrund einer wirksamen Satzung ergehen; ist die Satzung nichtig, ist der darauf beruhende Bescheid rechtswidrig.

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2. Die Aufwendungsphase



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2.1. Beitragsfähige Erschließungsanlagen

Die beitragsfähigen Erschließungsanlagen sind im Katalog des § 127 Abs. 2 BauGB aufgezählt. Danach sind beitragsfähig die öffentlichen zum Anbau bestimmten Straßen, Wege und Plätze (Nr. 1), die öffentlichen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen mit Kraftfahrzeugen nicht befahrbaren Verkehrsanlagen innerhalb der Baugebiete (z.B. Fußwege, Wohnwege) (Nr. 2), Sammelstraßen innerhalb der Baugebiete, wobei Sammelstraßen öffentliche Straßen, Wege und Plätze sind, die selbst nicht zum Anbau bestimmt, aber zur Erschließung der Baugebiete notwendig sind (Nr. 3), Parkflächen und Grünanlagen mit Ausnahme von Kinderspielplätzen, soweit sie Bestandteil der in den Nummern 1 bis 3 genannten Verkehrsanlagen oder nach städtebaulichen Grundsätzen innerhalb der Baugebiete zu deren Erschließung notwendig sind (Nr. 4) sowie Anlagen zum Schutz von Baugebieten gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes, auch wenn sie selbst nicht Bestandteil der Erschließungsanlagen sind (Nr. 5).

Der in den §§ 127 ff. genannte Begriff der beitragsfähigen Erschließungsanlage ist im Licht einer natürlichen Betrachtungsweise zu verstehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist das durch die tatsächlichen Gegebenheiten geprägte Erscheinungsbild maßgebend, keine lediglich auf dem Papier bestehende planerische Festsetzung. Ob „ etwas" Teil einer Erschließungsanlage ist oder nicht, richtet sich daher ausschließlich nach der Sichtweise eines objektiven Beobachters. Dieser hat sich zu fragen, was vor Ort an Fläche für die Erschließungsanlage (z.B. Anbaustraße) in Beschlag genommen wird.

2.1.1. Zum Anbau bestimmte öffentliche Straßen, Wege und Plätze

Die in § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB genannten, zum Anbau bestimmten öffentliche Straßen, Wege und Plätze stellen in der Praxis die wichtigste Fallgruppe der erschließungsbeitragsrechtlichen Anlagen dar. Sie werden als Anbaustraßen oder auch Verkehrsanlagen bezeichnet.

Beitragsfähig sind die selbständigen Anbaustraßen in ihrem tatsächlich angelegten Umfang. Da im Erschließungsbeitragsrecht die „natürliche Betrachtungsweise" vorherrschend ist, kommt es auch bei der Abgrenzung zwischen selbständiger und unselbständiger Verkehrsanlage allein auf das äußere Erscheinungsbild an. Maßgebend dabei sind äußere Faktoren wie etwa Ausdehnung der Anlage in Länge und Breite, die Zahl der durch sie erschlossenen Grundstücke wie auch die Beschaffenheit des Ausbaus.

Auch ein eventuelles Verhältnis zwischen Haupt- und Stichstraße ist zu berücksichtigen. Die Fähigkeit von Verkehrsanlagen im Sinne des § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB, als Stichstraße oder sonstiges Anhängsel Bestandteil einer Anbaustraße zu sein, ist nur dann gegeben, wenn die „Anhängselanlage" selbst eine eigenständige Anbaustraße sein könnte.

Wie der Name schon sagt, müssen die Anbaustraßen zum Anbau bestimmt sein. Maßgebend ist hier eine Betrachtungsweise von der Straße aus zu den angrenzenden Grundstücken und zu den Hinterliegergrundstücken. Entscheidend ist für das Merkmal der „Bestimmung zum Anbau", daß an der Straße tatsächlich gebaut werden kann und auch rechtlich gebaut werden darf.

Voraussetzung für das Merkmal „zum Anbau bestimmt" ist nicht, daß betroffene Grundstücke durch die Anbaustraße erschlossen werden. Es reicht vielmehr aus, wenn die Grundstücke durch die Anbaustraße verkehrlich erreichbar sind und dadurch bebaubar und erschlossen werden. Die Grundstücke müssen jedenfalls hinreichend verkehrsmäßig erschlossen sein.

Verkehrstechnische Erreichbarkeit ist dann gegeben, wenn mit Fahrzeugen auf der öffentlichen Anbaustraße bis zum jeweiligen Anliegergrundstücks gefahren werden kann und von dort aus das Grundstück ggf. über einen weiteren Straßenteil oder Gehweg/Radweg betreten werden kann. Das Grundstück muß für (Kraft-) Fahrzeuge zum Zwecke der Ver- und Entsorgung erreichbar sein. Insbesondere muß es von Sondereinsatzfahrzeugen der Polizei oder der Feuerwehr bzw. des Rettungsdienstes anfahrbar und erreichbar sein.

Das oben genannte Merkmal der tatsächlichen und rechtlichen Anbaubarkeit der Straße führt nicht dazu, daß Straßen, die stellenweise nur auf der einen Seite bebaubar sind, weil in einigen Bereichen z.B. Felswände sind, ihre Eigenschaft als Anbaustraße verlieren. Die Bestimmung zum Anbau geht nicht durch stellenweise topographische Hindernisse verloren. Denn es ist immer auf die gesamte Anlage, nicht nur auf unselbständige Teilstücke abzustellen.

Gleiches gilt daher auch für Anbaustraßen, die grundsätzlich nur auf der einen Seite anbaubar sind. Problematisch ist bei diesen ggf. aber die Kostenverteilung, da „nur" die Grundstücke auf der einen Seite die Kosten der gesamten Anlage zu tragen haben.

Von der Rechtsprechung wurde daher der Halbteilungsgrundsatz [ ausführlich hierzu Driehaus in Berliner Kommentar zu § 127 Rn 49 ff.] entwickelt. Nach diesem kann eine ideelle Teilung der Anbaustraße dann erfolgen, wenn nur die eine Seite zum Anbau bestimmt ist, wobei dann nur die Hälfte der Kostenmasse auf die Beitragspflichtigen verteilt wird. Dieser Grundsatz findet jedoch dann keine Anwendung, wenn dies bei sachgerechter Würdigung aller Gesamtumstände nicht der Interessenlage entspricht. Da der Halbteilungsgrundsatz in der Praxis eigentlich fast immer bei sachgerechter Würdigung aller Gesamtumstände nicht der Interessenlage entspricht, findet er recht selten Anwendung.

Die in § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB genannten Anbaustraßen müssen öffentliche sein. Sie müssen daher nach Maßgabe des Landesstraßenrechts dem öffentlichen Verkehr gewidmet worden sein. Ohne einen Widmungsakt kann die sachliche Beitragspflicht des Grundstücks nicht entstehen. Erfolgt die Widmung erst später, so lebt dann die sachliche Beitragspflicht des Grundstücks auf. Der Widmungsakt kann, wenn der Erschließungsbeitragsbescheid aus Gründen der fehlenden Widmung angegriffen wird, bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht nachgeholt werden.

Straßen im Außenbereich nach § 35 BauGB sind regelmäßig und grundsätzlich nicht zum Anbau bestimmt, daher auch nicht beitragsfähig.

2.1.2. Unbefahrbare, öffentliche Verkehrsanlagen

Die öffentlichen, aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen mit Kraftfahrzeugen nicht befahrbaren Verkehrsanlagen innerhalb der Baugebiete (z.B. Fußwege, Wohnwege, §127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB) bilden eine weitere Fallgruppe der erschließungsbeitragsrechtlichen Anlagen. Den wichtigsten Fall dieser Anlagen bilden die Wohnwege. Bei diesen handelt es sich um Wege, an denen nur Wohngebäude liegen bzw. nur Wohngebäude errichtet werden dürfen. Dabei ist für die Frage, ob an ihnen Wohngebäude errichtet werden dürfen, allein das Bauordnungsrecht als Landesrecht maßgeblich. In der Regel muß das zu errichtende Wohngebäude mit Sondereinsatzfahrzeugen von Polizei, Feuerwehr oder Rettungsdienst erreicht werden können. Daher darf der Wohnweg i.d.R. nur relativ kurz, d.h. maximal 50m sein [ so z.B. §§ 4 Abs. 1 Bauordnung Brandenburg] .

Fußwege bzw. Radwege spielen in Zusammenhang des § 127 Abs. 2 Nr. 2 BauGB selten eine Rolle. Denn Fuß- oder/und Radwege sind regelmäßig unselbständige Teile von Anbaustraßen und daher schon in ihrem Rahmen beitragsfähig.

2.1.3. Sammelstraßen

Sammelstraßen sind öffentliche Straßen, Wege und Plätze, die selbst nicht zum Anbau bestimmt, aber zur Erschließung der Baugebiete notwendig sind (§ 127 Abs. 2 Nr. 3 BauGB). Sie dienen mittelbar der Erschließung von Grundstücken, die unmittelbar durch Anbaustraßen erschlossen sind, da sie den öffentlichen Verkehr von außen in die Anbaustraßen kanalisieren oder ihn von diesen nach außen hin ableiten. Dieser Anlagenkreis spielt in der Praxis kaum eine Rolle. Denn die Sammelstraße ist nur dann beitragsfähig, wenn die betroffenen Anlieger das übrige Straßennetz der Gemeinde ausschließlich über sie erreichen können. Erst diese Eigenschaft würde einen erschließungsbeitragsrechtlichen Sondervorteil begründen.

2.1.4. Parkflächen und Grünanlagen

§ 127 Abs. 2 Nr. 4 BauGB nennt als Erschließungsanlagen ferner Parkflächen und Grünanlagen mit Ausnahme von Kinderspielplätzen, soweit sie Bestandteil der in den Nummern 1 bis 3 genannten Verkehrsanlagen (= unselbständige Anlagen) oder nach städtebaulichen Grundsätzen innerhalb der Baugebiete zu deren Erschließung notwendig sind (selbständige Anlagen). Als Parkflächen werden die dem Abstellen von Fahrzeugen dienenden Flächen (Parkbuchten, Parkplätze oder Parkstreifen, nicht jedoch Garagen oder Stellplätze) bezeichnet.

Unselbständige Parkflächen sind als Teil einer beitragsfähigen Erschließungsanlage mit von dieser erfaßt. Dies hat zur Folge, daß sich ihre Beitragsfähigkeit aus der Beitragsfähigkeit der Gesamtanlage ableitet. Sie können allerdings auch im Wege der Kostenspaltung gem. § 127 Abs. 3 BauGB abgerechnet werden. Die unselbständigen Anlagen spielen daher im Rahmen des § 127 Abs. 2 Nr. 4 BauGB keine eigene Rolle.

Ebenso wie die Sammelstraßen spielen auch die selbständigen Parkflächen eine äußerst untergeordnete Rolle. Eine genaue und beitragsrechtlich im Hinblick auf den Sondervorteil vorzunehmende Abgrenzung der Grundstücke, die durch eine selbständige Parkfläche einen Erschließungsvorteil genießen, ist in der Praxis nicht möglich.

Bei Grünanlagen wird im Rahmen des § 127 Abs. 2 Nr. 4 BauGB ebenfalls zwischen selbständigen und unselbständigen Anlagen unterschieden. Unselbständige Grünanlagen, z.B. das Straßenbegleitgrün auf dem Mittelstreifen oder am Straßenrand spielt erschließungsbeitragsrechtlich aus den gleichen Gründen wie bei den unselbständigen Parkflächen kaum eine Rolle, da es mit der (Haupt-) Verkehrsanlage abgerechnet wird.

Ob eine selbständige Grünanlage zur Erschließung eines Baugebiets notwendig und damit beitragsfähig ist, kann fraglich sein. Nach der Rechtsprechung ist sie dann nicht zur Erschließung notwendig, wenn sie in ihrem Flächenumfang die regelmäßige Größenordnung von Grünanlagen in dem zu erschließenden Baugebiet weit übersteigt. Allerdings ist eine selbständige Grünanlage auch unter Einhaltung der Höchstgröße nur dann beitragsfähig, wenn ihr eine Erholungs- und Gartenersatzfunktion zukommt. Dies ist dann nicht der Fall, wenn sie nicht „gebraucht" wird, weil es in der Nähe schon genügend andere Grünanlagen gibt oder im Wohngebiet alle Häuser einen eigenen Garten haben.

2.1.5. Immissionsschutzanlagen

Die in § 127 Abs. 2 Nr. 5 BauGB genannten Anlagen zum Schutz von Baugebieten gegen schädliche Umwelteinwirkungen bilden die letzte Fallgruppe der beitragsfähigen Erschließungsanlagen, auch wenn sie selbst nicht Bestandteil der Erschließungsanlagen sind.

Ihre Erschließungsfunktionen und ihr beitragsbegründender Sondervorteil liegen in der Abwehr von Immissionen. In der Praxis spielt der Schutz vor Verkehrslärm eine entscheidene Rolle. Daher kommt Erschließungsanlagen wie Lärmschutzwällen und Lärmschutzwänden sowie Lärmschutzanpflanzungen besondere Bedeutung zu. Erfaßt werden grundsätzlich nur aktive, nicht passive Schallschutzmaßnahmen wie z.B. Schallschutzfenster.

Beitragsfähig ist die Anlage, wenn sie den auf das Baugebiet einwirkenden Verkehrslärm vermindert oder erst die Bebaubarkeit der Grundstücke dadurch gewährleistet, daß die Lärmgrenzwerte nach den (Bundes-)Immissionsschutzverordnungen eingehalten bzw. erreicht werden.

Beitragspflichtig sind die Grundstückseigentümer dann, wenn sie dadurch Zweckveranlasser werden, indem das neu erschlossene oder zu erschließende Baugebiet an eine emittierende Anlage herangebaut wird. Nicht beitragspflichtig sind die Grundstückseigentümer im umgekehrten Fall. Besteht das Baugebiet bereits, und rückt eine emittierende Anlage, (z.B. Industriebetrieb, Straße) heran, so sind weder Grundstücke noch deren Eigentümer beitragspflichtig.

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2.2. Umfang des Erschließungsaufwandes

Im § 127 Abs. 2 BauGB sind die beitragsfähigen Erschließungsanlagen aufgeführt. Genauer gesagt sind jedoch nicht die Anlagen selbst beitragsfähig, sondern vielmehr nur bestimmte Kosten für bestimmte Maßnahmen an den genannten Anlagen. Dies folgt aus § 128 BauGB. Soweit die dort genannten Kosten gem. § 129 BauGB nicht erforderlich, anderweitig gedeckt oder von der Gemeinde zu tragen sind, sind sie umlagefähige Kosten. Sie können dann zur Gänze durch Erschließungsbeiträge umgelegt werden.

Nach § 128 Abs. 1 BauGB sind die Kosten für den Erwerb und die Freilegung der Flächen für die Erschließungsanlagen (Nr. 1), die Kosten für ihre erstmalige Herstellung einschließlich der Einrichtungen für ihre Entwässerung und Beleuchtung (Nr. 2) sowie die Kosten für die Übernahme von Anlagen als gemeindliche Erschließungsanlagen (Nr. 3) vom Erschließungsumfang erfaßt.

Allerdings fallen unter den genannten Kostenbegriff nur die Maßnahmen, zu deren Durchführung die Gemeinde im Zusammenhang mit ihrer Aufgabe als Erschließungsträger aufgrund vertraglicher oder gesetzlicher Bestimmungen verpflichtet war. Freiwillige Leistungen scheiden aus.

Die Kosten müssen tatsächlich entstanden und angefallen sein. Aufwendungen ausschließlich betriebswirtschaftlicher Art sowie fiktive Kosten („hätte die Gemeinde früher die Maßnahme realisiert, wären weniger Kosten angefallen") sind nicht zu berücksichtigen.

Nicht unter den Kostenbegriff fallen daher unentgeltliche Zuwendungen Dritter. Was die Gemeinde mitverwendet, erspart oder freiwillig geleistet hat, wird nicht berücksichtigt.

Zu den in § 128 BauGB genannten Kosten gehören allerdings Fremdkapital und Kreditbeschaffungskosten, soweit die Gemeinde zur Finanzierung der genannten Maßnahmen Kapital aufgenommen hat. Allerdings sind nur erbrachte Aufwendungen, nicht aber betriebswirtschaftliche Kosten (z.B. Zinsverlust für im Rahmen der Erschließungsmaßnahmen eingesetztes Eigenkapital) ansatzfähig.

2.2.1. Kosten für Erwerb und Freilegung (§ 128 Abs. 1 Nr. 1 BauGB)

Neben den Kosten für den zweckgerichteten Grunderwerb und die Freilegung der Flächen für die Erschließungsanlagen umfaßt nach §128 Abs. 1 BauGB der Erschließungsaufwand auch den Wert der von der Gemeinde aus ihrem Vermögen bereitgestellten sowie den Wert der der Gemeinde im Umlegungsverfahren gem. § 55 Abs. 2 zugeteilten Flächen.

Zu den Kosten für den zweckgerichteten Grunderwerb zählt nicht nur der Kaufpreis, sondern darüber hinaus alles das, was die Gemeinde aufwenden muß, um das Eigentum an der Grundfläche einer ganz konkreten Erschließungsanlage zu erwerben. Umfaßt sind daher Vermessungskosten, Kosten für notarielle Beurkundung nebst Eintragungskosten sowie Rechtsanwalts- und Gerichtskosten im Rahmen eines ggf. durchzuführenden Enteignungsverfahrens. Überhöhte Grunderwerbskosten sind nur insoweit zu berücksichtigen, als sie erforderlich i.S.d. § 129 BauGB sind.

Eine zeitliche Grenze für die Berücksichtigung der genannten Kosten ergibt sich aus der sachlichen Beitragspflicht des Grundstücks. Ist diese erst einmal entstanden, so sind später anfallende Kosten nicht mehr zu berücksichtigen. Die Kosten der Freilegung beinhalten sämtliche Kosten, die im Zusammenhang mit der Hindernisbeseitigung an und auf den für eine konkrete Anlage bestimmten Flächen entstehen.

Mit dem in § 128 BauGB genannten Wert der von der Gemeinde aus ihrem Vermögen bereitgestellten Grundflächen ist unzweifelhaft der Verkehrswert gemeint, der durch ein Verkehrswertgutachten ermittelt werden kann.

2.2.2. Kosten der erstmaligen Herstellung (§ 128 Abs. 1 Nr. 2 BauGB)

Beitragsfähig sind die Kosten für die erstmalige Herstellung der Erschließungsanlage einschließlich der Einrichtungen für ihre Entwässerung und Beleuchtung. Damit sind sämtliche in diesem Zusammenhang entstandenen und bis zum Beginn der sachlichen Beitragspflicht entstehenden Kosten erfaßt, wenn sie mit dem in der Satzung festgelegten Bau- bzw. Herstellungsprogramm übereinstimmen. Gleiches gilt für die Kosten der Einrichtungen für Entwässerung und Beleuchtung der Erschließungsanlage; sind sie im genannten Programm in der Satzung festgeschrieben, so sind sie beitragsfähig.

Dies hat zur Folge, daß sie – wie oben im Ausbaubeitragsrecht beschrieben – aus den dort genannten Kosten nach dem beschriebenen Verteilungsschlüssel [ siehe S. 71ff. Straßenentwässerungsanteil] (Misch- und Trennungssystem) herauszurechnen sind.

2.2.3. Kosten für die Übernahme von Anlagen (§ 128 Abs. 1 Nr. 3 BauGB)

Zu den beitragsfähigen Kosten gehören nach § 128 Abs. 1 Nr. 3 BauGB auch die Kosten für die Übernahme von Anlagen als gemeindliche Erschließungsanlagen. Darunter fallen Kosten einer bereits fertiggestellten oder im Bau (Anlegung) befindlichen Anlage, die beispielsweise im Privateigentum steht und von der Gemeinde übernommen wird.

2.2.4. Ausgeschlossene Kosten

Nicht vom Erschließungsaufwand erfaßt sind nach § 128 Abs. 3 BauGB – unabhängig davon, ob sie erforderlich waren oder nicht – die Kosten für Brücken, Tunnels und Unterführungen nebst den dazugehörigen Rampen. Denn diese Kosten entstehen regelmäßig durch die Errichtung der genannten Anlagen im Hinblick auf Belange des überörtlichen Verkehrs. Grund hierfür ist, daß die Beitragspflichtigen nicht mit den regelmäßig hohen Aufwendungen für die genannten Maßnahmen belastet werden, da ihnen ja nicht allein ein Vorteil zukommt.

Ferner sind ausgeschlossen die Kosten für die Fahrbahnen der Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen und Landesstraßen I. und II. Ordnung (sog. klassifizierte Straßen), soweit die Fahrbahnen dieser Straßen keine größere Breite als ihre anschließenden freien Strecken erfordern. Durch diese Regelung wird nicht der gesamte Umfang der Ortsdurchfahrtsstraße als Erschließungsanlage reduziert, vielmehr werden bestimmte Kosten aus dem Erschließungsaufwand herausgenommen. Ist die Ortsdurchfahrtsstraße breiter als die Fahrbahn der klassifizierten Straße, sind die Kosten der „Mehrbreite" erschließungsbeitragsfähig, sofern die größere Breite erforderlich ist bzw. war.

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2.3. Beitragsfähiger Erschließungsaufwand

In § 128 Abs. 1 BauGB wird der Umfang des Erschließungsaufwands bestimmt. Beitragsfähig ist der Aufwand jedoch nur dann, wenn Anlage und Kosten – wie oben bereits ausgeführt – erforderlich gem. § 129 BauGB sind. Im Rahmen des Merkmals der Erforderlichkeit ist wieder auf den durch die Erschließungsanlage begründeten Sondervorteil abzustellen. Begründet die Anlage keinen Vorteil für die Nutzung der durch sie erschlossenen Grundstücke, so ist die Anlage nicht beitragsfähig.

Dabei wird zwischen der sogenannten anlagenbezogenen und der kostenbezogenen Erforderlichkeit unterschieden. Während die anlagenbezogene Erforderlichkeit auf die Frage der Erforderlichkeit der Anlage selbst abstellt („Ob" der Herstellung), stellt die kostenbezogene Erforderlichkeit auf das „Wie" der Herstellung, nämlich auf die Angemessenheit der entstandenen Kosten ab. Bei der Beurteilung beider Faktoren ist der Gemeinde indes ein weiter Entscheidungsspielraum eingeräumt.

Eine weitere Grenze des beitragsfähigen Erschließungsaufwandes ergibt sich aus dem Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht [ zur sachlichen und persönlichen Beitragspflicht siehe oben S. 50ff.] . Dies folgt aus § 133 Abs. 2 BauGB. Danach entsteht die Beitragspflicht mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlage(n). Bei Teilbeträgen entsteht die (sachliche) Beitragspflicht sobald diejenigen Maßnahmen, deren Aufwand durch Teilbeiträge gedeckt werden soll, abgeschlossen sind. Der bis zu diesem Zeitpunkt entstandene, zulässige und erforderliche Aufwand ist der beitragsfähige Erschließungsaufwand.

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2.4. Ermittlung des beitragsfähigen Erschließungsaufwands

Nach § 130 BauGB ist der in den §§ 127 – 129 BauGB bestimmte beitragsfähige Erschließungsaufwand nach den tatsächlich entstandenen Kosten oder nach Einheitssätzen zu ermitteln. Dabei sind die Einheitssätze nach den in der Gemeinde üblicherweise durchschnittlich aufzuwendenden Kosten für vergleichbare Erschließungsanlagen festzusetzen.

Der Gemeinde steht insoweit ein Wahlrecht zu, wobei die Ermittlung des Erschließungsaufwandes nach den tatsächlich entstandenen Kosten der gesetzliche Regelfall ist. Unter Umständen kann allerdings auch eine Kombination beider Verfahren zum Tragen kommen.

Weicht die Gemeinde vom gesetzlichen Regelfall ab, so ist dies in der Beitragssatzung festzulegen (§ 132 Abs.2 BauGB). Fehlt eine solche Regelung, so entsteht automatisch Kraft Gesetzes die Beitragspflicht auf der Grundlage des gesetzlichen Regelfalles, also auf Grundlage der tatsächlich entstandenen Kosten. Erfolgt die Abrechnung nach tatsächlichen Kosten, so sind diese von der Gemeinde regelmäßig anhand der Unternehmerrechnungen abzurechnen, da zu berücksichtigen nur die tatsächlich angefallenen und belegbaren Kosten sind.

Des weiteren besteht dahingehend eine räumliche Grenze der Aufwandsermittlung, daß bestimmt werden muß, für welchen räumlichen Umfang der Erschließungsaufwand ermittelt wird. Nach § 130 Abs. 2 Satz 1 BauGB wird in der Regel die gesamte Erschließungsanlage abgerechnet. Die Gemeinde kann jedoch auch Abschnitte bilden, mit der Folge, daß eine Vorwegabrechnung vor Entstehen der sachlichen Beitragspflicht für die gesamte Erschließungsanlage durchgeführt werden kann. Entscheidet sich die Gemeinde für die Abschnittsbildung, kommt es zu einer abschließenden Beitragserhebung der von ihr erfaßten und somit sachlich beitragspflichtig gewordenen Grundstücke.

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3. Verteilungsphase



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3.1. Der umlagefähige Erschließungsaufwand

Werden Gemeindeanteil und Zuschüsse Dritter von dem zuvor ermittelten, sog. beitragsfähigen Erschließungsaufwand abgezogen, so ergibt sich der umlagefähige Erschließungsaufwand (= Kosten, die auch tatsächlich umgelegt werden können).

Nach § 129 Abs. 1 Satz 3 BauGB tragen die Gemeinden mindestens 10 Prozent des beitragsfähigen Erschließungsaufwandes als Eigenanteil selbst. Unter Umständen kann es auch zulässig sein, wenn die Gemeinde den Eigenanteil höher ansetzt.

Bei den Zuschüssen Dritter ist zu unterscheiden, ob der Zuschuß der Gemeinde zum Ausgleich ihres eigenen Anteils von 10 Prozent – dann kein entlastender Zuschuß – oder ob er zur Entlastung der Beitragspflichtigen gewährt wurde. Dabei ist die Zweckbestimmung des Zuschußgebers maßgeblich. In der Praxis werden Zuschüsse Dritter regelmäßig nicht zur Entlastung der Beitragspflichtigen gegeben, sondern um den Eigenanteil der Gemeinde zu finanzieren.

Wird der Zuschuß nicht zur Finanzierung des Gemeindeanteiles, sondern zur Entlastung der Beitragspflichtigen gewährt, ist er bei der Berechnung des umlagefähigen Erschließungsaufwandes zu berücksichtigen [ der umlagefähige Betrag wird insoweit reduziert] .

Diese Regelung findet ihre Rechtsgrundlage in § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB, nach dem Erschließungsbeiträge nur insoweit erhoben werden dürfen, als der beitragsfähige Aufwand nicht bereits anderweitig, das heißt insbesondere durch Zuschüsse Dritter, gedeckt wird.

Ist der umlagefähige Erschließungsaufwand erst einmal ermittelt, ist er auf die durch die Anlage erschlossenen Grundstücke zu verteilen. Dabei sind mehrfach erschlossene Grundstücke bei gemeinsamer Aufwandsermittlung und einer Erschließungseinheit nach § 130 Abs. 2 Satz 3 BauGB bei der Verteilung des Erschließungsaufwandes nur einmal zu berücksichtigen.

Die Verteilung erfolgt in zwei Stufen: in der ersten Stufe ist zu klären, welche Grundstücke durch die Anlage erschlossen wurden, in einer zweiten Stufe ist dann der umlagefähige Erschließungsaufwand nach Maßgabe der in § 131 Abs. 2 BauGB genannten Verteilungsmaßstäbe sowie der in der Erschließungsbeitragssatzung festgelegten Verteilungsmaßstäbe umzulegen.

Im Nachfolgenden sind zwei (Modell-)Rechenbeispiele zur Ermittlung des umlagefähigen Erschließungsaufwandes aufgeführt:

Modellrechnung 1
(Zuschuß durch Dritte erfolgt zur Finanzierung Eigenanteil Gemeinde)
beitragsfähiger Erschließungsaufwand ............................500.000 DM
abzüglich 10 % Gemeindeanteil......................................- 50.000 DM
= umlagefähiger Erschließungsaufwand....................450.000 DM

Modellrechnung 2
(Zuschuß durch Dritte erfolgt zur Entlastung der Beitragspflichtigen)
beitragsfähiger Erschließungsaufwand..............................500.000 DM
abzüglich 10 % Gemeindeanteil.......................................- 50.000 DM
Zwischensumme..............................................................450.000 DM
abzüglich Zuschüsse Dritter..............................................- 50.000 DM
= umlagefähiger Erschließungsaufwand ...................400.000 DM

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3.2 Merkmal des Erschlossenseins

Wann ist ein Grundstück im Sinne des § 131 BauGB erschlossen?

Zunächst ist im Hinblick auf das Merkmal des „Erschlossenseins" der Grundstücke auf den bürgerlich-rechtlichen Begriff des Grundstücks (Buchgrundstück) abzustellen. Sodann ist eine Abgrenzung zwischen den Grundstücken, die durch eine beitragsfähige Erschließungsanlage einen beitragsbegründeten Erschließungsvorteil genießen und den Grundstücken, denen ein solcher Vorteil durch Erschließung nicht zukommt, zu differenzieren. Unbedingt zu beachten ist aber, daß Grundstücke nur dann im Sinne § 131 BauGB erschlossen sind, wenn und soweit sie in erschließungsbeitragsrechtlicher Art und Weise nutzbar sind, wobei maßgeblich immer die Ausnutzbarkeit des Grundstücks ist. Dies kann dazu führen, daß einigen Grundstücken nur teilweise ein erschließungsrechtlicher Vorteil zukommt, so zum Beispiel, wenn sie öffentlich-rechtlichen Baubeschränkungen unterliegen. Öffentlich-rechtliche Baubeschränkungen verhindern zwar nicht das Erschlossensein der gesamten Grundstücksfläche, es kann aber dazu führen, daß das Grundstück nur zu einem Teil als erschlossen im Sinne des
§ 131 BauGB anzusehen sein wird.

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3.3. Verteilungsmaßstäbe

Nach § 131 Abs. 2 BauGB sind zulässige Verteilungsmaßstäbe: 1. Art und Maß der baulichen oder sonstigen Nutzung, 2. die Grundstücksfläche, 3. die Grundstücksbreite an der Erschließungsanlage. Weitere Verteilungsmaßstäbe stehen der Gemeinde nicht zu. Die Aufzählung ist insoweit abschließend, allerdings können die Verteilungsmaßstäbe untereinander kombiniert werden. Bei allen Verteilungsmaßstäben handelt es sich um Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe, da im Beitragsrecht Wirklichkeitsmaßstäbe regelmäßig nicht zu finden sind.

Die Verteilung nach Verteilungsmaßstäben dient genau den gleichen Zwecken wie im landes- und kommunalabgabenrechtlichen Beitragsrecht. Daher kann ergänzend auf die Ausführungen zum Anschluß- und Ausbaubeitragsrecht [ siehe dazu oben Teil C] verwiesen werden.

Als gerechter Verteilungsmaßstab im Erschließungsbeitragsrecht bietet sich in der Regel die Art und das Maß der baulichen Nutzung an. Die Art der baulichen Nutzung gibt Aufschluß darüber, für welchen Zweck (Wohnzweck, gewerblichen Zweck, Industriezweck) das Grundstück verwendet werden darf.

Maßgeblich für die Einordnung des Grundstücks ist der Bebauungsplan in Verbindung mit den gegebenenfalls Teil des Bebauungsplans werdenden Vorschriften der §§ 1-15 BauNVO. Unter dem Maß der baulichen Nutzung ist der Grad zu verstehen, in dem das jeweilige Grundstück bebaut oder genutzt werden darf. Die entsprechende Berechnung ist in den §§ 16-21 BauNVO geregelt. In Betracht kommen zur Bestimmung des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung als Maßeinheit die Geschoßflächenzahl, die Größe der Grundfläche der baulichen Anlage, die Zahl der Vollgeschosse wie auch die Höhe der oder des Gebäudes. In der Regel erfolgt die Verteilung des umlagefähigen Aufwandes anhand der Anzahl der Vollgeschosse oder der zulässigen Geschoßflächen.

Die Ermittlung der konkreten Ausnutzbarkeit gibt Aufschluß darüber, inwieweit dem Grundstück durch die Erschließungsanlage ein konkreter Vorteil zukommt. So läßt sich das Maß der Verwirklichung des Beitragstatbestandes ermitteln [ Anm. Maß der Verwirklichung des Abgabentatbestandes (Abgabenmaßstab) z.B. Frischwasserverbrauch nach der von der Wasseruhr angezeigten Menge] . Je nach dem Maß der Verwirklichung ist dann das jeweils betroffene Grundstück mit einem Beitrag zu belasten.

Die typischerweise in der Praxis vorkommenden Verteilungsmaßstäbe wie der Nutzungsfaktormaßstab oder der Geschoßflächenmaßstab sollen anhand kurzer Beispiel Rechnungen im Folgenden näher erläutert werden.

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3.4. Nutzungsfaktormaßstab

Der Nutzungsfaktormaßstab geht von der Fläche des Grundstückes aus und berücksichtigt dessen Nutzungsmöglichkeit nach der Zahl der zulässigen Geschosse. Dabei wird die Grundstücksfläche mit einem stufenweise ansteigenden Faktor vervielfältigt, welcher in der Regel bei einer eingeschossigen Bebaubarkeit „1" beträgt, bei einer zweigeschossigen Bebaubarkeit „1,5", bei einer dreigeschossigen Bebaubarkeit „2,0" etc. Für ein 600 Quadratmeter großes Grundstück bedeutet dies bei einer zweigeschossigen Bebauungsmöglichkeit mal Faktor 1,5 gleich 900 Quadratmeter Nutzungsfläche beziehungsweise beitragspflichtige Grundstücksfläche.

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3.5. Geschoßflächenmaßstab

In der Praxis findet sich der Geschoßflächenmaßstab im Erschließungsbeitragsrecht häufig dann, wenn in der Wasserversorgungs- und in der Abwassersatzung ebenfalls auf die Geschoßfläche abgestellt wurde. Der Geschoßflächenmaßstab folgt der für das Grundstück grundsätzlich zulässigen Geschoßfläche. Dabei muß in der Erschließungsbeitragsatzung festgelegt sein, wie die zulässige Geschoßfläche des Grundstücks zu ermitteln ist. So kann sich die zulässige Geschoßfläche aus der Multiplikation der Grundstücksfläche mit der im Bebauungsplan festgesetzten Geschoßflächenzahl ergeben. Bei einer Grundstücksgröße von 600 Quadratmetern und einer beispielsweise im Bebauungsplan festgesetzten Geschoßflächenzahl von 0,25 ergibt sich eine Geschoßfläche von 150 qm beitragspflichtige Fläche (600qm Grundfläche x 0,25 GFZ = 150 qm Geschoßfläche = beitragspflichtige Fläche).

Die Ermittlung der Geschoßfläche dient der Ermittlung, inwieweit dem Grundstück durch die Erschließungsanlage ein konkreter Vorteil zukommt (= Maß der Verwirklichung des Beitragstatbestandes). Denn nur insoweit, als dem Grundstück ein konkreter Vorteil zukommt, ist es mit einem Beitrag zu belasten.

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4. Die Heranziehungsphase

In der Heranziehungsphase wird der umlagefähige Erschließungsaufwand nach erfolgter rechnerischer Verteilung in der Verteilungsphase auf die erschlossenen Grundstücke von den Beitragspflichtigen eingefordert. Voraussetzung für die Heranziehung ist das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht im Zeitpunkt der endgültigen Herstellung der Erschließanlage nach
§ 133 Abs. 2 Satz 1 BauGB.

Eine frühere Heranziehung des Beitragsschuldners ist nur dann möglich, wenn die Voraussetzung einer Kostenspaltung, einer Vorausleistungserhebung oder der Ablösung des Betrages vorliegen. Ist die sachliche Beitragspflicht des Grundstücks nach den in § 133 BauGB genannten Voraussetzungen entstanden, wird der nach § 134 BauGB persönlich beitragspflichtige Beitragsschuldner zur Zahlung durch den Beitragsbescheid herangezogen. Dieser muß die Bezeichnung des Beitragsschuldners, die Angabe des geschuldeten Betrages, die Angabe der Erschließungsanlage wie die Angabe des beitragspflichtigen Grundstücks enthalten, wobei der Erschließungsbeitrag einen Monat nach der Bekanntgabe des Beitragsbescheides fällig wird (§ 135 Abs. 1 BauGB).

Entstandene und fällige Erschließungsbeiträge müssen geltend gemacht werden, allerdings kann es im Einzelfall aus persönlichen oder sachlichen Gründen unbillig sein, den Beitrag nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmung festzusetzen und zu erheben. Nach § 135 BauGB besteht daher die Möglichkeit von Billigkeitsentscheidungen. Danach besteht die Möglichkeit der allgemeinen Stundung oder die Möglichkeit der Ratenzahlung, die Verrentung des Erschließungsbeitrags, die Stundung bei landwirtschaftlich als Wald oder Kleingarten genutzten Grundstücken und den Beitragsverzicht wegen Unbilligkeit oder aus Gründen eines öffentlichen Interesses. Die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme erfolgt ebenfalls durch (gesonderten) Bescheid.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Oktober 1998

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