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[Seite:- 49 -] Volle Hilfe für England und Russland Die jüngste Erklärung Roosevelts, der zum Verteidigungsgebiet Amerikas gehörende Teil des Atlantik werde durch die amerikanische Flotte sauber gehalten und wer sich erdreiste, ihn durch irgend welche Akte von Piraterie unsicher zu machen, werde es also mit dieser Flotte zu tun bekommen, bedeutet im Grunde nichts weiter als einen konsequenten Schritt des Präsidenten auf dem einmal beschrittenen Wege: Die Vereinigten Staaten haben ihr Schicksal an das Englands geknüpft, und es ist also nur zu verständlich, dass sie auch die Bedingungen erfüllen, unter denen allein es einen Sinn hat, solche Bindungen einzugehen. Welche diplomatischen Formen die Beziehungen Amerikas zu dem Dritten Reich auch annehmen werden, sicher ist, dass sie den Tatbestand nicht mehr aus der Welt schaffen können, dass zu den Kriegsgegnern Deutschlands auch die Vereinigten Staaten gehören. Schon die Unterzeichnung der Atlantik-Erklärung durch Churchill und Roosevelt gemeinsam zeigte deutlich, dass die Gemeinsamkeit der Ziele so weit ging, schon den Frieden gemeinsam zu planen und diese Pläne auch zu veröffentlichen. Die gemeinsame Führung des Krieges versteht sich danach eigentlich von selbst. Den Isolationisten, Defaitisten, Antibolschewisten und sonstigen Gegnern des Dreierbundes (dem China als gleichberechtigte Macht hinzuzurechnen man nicht vergessen sollte) wird damit mehr und mehr das Handwerk gelegt, wenn auch ihr Mundwerk vorläufig noch laufen wird. Das ist auch die gesündeste Reaktion auf solche -ismen, die sich auf "vested interests" der verschiedensten Klassen und Sekten und manchmal auch, insbesondere, soweit die Arbeiterschaft davon berührt wird, auf pure Dummheit gründen. Wer heute noch aus irgend einem Grunde glaubt, er könne sein Schicksal gestalten, indem er sich dem Hauptübel der Welt gegenüber "neutral" verhält, der verdient, dass man ihn nicht um seine Meinung fragt, wenn andere daran gehen, jenes Uebel zu vernichten. Mehr und mehr wurden in der letzten Zeit gegen die fadenscheinigen Argumente der bewussten und unbewussten Pro-Nazis Taten ihrer Gegner gesetzt. Die Atlantik-Erklärung und die jetzige Erklärung Roosevelts über den Schutz der Freiheit der Meere gehören zu diesen Aktionen. Die Schlacht um den Atlantik, die von den Deutschen so gross vorangekündigte und gestartete Attacke auf die Versorgung der britischen Inseln, ist in den letzten Monaten erheblich abgeflaut - und natürlich nicht, weil Hitler nicht mehr daran interessiert ist, diese Schlacht zu gewinnen. Die deutsche Kriegführung braucht offenbar auch ihre Schiffe ziemlich vollzählig im Kampf gegen die Russen. Ist schon dadurch die Hoffnung auf eine Aushungerung Englands ziemlich ins Wasser gefallen, so geschieht dies noch weit mehr dadurch, dass nun Amerika ganz offen erklärt, die so bedrohten Wege gehörten zu seinem "Lebensraum". Eine weitere, ständige Versorgung Englands aber mit Nahrungsmitteln, Industrierohstoffen und anderen wichtigen Gütern bedeutet ein stetiges Anwachsen der englischen Kriegsmacht. Dies, zusammen mit den riesigen Verlusten der Deutschen im Osten und dem relativen Anwachsen der englischen Flotte, die jetzt wieder eine Reihe von Schiffen anders verwerten kann als zum Schutz ihrer Atlantik-Schiffahrt, muss aber das Gewicht sehr zu Ungunsten der deutschen Kriegsmaschine ändern. [Seite im Original:] - 50 - Natürlich bleibt es unerlässlich, dass nicht nur England auf diese Weise wirklich volle Hilfe bekommt, sondern dass auch Russland in die Lage versetzt wird, den Deutschen weiterhin solche Verluste zuzufügen. Mit dieser Aufgabe allein fertig zu werden, darf man ihm keineswegs zumuten. Es ist verhängnisvoll anzunehmen, wenn es auch noch so oft geschieht, dass die Russen schliesslich die deutsche Armee vernichten würden. Um so dringender und richtiger bleibt die Forderung aller Einsichtigen bestehen: Alle und reichliche Hilfe für Russland und damit auch für alle Unterdrückten, die an der Niederwerfung der Nazimaschine interessiert sind. Der Sieg Englands in der Schlacht um den Atlantik, den die Erklärung Roosevelts so viel näher rückt, heisst: mehr Produktion in England, mehr Möglichkeit einer Hilfe für Russland, mehr Vernichtung an deutschen Waffen und Mannschaften - also einen guten Start für den Sieg über den Naziterror, der die ganze Welt bedroht. Zeitnotizen Nachkriegsprobleme Die belgische Kommission zum Studium der Nachkriegs-Probleme hat soeben einen einleitenden Bericht über ihre Arbeiten herausgegeben. Wir werden darauf noch eingehen und beschränken uns hier darauf, auch andere zum Studium dieses Berichts aufzufordern, vor allem Deutsche, die nicht intensiv genug sich zu Gemüte führen können, was die anderen europäischen Völker an Plänen für die Nachkriegszeit entwickeln. - Die belgische Kommission ist jetzt durch eine Unterkommission erweitert worden, die in New York ihren Sitz hat, während die Hauptarbeit nach wie vor in London geleistet werden soll. Sabotage Die Hinrichtung zweier Gewerkschafter in Norwegen, die Hinrichtung von acht Belgiern, die Attentate und ihre Folgen in Frankreich - alles verursacht durch die deutsche Besatzungsarmee, lenkt den Blick und das Nachdenken auf eines der schwierigsten Probleme im Kampf gegen das Hitlertum. Es ist das Problem der Kooperation der Anstrengungen in diesem Kampf. Wenn diese Kooperation nämlich nicht gelingt, dann riskieren wir, eine Reihe der besten Kämpfer unnötig zu verlieren und eine weitere, grössere Reihe zu entmutigen. Wir werden in Kürze Vorschläge für eine solche Kooperation hier unterbreiten. - Wir wollen aber gleich heute, um Missdeutungen vorzubeugen, sagen, dass wir nicht etwa das tatkräftige Eingreifen gegen die Nazis bemängeln wollen. Im Gegenteil: Es findet unsere volle Sympathie und jede Unterstützung, die wir nur geben können. Arbeiterbewegung Jose Domenech[1], der Generalsekretär des argentinischen Gewerkschaftsbundes, erklärte kürzlich in einer für U.S.A. bestimmten Veröffentlichung, dass die argentinische Arbeiterbewegung sich der Gefahr des Nazismus durchaus bewusst sei und dass sie ,,Massnahmen erfordere, die von Pol zu Pol reichen". Ein besonderer Ausschuss für die Vorbereitung einer gemeinsamen Arbeit des Internationalen Gewerkschafts-Bundes und der Internationalen Berufs-Sekretariate hat jetzt vorgeschlagen, einen provisorischen internationalen Gewerkschaftsrat zu bilden, sowie eine gemeinsame Monatsschrift herauszugeben. Auch die in London ansässigen nicht englischen Gewerkschafter-Gruppen sollen eine gewisse Beteiligung an den Arbeiten des vorgeschlagenen Rates zugebilligt bekommen. - Man kann nur wünschen, dass aus diesen Plänen wirklich etwas wird. Der Gewerkschafts-Kongress der englischen Gewerkschaften in Edinburgh hat gezeigt, wie abwegig es ist zu meinen, eine wirksame Kriegführung müsse eine Art von Faschismus entwickeln. Der Gewerkschafts-Kongress, weit entfernt davon, eine Hemmung für den Aufbau einer englisch-amerikanisch-russischen Kriegsmaschine zu sein, war gleichwohl ebenso weit entfernt davon, eine hemmungslose "Burgfriedens"-Politik zu betreiben. Die Vertretung gewerkschaftlicher Rechte und Freiheiten ist auch im Kriege möglich - und nötig ist sie ganz gewiss. Willi Eichler: Die Zukunft Deutschlands Wir werden unter diesem Titel eine Reihe fortlaufender Aufsätze bringen, die sich damit beschäftigen, die Lage Deutschlands zu zeichnen, wie sie sich wahrscheinlich gestalten wird und wie sie, gerade unter Berücksichtigung des halbwegs Möglichen, durch besondere Anstrengungen der Sozialisten und anderer progressiver Kräfte gestaltet werden könnte und sollte. Es wird dabei darauf ankommen, sowohl pro-deutsche Ressentiments eines Angehörigen des deutschen Volkes zu vermeiden als auch anti-deutsche Ressentiments dessen, der den Krieg gegen Deutschland, gegen Nazi-Deutschland, als berechtigt und notwendig anerkennt. Blinde Liebe und blinder Hass sollen ausgeschaltet bleiben. Wir sind uns völlig der Tatsache bewusst, dass wir damit sehr leicht beiden Teilen wehe tun, die an einem jener ungeklärten Gefühle leiden. Wir halten es aber im Interesse einer sachlichen Erörterung des ganzen Fragen-Komplexes und einer Bereinigung der vergifteten Atmosphäre, die nur Hitler hilft, für unerlässlich. Wir werden in unseren Erörterungen unter anderem auch eingehen auf eine kleine Schrift, die im Juli 1941, erschien: "The Future of Germany", herausgegeben von PEP[2] (Political and Economic Planning). Schriftleitung der "Renaissance" I. Die Lehren der Vergangenheit Unbelehrt "While no mere repudiation of Hitler at the twelfth hour could be accepted as evidence of a change of heart in Germany, a determined German effort to overthrow him, to punish him and his fellow criminals for their crimes and to redress insofar as this may be feasible, the wrongs done to others might count as an extenuating circumstance in what is now the collective guilt of an unregenerate nation... We dare not run the risk of deludig ourselves, Europe and the world by acting on the assumption that there already exists behind or beneath the [Seite im Original:] - 51 - Germany of the Nazis another and better Germany ready to emerge as soon as Hitler and Hitlerism have been destroyed. It is for the Germans themselves to prove this over a sufficient length of time, not for us to assume it for sentimental reasons on what might turn out to be totally inadequate grounds." Diese aufreizenden Worte Wickham Steeds[3] finden wir in einem Artikel: "The way through," in der August-Nummer der Zeitschrift: "The Fortnightly[4]." Sie zeigen, mit welchen enormen Schwierigkeiten jede Diskussion über die Zukunft Deutschlands zu rechnen hat. Sie zeigen nicht nur, wie man auf den ersten Blick glauben könnte, dass der Verfasser über Deutschland besonders schlecht informiert ist. Er hat sicherlich Gelegenheit gehabt, wenigstens soviel über Deutschland zu erfahren wie die meisten Engländer, und er muss also wissen, wenn er sich die Zeit nimmt, es sich ins Gedächtnis zurückzurufen: dass eine grosse, opferbereite, mutige und fortschrittliche Bewegung in Deutschland zum Teil vernichtet, zum Teil ausser Gefecht gesetzt wurde, und dass deren andere Teile heute niedergehalten werden durch den Nazismus und seinen wilden Terror. Ich war Teilnehmer einer Versammlung, an der auch Wickham Steed als Redner teilnahm. Zum Programm dieser Versammlung gehörte auch der Vortrag von Gedichten deutscher Autoren. Das eine sei, gekürzt, hier hingesetzt: "Die Welt erfährt kaum, wie sie heissen.
Der Kampf dieser "Helfer" fand statt zu einer Zeit schon, als man ausserhalb Deutschlands die Gefahren des Nazi-Regimes zu unterschätzen krampfhaft bemüht war, in einer Zeit, von der Winston Churchill jüngst ehrlicher und dankenswerterweise offen und öffentlich zugab, dass "we (!) so foolishly, so supinely, so insensately allowed the Nazi Gangster (!) to build up his War machine". Gegen diese riesige Maschine heute, nachdem sie aufgebaut ist, anzugehen, ist unverhältnismässig viel schwerer, als es gewesen wäre, sie am Aufbau zu hindern. Das wussten die Kämpfer des besseren Deutschland, die Unterirdischen, vorher, deren Heldenmut auch durch das krasseste Leugnen ihrer Existenz nicht verkleinert wird und die damals zum grossen Teil deshalb unterlagen, weil man sie nicht unterstützte, ja ihnen in den Rücken fiel. Wer ist also zu tadeln? Wirklich nur eine Seite? - Heute hat sogar das riesige Russland Schwierigkeiten, sich gegen die Nazi-Maschine zu verteidigen. Wickham Steeds Worte zeigen deshalb auch nicht eigentlich Ununterrichtetheit. Sie zeigen das Anwachsen eines Geisteszustandes, der vernünftige Ueberlegungen, ja Tatsachenfeststellungen als "sentimental" abzulehnen sich anschickt. Das bessere Deutschland Ausgehend von dieser Feststellung - und es ist völlig zufällig, dass wir gerade dieses Zitat gewählt haben - wollen wir uns vergegenwärtigen, in welchem Geisteszustand sich die Welt befand, als Ende 1918 der vorige Weltkrieg abgeschlossen wurde. Insbesondere Deutsche mit klarem Kopf werden dabei sehen, dass es gut ist, nur wenig auf nicht-deutsche Hilfe zu rechnen beim Aufbau in Deutschland selber, und wie nötig es also ist, dass alle diejenigen zusammenstehen, die gegen die eigentlichen Kriegsverbrecher wirklich vorgehen wollen, unabhängig davon, wer immer diese beschützt. Das bessere Deutschland, das unterdrückte, halb gemordete, an dessen Existenz vorläufig niemand glaubt, obwohl man es sehen könnte, wenn man sich Mühe gäbe, muss dann seine Existenz wirklich so eindeutig zeigen, dass niemand mehr die Möglichkeit hat, es zu bestreiten. Diese Aufgabe der Deutschen werden wir in einem besonderen Artikel behandeln; denn man muss selbstverständlich zugeben: Es ist noch eine Aufgabe, das bessere Deutschland zu organisieren und schlagbereit zu machen. Aber es ist da! 1918-1919 Selbstverständlich wird auch beim Abschluss dieses Krieges auf Seiten der Sieger eine ungeheure Welle von Rachedurst aufbrechen. Es wäre kindisch, anzunehmen, dass nach den ungeheuren Opfern, die nötig gewesen sind, Nazi-Deutschland zu Boden zu ringen, plötzlich reine Richtlinien klarer Vernunft und die blosse Rücksicht auf eine weitschauende internationale Politik sich durchsetzen würden. Natürlich werden alle Beteuerungen und Bemühungen des besseren Deutschland auf Misstrauen stossen. Um so weniger Grund hat dieses bessere Deutschland, in Fehler zu verfallen, wie sie das Deutschland von 1918 nach dem Abschluss des Waffenstillstands beging. Worin diese Fehler lagen, werden wir noch zeigen. Wir bringen zunächst einige Dokumente aus dem vorigen Kriege, die sowohl den Geisteszustand der Gegner Deutschlands als auch den seiner Vertreter zeigen, die keineswegs den Förderungen der Stunde gewachsen waren. Diese Dokumente aber sollen gleichzeitig dazu beitragen, Aufklärung zu verbreiten über Ereignisse, die selbst heute noch, trotz ungeheuer ausgedehnter Diskussionen, in weitem Masse auch politisch Interessierten unklar sind. Der sozusagen amtliche Beginn des Friedens, der den vorigen Weltkrieg abschloss, liegt in der Note des amerikanischen Staatssekretärs Lansing[5] an die Deutsche Regierung, vom 5. November 1918. Der Schluss dieser Note Lansings lautete: Die "Aggression" (a) "The President (Wilson[6]) is now in receipt of a Memorandum of observations by the Allied Governments on this correspondence, which is as follows: `The Allied Governments have given careful consideration to the correspondence which has passed between the President of the United States and the German Government. Subject to the qualifications which follow, they declare their willingness to make peace with the Government of Germany on the terms laid down in the President's address to Congress of January the eighth 1918, and the principles of settlement enunciated in his subsequent addresses. They must point out, however, that what is usually described as the freedom of the seas admits various interpretations, some of which they could not accept. They must, therefore, reserve themselves complete freedom on this subject when they enter the peace conference. [Seite im Original:] - 52 - Further, in the conditions laid down in his address to Congress of January the eighth, 1918, the President declared that the invaded territories must be restored as well as evacuated and freed. The Allied Governments feel that no doubt ought to be allowed to exist as to what this provision implies. By it they understand that compensation will be made by Germany for all damage done to the civilian population of the Allies and their property by the aggression of Germany, by land, by sea, and from the air.' I am instructed by the President to say that he is in agreement with the interpretation Set forth in the last paragraph of the Memorandum above quoted." Am 11. November 1918 telegraphierte der Staatssekretär des deutschen Auswärtigen Amtes, Solf[7], an Lansing: (b) "Nachdem nunmehr der Waffenstillstand geschlossen ist, bittet die deutsche Regierung den Präsidenten der Vereinigten Staaten, den Beginn der Friedensverhandlungen in die Wege leiten zu wollen. Der Beschleunigung halber schlägt sie vor, zunächst den Abschluss eines Präliminarfriedens ins Auge zu fassen und ihr mitzuteilen, an welchem Orte und zu welchem Zeitpunkt die Verhandlungen beginnen können. Wegen drohender Hungersnot legt die deutsche Regierung auf unverzüglichen Beginn der Verhandlungen besonderen Wert." Am 18. April 1919 telegraphierte der Vorsitzende des Ministerrats und Kriegsminister General Nudant[8]: (c) "Wollen Sie bitte folgende Mitteilung an die deutsche Regierung weiterleiten: 1. Der Oberste Rat der alliierten und assoziierten Mächte hat beschlossen, die mit Vollmachten versehenen deutschen Delegierten für den 25. April abends nach Versailles einzuladen, um dort den von den alliierten und assoziierten Mächten festgesetzten Text der Friedenspräliminarien in Empfang zu nehmen. 2. Die deutsche Regierung wird daher gebeten, dringendst Zahl, Namen und Eigenschaft der Delegierten anzugeben, welche sie nach Versailles zu schicken beabsichtigt, ebenso Zahl, Namen und Eigenschaft der Personen, welche sie begleiten. Die deutsche Delegation soll strengstens auf ihre Rolle beschränkt bleiben und nur Personen umfassen, die für ihre besondere Mission bestimmt sind." Am 19. April 1919 antwortet der deutsche Aussenminister Brockdorff-Rantzau[9]: (d) ,,Die deutsche Regierung hat die Mitteilung des französischen Ministerpräsidenten und Kriegsministers vom 18. April erhalten. Sie wird die Herren ... nach Versailles entsenden. Die Delegierten sind mit den erforderlichen Vollmachten ausgestattet, den Text des Entwurfs der Friedenspräliminarien entgegenzunehmen, den sie alsbald der deutschen Regierung überbringen werden... Am 20. April 1919 antwortet General Nudant: (e) "Die alliierten und assoziierten Regierungen können nicht Abgesandte empfangen, die lediglich zur Entgegennahme des Wortlauts der Friedensartikel ermächtigt sind ... Die ... Regierungen sind verpflichtet, von der deutschen Regierung zu fordern, dass sie Bevollmächtigte nach Versailles entsendet, die ebenso vollständig ermächtigt sind, die Gesamtheit der Friedensfragen zu verhandeln wie die Vertreter der ... Regierungen." Darauf antwortete die deutsche Regierung am 21. April 1919: (f) " ... hat die deutsche Regierung in der Voraussetzung, dass im Anschluss an die Uebergabe des Entwurfs der Präliminarien Verhandlungen über deren Inhalt beabsichtigt werden, folgende mit entsprechenden Vollmachten versehene Personen zu Delegierten bestimmt: ... " Am 7. Mai 1919 werden dann in Versailles der deutschen Delegation die Friedensvorschläge übermittelt. Diese Uebergabe wurde begleitet von einer Rede Georges Clemenceaus. Sie folgt hier im Wortlaut: "Messieurs les délégués de l´Empire allemand! Ce n'est ni le lieu ni l'heure de paroles superflues. Vous savez devant vous 1'ensemblée des Plénipotentiaires des petites et des grandes Puissances qui se sont réunies pour combattre la guerre la plus effroyable qui leur ait été imposée. L'heure du règlement des comptes est venue. Vous nous avez demandé la paix. Nous sommes disposés à vous 1'accorder. Nous vous remettons le livre de la paix. Tout loisir vous sera donné pour 1'examiner. Je compte que vous procéderez à cet examen dans 1'esprit de courtoisie qui doit, prévaloir entre les nations civilisées; la deuxième paix de Versailles a été trop chèrement achetée par nous pour que nous puissions prendre sur nous de supporter seuls les conséquences de cette guerre. Pour vous faire connaître 1'autre aspect de ma pensée, je dois necessairement ajouter que cette seconde paix de Versailles qui va faire 1'objet de nos débats a été trop chèrement achetée par les peuples représentés ici pour que nous ne soyons pas un moment résolus à obtenir par tous les moyens en notre pouvoir toutes les satisfactions légitimes qui nous sont dues. Je vais avoir 1'honneur de donner connaissance á M.M. les Plènipotentiaires de la procédure de discussion qui a étè adoptée. Si, ensuite, quelqu'un a des observations à présenter, la parole lui sera naturellement donnée. Il n'y a pas de discussion verbale et les observations devront être présentées par ècrit. Les Plénipotentiaires allemands ont un délai de quinze jours pour remettre en français ou en anglais leurs observations écrites sur 1'ensemble du Traité. Avant 1'expiration de ce délai de quinze jours, les délégués allemands auront la faculté d'envoyer leurs réponses ou de poser des questions sur ces matières. Le Conseil suprème, après examen des observations présentées dans les délais ci-dessus indiqués, adressera une réponse écrite à la Délégation allemande en lui indiquant le délai dans lequel elle devra donner sa réponse définitive d'ensemble. J'ajoute qu'il va sans dire que, lorsque les Plénipotentiaires de l'Empire allemand nous auront présenté une réponse écrite, supposons dans un délai de deux, trois, quatre ou cinq jours, nous n'attendrons pas 1'expiration du délai de quinze jours pour faire à notre tour notre réponse. La discussion, pour gagner du temps, s'engagera le plus tôt possible dans les formes que j'ai indiquées. Si quelqu'un a des observations à présenter à ce sujet, dés que la traduction aura été faite, nous serons à sa disposition." Die "Schuld"-Frage Der Antwort des deutschen Aussenministers, des Führers der deutschen Delegation, entnehmen wir die folgenden Stellen: (h) "Wir sind fern davon, jede Verantwortung dafür, dass es zu diesem Weltkriege kam und dass er so geführt wurde, von Deutschland abzuwälzen. Die Haltung der früheren deutschen Regierung auf den Haager Friedenskonferenzen, ihre Handlungen und Unterlassungen in den tragischen zwölf Julitagen mögen zu dem Unheil beigetragen haben, aber wir bestreiten nachdrücklich, dass Deutschland, dessen Volk überzeugt war, einen Verteidigungskrieg zu führen, allein mit der Schuld belastet ist. Keiner von uns wird behaupten wollen, dass das Unheil seinen Lauf erst in dem verhängnisvollen Augenblick begann, als der Thronfolger Oesterreich-Ungarns den Mörderhänden zum Opfer fiel. In den letzten fünfzig Jahren hat der Imperialismus aller europäischen Staaten die internationale Lage chronisch vergiftet ... Bei dieser Konferenz ... sind wir nicht schutzlos. Sie selbst haben uns einen Bundesgenossen zugeführt: das Recht, das uns durch den Vertrag über die Friedensgrundsätze gewährleistet ist ..." Man wird sich erinnern, dass zu der gleichen Zeit, in der der deutsche Aussenminister in Versailles so eindringlich das Recht als seinen Bundesgenossen hinstellte, die Vertreter des Imperialismus in Deutschland selber keineswegs ausgemerzt waren, obwohl dieser Imperialismus nach der Meinung Brockdorff- [Seite im Original:] - 53 - Rantzaus, der man hier zustimmen muss, "seit fünfzig Jahren die Welt vergiftet hatte". Auch nach dem Zusammenbruch der deutschen Kriegsmaschine 1918 lebten die Imperialisten in Deutschland ruhig weiter. Sie tarnten sich eine kleine Weile, bis sie nach einiger Zeit als sogenannte neudeutsche Imperialisten wieder auftauchten, die dann die nächste deutsche Kriegsmaschine fabrizierten, der man heute wieder mit aller Gewalt beizukommen suchen muss. Die Verlogenheit des deutschen Reagierens mit dem subtilen Pochen auf das Recht damals war unverkennbar. Sie ist nicht weniger deutlich zu sehen in der scheinbar objektiv moralischen Haltung der deutschen Regierung zur sogenannten Kriegsschuldfrage. Und sie hat auch die entsprechenden Wirkungen bei den Verhandlungspartnern hervorgerufen. Darüber sagen die Dokumente das Folgende. Der deutsche Aussenminister schreibt am 13. Mai 1919 an den Präsidenten der Friedenskommission: (i), "Herr Präsident! In dem den deutschen Delegierten vorgelegten Entwurf eines Friedensvertrages wird der VIII. Teil, betreffend die Wiedergutmachung, mit dem Artikel 231 eingeleitet, welcher lautet: ,Die alliierten und assoziierten Regierungen erklären und Deutschland erkennt an, dass Deutschland und seine Verbündeten als Urheber für alle Verluste und alle Schäden verantwortlich sind, welche die alliierten und assoziierten Regierungen und ihre Staatsangehörigen infolge des ihnen durch den Angriff Deutschlands und seiner Verbündeten aufgezwungenen Krieges erlitten haben.' Deutschland hat die Verpflichtung zur Wiedergutmachung übernommen auf Grund der Note des Staatssekretärs Lansing vom 5. November 1918, unabhängig von der Frage der Schuld am Kriege. Die deutsche Delegation vermag nicht anzuerkennen, dass aus einer Schuld der früheren deutschen Regierung an der Entstehung des Weltkrieges ein Recht oder Anspruch der alliierten und assoziierten Mächte auf Entschädigung durch Deutschland für die durch den Krieg erlittenen Verluste abgeleitet werden könne. Die Vertreter der alliierten und assoziierten Staaten haben zudem wiederholt erklärt, dass das deutsche Volk nicht für die Fehler seiner Regierung verantwortlich gemacht werden solle. Das deutsche Volk hat den Krieg nicht gewollt und würde einen Angriffskrieg niemals unternommen haben. Im Bewusstsein des deutschen Volkes ist dieser Krieg stets ein Verteidigungskrieg gewesen. Auch die Auffassung der alliierten und assoziierten Regierungen darüber, wer als Urheber des Krieges zu beschuldigen ist, wird von den deutschen Delegierten nicht geteilt. Sie vermögen der früheren deutschen Regierung nicht die alleinige oder hauptsächliche Schuld an diesem Kriege zuzusprechen. In dem vorgelegten Entwurf eines Friedensvertrages findet sich nichts, was jene Auffassung tatsächlich begründet. Keinerlei Beweise werden für sie beigebracht. Die deutschen Delegierten bitten daher um Mitteilung des Berichts der von den alliierten und assoziierten Regierungen eingesetzten Kommission zur Prüfung der Verantwortlichkeit der Urheber des Krieges. Genehmigen Sie, Herr Präsident, die Versicherung meiner ausgezeichneten Hochachtung. gez. Brockdorff-Rantzau" Darauf antwortete am 20. Mai 1919 Clemenceau: (j) "Herr Vorsitzender! In Ihrer Note vom 13. Mai erklären Sie, Deutschland sei, ,wenn es auch im November 1918 die Verpflichtung der Wiedergutmachung angenommen hat', nicht der Ansicht, dass diese Annahme seine Verantwortlichkeit, sei es für den Krieg, sei es für die Handlungen der früheren deutschen Regierung, in sich schliesse. Eine solche Verpflichtung ist nur dann verständlich, wenn sie als Ursprung und Ursache die Verantwortlichkeit des Urhebers der Schäden hat. Sie fügen hinzu, das deutsche Volk würde niemals einen Angriffskrieg unternommen haben. Nun wird in der Note des Herrn Staatssekretärs Lansing vom 5. November 1918, auf welche Sie sich unter Erteilung Ihrer Billigung berufen, erklärt, die Verpflichtung zur Wiedergutmachung ergebe sich ,aus dem Angriff Deutschlands zu Lande, zu Wasser und in der Luft'. Dadurch, dass die deutsche Regierung damals gegen diese Feststellung keinen Protest einlegte, hat sie sie als begründet anerkannt. Deutschland hat also im November 1918 implicite, aber unzweideutig sowohl den Angriff als auch seine Verantwortlichkeit zugegeben. Heute ist es zu spät für den Versuch, sie zu leugnen. Das deutsche Volk, erklären Sie weiterhin, könne nicht für die ,von der früheren Regierung' begangenen Verfehlungen als haftbar erachtet werden. Deutschland hat indessen niemals behauptet, und eine solche Versicherung wäre gegen alle Grundsätze des internationalen Rechtes gewesen, dass eine Veränderung seiner politischen Regierungsform oder eine Umwandlung seiner leitenden Persönlichkeiten genügen könne, um eine von einer Nation bereits eingegangene Verpflichtung zum Erlöschen zu bringen. Es hat nach diesem Grundsatz, welchen es gegenwärtig verteidigt, weder im Jahre 1871 Frankreich gegenüber nach der Ausrufung der Republik gehandelt, noch auch im Jahre 1917 mit Bezug auf Russland zur Zeit der Revolution, welche die zaristische Regierungsform beseitigte. Sie verlangen endlich Mitteilung des Berichtes der Kommission zur Prüfung der Verantwortlichkeit. In Erwiderung hierauf haben wir die Ehre, zu erklären, dass die alliierten und assoziierten Mächte die Berichte der von der Friedenskonferenz eingesetzten Kommissionen als Urkunden innerer Natur betrachten, welche Ihnen nicht übermittelt werden können. Genehmigen Sie, Herr Vorsitzender, die Versicherung meiner vorzüglichen Hochachtung. gez. Clemenceau" 19?? Es ist nicht nur - wie Wickham Steeds Beispiel zeigt - zu erwarten, dass die Kriegsgegner Deutschlands nach diesem Kriege fürchterlich erregt sein werden durch das Unrecht, das ihnen der neue deutsche Angriff zugefügt hat, und durch die Leiden, die ihnen im Gefolge dieses Angriffs auferlegt wurden. Man muss leider ebenso mit der Möglichkeit rechnen, dass eine ähnliche Reaktion der deutschen Regierung erfolgt, die dann an der Macht sein wird, wie sie die damalige deutsche Regierung zeigte. Statt sich zu konzentrieren auf die Anstrengungen, Europa von den grässlichen Folgen des Krieges zu heilen, und statt die Wurzeln des nächsten Krieges wenigstens in Deutschland radikal auszurotten und damit ausserhalb Deutschlands bei den friedenswilligen Massen tiefen Eindruck zu machen, beschränkte man sich damals auf Diplomaten-Gewäsch und versuchte durch juristische Spitzfindigkeiten, die noch dazu preussisch-tölpelhaft vorgebracht wurden, politische Geschäfte zu machen. Tarnung Man pochte auf das "neue" Deutschland. Aber was war denn eigentlich in Deutschland geschehen, um zu beweisen, dass das deutsche Volk und sein verflossener Kaiser nicht beinahe alles gemeinsam hätten? Es war eine Republik ausgerufen worden, aber gegen den Willen des ersten Präsidenten dieser Republik. - Der Kaiser war gegangen, mit Mühe und Not; seine Generäle waren alle geblieben. Sie erfreuten sich ausserordentlicher Beliebtheit, zum Teil bis in linke Kreise hinein. "Deutschland, Deutschland, über alles!", wurde nach wie vor gesungen. Die oder manche "Revolutionäre" sangen nur den dritten Vers. Freikorps-Banden erschossen Arbeiter. Die dicksten [Seite im Original:] - 54 - Kapitalisten und ihre "Theoretiker" sassen in "Sozialisierungs"-Kommissionen zusammen mit den Vertretern der Arbeiter und Sozialisten, und sabotierten natürlich von vorn bis hinten deren Werk. Die Junker blieben unberührt. Keinem der Kriegsverbrecher wurde auch nur ein Haar gekrümmt Die Generäle putschten - und bekamen jährlich Tausende von Mark an Pensionen, jeder für sich. Dutzende von echten und guten Revolutionären wurden ermordet. Die Justiz des "neuen" Deutschland stand nach wie vor unter dem Druck des alten Regimes, das in Wirklichkeit (und hier liegt das ganze Geheimnis der deutschen "Umwälzung" von 1918) gar nicht gestürzt worden war. Das Republik-Schutz-Gesetz, später endlich erlassen, wurde unter den Händen dieser Bande beamteter Rechtsbrecher nur zum Gesetz gegen die Republik. Eine gerade Linie führt von den schandbar milden Kriegsgerichtsurteilen gegen die Mörder der Linken (die meist überhaupt nicht bestraft wurden) zu den Reichsgerichtsurteilen die 1932 schliesslich der Preussischen Republik auch juristisch den Hals brachen, indem sie einen grossen Teil der Staatsstreich-Aktionen des republikanischen Monarchisten Hindenburg sanktionierten. Als Vertreter [wahrscheinlich gemeint: Dass Vertreter] eines solchen zum Himmel schreienden skandalösen Schwindel-Unternehmens sich ausgerechnet auf das Recht, als auf seinen Bundesgenossen zu berufen [wahrscheinlich gemeint: auf das Recht als ihren Bundesgenossen beriefen] und darauf zu pochen, [wahrscheinlich gemeint: und darauf pochten] dass nunmehr das "neue" Deutschland an der Macht sei, das mit den Sünden seines "früheren" Regimes nichts gemein habe - dazu gehörte eine Dreistigkeit, die selbstverständlich leicht ein Benehmen herausfordern konnte, wie es dann auch prompt sich zeigte, und das die Deutschen als unverbesserlich ansah und auch behandelte. Revanche Schon in den Tagen von 1918 und 1919 wurde dadurch, dass die Urheber der deutschen Kriegsmaschine [-] die deutschen Schwerindustriellen; die deutschen Grossgrundeigentümer (einer der grössten Grundeigentümer der deutschen Republik war der ehemalige deutsche Kaiser); die deutsche Generalität; die obere Beamtenschaft; der grösste Teil der Professoren und Oberlehrer und die deutsche Bürokratie [-] nicht restlos entmachtet wurden, der Grundstein gelegt für das, was man später mit Recht "die Republik der Revanche" genannt hat. Diese Grundsteinlegung fand lange vor dem Versailler Vertrag statt. Das muss der ehrliche Historiker im Auge behalten, wenn er an die Frage herangeht, welches Geschehen welches andere mindestens mit hervorgerufen hat. Das Schlagwort: "Ohne Versailles kein Hitler!", von Goebbels erfunden und von vielen (Linken und Rechten, Deutschen und Nichtdeutschen) einfach geglaubt, weil es so schön einfach ist, andere verantwortlich zu machen statt die eigene Indolenz, dieses Schlagwort lässt sich leicht variiert und dafür richtig so formulieren: Ohne Nationalsozialisten kein Versailles. Wenn wir hier von "Versailles" sprechen, so meinen wir damit nicht nur das reine Vertragswerk, sondern darüber hinaus die ganze politische Richtung. Auch der Vertrag selber ist gewiss durch die Entwicklung der deutschen "Revolution" mit gebildet worden, da, wie Clemenceau an anderer Stelle der deutschen Delegation erklärte, sie leider erst nach der Niederlage gekommen war, aber viel wichtiger wäre es gewesen, die ganze Versailler Politik durch eine wirklich vertrauenswürdige Friedenspolitik nach und nach zu entwaffnen. Die deutsche Entwicklung bewies den ehemaligen Kriegsgegnern im wesentlichen nur, dass sie recht daran täten, den Deutschen auch nach ihrer "Revolution" zu misstrauen. Nationalsozialisten gab's, man kann es nicht oft genug wiederholen, vor Versailles. Sie sassen in der Regierung der Weimarer Republik. Und beinahe in allen Parteien, natürlich auch in der, die sich immer für die "nationale und soziale Befreiung des deutschen Volkes" und den Zug nach "Westen" einsetzte. Andre Kräfte Viele sagten das damals schon. Auf dem zweiten Kongress der Arbeiter- , Bauern- und Soldatenräte Deutschlands, der in der Zeit vom 8. bis 14. April 1919 stattfand, wurde zum Beispiel von der SPD und der USPD gemeinsam der folgende Antrag eingebracht: (k) "Der Rätekongress verwirft die bisher betriebene auswärtige Politik Deutschlands, insbesondere die Führung der Waffenstillstandsverhandlungen durch den Reichsminister Erzberger[10], die geeignet ist, die Gegensätze zwischen den Völkern, besonders zwischen Deutschland und Frankreich, zu verschärfen und dadurch einen sozialistischen Völkerbund unmöglich zu machen. Er verurteilt auf das Schärfste, dass das deutsche Volk über die Verhältnisse im Ausland völlig falsch unterrichtet worden ist, dass ihm dauernd Tatsachen vorenthalten werden, die die Möglichkeit einer Verständigung mit anderen Völkern, namentlich mit Frankreich und Russland, beweisen. Er fordert die unverzügliche Einstellung aller Feindseligkeiten gegen Russland und die Anknüpfung freundschaftlicher Beziehungen zu allen Völkern." Wir können hier nicht alles aufzählen, was vor 23 Jahren versäumt wurde. Wir rufen diese traurige Zeit verpasster Gelegenheiten hier nur deswegen in Erinnerung, weil wir sie bedenken müssen, wenn wir die Zukunft Deutschlands ins Auge fassen wollen. Wir wiederholen hier nur, um damit abzuschliessen, dass zwei Aufgaben für den Wiederaufbau Deutschlands zu lösen unerlässlich ist: Die völlige Beseitigung der Wurzeln der deutschen Kriegsmaschine; und die Konzentrierung auf diese Aufgabe bei völliger Vernachlässigung der an sich noch so interessanten und lehrreichen Möglichkeit festzustellen, dass auch in anderen Ländern Fehler begangen wurden; dass auch dort nicht restlos im Interesse des Friedens gearbeitet wurde und dass auch die also ihre Mängel einzugestehen hätten. Darüber sollte im übrigen gewiss gesprochen werden, und es sollten Schritte unternommen werden, auch diese Mängel zu beheben. Solche Schritte aber müssen nicht und sollten sogar nicht von den Deutschen unternommen werden - nicht etwa weil dies für sich gesehen ungehörig oder gar ein Unrecht wäre, sondern lediglich im Interesse einer möglichst reibungslosen und friedfertigen Bereinigung der Atmosphäre. "Jeder kehre vor seiner Tür!" Diese Regel sollte für diese Art von Schlussmachen mit der Vergangenheit das Leitmotiv sein. Leute, die schon während des Kampfes gegen Hitler die Spaltung der Hitler- [Seite im Original:] - 55 - Gegner verewigten, weil sie angeblich "nicht schweigen können" - diese Leute mit dem untilgbaren Redebedürfnis sollte man öffentlich als Quertreiber brandmarken und behandeln. Sie können nämlich manchmal ganz gut schweigen, wenn es sich zum Beispiel um Sünden der Revanche-Republik mit Generälen handelt. Darüber sind ganze Schweigsamkeits-Exzesse ausgebrochen! Darüber hinaus freilich müsste eine wirkliche Zusammenarbeit einsetzen zwischen denen, die in dieser Hinsicht einig sind, die also ehrlich bereit sind, die Vergangenheit zu liquidieren und die lediglich das Neue vor Augen haben. Wie dies dann aussehen könnte, sollen weitere Artikel zeigen. Gerhard Gleis[s]berg[11] Diskussion auf falschem Wege "Es wird mir flau zumute, wenn ich bedenke, dass Shakespeare[12] am Ende doch ein Engländer ist und dem widerwärtigsten Volke angehört, das Gott in seinem Zorne erschaffen hat. Welch ein widerwärtiges Volk, welch ein unerquickliches Land! Wie steifleinen, wie hausbacken, wie selbstsüchtig, wie eng, wie englisch! ... Ein Volk, ein graues, gähnendes Ungeheuer, dessen Atem nichts als Stickluft und tödliche Langeweile, und das sich gewiss mit einem kolossalen Schiffstau am Ende selbst aufhängt ..." - Ist das von Goebbels? "Die Engländer werden den gallischen Hahn noch besonders anspornen zum Kampfe, ... und sie werden schaubegierig mit ihren langen Hälsen über den Kanal herüberschauen und applaudieren. ... Ach, möge das Ende ihres Kaisers (Napoléon) die Franzosen belehren, was von dem Grossinn Englands zu erwarten ist! Möge Frankreich sich nie auf England verlassen wie Polen auf Frankreich!" - Haben das Laval oder Petain gesprochen? "Die Franzosen, aller republikanischen Eigenschaften bar, sind ihrer Natur nach ganz bonapartistisch. ... Sie lieben den Krieg des Krieges wegen, selbst im Frieden ist ihr Leben eitel Kampf und Lärm; die Alten wie die Jungen ergötzen sich gern am Trommelschlag und Pulverdampf, an Knalleffekten jeder Art." - Ist das, eine Parodie auf Vansittart? Nein, alle drei Stellen stammen von dem gleichen Autor, der in letzter Zeit oft als Kronzeuge für die ewige Gefährlichkeit der Deutschen zitiert wurde: von Heinrich Heine[13]. Die Zitate zeigen zweierlei: Man kann mit Blütenlesen aus der deutschen Literatur keine politischen Beweise erbringen. Und man tut gut daran, mit Urteilen über Nationen vorsichtig zu sein. Bedauerlicherweise sind diese Warnungen wenig beachtet worden. Es ist fast Mode geworden, Zitatensammlungen als Beweismaterial auszugeben für die düstere Beschaffenheit ganzer Nationen "von altersher". Man kann das auf zwei verschiedene Arten tun: Entweder führt man Zitate deutscher Berühmtheiten der Vergangenheit an, die Sünden und Laster der Deutschen verdammen, um daraus zu folgern, dass die Deutschen sehr übel sein müssen, wenn ihre eigenen Grössen - die allerdings auch Deutsche waren - so hart über sie urteilen. Oder man zitiert, dass schon lange vor Hitler in Deutschland Theorien gepredigt wurden, die auf Raub von Nachbargebieten, auf Kriegsbegeisterung, Rassenhass und Missachtung von Verträgen hinausliefen, woraus gefolgert wird, dass die Deutschen sehr übel sein müssen, wenn solche Theorien unter ihnen schon vor Hitler und "seit jeher" im Umlauf waren. Und fragwürdig wie die Methode ist die Schlussfolgerung: Hitler habe recht, wenn er sich als Verkörperung des deutschen Volkes ausgibt. Das ganze deutsche Volk - von belanglosen Ausnahmen abgesehen - stehe hinter ihm, wie er behauptet; und man werde deshalb nach dem Sturze Hitlers mit diesem Volke sehr drastisch verfahren müssen, ungefähr so, wie es Goebbels den Deutschen androht, um sie von dem Gedanken abzubringen, sich von Hitler zu trennen oder seine Niederlage zu wünschen. Es sollte nicht Aufgabe deutscher Emigranten sein, die nach dieser Methode abgefassten Schriften englischer Autoren öffentlich zu kritisieren, umso weniger, als diese Aufgabe von Engländern - und Amerikanern - bereits besorgt worden ist. Vansittarts "Black Record" war ein literarischer, kein politischer Erfolg. Es haben sich gegen seine Theorien nicht nur Stephen King-Hall[14] und Harald Laski[15] gewandt; es haben ihn nicht nur "Linke" kritisiert; die Ablehnung bei den Konservativen war ebenso beträchtlich, und in Amerika hat dieselbe Dorothy Thompson[16], der Vansittart den "Black Record" gewidmet hatte, die Vansittartschen Thesen sehr entschieden verworfen, ja erklärt, die Engländer liefen Gefahr, den Krieg zu verlieren, wenn sie ihn als Krieg gegen eine Nation führen wollten. ("Die zugestandene Absicht", schrieb sie in der "New York Post"[17], ,,nach diesem Kriege Europa gegen Deutschland zu schützen, bleibt gänzlich ohne Widerhall. Wenn der Verdacht entsteht, dass die künftige Ordnung einen neuen Versuch mit sich bringen soll, Garantien gegen die industrielle Stärke und Arbeitskraft der deutschen Nation zu schaffen, und den Versuch, sie schwach zu erhalten, weil sie ein gefürchteter Konkurrent ist, dann kann man nicht behaupten, dass es eine ,moralische' Ordnung ist.") Bedenklicher ist, dass sich in der deutschen Emigration Leute gefunden haben, die, unbelehrt von dem Verlauf der englischen Diskussion, nun ihrerseits die vorhin beschriebene Methode "entdeckten" und nach ihr Reden halten, Artikel oder Broschüren schreiben, worin abermals die deutsche Erbsünde propagiert, Hitler mit dem deutschen Volke gleichgesetzt und die Vernichtung oder Verdammung des deutschen Volkes als Kriegsziel proklamiert wird. Dass sie damit - wahrscheinlich ungewollt - den Behauptungen der Hitler-Propaganda, dass das deutsche Volk und sein Führer eins seien, zu Hilfe kommen, ist noch der geringste Schaden, den sie anrichten. Ernster ist, dass sie die Kriegführenden, wenn sie bei ihnen Glauben finden, zu der Meinung bringen könnten, dass entweder dieser Krieg sich nur lohne, wenn er mit einer Vernichtung Deutschlands ende - oder dass [es], wenn diese Vernichtung sich als unmöglich erweist, wenig darauf ankomme, mit welchem Teile des deutschen Volkes man Frieden mache. Da alle diese Teile gleich schlecht und gefährlich sind, [Seite im Original:] - 56- wäre es auch gleichgültig, ob man eines Tages mit Nazis oder mit Generälen, mit Monarchisten oder mit Sozialisten verhandelt. Hier liegt die grösste Gefahr dieser Argumentation, und man kann nicht umhin, sie als gemeingefährlich für die Politik der sozialistischen deutschen Emigration zu bezeichnen. Die betrüblichste Wirkung der Kampagne aber, Hitler und das deutsche Volk gleichzusetzen, ist die Diskussion, die sie in der Emigration zur Folge hat: eine Diskussion, die auf immer tieferes Niveau zu geraten droht und in der die Behauptung, alle Deutschen seien Nazis, durch die Gegen-Behauptung widerlegt werden soll, dass hinter Hitler nur eine ganz kleine Clique stände. Je wilder und lauter die erste Behauptung geäussert wird, umso heftiger und übertriebener tönt ihr die zweite entgegen. Der schlichte Tatbestand ist, dass beide an der Sache vorbeireden. Wären alle Deutschen Nazis, so liessen sich die Konzentrationslager und die Gestapo ebenso wenig erklären wie die politische Emigration, die Landesverratsprozesse und die vielen Bestrafungen für das Abhören ausländischer Sendungen oder für den Umgang mit Kriegsgefangenen. Stände hinter Hitler nur eine ganz kleine Clique, liesse sich weder die Tatsache erklären, dass er sich schon länger als acht Jahre an der Macht halten kann und es liesse sich auch der bisherige Verlauf des Krieges nicht erklären. Das sind sehr einfache Wahrheiten, aber sie werden in der Hitze des Gefechts immer wieder ignoriert. Statt sich an die Tatsachen zu halten, die wenigen, die uns bekannt sind und auf die wir uns deshalb beschränken müssen, wenn wir nicht phantasieren oder hochstapeln wollen, fordert die eine Gruppe dazu auf, "Deutschland", weil es die einzige und ewige Gefahr für den Weltfrieden sei, zu zerstückeln, zu entrechten, mit harten Tributen zu belasten und für immer zu besetzen; und die anderen fordern dazu auf, "uns Deutschen" zu helfen, denn "wir Deutschen" wollten ja nichts anderes, als Hitler stürzen, und man brauchte es uns nur in Erinnerung zu rufen. Die Frage, ob am Uebel der Welt der Charakter einer Nation schuld sei oder nicht, ist falsch gestellt, und darum können auch die Antworten auf sie nur falsch sein. Schon vor dem Kriege hat Hamilton Fyffe[18] ein Buch geschrieben, in dem er nachwies, dass man die Weltprobleme nicht durch Anklagen gegen schlechte Nationalcharaktere lösen kann, und kürzlich hat der weise alte Lord Cecil[19] in seiner Broschüre: "A real peace" gesagt: "Es ist zweifellos richtig, dass, man nicht eine Nation verurteilen kann." Wer das nicht einsieht, sollte sich die Tatsachen ansehen. Sie lehren, dass die Serie der Angriffskriege, die in Hitlers Weltkrieg gipfelte, von Japan 1932 mit dem Ueberfall auf die Mandschurei begonnen wurde, von Italien zwei Jahre später mit dem Angriff auf Abessinien fortgesetzt wurde, dem der deutsch-italienische Interventionskrieg in Spanien, Japans Krieg in China, Hitlers Einmärsche in Oesterreich und die Tschechoslowakei, Mussolinis Annexion Albaniens, Hitlers Angriff auf Polen und Stalins Angriff auf Finnland und alles weitere folgten. Man verkleinert die von der deutschen Armee begangenen Greuel nicht, wenn man feststellt, dass in der Serie dieser Angriffskriege nicht nur Deutsche die Angreifer waren - und dass sie nicht die ersten waren. Man stellt nur Tatsachen fest. Man stellt auch nur Tatsachen fest, wenn man darauf hinweist, dass der Faschismus in Italien und nicht in Deutschland begann und das Hakenkreuz nicht in Preussen, sondern in Bayern seine Auferstehung erlebte, während der Begriff des Nationalsozialismus aus dem Sudetenland stammt. So unbequem es für alle jene ist, die aus Vorsicht ihr Verdammungsurteil nicht auf alle Deutschen, sondern nur auf alle Preussen erstrecken - Tatsache bleibt, dass Hitler aus Oesterreich, Göring aus Bayern und Goebbels aus dem katholischen Rheinland stammen. Welche Aussichten bietet also eine Diskussion, die an den Tatsachen vorbeigeht? Sie bietet keine Aussicht, die Probleme zu klären, die uns heute und für die Zukunft gestellt sind: weder das Problem, wie man propagandistisch Massen des deutschen Volkes gegen Hitler beeinflussen kann, noch die Frage, mit welchen Kräften und welchen Möglichkeiten nach Hitlers Sturz in Deutschland an der Entwicklung eines neuen Europa gearbeitet werden kann. Wenn wir uns von solchen Aufgaben nicht ablenken lassen wollen, sollten wir aufhören, uns zur Fortsetzung der sinnlosen Diskussion von Leuten provozieren zu lassen, die, wie sich gezeigt hat, auf die Frage, was nach Hitlers Sturz mit Deutschland und in Deutschland geschehen soll, keine Antwort geben können. Das hat sich schon im Verlaufe der englischen Debatte gezeigt - und zeigt sich auch bei jenen Emigranten wieder, die ihre Wut über den in Deutschland verlorenen Groschen oder das dort verlorene Amt in moralische Entrüstung über alles, was deutsch ist und deutsch war, gesteigert haben - oder bei jenen anderen, die ihrer Erbitterung darüber Luft machen, dass sie sich mit ihren jahrelangen Prophezeiungen des sicheren Sturzes Hitlers "im nächsten Winter" und ihren Sensationsberichten über Gärungen im Dritten Reich und über die Schwächen der Hitlerschen Aufrüstung blamiert haben, und nun das ganze deutsche Volk dafür verdammen wollen, dass sie selber unrecht behielten. S. Schwarz[20] Another Soviet-Finnish war The article below was written a few weeks ago, but it is no less topical on that account. Nor is the Situation changed by the statement of the Finnish Military Attaché in Washington that the war in Finland will soon come to an end. The Editor In an interview with foreign press representatives on June 30th, Vice-Foreign Commissar Losovsky[21] was imprudent enough to refer to the Soviet-Finnish war of 1939/1940. He said: "Now at last the U.S.A. and Great Britain understand the measures of iron necessity taken before the Soviet-Finnish war of 1939. Now it is clear that without such measures our strategic position would be much worse." This question has not now become merely an academic one. The disastrous foreign policy of the Soviet Government during the "in-blood-cemented" friendship between Stalin and Hitler weighs heavily [Seite im Original:] - 57 - on the Soviet Union. To make possible a victory over Hitler, the Soviet Union must break with this past - resolutely - irrevocably. The Soviet-Finnish war of 1939/40 - in spite of Losovsky's protestations - did not hamper but greatly facilitated Hitler's attack on the Soviet Union through Finland. Indeed, a pro-German feeling and even a certain sympathy with Hitler were strong in Finnish circles in the early part of the last decade. A war of Nazi Germany against the U.S.S.R., had it been conceivable seven or eight years ago would probably have had Finland as an ally. But by the middle of that decade the stubborn struggle of Finnish Social Democracy against this reactionary pro-German foreign policy and for the establishment of good-neighbourly relations with the U.S.S.R. was crowned with success. Social Democracy and the Peasant Party (which was already in complete solidarity with the social democrats on questions of foreign policy) gained a large majority in the parliamentary elections of July 1936 (out of 200 members there were 83 social democrats and 53 representatives of the Peasant Party). Certainly the opposition of the President of the Republic, Svinhuvud[22], Germanophile and bitter foe of the U.S.S.R., made impossible the creation of the Peasant-Social-Democratic Government. But at the presidential election early in 1937, this obstacle to a radical change in Finnish foreign policy was removed: Svinhuvud fell, Kallio[23], leader of the Peasant Party, was elected president. Of this election "Pravda"[24] (February 17th, 1937) wrote: "The fall of Svinhuvud in the election is a defeat of the reactionary fascist agents. It testifies to the growth of the forces in Finland which sympathize with the Progress of good-neighbourly relations with the U.S.S.R. The election of President Kallio raises the question of a change of government. The social democrats now have a chance of taking office. The next few weeks will show whether this expectation is accurate." This forecast was in fact fulfilled. The new Peasant-Social-Democratic Government - the Kajander[25]-Tanner[26] Government - which had the support of the small Progressive Party, was at the helm of the ship of state. Relations between Finland and the U.S.S.R. took on a new aspect. The new victory of Social Democracy and of the Peasant Party in the parliamentary elections in July, 1939 (the social democrats increased the number of their deputies from 83 to 85, the peasants from 53 to 56) improved still further the chances of a Finnish-Russian rapprochement. The Soviet-German agreement killed these possibilities. Having received Hitler's recognition of Finland as "sphere of influence" of the U.S.S.R. Stalin first launched the diplomatic, and then the military offensive against Finland. The tragic events of the winter of 1939/40 are still remembered by everyone. After three months of heroic resistance, Finland had to accept brutal peace conditions. But even after the Peace Treaty had been signed, the Soviet Government continued to the last minute to put Pressure for further and further concessions, continuously extending the scope of the Peace Treaty of March 12th, 1940, to its Profit. And so Soviet diplomacy pushed Finland systematically towards rapprochement with Hitler. Nevertheless the idea of participation in the war against the U.S.S.R. on the side of Hitler met with stubborn opposition. Finnish Social Democracy fought fiercely till the last possible minute against the fatal trend of events. On June 20th, when rumours of the coming war between Germany and the U.S.S.R. became menacing - especially in Scandinavia - the Central Committee of the Finnish Social Democratic Party and the Finnish Federation of Trade Unions published a manifesto insisting vigorously that the country must be kept "outside of all opportunist policy and strive to maintain its neutrality". In the early hours of June 22nd, Hitler, in an appeal to the German people, announced that Finland would fight on the side of Germany against the U.S.S.R. Nevertheless the Finnish Government declared officially on June 22nd, and once more on the 23rd, that Finland would maintain its policy of neutrality. Within the Finnish Government opinion was divided. Social Democracy led in the fight against participation in the present war. On June 23rd Vaino Tanner, the head of the Party, in an interview with correspondents of the Swedish press, expressed the determination of the social democrats to strengthen the policy of peace and neutrality. But the dogs of war were already unleashed. On June 22nd at 6 a.m., only two hours after Hitler's attack upon the U.S.S.R., Soviet planes bombed the Finnish shores, islands, and naval vessels. These were the first offensive operations in the present war on the Part of the U.S.S.R. From a military viewpoint, in view of the threat of a German attack on Leningrad through Finland, these military operations may have been necessary. All the more was it essential for the Soviet Government to soften politically the effect on Finnish public opinion by a solemn declaration on the Part of the U.S.S.R. that she now renounced the policy of threats and violence she has practiced towards Finland from October, 1939; that after the war she will review the Peace Treaty of March 12th, 1940, through the mediation of the great democratic powers, and will adjust her future relations with Finland on the basis of an unconditional recognition of Finland's freedom, independence and integrity. The political influence of such a declaration, made in a manner which demonstrated a real and not a merely verbal renunciation of the recent policy of violence, would have been tremendous. After such a Russian declaration, the very idea of joining Germany in her war against Russia would have been impossible in Finland. But the-Soviet Government had no intention of making any such declaration. Finland contented herself with a protest against the bombing of June 22nd and, as recorded above, declared twice in those days that she would remain neutral. On June 23rd a similar declaration was made also by the Soviet ambassador in Helsinki, Orloff[27]. But on June 25th Soviet planes bombed not only Finnish [Seite im Original:] - 58 - shores and naval and air bases, but also a great number of Finnish towns (Helsinki, Tammerfors, Aabo, etc.). The German official agency, D.N.B.[28], reported that Finland had declared war an the U.S.S.R. But once more the German announcement was "premature." On the night of June 25th the Finnish Parliament, in an extraordinary meeting and after a dramatic discussion, unanimously voted confidence in the Government's policy of "adopting defensive measures" against the military action of the U.S.S.R. "The adoption of defensive measures" seems to have been a compromise formula which permitted the avoidance of a formal war declaration and the formal maintenance of neutrality. This was the last attempt of the peace partisans to keep Finland from the brink of the precipice. But the pro-war mood became stronger from hour to hour, partly under the influence of the swift advance of the German armies in the first week of the war, partly under the influence of false rumours coming from Russia (one such rumour will be mentioned below). And already an June 26th the President of the Finnish Republic, Ryti[29], in a radio speech, talked of a "defensive struggle against Russia" in alliance with "great Germany, under her leader of genius, Reichsführer Hitler." And three days later Marshal Mannerheim[30] called all Finnish soldiers to follow him in a "holy war" against Russia. Finnish Social Democracy was swept along by the nationalists and chauvinists. On July 3rd the Finnish legation in Washington made public a message sent by the Finnish Social Democrats and the Finnish Federation of Trade Unions to the Labour Party and the Trade Union Congress of Great Britain, justifying the policy of the Finnish Government. The message referred to the declaration of Moscow that "Finland is to be annihilated " (such a declaration of "Moscow" had never been uttered, it is typical of the false rumours which flood any country at the beginning of a war). The message refers with sympathy to the speech of Ryti (!) and affirms that the Finnish people "are fighting for their country's independence and a free social system, based upon democracy". Friends of Finland and of Finnish Social Democracy read this message with feelings of pain and bitterness. The British Labour Movement answered the Finnish message and declared that all nations which are fighting side by side with the Nazis will share in the catastrophic fate towards which the Nazi tyranny is inevitably moving. Therefore they urged the Finnish Labour Movement to try to bring Finland on to the side of Great Britain and her Allies. The march of events has forced Finnish Social Democracy into an impasse, from which it will not be easy to escape. But we Russian democrats and socialists consider it necessary to insist with the greatest firmness that whether Finnish Social Democracy succeeds during the war in freeing itself from the embrace of its pro-Hitler companions of to-day will depend first of all upon whether the people of the U.S.S.R. succeed in bringing about, even during the war, a radical change in Soviet policy towards a spirit of justice and genuine democracy. A.B. Die deutsche Wirtschaftshegemonie in Frankreich Fortsetzung aus der vorigen Nummer III. So lagen die Dinge vor dem Krieg und vor der Niederlage Frankreichs. Die Besetzung von fast zwei Dritteln des französischen Territoriums gab nun Deutschland selbstverständlich eine Reihe von weiteren Möglichkeiten zur wirtschaftlichen Durchdringung Frankreichs. Den bisherigen Methoden der Einflussnahme, die sich in erster Linie - wie wir gesehen haben - auf die Finanzverflechtung zwischen deutschen und französischen Unternehmungen stützte, traten andere zur Seite. Die primitivsten davon waren diejenigen, die in den ersten Monaten der Besetzungszeit von der Militärbehörde kraft der ihr zustehenden Gewalt angewandt wurden. Vor allem in der Pariser Region wurde eine Reihe von Betrieben der französischen Rüstungs-, namentlich der Flugzeugindustrie, einfach requiriert und gezwungen, direkt für den deutschen Rüstungsbedarf zu arbeiten. Aus anderen wurde der Maschinenpark entfernt und nach Deutschland überführt, wo er der Einrichtung neuer deutscher Fabrikationsstätten diente. Von diesen Massnahmen wurden in erster Linie die grossen Fabriken der französischen Automobil- und Maschinenindustrie betroffen. In das gleiche Kapitel gehört auch die Beschlagnahme von Vorräten und Halbfabrikaten, die zahlreiche französische Werke angelegt hatten. Aber diese erste Etappe der militärischen Raubwirtschaft missfiel den deutschen Wirtschaftsführern. Sie begriffen schnell, dass auf diesem Weg die deutsche Kriegswirtschaft zwar eine momentane Entlastung erfuhr, dass diese aber mit einer dauernden Verminderung des französischen Wirtschaftspotentials erkauft wurde. Man erkannte, dass es klüger war, die Henne goldene Eier legen zu lassen, statt sie zu töten, und so begann bald, gestützt auf die erwähnten bereits vorhandenen Verbindungen, eine andere Form der Zusammenarbeit. Zunächst wurden die Beziehungen zwischen der deutschen und französischen Schwerindustrie bereinigt. Fast alle Grosskonzerne der französischen Stahlindustrie, die Schneider-Creusot, Theodor Laurent, de Wendel, hatten eigene Kohlengruben in Deutschland oder zum mindesten Lieferungsverträge mit dem deutschen Kohlenbergbau. Ihre Werke waren auf die Verarbeitung von Saar- und Ruhrkohle eingerichtet. Ohne die deutschen Kohlenlieferungen konnten sie nicht weiter arbeiten. Andererseits war ein Teil ihrer in Lothringen gelegenen Erzminen durch die von Deutschland in Vorwegnahme des Friedensvertrages vorgenommene Rückgliederung des Landes in deutschen Besitz gelangt. Beide Momente gaben den Deutschen bei den Verhandlungen eine überragende Position. Die französische Schwerindustrie musste ihre lothringischen Werke opfern, sich zur Zusammenarbeit mit den Deutschen bereit erklären, der gemeinsamen deutsch-französischen Ausbeutung ihrer Erzminen in Nordafrika zustimmen und bekam als einzige Gegenleistung dafür die Sicherstellung ihres Kohlen- [Seite im Original:] - 59 - bedarfs. Unter den Umständen, unter denen sie erfolgte, hat sich also die von der französischen Schwerindustrie propagierte deutsch-französische Industrieentente bis jetzt als ein sehr schlechtes Geschäft für ihre französischen Vorkämpfer erwiesen. Nach der Schwerindustrie kam die Textilindustrie an die Reihe, die gleichfalls von früher her enge Finanzverbindungen mit Deutschland hatte. Das gilt vor allem für die Kunstfaserindustrie, die in beiden Ländern kartelliert ist, beziehungsweise wurde. Mit Unterstützung des deutschen Zellwollrings[31], der Spitzenorganisation der deutschen Kunstfaserindustrie, wurde die Gesamtheit der französischen Unternehmungen dieses Wirtschaftszweiges einschliesslich der französischen Werke des in internationalem Masstab unter amerikanischem Einfluss stehenden Courtaulds-Konzerns[32] zur "France-Rayonne"[33] zusammengefasst, einem umfassenden Kunstfasertrust, an dem der deutsche Zellwollring massgebend beteiligt ist, während umgekehrt den Franzosen nur ganz unwesentliche Beteiligungen an den Unternehmungen des Zellwollringes eingeräumt wurden. Aus der Konzernverflechtung ergab sich dann schnell die praktische Zusammenarbeit, und die französische Kunstfaserindustrie arbeitet heute zum grössten Teil für deutsche Rechnung. Auf dem Weg der direkten Auftragsvergebung wurde ein grosser Teil der französischen Glas- und Steingutindustrie, der Produktion von Radiogeräten, sowie der optischen und mechanischen Industrie der deutschen Wirtschaft dienstbar gemacht. Bei der Auftragsvergebung bedienten sich übrigens die Deutschen einer neuartigen Methode. Im Petit Palais in Paris fand in den Wintermonaten eine deutsche Industrieausstellung statt, die aber keineswegs mit der unter dieser Firmierung sonst üblichen Verkaufsausstellung verwechselt werden darf. Es handelte sich im Gegenteil um eine Art Auftragsbörse. Die deutsche Industrie stellte diejenigen Artikel aus, an denen sie noch Bedarf hatte, der durch die deutsche Produktion nicht befriedigt werden konnte. Die französischen Fabriken, die glaubten, einen der ausgestellten Artikel in der geforderten Qualität herstellen zu können, bewarben sich bei den Ausstellern um die Auftragserteilung. Auf diese Weise wurden allein an die optisch-mechanische Industrie Frankreichs für 23 Millionen RM Aufträge vergeben. Im Zusammenhang mit dieser Auftragsvergebung erhöhten die Deutschen gütigst das an die französische Wirtschaft zu liefernde, aus der Produktion der nord- und ostfranzösischen Stahlindustrie stammende monatliche Rohstahlkontingent, das bis dahin nur drei Vierteln des Bedarfs entsprochen hatte, von 75 000 auf 115 000 Tonnen. Auch auf eine Reihe von anderen Wirtschaftszweigen hat die deutsch-französische Zusammenarbeit inzwischen übergegriffen. Nach Aufopferung ihrer lothringischen Versicherungsinteressen konnten die französischen Versicherungsgesellschaften mit den Deutschen ein Abkommen treffen, das an Stelle Englands Deutschland in das französische Rückversicherungsgeschäft einschaltete. Der deutsche Papierindustriekonzern Zellstoff A.G.[34], Waldhof, hat zusammen mit französischen Interessenten in Frankreich eine Spezialfabrik für Zigarettenpapier gegründet. Auch in der Chemischen Industrie wurden die alten Verbindungen aus der Vorkriegszeit, die im Februar 1939 unter dem Einfluss des amerikanischen Chemietrusts Dupont de Nemours[35] gelockert worden waren, wiederhergestellt. Aber wir können nicht nachdrücklich genug unterstreichen, dass über die Konzernbeziehung hinaus nun auf der Basis Lieferant und Kunde eine enge Zusammenarbeit erfolgte. Die Deutschen haben die Auftragserteilung in Frankreich mit der ihnen eigenen Systematik organisiert. In Paris, in der Rue de Presbourg amtiert die Verbindungsstelle "Frankreich" der Organisation der deutschen Wirtschaft, die der Fühlungnahme zwischen den industriellen Interessenten der beiden Länder dient, und die, wie das deutsche Modewort heisst, "Auftragsverlagerung" von Deutschland nach Frankreich fördert. Für die Tätigkeit dieser Stelle wurden kürzlich eingehende Richtlinien erlassen. Der deutsche Auftraggeber hat zunächst von den Behörden seines Bezirks die "Verlagerungswürdigkeit" seiner Aufträge anerkennen zu lassen, wenn er durch die Verbindungsstelle und dank seiner eigenen Initiative von einer Verlagerungsmöglichkeit Kenntnis erhalten hat. Sodann muss der Verlagerungsauftrag bei der "Zentralauftragstelle für den Bereich des Militärbefehlshabers in Frankreich" angemeldet werden, um die zur Durchführung des Auftrags nötigen, im besetzten Gebiet unter Kontrolle der Militärbehörde stehenden Rohstoffe, wie Eisen, Stahl, sonstige Metalle, Kautschuk, sicherzustellen. Für die systematische Ausbeutung Frankreichs, die mit dieser Auftragsverlagerung verbunden ist, ist bezeichnend, dass die Richtlinien der Reichsregierung den deutschen Firmen die Pflicht auferlegen, möglichst niedrige Preise zu vereinbaren, Verträge nur auf der Basis von Fest- und Richtpreisen zu schliessen, und Vereinbarungen über gleitende Preise in aller Form zu untersagen. Soweit Vergleichsmöglichkeiten bestehen, ist den Abmachungen der französische Inlandspreis vom 25. Mai 1940 zu Grunde zu legen. Bestehen keine solchen Vergleichsmöglichkeiten, so gilt der Vorkriegspreis zuzüglich eines Aufschlags von 23%, aus dem der französische Unternehmer aber Sozialabgaben, Mehrkosten infolge erhöhter Rohstoffpreise, zu bestreiten hat. Ausdrücklich wird bestimmt, dass die Preise so erstellt werden müssen, dass sie bei Einrechnung der Mehrfrachtkosten "das deutsche Preisniveau nicht stören". Durch eine weitere Verfügung wurde für die Rohstoff- und Warentransporte, die sich aus solchen Verlagerungsaufträgen ergeben, der Zollausschluss verfügt. Diese unter deutschem Druck erfolgenden französischen Exporte beziehungsweise Rohstoffimporte bedeuten also keinerlei Entlastung der Staatskasse durch vermehrte Zolleinnahmen. Und doch muss auch auf den Zusammenhang zwischen diesen Verlagerungsaufträgen und den französischen Staatsfinanzen, vor allem der französischen Währung, hingewiesen werden. Frankreich hat täglich 400 Millionen an Besetzungskoten zu tragen. Diese Summe hat der französische Staat von Anfang an nie anders als mit Hilfe der Notenpresse aufbringen können. Die Banque de France hat auf Grund ihres Banknotenprivilegs der Regierung seit Abschluss des [Seite im Original:] - 60 - Waffenstillstandes Monat für Monat die erforderlichen Beträge vorgeschossen. Bis zum ersten Juni 1941 machten diese Vorschüsse ungefähr 120 Milliarden Francs aus. Der Banknoten-Umlauf hat sich in Frankreich dementsprechend erhöht. Wenn der Kurs des französischen Franc an den internationalen Börsen nicht stärker gesunken ist, so hängt das nicht nur mit der staatlichen Devisenbewirtschaftung und der sich infolgedessen ergebenden Herausbildung eines Zwangskurses zusammen, sondern ebenso sehr mit der Erwerbung von Reichsmarkguthaben durch Frankreich infolge des von Deutschland erzwungenen Rohstoff- und Industriewarendumpings. Bei der Lage der Dinge in Europa sind heute derartige Guthaben fast auf dem ganzen Kontinent verwertbar zur Abdeckung von Zahlungsverpflichtungen aus dem Warenimport. Ueberseeische Importe, die nicht aus den eigenen Kolonien kommen, sondern in Gold oder Golddevisen zu honorieren sind, erhält Frankreich augenblicklich so gut wie keine. Die aus internationalen Wirtschaftsbeziehungen resultierenden Importschulden kann Frankreich tatsächlich aus dem Ertrag seines Zwangsexportes nach Deutschland abdecken. Vergleichen wir diesen Zustand mit demjenigen, der in Deutschland selber während der Inflationsjahre von 1921-23 herrschte, so ergibt sich, dass Frankreichs Position günstiger ist. Deutschland hatte damals Handelsschulden infolge notwendiger Importe, die nur auf dem Weg des Ausverkaufs und nicht durch entsprechende Exporte gedeckt werden konnten. Für das Funktionieren der französischen Devisenwirtschaft als geschlossener Wirtschaft ist daher die Zusammenarbeit mit Deutschland von grosser Bedeutung. Aber das weiss man nicht nur in Paris und Vichy, sondern eben so gut in Berlin, und die Finanz- und Währungsnot Frankreichs ist für die Deutschen ein weiteres Druckmittel neben der Lebensmittel- und Rohstoffnot und der militärischen Verfügungsgewalt über den grösseren Teil des europäischen Frankreichs. Die Wirtschaftsallianz mit Deutschland ist für die Franzosen in jeder Hinsicht eine societas leonina. Ein weiteres Mittel zur Erringung einer wirtschaftlichen Hegemoniestellung in Frankreich waren die von den Besetzungsbehörden verfügten antisemitischen Massnahmen. Aus einer Reihe von Wirtschaftszweigen wurden die leitenden jüdischen Persönlichkeiten ausgeschaltet, und, wenn sie auch nicht durch Deutsche ersetzt wurden, so fiel ihre Nachfolge doch vielfach an französische Persönlichkeiten, die zur, wenn wir so sagen wollen, germanophilen Partei zählten und die dabei oft einflussreiche Posten erlangten, sodass sie allen Grund hatten, den Deutschen ob ihrer Arisierungspolitik dankbar und dementsprechend gefügig zu sein. Es sind dies Vorgänge, wie sie auf nicht eigentlich wirtschaftlichem Gebiet sich parallel in der Pariser Presse abspielten. Dort gelang es mit deutscher Hilfe einigen Winkelliteraten, zu bedeutenden Stellungen zu kommen, leitende Redaktionsposten von Tageszeitungen, Wochenblättern und Zeitschriften einzunehmen und so eine politische und gesellschaftliche Position zu erreichen, die sie aus eigener Kraft niemals errungen hätten. Aber im heutigen Pariser Zeitungsgewerbe mit seiner Abhängigkeit von den deutschen Papierlieferungen und den Publizitätsaufträgen der Annoncenagentur Havas[36], an der sich die Deutschen zu beteiligen verstanden, konnten sie, gestützt von der Besetzungsmacht, nun in die Höhe klettern. Die tiefstgreifende aller antisemitischen Massnahmen war aber bezüglich ihrer Wirkung auf das gesamte Wirtschaftsleben Frankreichs die sogenannte Arisierung der Pariser jüdischen Privatbanken. Die jüdischen Bankiers spielten in Paris seit Anfang des vorigen Jahrhunderts eine bedeutende Rolle. Die Rothschilds, die Lazards, die Dreyfus', Ginsbourgs[37], Worms´[38] usw. hatten sich um den Aufbau der französischen Industrie energisch gekümmert und waren als Emissionshäuser, Finanzagenten und Hausbanken mit fast allen französischen Industrieunternehmen eng verknüpft. Sie hatten auch an einer grossen Anzahl internationaler Unternehmungen sich beteiligt und sich nach allen Seiten bedeutsame Einflussphären geschaffen. Alle diese Einflussphären der jüdischen Privatbanken sind heute deutsche Einflussphären. Die Bankenarisierung bestand ja darin, dass für jedes der von ihr betroffenen Bankhäuser als oberster Leiter des Geschäftsbetriebs von der Besatzungsbehörde ein Kommissar ernannt wurde, der dieser verantwortlich war und von ihr seine Weisungen empfängt. Praktisch gesprochen, in allen Gesellschaften, an denen diese Banken beteiligt waren, regieren heute die Deutschen auf dem Umweg über diese Bankenkommissare hinein. Es wäre ermüdend, nun alle diejenigen Unternehmungen aufzuzählen, die auf diesem Umwege ganz oder teilweise unter deutsche Botmässigkeit geraten sind. Aber um von der Bedeutung dieser Methode der Einflussnahme ein anschauliches Bild zu geben, wollen wir wenigstens den Interessenkreis einer einzigen dieser grossen Pariser jüdischen Privatbanken, des Hauses Lazard Frères & Co., konkret umschreiben. Von französischen Gesellschaften, die unter dem Einfluss der Lazards stehen, erwähnen wir zunächst die Holdings. Es sind dies: "Société Financière Française et Coloniale", "Crédit Mobilier Industriel SOVA", eine der grössten französischen Industrieholdings, ferner die "Union Immobilière pour la France et 1'Étranger", die "Financière Électrique ", die "Financière Textile pour la France et 1'Étranger", die "Sociciété Financière et Industrielle de Chemins de Fer", die "Caisse de Liquidation des Affaires en Marchandises". Die Lazards sind ferner in den Verwaltungsräten folgender Banken vertreten: Franco-Argentinische Hypothekenbank[39]; Banque de France[40], Crédit Électrique; Internationale Bank in Amsterdam; Internationale Bodenkreditbank Basel[41]; Algemeene Matschapij voor Grondcrediet; Caisse de Transports; Westafrikanische Grundkreditgesellschaft; Banque de Maroc; Banque Franco-Chinoise (dem europäischen Vorposten der japanischen Hochfinanz); Caisse Centrale de Réescompte. Nicht minder bedeutend sind die Verwaltungsratsvertretungen der Lazards in der Industrie. Dazu gehören die "Sucreries et Raffineries de 1'Indochine, Port de Rosario"; Compagnie Générale des Tabacs des Philippines; Canadian and Mexican Eagle Oil (das Haus Lazard ist der französische Finanzagent des Royal Dutch-Shell-Trusts[42], wie es auch den [Seite im Original:] - 61 - Kreuger-Konzern[43] in Paris vertritt und im Verwaltungsrat der französischen Tochtergesellschaft des dazu gehörigen schwedischen Kugellager-Trusts, der "Société des Applications mécaniques", sitzt); ferner die "Exploitation des Pompes Dabey"; die "Docks Rémois"; die "Sofina" (internationaler Elektrizitätstrust); "Grands Moulins de Strasbourg"; "Glaceries de la Sambre"; "Cie.Générale de Concains Gratry "; Ètablissements Poliet et Chausson"; "Cie. Générale de Construction de Locomotives"[44]; "Cie.Française des Petroles"[45]; "Cie.Franco-Polonaise de Chemin de Fer"; "Forces Motrices de Jura et des Alpes"; "Parfumeries Coty"; "Étude et Construction des Centrales Électriques"; "Exploitation verrière Beauce-Bourgogne"; "Manufacture de Tapis et Couvertures." Endlich besitzen die Lazards bedeutende Interessen an einer Reihe mitteleuropäischer und balkanischer Agrarkreditinstitute wie der Bulgarischen Hypothekenbank; der Allgemeinen Ungarischen Kreditbank; der Ungarischen Hypothekenbank; der Allgemeinen Ungarischen Sparkasse und der Rumänischen Landwirtschaftlichen Hypothekenbank, genau so wie sie andererseits zum Beispiel die Hausbank der grossen französischen Autoreifenwerke Michelin sind.[46] Das sind im einzelnen die Methoden, mit deren Hilfe sich die Deutschen jene Stützpunkte im wirtschaftlichen und politischen Leben Frankreichs errungen haben, von denen aus sie nun ihre weitere Durchdringung Frankreichs in die Wege leiten. Bei der Festigkeit ihrer Wirtschaftshegemonie, die sich auf so gewichtige Faktoren gründet wie Finanzverflechtung, Rohstofflieferung, Auftragsvergebung, Eindringen in die Sphäre. der Banken u.s.w., ist es kein Wunder, dass sie in der Lage waren, Frankreich auch politisch nun mehr und mehr ins deutsche Fahrwasser zu ziehen. G.H. Das deutsche Weissbuch zur Kriegsschuldfrage Es gibt Nazi-Bücher, die, gut gelesen, sich besonders zur Aufklärung über die Politik des Dritten Reiches und zur Propaganda nach Deutschland hinein eignen. Zu ihnen gehört, neben Hitlers Programmschrift: "Mein Kampf", auch das Weissbuch, das im Dezember 1939 vom Auswärtigen Amt herausgegeben wurde. Man hat allerdings gewisse Schutzvorrichtungen angebracht: Ribbentrop legt gleich im Vorwort fest, was bewiesen werden soll: "Die 482 Dokumente, die in den Anlagen abgedruckt sind, sprechen eine so deutliche Sprache, dass sie keines Kommentars bedürfen. ... Sie zeigen den systematischen Ausrottungskampf, den die Polen seit dem Weltkrieg gegen das Deutschtum in Polen und gegen Danzig geführt haben; sie zeigen das grosszügige und unendlich geduldige staatsmännische Bemühen des Führers ...; sie zeigen demgegenüber die kurzsichtige Verständnislosigkeit der polnischen Machthaber .... Vor allem aber sehen wir, ... wie die Britische Regierung dann schliesslich die von ihr absichtlich herbeigeführte Verblendung der Polnischen Regierung benutzt, um den seit langem geplanten Krieg gegen Deutschland zu entfesseln. ... Diese für immer feststehende historische Tatsache ..." Eine andere Schutzvorrichtung ist die 56 Seiten lange einleitende Uebersicht, die nichts anderes enthält als den angeblich völlig überflüssigen Kommentar. Wer sich trotzdem nicht davon abhalten lässt, die kommentierten Dokumente selber zu lesen und sie mit der offiziellen deutschen Interpretation zu vergleichen, findet eine Reihe interessanter Aufschlüsse über die Vorgeschichte des jetzigen Krieges. Ein Beispiel: In dieser Vorgeschichte sind die Ereignisse der letzten Märztage des Jahres 1939 von besonderer Bedeutung. Studieren wir diese Vorgänge nach dem deutschen Weissbuch, dann drängt sich zunächst ein auffallender Zusammenhang auf zwischen den deutschen Vorschlägen und den beiden Schlägen, mit denen Hitler, im September 1938 und im März 1939, die Tschechoslowakei vernichtete. In seiner Sportpalastrede vom 26. September 1938 gab es diese Vorschläge für ihn noch nicht. Damals sagte er über das Sudetenland: "Und nun steht vor uns das letzte Problem, das gelöst werden muss und gelöst werden wird! Es ist die letzte territoriale Forderung, die ich in Europa zu stellen habe Ich habe ihm (Herrn Chamberlain) weiter versichert, und ich wiederhole es hier, dass es - wenn dieses Problem gelöst ist - für Deutschland in Europa kein territoriales Problem mehr gibt!" Drei Wochen nach der Lösung dieses "letzten" territorialen Problems meldete Ribbentrop, zunächst noch in liebenswürdigem Ton, das nächste an. Er lud den polnischen Botschafter Lipski[47] nach Berchtesgaden ein, übermittelte ihm dort zunächst eine "Dauereinladung nach Deutschland" für die "polnischen Freunde" und kam dann zur Sache: "Der Herr Reichsaussenminister führt nun aus, dass er glaube, es sei nun an der Zeit, zwischen Deutschland und Polen zu einer Generalbereinigung aller bestehenden Reibungsmöglichkeiten zu kommen Mit Polen sei hier zunächst über Danzig zu sprechen, als Teillösung einer grossen Regelung zwischen den beiden Nationen." (Dokument Nr. 197). Es folgte der bekannte Vorschlag, dessen wesentliche Punkte die "Heimkehr" Danzigs ins Reich und die Gewährung einer deutschen, exterritorialen Autostrasse und Eisenbahn waren. Die Polen machten Gegenvorschläge, in denen sie statt der Eingliederung Danzigs ins Deutsche Reich vertragsmässige Regelungen der bestehenden Streitfragen anboten. Die weiteren, recht häufigen deutschpolnischen Besprechungen dieses Winters beschränkten sich auf eine höfliche Wiederholung der beiderseitigen Vorschläge. Dann aber wurde Prag besetzt und die Tschechoslowakei zerschlagen. Und nun änderte sich der deutsche Ton den "polnischen Freunden" gegenüber mit einem Schlag. Er wurde zur offnen Drohung, der bisherige Vorschlag zur Forderung. Als Drohung musste schon wirken, dass der pol- [Seite im Original:] - 62 - nische Botschafter von der deutschen Regierung über den Einfall nach Prag nicht unterrichtet wurde. Erst am 21. März wurde Lipski von Ribbentrop empfangen. Dessen eigener Bericht über diese Unterhaltung lässt durchblicken, wie demütigend und herausfordernd er den Polen behandelte. Lipski hatte in diesem Gespräch angedeutet, Polen sei durch die deutsche Besetzung der Slowakei in die Zange genommen worden: "... rein realpolitisch müsse man zugeben, dass die Erklärung des Schutzverhältnisses nur als Schlag gegen Polen empfunden werden könne." Ribbentrops Antwort auf dieses Bedenken: "Ich wies Botschafter Lipski auf die Tatsache hin, dass die unabhängige slowakische Regierung Deutschland um seinen Schutz angerufen habe. Sicherlich sei die Erklärung des Schutzverhältnisses nicht gegen Polen gerichtet. Hierbei gab ich deutlich zu verstehen, dass man die Frage gemeinsam einmal beraten könne, falls das allgemeine deutsch-polnische Verhältnis eine befriedigende Entwicklung nähme. (Nr. 203). Um über das Wesentliche einer solchen "befriedigenden Entwicklung" keinen Zweifel zu lassen, wiederholte Ribbentrop zum Schluss des Gesprächs noch einmal mit unmissverständlichem Nachdruck den alten deutschen Vorschlag: "Der Führer ... sei der einzige deutsche Staatsmann, der einen endgültigen Verzicht auf den Korridor aussprechen könne. Voraussetzung hierfür sei aber die Rückkehr des rein deutschen Danzig zum Reich sowie die Schaffung einer exterritorialen Bahn- und Autoverbindung zwischen dem Reich und Ostpreussen." (Nr. 203). In den Tagen, die diesem Gespräch folgten, wird, dem Kommentar des Weissbuchs zufolge, Englands Schuld sichtbar, Polen zu einer deutschfeindlichen Haltung aufgestachelt zu haben. Als Beleg dient eine Reihe von Berichten, die deutsche diplomatische Beamte aus Polen und England an das deutsche Auswärtige Amt geschickt hat. Am 23. und 24. März wurden, nach Meldungen des deutschen Botschafters in Warschau und des deutschen Konsuls in Gdingen, in Polen drei bis vier Reservistenjahrgänge eingezogen (Nr. 204 und 205). Diese Einziehungen fanden demnach zwei bzw. drei Tage nach jenem Gespräch statt. In denselben Tagen liefen in Berlin laufend Berichte aus Warschau und London ein, die, offenbar auftragsgemäss, die Möglichkeit einer englischpolnischen Fühlungnahme erörterten. Am 22. März berichtete der deutsche Geschäftsträger aus London: "Soweit bisher abzusehen, hat Polen Bedenken gegen englischen Vorschlag." (Nr. 274). Am Tage darauf ergänzte er diese Nachricht: "Wie mir ein gut informierter hiesiger Diplomat bestätigt, hat Polen sich bisher nicht entschliessen können, die britischen Vorschläge anzunehmen. Massgebend für diese Haltung sei, abgesehen von dem grossen Misstrauen gegen eine Hilfeleistung durch Sowjet-Russland, die Erwägung, dass das Verhältnis zu Deutschland durch eine derartige Teilnahme unhaltbar werden würde und dass England und Frankreich im Falle eines deutschen Angriffs kaum in der Lage sein würden, Polen militärisch wirksam zu Hilfe zu kommen. Unter diesen Umständen scheine im Foreign Office der Konferenzgedanke wieder in den Vordergrund zu treten: Man hoffe, auf einer Viererkonferenz Polen wirksam unter Druck setzen zu können." (Nr.275). Am 24. März telegraphierte der deutsche Botschafter aus Warschau: "Bereits gemeldete Reservisteneinziehungen deuten darauf hin, dass militärische Kreise auf Leitung polnischer Aussenpolitik Einfluss gewinnen. ... Ueber englische Anregungen, deretwegen in letzten Tagen wiederholte Besuche des englischen Botschafters im hiesigen Aussenministerium stattgefunden haben, ist etwas Bestimmtes bisher nicht zu erfahren gewesen. Es lässt sich deshalb noch nicht beurteilen, ob etwa die polnischen Mobilmachungsmassnahmen durch diese englische Aktion beeinflusst worden sind. In diesem Zusammenhang scheint mir eine Aeusserung berichtenswert, die Unterstaatssekretär Arciszewski[48] hier einigen Diplomaten gegenüber getan hat. Unter abfälligen Bemerkungen über England und Frankreich, die immer wieder, ohne eigenes Risiko einzugehen, Polen für fremde Zwecke missbrauchen wollen, erklärte er, dass Polen sich niemals lediglich für die Interessen anderer Mächte schlagen werde. Auch sonst kann man nach den Richtlinien der Beckschen[49] Politik wohl annehmen, dass Polen sich nur ungern dazu bereit finden würde, in irgend eine generelle Kombination einzutreten oder sich in Aktionen verwickeln zu lassen, die es zwingen würden, seine Position vorzeitig und sichtbar festzulegen. Das bedeutet natürlich nicht, das Polen nicht zugreifen würde, wenn sich gelegentlich dieser Verhandlungen die Möglichkeit bieten sollte, feste Zusagen von englischer Seite zu erhalten, die seine Sicherheit erhöhen würden." (Nr. 206). Das einzig Sichere, was sich nach diesen Berichten über die englisch-polnischen Besprechungen sagen lässt, ist demnach die Tatsache, dass die Beziehungen zwischen beiden Regierungen in jenen Tagen noch sehr gespannt waren. Trotzdem fanden schon in dieser Zeit die polnischen Reservisteneinziehungen statt, die den Deutschen zu verstehen gaben, dass Polen die ihm gestellten Bedingungen nicht einfach schlucken wollte. Wenn es in denselben Tagen gelang, die englisch-polnische Verständigung jedenfalls soweit voranzubringen, dass die englische Regierung bald darauf ihre Garantie aussprach, dann zeigt das, dass hier plötzlich unter äusserem Druck die noch vorliegenden inneren Widerstände überwunden wurden. Dieser Druck ging aus von den Drohungen Ribbentrops, der am 21. März die Annahme der deutschen Danzig- und Korridor-Vorschläge zur Bedingung gemacht hatte für eine deutsch-polnische Besprechung der gespannten politischen Lage. Es ist nicht entscheidend, in welchem Zeitpunkt es zwischen den englischen und den polnischen Vertretern klar war, dass England seine Garantie geben werde. Wichtig ist aber - und das geht aus den vorgelegten Dokumenten hervor -, dass die englisch-polnische Verständigung die Antwort auf die deutlich angekündigte nächste deutsche Attacke war und dass [Seite im Original:] - 63 - sie den entschlossenen Versuch darstellte, den Angreifer zu stoppen. Am 26. März überreichte Lipski den ausführlichen polnischen Gegenvorschlag eines deutsch-polnischen Vertrags, in dem die deutschen Interessen an den Danziger Verhältnissen und am ungehinderten Verkehr mit Ostpreussen berücksichtigt werden sollten. Ribbentrop nahm dieses Memorandum sehr frostig auf: "Nachdem ich von dem Inhalt Kenntnis genommen hatte, erwiderte ich Botschafter Lipski, dass nach meiner persönlichen Auffassung die polnische Stellungnahme keine Basis für eine deutsch-polnische Lösung darstellen könne. Die einzig mögliche Lösung des Problems müsse in der Wiedervereinigung Danzigs mit dem Deutschen Reich und der Schaffung einer exterritorialen Auto- und Eisenbahnverbindung zwischen dem Reich und Ostpreussen bestehen. Herr Lipski entgegnete, er habe die unangenehme Pflicht, darauf hinzuweisen, dass jegliche weitere Verfolgung dieser deutschen Pläne, insbesondere, soweit sie eine Rückkehr Danzigs zum Reich beträfen, den Krieg mit Polen bedeute. ..." (Nr. 208). Die folgenden Tage brachten neue Gespräche und Meldungen in immer schärferem Ton. In diese bereits aufs höchste gespannte Situation fiel am 31. März die englische Garantie und, vier Wochen später, die deutsche Ungültigkeitserklärung des deutsch-polnischen Abkommens. Das deutsche Memorandum, das diese Kündigung bekannt geben und rechtfertigen sollte, sagt über die polnische Antwort: "Dass die Polnische Regierung selbst ihre Antwort nicht als geeignet ansah, eine freundschaftliche Verständigung anzubahnen, hat sie in ebenso überraschender wie drastischer Weise dadurch bewiesen, dass sie gleichzeitig mit der Antwort zu einer umfangreichen Teilmobilisierung ihrer Armee schritt. Mit dieser durch nichts gerechtfertigten Massnahme hat sie zugleich im voraus Sinn und Ziel der Verhandlungen gekennzeichnet, in die sie unmittelbar darauf mit der Britischen Regierung eingetreten ist. ..." (Nr. 213). Die deutsche Regierung gibt hier also selber zu, dass die polnische Ablehnung der deutschen Vorschläge der polnisch-englischen Verständigung voranging. Im April, als dieses Memorandum abgefasst wurde, war der Weissbuch-Kommentar vom Dezember offenbar noch nicht beschlossen worden. Darin heisst es nämlich: "Die erste Antwort Polens (auf das Gespräch mit Rippentrop am 21. März) bestand in einer Teilmobilisierung am 23. März und Truppenzusammenziehungen bei Danzig (No. 204, 205 und 207). Die Militärs gewannen steigenden Einfluss auf die Aussenpolitik. England hatte sich bereits eingeschaltet (Nr. 206). Polen konnte darauf rechnen, dass es in der englischen Einkreisungspolitik, die mit dem 17. März offne Formen angenommen hatte, eine entscheidende Rolle spielen werde und seinen Preis stellen konnte, wie im einzelnen aus dem zweiten Kapitel ersichtlich ist. Die zweite Antwort Polens, das Nein vom 26. März 1939 (Nr. 208, Anlage), wurde also unter dem Einfluss der englischen Rückendeckung ausgesprochen. ... Die gleiche Rede (gehalten von Chamberlain, am 10. Juli 1939) enthält auch das durchsichtige Spiel mit den Daten der deutschen Vorschläge vom 21. März, der polnischen Ablehnung vom 26. März und der englischen Garantieerklärung vom 31. März. Vorstehend ist an Hand der Dokumente Nr. 269 bis Nr. 279 bereits der Nachweis geführt worden, dass man es hier mit einem bewusst gefälschten Arrangement der Zeitpunkte und ihrer Hintergründe zu tun hat." Es genügt, die zitierten Dokumente (vor allem Nr. 206, 272 und 274) wirklich zu lesen, um zu sehen, wo die bewusste Fälschung liegt. Diese Quellen zeigen selber, dass die englische Garantie erst gegeben wurde, als die Polen vor der unverkennbaren deutschen Drohung standen und deshalb bereit waren, auf englische Vorschläge einzugehen. Darüber hinaus lässt schon diese eine Vorkriegsepisode erkennen - und dieser Eindruck vertieft sich bei vollständigem Studium des deutschen Weissbuchs -, dass der deutsch-polnische Konflikt vom Dritten Reich nach genau dem gleichen Rezept behandelt worden ist, nach dem Hitler seine bisherigen innen- und aussenpolitischen Erfolge erschlichen hatte: Das für später ausersehene Opfer wird zunächst so lange beruhigt, wie die Hitler-Regierung mit der Erledigung anderer Widersacher beschäftigt ist, bei der sie keine Störung wünscht. Erst dann, wenn sie die Hände für den nächsten Griff frei hat, werden die bereitgehaltenen Forderungen vorgelegt, bestehende Gegensätze geschürt und, wenn möglich, eine Stimmung geschaffen, die es der zuschauenden Umwelt leicht macht, den Angegriffenen seinem Schicksal zu überlassen. Im Konflikt mit Polen dienten dem zuletzt genannten Zweck die nicht abreissenden Streitfälle und Unruhen in den deutsch-polnischen Grenzgebieten und in Danzig. Das Weissbuch widmet fast die Hälfte seiner Seiten der Schilderung solcher Zusammenstösse. Diese sind begreiflicherweise durchweg als polnische Provokationen auffrisiert. Aber auch hier verrät das Weissbuch mehr, als es sagen will, nämlich viel von der aufreizenden Geschäftigkeit, mit der "Staat und Partei" ihre Finger im Spiel hatten, und von der Unverfrorenheit, mit der solche Greuelgeschichten zurechtgemacht wurden zu diplomatischer oder propagandistischer Verwendung. W. Reinhart: Aus dem Dritten Reich Gezauberte Bilanzen In einer Meldung des "Mülhauser Tagblatts"[50] wird in einer Polemik gegen Gerüchte von neuem erzählt, dass die "besten jungen Kräfte Deutschlands sich heute freiwillig am deutschen Freiheitskampf gegen Bolschewismus und Plutokratie beteiligen". Die schlagendste Widerlegung der angeblich anti-plutokratischen Gesinnung der Wirtschaftsführer des Dritten Reiches liefert eine deutsche Zeitung, die am 23. August unter der Ueberschrift "Gezauberte Bilanzen" folgenden Artikel veröffentlicht: "Wer sich in der heutigen Zeit mit Bilanzkunde [Seite im Original:] - 64 - befasst, kann wirklich etwas lernen. Es ist Hohe Schule der Bilanzierungskunst, die in gewissen Aufstockungsbilanzen gemäss der Dividenden-Abgabe-Verordnung vorexerziert wird. Demjenigen aber, der von Bilanzen nur einen blassen Schimmer hat, muss das, was da vor sich geht wie ein Wunder erscheinen. Er sieht den Generaldirektor als Zauberer vor sein Publikum, die Aktionäre, treten. Eine Weile fuchtelt er mit dem Zauberstab alias Rechenstift auf dem Tisch herum und dann sagt er: Aufgepasst, meine Herrschaften, wie Sie hier sehen - das Kapital ist verdoppelt. Auch Verdreifachung wird gezeigt. In der Tat wird in solchen Rechnungswerken die Dividendenbeschränkung, wie sie in der "DAZ"[51] "Dividendenoptik" genannt wurde, ausserordentlich optisch, man sieht sie im Bilanzbilde durch das Stereoskop, plastisch. Bilanzaktiva, wie Geräte und Maschinen, die seit vielen Jahren in der Bilanz mit 1 oder 2 RM "Erinnerungswert" ein unbeachtetes Dasein fristeten, quellen plötzlich zu 6 Millionen RM auf. Aus 1 macht der Mann 6 Millionen. Vielleicht könnte er auch 8 oder 10 Millionen daraus zaubern? Das kann man nicht wissen. Manchmal ist das Kunststück der Kapitalverdoppelung nur eine elegante Handbewegung bei den "unabgerechneten Bauten". Ein andermal zeigt der Künstler, wie schwer es ist und wie geschickt er sein muss: Hier tue ich zu den Warenforderungen 2 Millionen, zu den Konzernforderungen auch 2, macht 4, zu den Vorräten 6, und dann nehme ich von den hier liegenden Rücklagen 7. Voilà, das Kapital ist verdoppelt, und zugleich steht, wie Sie sehen, die ordentliche Reserve auf der gesetzlichen Höhe von 10 Proz. des Aktienkapitals. Solchen Eindruck können die beschriebenen Vorgänge, wie gesagt, nur bei jemandem erwecken, der vom Bilanzwesen nur einen blassen Schimmer hat. Dennoch ist es vielleicht nicht unberechtigt, sich ernstlich die Frage vorzulegen: Welchen Sinn hat die publizierte, die Handelsbilanz der AG, neben der es ja noch die nicht veröffentlichte, die Steuerbilanz gibt? (Wenn man nicht die noch weiter gehende Frage stellen will: Was ist eigentlich eine Aktie?) Jeder im Druck erscheinenden Bilanz, vor und nach der Aufstockung, bezeugt der Wirtschaftsprüfer, dass sie den gesetzlichen Vorschriften entspricht. Der Unterschied zwischen der Handels- und der Steuerbilanz ist wie zwischen bekleidet und nackt. Die Bekleidung ist aktienrechtlich sanktioniert. Auch für die Bilanzen gilt, dass es nicht geraten ist, sich öffentlich in unbekleidetem Zustand zu präsentieren. Sonst würde es der Konkurrenz allzu leicht sein, Mängel und Fehler aufzuspüren. Es ist auch der Zahlungsmoral nicht förderlich, wenn die Schuldner aus einer Bilanz erfahren, dass die Gesellschaft grosse Teile ihrer Forderung bereits abgeschrieben hat. Die jährliche Bewegung der Warenkonten, verglichen mit den Jahresgewinnen, würde Fingerzeige auf den Umsatz, auf die Rentabilität gewisser Produktionen bieten. Man könnte dahinter kommen, wo die Gesellschaft mehr oder weniger verdient und wo sie zusetzt. Innere Reserven der Handelsbilanz können auch vorteilhaft dazu dienen, unvorhergesehene Ausfälle, Verluste, stillschweigend auszugleichen, sie dienen somit dem Ansehen und Kredit. Das neue Aktienrecht hat nur bestimmte Missbräuche in den früher geübten Bilanzierungsmethoden abgestellt. Es ist jetzt Vorschrift, die rechte Bilanzseite, die Passiven, zu dekolletieren. Früher waren auch die Schulden ein beliebter Gegenstand der Verhüllung. Kreditoren, entkleidet, entpuppten sich zum Teil als Attrappen. Heute soll die innere Reserve vorschriftsmässig nur links getragen werden. ..." Aber der Eindruck, als wenn heute, nachdem das neue Aktiengesetz schon vier Jahre lang in Kraft ist, alles gut und schön sei - dieser Eindruck wäre absolut irreführend. Der Kampf gegen die "übermässigen" Profite wird im Dritten Reich nur vorgetäuscht. Anfang Mai 1941 schrieb die "Frankfurter Zeitung", nun seien schon drei Monate vergangen, seit der Preiskommissar über die Notwendigkeit eines Gewinnstops gesprochen hätte. Kein Wunder, sagte sie, dass dies so lange dauert. Man kann doch "nicht leicht sagen", was zum Beispiel ein "vernünftiger Profit" sei. Obwohl das Aktiengesetz vor vier Jahren erlassen wurde, um das "anonyme Kapital" zu klareren Abschlüssen zu nötigen, schreibt jetzt die Frankfurterin ganz offen, es gäbe noch immer, "ein gewisses Klärungsverlangen bei solchen Bilanzen, und zwar um so dringender, je beflissener verschiedene Gesellschaften und ganze Konzerne unter dem Schutzmantel (!) einzelner Vorschriften oder infolge ihrer dehnbaren Fassung dem Leitgedanken des Paragraphen 129, der Jahresabschluss sei klar und übersichtlich aufzustellen, ein Schnippchen schlagen.["] Zu erinnern sei, so meint die Zeitung, [,,]an die Verkünstelung des einst ziemlich allgemein festgestandenen Begriffs vom Reingewinn und an die Verbergung von Rücklagen". Auch was "Reingewinn" sei, wisse man nicht immer sehr genau. Und so hat man denn lustig immer weiter gemacht mit dem Einheimsen von Kriegsgewinnen und dem "Verbergen von Rücklagen". Um dem schlechten Eindruck zu begegnen, den heute hohe Dividenden in der Oeffentlichkeit erwecken, hat man dann am 21. Juni dieses Jahres die "Verordnung zur Begrenzung von Gewinnausschüttungen" erlassen, jene "Dividendenabgabeverordnung", auf die der Artikel: "Gezauberte Bilanzen" sich bezieht und die es ermöglicht, durch "Kapitalrektifikationen" die Beschränkung der Prozentsätze auszugleichen durch eine Ausdehnung der zur Ausschüttung verfügbaren Geldmenge. Es gab deutsche Gesellschaften, die in der Lage waren, ihr Kapital zu verdoppeln, zu verdrei- und sogar zu vervierfachen. Die "Berliner Börsen Zeitung" berichtete über 21 Gesellschaften, von denen zwei ihr Kapital verdreifacht haben, und die anstatt 15%, wie im vorigen Jahr, 5% in diesem Jahr zahlen - das Gleiche also! Neun Gesellschaften haben ihr Kapital verdoppelt; auch sie zahlen, entsprechend modifiziert, die gleiche Dividende. Alle haben dabei auf eine Weise manipuliert, wie der Schreiber der "Gezauberten Bilanzen" andeutet. - Die bekannte Nähmaschinen-Fabrik G.M. Pfaff AG[52] hat ihr Kapital von vier auf sechzehn Millionen erhöht. Sie kann sich deshalb dieses Jahr mit einer Dividende von drei Prozent begnügen, um doch auf die gleiche Summe zu kommen, die sie im vorigen Jahr mit zwölf Prozent erreichte. [Seite im Original:] - 65 - Radiohören Wenn nur wenige Deutsche das Londoner Radio hörten, würden sicher weder Goebbels noch grosse deutsche Zeitungen über diese Sendungen ein Wort verlieren. Statt dessen sehen sie sich sogar genötigt, auf einzelne Vorträge zu antworten. So hat z.B. in jüngster Zeit einige Male P. Gordon Walker[53] in seinen Reden an die deutschen Arbeiter betont, dass kein verantwortlicher Engländer oder Amerikaner je gesagt hätte, dass Deutschland zerstückelt werden sollte. Jetzt schreibt ein Dr. Kopper[54] im "Völkischen Beobachter"[55], in der Tat könnte man so etwas auch nicht behaupten. Man müsste indessen "zwischen den Zeilen" lesen, und zwar zwischen den Zeilen der Reden von Churchill, Eden, Duff Cooper[56] und Attlee[57]. Da er nicht angibt, zwischen den Zeilen welcher Reden man jene für die Nazi-Propaganda so wichtigen Aeusserungen finden könnte, ist also klar, dass er sie auch nicht weiss. Selbstverständlich werden auch deutsche Leser auf diesen Schluss kommen, sodass man dem "Völkischen Beobachter" dankbar sein muss, dass er die Propaganda der BBC auf eine so wirksame Weise nicht nur verbreitet, sondern auch betont unterstützt. Grossdeutschland Für manche Deutsche ist der Ueberfall auf die Sowjet-Union offenbar als ein blosser Versuch der "grossdeutschen" Erweiterung zu betrachten - entsprechend Hitlers Ankündigungen in seinem "Kampf", der Drang nach Osten sei die eigentliche Richtung der deutschen Expansion. In den "Münchner Neuesten Nachrichten"[58] zeigt ein Herr Bankdirektor von Rintelen[59] den Tod seines Sohnes an, der in Russland "für Grossdeutschland gefallen" ist. Juden erwünscht In Deutschland sind die Arbeiter knapp, deshalb hat man allen Juden zwischen 18 und 45 Jahren, auch den Frauen, verboten, das Land zu verlassen. - Wo es um Geld geht, wird, die Rassenfrage vertagt. Unruhe Aus Frankreich ist eine Menge von Gestapo-Beamten nach Deutschland zurückversetzt worden, weil die Unruhe in Deutschland zugenommen hat. Es gab z.B. in Berlin Ansammlungen von Frauen, die gegen die schlechte Lebensmittelversorgung und den Krieg protestierten. Als die Polizei eine solche Ansammlung unter Anwendung ziemlich heftiger Gewalt auseinander trieb, befand sich ein bekannter ausländischer Industrieller in der Nähe. Er fragte die Frauen, was los sei. Als er in sein Hotel zurückkam, wurde er von einem Gestapo-Beamten angehalten, der ihn fragte, worüber er sich mit den Frauen unterhalten hätte. Der Mann gab das Gespräch ungefähr wieder. Daraufhin forderte der Beamte ihn auf, noch am gleichen Tage Deutschland zu verlassen. Der Protest des Mannes, er habe am nächsten Tag in Berlin eine wichtige Sitzung mit deutschen führenden Leuten, blieb erfolglos. Er musste noch am gleichen Tag Deutschland verlassen. Bei Absperrungen in Berlin, zu denen man früher 5 Polizisten verwandt hat, werden jetzt 50 benötigt. Als Gerücht wird sogar verbreitet, dass man auf die Bevölkerung bei solchen Gelegenheiten schon scharf geschossen hätte. Arbeiterinnen in einem kriegswichtigen Betrieb in Essen, in dem auch französische Kriegsgefangene beschäftigt werden, haben planmässig die Plakate abgenommen, auf denen ihnen verboten wurde, mit französischen Gefangenen zu sprechen. Potemkin Französische Offiziere, die aus der Kriegsgefangenschaft entlassen wurden, erzählen, die Deutschen hätten sich sehr bemüht, ihnen die Erinnerung an Deutschland so angenehm wie möglich zu gestalten. Sie wurden in den besten Hotels (in Wiesbaden und Mainz) untergebracht und hatten volle Bewegungsfreiheit (!). Man fragte sie allerdings immer wieder, ob es nicht wahr sei, dass sie nur die besten Eindrücke vom neuen Deutschland in ihre Heimat mitnehmen könnten. Die Offiziere erzählten, es sei ihnen infolge des Warenmangels nicht möglich gewesen, etwas einzukaufen, obwohl sie Geld gehabt hätten. Selbst die im besetzten Frankreich nicht üppigen Warenauslagen fanden sie reichhaltig im Vergleich mit dem, was sie in Wiesbaden und Mainz gefunden hatten. Die Eisenbahn, die zum Hafen von Kiel führt, ist seit einiger Zeit getarnt: Man hat eine Attrappen-Eisenbahnspur angelegt, um die englischen Piloten irrezuführen. Ernte An der Schweizer Rheingrenze nach Deutschland, zwischen Bodensee und Graubünden, sind die landwirtschaftlichen Arbeiten sehr im Rückstand. Als auf schweizerischer Seite die Heuernte längst beendet war, stand das Gras auf deutscher Seite ungemäht und verdorrte. Die Verspätung wurde erst einigermassen aufgeholt, als man den Bauern serbische Kriegsgefangene zur Hilfe schickte. Alldeutschland Im Jahre 1907 erschien in der Deutschen Verlagsanstalt[60], Stuttgart, ein Buch: "Berlin - Bagdad. Das deutsche Weltreich im Zeitalter der Luftschiffahrt". Verfasser war der Regierungsrat im Kaiserlichen Reichsamt des Innern, Rudolf Martin[61]. Das Buch schildert eine Anzahl kurzer Blitzkriege der nachfolgenden Jahrzehnte, in denen Deutschland teils nur durch Drohung und teils durch Einsatz seiner 30.000 Flugzeuge und seiner Luftlandetruppen Eroberungen macht. Das Buch prophezeit neben andern Dingen die Teilung Belgiens, die Uebergabe Marokkos an Deutschland und die Errichtung deutscher Luftbasen in Niederländisch Indien. Nach Martins Buch erklärt das Deutsche Reich der "Sozialistischen Republik" Russland am 19. April 1916 den Krieg. Der deutsche Reichskanzler sagt dazu einleitend: "Seit Monaten bemühten wir uns, mit Russland in ein erträglicheres Verhältnis zu gelangen. ... Schändliche Verletzung der Völker- und Menschenrechte. ... Heute repräsentieren wir das ganze aufgebrachte Europa gegen die Wildheit der russischen Soldateska. Wir verteidigen die europäische Zivilisation gegen die asiatische Barbarei." Nach dem Buch erklärt der Chef des deutschen Generalstabes, das rote Russland habe 3 Millionen [Seite im Original:] - 66 - Mann an Deutschlands Grenze massiert. Er schätzt die Feldzugsdauer auf drei Wochen. Mit Hilfe der Luftflotte verläuft der Krieg "plangemäss", und im nachfolgenden Frieden werden Petersburg und Kiev deutsch. Die Türkei bekommt Südrussland und stellt sich unter deutsche Oberhoheit; Deutschland baut eine strategische Bahn durch die Türkei. Bierleiter Gaukel[62] Die Neuordnung des Dritten Reiches hat überall die gleichen Reaktionen der tyrannisierten Bevölkerung hervorgerufen, der man einreden will, die unerträglichen Zwangsmassnahmen geschähen nur in ihrem eigenen Interesse. In Lothringen zeigte sich nur wieder dasselbe, was unter anderem aus einer Rede des famosen Herrn Bürckel[63] hervorgeht, der besonders zur Betörung der Arbeiter eingesetzt wird. Am 1. Mai dieses Jahres hatte er einige politische Schutzhäftlinge aus der Haft befreit, weil er hoffte, sich so einen guten Namen machen zu können. Aber die Lothringer haben offenbar gemerkt, wes Ungeistes Kind Herr Bürckel ist, und haben sich dementsprechend verhalten. Und da zeigte sich denn der Korporalsgeist Bürckels sehr deutlich. Wir zitieren hier seine Rede, die er vor einigen Wochen in Metz hielt: "Erfreulicherweise hat sich in einer Reihe von Gemeinden die Jugend hundertprozentig zur Musterung (für den Arbeitsdienst) gemeldet. ... Ein wenn auch ganz geringer Teil der jungen Lothringer hat es vorgezogen, bei Nacht und Nebel die Grenze zu überschreiten, um sich hier dieser Aufbaupflicht zu entziehen. ... So kann das nicht gehen. Die Eltern tragen die Verantwortung für die Jugend, und ich bin überzeugt, dass in allen Fällen die Eltern mit dem Verhalten ihrer Jungen einverstanden sind. Trotzdem gebe ich die Möglichkeit, diese Dinge noch zu reparieren. Wenn diese paar Jungen bis zum 15. August zurückgekehrt sind, so wird auch auf die Versetzung ihrer Eltern ins Reichsinnere verzichtet. Andernfalls werden die Betreffenden am 16. August die Reise ins Reich antreten. ... An der Grenze müssen zuverlässige Leute wohnen. ... Politische Aktionen, wie die der Umsiedlungen, die als rein politische Massnahmen zu betrachten sind, werden unterbleiben." Es werden also erstens die Eltern der Jugendlichen für deren Taten bestraft, und zwar mit der Deportation in ein Land, dessen Sprache sie oft nicht mal verstehen. Es werden also zweitens doch politische Umsiedlungen vorgenommen, da "an der Grenze nur zuverlässige Leute" wohnen sollen. Und es sind drittens erfreuliche Anzeichen vorhanden, dass man die Deutschen mit ihrer Knappheit an Arbeitskräften möglichst aufsitzen lässt. Und viele Anzeichen deuten darauf hin, dass die Schwierigkeiten, denen sich die Deutschem dort gegenüber sehen, nicht nur spontan auftretende Missfallenskundgebungen der Bevölkerung darstellen, sondern organisiert sind. G. F. Green: New Lamps for Old. Anglo-American responsibilities Shorn of all the glamour with which it has been surrounded, the mid-ocean meeting between Mr. Churchill and the President of the United States of America will still rank as one of the major incidents of the war against Hitler. The Eight Points to which those statesmen have put their signatures can make the Atlantic Charter as significant an historical document as the Bill of Rights and Magna Charta. Everything will depend upon the interpretation which is put upon them when the post-war settlement is in the making. Meanwhile the working out of the detailed application of the Eight Points has been remitted to an Inter-Allied Commission. The form of words, however, is less important than the Spirit which underlies them, and many people are asking if the spirit behind the Atlantic Charter is one which is really determined to rid the world of the spectres of war and famine for a long time to come. There appear to be four main propositions covered by the Eight Points which suggest that both Mr. Roosevelt and Mr. Churchill are genuinely concerned to avoid past follies being repeated. These four propositions are: 1. German militarism to be rooted out. 2. The grinding poverty, which was a factor in producing the war, to be relieved. 3. Europe to be knit together in a healthy economic unit. 4. Britain with the U.S.A. to guarantee the world against war in the Future. There will be found a large measure of agreement even amongst German nationals about the necessity for rooting out ruthlessly the last vestige of Prussian militarism which from the days of Bismarck has brought naught but destruction to Europe. Whatever may have been the contributions from other sources it cannot be denied that Europe's misery has flowed mainly from German militarists' ambitions to conquer and rule by the sword. It will also be widely recognised how important it is for the future security of Europe that the work for Germany's regeneration should be put in hand as quickly and as smoothly as possible after Hitler has been defeated by the Allied Powers. Therefore, when his power, and that of the German military clique has been broken it will be necessary to ensure that no time lag is permitted during which irresponsible elements and charlatans may exploit the Situation. At the same time the actual building up of the new Germany to qualify her ultimately to take her place as an equal in the contemplated European system must be the work of German nationals who accept and will loyally adhere to the principles which must be generally accepted by Eurasia if peace and the right of all to live are to be guaranteed in the future. Until these tasks have been accomplished the new German Government will require the protection and support of an outside Power or group of Powers with clean intentions. It would be a big mistake to think that the regeneration of Germany will be easily achieved. If it is to succeed it will be necessary for the outside Powers to do more than to avoid a revengeful peace. The new European order from which Germany will be compelled to take her directives must itself reflect a degree of political morality [Seite im Original:] - 67 - far higher than any which has been in evidence before. It would appear from the second main proposition - the abolition of poverty and unemployment - that the avoidance of chaos in the immediate post-war period and the guaranteeing of peace thereafter is recognised as being in large part a matter of economic readjustment. The Basis on which it is to be organised is no doubt one of the many questions which will have to be worked upon by the Inter-Allied Commission. It will be obvious to most readers that the path to agreement on the national and international economic reforms that are necessary to avoid another catastrophic crisis like that which was the forerunner of the present war will not be an easy one. There is no lack of competent economists and sociologists who can be trusted to work out sound plans for reconstruction. Indeed, various institutions - official and other - have already done much preparatory work. But the measure of agreement on what is practicable will depend finally on the understanding, goodwill and statesmanship of the recognised representatives of the Governments participating in the peace settlement. The choice is not a wide one. At best the economic solution which emerges can reflect the right to equal opportunity to earn a living which ought-to be guaranteed to every citizen whatever his country. At worst it can provide an elaborate scheme to preserve the economic relationships prevailing before the war with some minor adjustments to prevent large scale unemployment for a period of say ten to twenty years. The probability is that the ultimate settlement will be a compromise on lines somewhere between these two extremes. Unless the European Powers are prepared, when their freedom from Hitler's yoke is won, to favour economic measures which will have the effect of ironing out the worst inequalities which existed before the war, the extent of international co-operation for the preservation of peace will not be impressive. If, for example, the representatives of the emigré Governments who sit in the future Peace Conference are drawn from those elements whose only quarrel with Hitler is that he overran their country the subsequent hopes for peace will receive short shrift. A European Federation called into existence to outlaw war and to organise the maximum beneficial cooperation in the economic sphere would have a brief life if it admitted even a few Governments to membership which were unprepared to assure elementary and necessary economic and political rights to their own nationals. Thus it will be seen that although there is everything to be said for allowing Europe to compose its own political and economic structure the British and American Governments cannot sidestep a certain responsibility for ensuring that the power is not placed initially in the hands of men whose difference from Hitler is only one of uniform. On the other hand for Britain and America to seek to dictate a settlement for Europe would also be a great mistake. No doubt peace could be assured for some time in this way. But peace can be found in a graveyard. It is not only peace which Europe needs but the right also to live; on terms of equality. Therefore, when we come to the fourth proposition of the Atlantic Treaty under which Britain and the U.S.A. propose to guarantee world peace it can be understood if Europeans are interested in knowing more of these intentions - or more precisely of British intentions. After some centuries of British balance of power policy which was aimed at disintegrating the Continent it is a little breathtaking to Europeans to find a Britain aiming at the integration of the Continent. There seems to be no reason for doubting the genuineness of the statement that neither Britain nor the U.S.A. are anxious to acquire new territories. Even before the war her most devastating critics never suggested that Britain was pursuing an expansionist policy. But none can doubt that the role she has played in world affairs in recent years has been mischievous to the nth degree. It will not be lightly forgotten that it was British hands that helped to yoke Hitler's regime on the German people; that Italy's attack on Abyssinia was not only tolerated but encouraged by British statesmen; that it was British leadership which helped to put Franco into power; and that Japan's attack on China was condoned by British representatives at Geneva. The retributive hand of circumstance has smitten the British people sorely since. It only requires Spain and Japan to enter the lists against the Allied Powers to emphasise how utterly wrong has been the policy pursued by Britain up to the eve of war. It is not difficult to foresee how the historian will judge the past two decades. Nor would it be too much to say that the course of British policy was pursued in defiance of the desires and interests of the British people as a whole. It was a policy which subserved the interests of a relatively small section whose outspoken approval of Hitler's form of Government was not abated until war was declared. Proposals to attune British policy in the future to high principles are liable therefore to be received by many Europeans with some scepticism. Indeed, even British periodicals like the "Economist" (August 23rd, 1941) discern inconsistencies in the Atlantic Charter of sufficient gravity to make them welcome it with reserve. If it were proposed to favour the coordination of Europe only to Balance one continent against another to suit British and American interests it could be said with justice that the Eight Points were no more than a cheapjack's cry of "New Lamps for Old." It seems axiomatic to us that Britain must, in order to guarantee peace and security in Europe, abandon balance of power policy and in partnership with the U.S.A. underwrite a new experiment in lawmaking for the whole world. The acceptance of such international obligations implies the abandonment in the most important particulars of any claims to national sovereignty. Any idea that there is to be one law for Britain and the U.S.A. and another for the European nations must be dismissed as untenable. The size and power of a nation should not determine its status before an international court of law. Deferential treatment would excite once more all the evils of power politics; breeding contempt, hatred, conspiracy [Seite im Original:] - 68 - and all other elements which make for the destruction of world order. Thirdly it would not be leadership of the quality necessary to-day which does not impose an others what it is not disposed to accept for itself. It cannot be denied that for Britain to abandon her old balance of Power policy would be a revolutionary step. If we were quite frank about it, we should have to agree that it would be more satisfactory if Britain's commitments under any international system for securing world peace were taken out of the sphere of Party politics or merely national or sectional interests. Those of her representatives who served an international bodies would have to be made independent of the will of particular governments or corporations which function as shadow governments. It is conceivable that constitutional amendments would also be required to ensure that there would be no contracting out of international commitments. It must be recognised, too, that if Britain and the U.S.A. are anxious to guarantee the right of all nations to self-determination subject to the over-riding limitations of their international obligations, the whole field of imperial relationships must become subject to the surveillance and control of an international jurisdiction. Viewed from the vantage point of those with no axe to grind, these are but the logical deductions to be drawn from the Eight Points of the Atlantic Charter. To men of high principle, the mere profession of what ought to be done is synonymous with what will be done. Lesser men who pay only lip service to principles will be more concerned to secure that the Interpretation of principles is made to harmonise with their vested interests. We can be reasonably certain that when the time comes for discussing an actual peace settlement, the representatives of vested interests will strive their utmost to secure the greatest influence. But there are occasions in the life of nations when a decision is called for which involves a sacrifice of narrow sectional and national interests out of consideration for things of greater moment. Those are the occasions when men prove their qualities for statesmanship: the significance of their culture and the purity of their will to legislate an behalf of humanity. The post-war settlement will give one such opportunity. The responsibility for making the right decisions will not rest wholly on the shoulders of the representatives of any one country. But those of Britain and the United States of America will take a large share of it, because the world is looking to them for leadership. Have they but the right conceptions in mind and the high resolve to carry them out undeviatingly, uninfluenced by base considerations or corrupt pressure, the world's future will be in good hands. L.R.[64] Self-Portrait of a traitor Last year when the Belgian resistance broke down Henry de Man[65], President of the Belgian Workers' Party, made the following proclamation with which he buried the Workers' Party (printed in "Le Soir"[66], Friday, July 5th, 1940): "Under the present circumstances your president can consult nobody but his own conscience to give you an answer when you ask him for advice. The officer who is left alone at his fighting post has not the right to seek shelter behind the desertion of the others; it is on the contrary his duty to take the command with the whole responsibility which it entails. The function of a commander is not to follow his troops but to march in front of them, showing them the way. This is what I ask you to do: Remain loyal to the interests with which you have been entrusted. Be watchful over the welfare of your members that your work functions well and that you fulfil your administrative obligations. Fight in the front ranks of those who fight against misery and demoralisation for the return to work and a normal life. Do not think that we must resist the occupying enemy; accept the fact of his victory and try to learn from it to make the beginning of a new social process. The war has brought about the ,,disaster of the parliamentary system and of the capitalist plutocracy in the so called democracies. For the working classes and for socialism this collapse of a decrepit world is - far from being a disaster - a liberation. In spite of all defeats, sufferings and disillusions we had to endure the way is free for two aims which embody the aspirations of the nation: European Peace and social justice. Peace could not come as long as sovereign nations and competing empires existed; it can come from a Europe united by arms in which the economic frontiers have been abolished. Social justice could not come from a so-called democratic government in which in reality the plutocrats and professional politicians ruled; or from a government which became more and more incapable of any bold initiative or any serious reforms. It can be created by a government in which the power of the State is strong enough to overthrow the privileges of the propertied class and replace unemployment by the obligation to work. For many years the warmongers have kept secret from you the fact that in spite of being strange to our mentality this regime has reduced the class differences much more efficiently than the so-called democracies in which the capitalists continued to make the laws. Since then everybody has been able to state that the superior morale of the German army is in great part due to the greater unity and to the prestige which the authorities derive from it. On the other hand the plutocracies have given us the spectacle of authorities leaving their posts and of the rich crossing the frontiers in their cars without bothering about what would happen to the masses. The democratic governments who have tied up their fate with the victory of their arms have accepted beforehand the verdict of the war. This verdict is clear. It condemns the governments in which talks replace deeds, where responsibilities dissolve in the mere talk of assemblies, where the slogan of personal freedom is used as a cloak for selfishness. It calls for a time in which a vanguard preferring a dangerous and quick life to an easy and slow one and looking for responsibilities instead of fleeing from them will build up a new world. In this world the spirit of community will prevail over the selfishness of the classes and work will be the only source of dignity and Power. Here the social order will be realised not as the property of one class or one Party but for the benefit of all under the emblem of national solidarity which will soon be continental and even worldwide. So let us continue with our economic activities but let us consider the task of the Workers' Party as finished. This work has been fertile and glorious but now another mission is awaiting you. Be prepared to enter the ranks of a movement of national resurrection which will comprise all the living forces of the nation, of the youth, of the old fighters in a single party, the Party of the Belgian Nation, united through their loyalty to their King and by their will to realise the sovereignty of labour." Henry de Man [Seite im Original:] - 69- Many a large and influential organisation of the socialist workers gave way to the Nazis without any resistance. Henry de Man's capitulation surpasses all other breakdowns of this kind by his demonstration of voluntary support of the conqueror. Already once, in 1919, de Man felt obliged to justify in public a radical change of his political attitude. He did this by publishing a book with the pretentious title: "The Remaking of a Mind".[67] However, he very soon withdrew it as far as possible from sale. The aim of this book was to explain the changes of his mind which took place during the four years of the great-war. The picture which it gives us does not fulfil the claim of the title. The real change happens actually in a single day, August 3rd, 1914, when the former anti-militarist volunteers for the frontlines of the Belgian army. It is not his character or his ideas which are changed, but only his behaviour. Although quite a part of the book consists of arguments to prove a change of his convictions and to justify this change already the first pages of the book disclose how little such arguments actually mean to him: "But I hope it will be clear to the reader by now that I am trying to explain my actions not so much by intellectual reasoning as by the impulses which determined them. Reasoning served mostly to test the strength of impulses, to sift them and summon up other impulses to counteract those that appeared hostile to my general purpose. Therefore, to comprehend my attitude in August, 1914, and later, a detailed preliminary description of my political views and ideals is as irrelevant as an understanding of the temperamental impulses which led to them is essential." (Page 20). It is not astonishing therefore that the argumentations never go deep and that, as de Man confesses himself, they never touched or shook his attitude towards the war. These thoughts are interesting not as an explanation of his attitude at that time, but because of their contrast to his manifesto of 1940. This is what he says: "The autocratic form of government and the aggressive militarism of the Central Empires together with the lack of disposition on the part of their peoples effectively to oppose this system, made the victory of these powers incompatible with the Progress of any movement which requires political freedom, democracy and peace for its normal development." (Page 96). "Some of the friends I had in pre-war Germany may condescend to excuse me for having taken up arms against them, but if I am to judge by what their papers wrote at the time, I am afraid they will never forgive that in June, 1917, in an address to Russian soldiers, I spoke of the German people as having `souls of slaves'. Yet everything I see happening in Germany up to this day, even in the German Republic by the Grace of Foch, convinces me more and more of the truth of what I said then, namely, that in a country so void of democratic traditions and revolutionary spirit as Germany, people do not even understand the meaning of a freedom which they have never tasted. There are quite a few Germans who have realised that too, and said it less politely, though perhaps more adequately. Heine calls a spade when he says:
And finally a passage of a fetter to Louis de Brouckère[68] of August, 1916: "I can see quite plainly that this war is merely a struggle between two imperialistic groups; but I see equally plainly that one of these two groups is much more guilty, and above all, much more dangerous than the other ... Germany must not win this war. A victorious Germany would be the worst of all possible disasters, for the German people themselves, as well as for the whole world. German militarism must be defeated. ... Well, then, at the present time, and as far as I am concerned, I cannot think of any other possible use of life than the fulfilment of military duty with the maximum of fighting efficiency obtainable." (Page 215 ff.). As de Man says himself: For the understanding of his attitude at this time his impulses and instincts are of a far greater importance than such arguments. He gives us a full description of the scale of his feelings, which range from a hurt feeling for right to the brutal "joy of killing". He says that it was not an intoxication of patriotism that incited him to join the army: "It was a much more exalted feeling than that due to the consciousness that Belgium had been forced into war by the unprovoked attack of an enemy twenty times her superior, with the aggravating circumstance that she sacrificed herself for the sake of loyalty to a pledge. There was a decisive impulse at last! I felt such an overmastering movement of repulsion against cowardly brutality, of active sympathy with the victim of an unprovoked aggression, of instinctive desire to share the sacrifice of those who willingly gave up everything for honour's sake, of admiration for the little plucky one against the big brute, that I could not doubt a minute that this call came from what was good and true in me, and had to be obeyed." (Page 50). "The first three or four months of the war were a period of purely animal life, void of all thinking. ... The actual hardships were terrible, much more so than anything that happened to any army since. ... Yet these months were one of the happiest times of my life. This was mostly due to purely physiological reasons: the joy of open-air life, of continuous exercise and the exhilaration of physical adventure. Add to this the happiness of comradeship, the novelty and freedom of our unconventional life, and the smiling, fatalistic thoughtlessness created by constant danger under continuously varying circumstances. I felt like a boy of fifteen throughout. ... My native instincts and my bodily constitution are those of a rancher, of a hunter - or of a soldier. I felt unspeakable delight at having at last struck a way of living that suited these fundamental instincts. Some of the happy carelessness of those days may also have been due to the certainty that, by obeying a good impulse - and the happiness attained thereby proved that it was good - [Seite im Original:] - 70 - I relieved myself of the burden of self-questioning." (Page 61 f.). "You could see one of our men come limping from an attack with a bandaged leg, his face still pale, his lips still blue and tightly pressed, his eyes still bloodshot with the intensity of his fury. This man has lived for an hour, perhaps, with no other desire than to kill Germans, to kill them with his bayonet rather than with a bullet, to kill them by crashing their brains out with his rifle-butt rather than by pushing his bayonet through their body, to kill them with the nails of his fingers or his teeth through their throat rather than with his rifle-butt - and the accomplishment of the desire was more imperious to him than the fear of being killed himself, than pity for a human life, than any other thing in the world." This soldier may be full of sympathy and helpful to a German prisoner immediately after such a fight. "It filled me with gratitude to the Power that, through the darkest night of hatred, allowed some sparks from the glowing fire of human kindness to remain alight. And yet, I, too, have often wished I could use my finger-nails or my teeth instead of my bayonet. This I am not ashamed to admit. It is what hatred means and it is this sort of hatred, made of the elementary impulses I have just mentioned, which makes soldiers fight, and which I have called a military necessity. ... I confess to have felt this hatred, and to have fostered it with my men, and I have no other excuse to offer than that it was a necessary part of doing my duty as a soldier and as an officer. This is one of the very reasons why I hate war. I have fought in this war because I thought it had to be done to make a lasting peace possible. And I thank God that I have been able to cleanse my soul from that hatred as soon as fighting ceased to be a duty." (Page 169 ff.). The following terrible description shows how little these last words agree with an honest knowledge of himself. (At that time de Man was a trench mortar officer.) "One day, after expending a few rounds on finding the range, I secured a direct bit on an enemy emplacement, saw bodies or Parts of bodies go up in the air, and heard the desperate yelling of the wounded or the runaways. I had to confess to myself that it was one of the happiest moments of my life. `You didn't half look funny when we sent them Boches up, lieutenant', said my observing signaller as he sat down, rubbing his hands contentedly, to a mug of coffee in my dugout. `Gosh! didn't you turn pale, and didn't you yell - almost as loud as them Fritzes themselves what runned away!' The fellow was right, and made me feel ashamed that I had broken my golden rule never to show emotion to my men. But then, as I recollected those minutes so crowded with thoughts and events that they leave a man exhausted of nervous strength, I realised that I had yelled with delight, that I could have wept with joy and if I had dared to, kissed the man next to me, who was as excited as I. What are the satisfactions of scientific research, of a successful public activity, of authority, of love, compared with this ecstatic minute when you see how your brains, your nerves, your careful nursing of the killing machine entrusted to you have given you this power to take life away from those who are striving to take it away from you! Oh, how tame and petty seems ordinary life in comparison with this! If I could only obey the will of my animal instinct, I would this very day start on a journey of ten thousand miles if by so doing I might enjoy something analogous to a `direct hit' and revive the rapture of those voluptuous seconds." (Page 198 f.). Having read about such experiences what shall we make of de Man's Statement: "I had but two days of real happiness at the front" (Page 223), namely, the two days when Wilson's programme was made known in January, 1918, and when Russian Czardom was overthrown? We cannot help wondering how it is possible that someone who is capable of moral conceptions can indulge without any inhibitions in his brutal instincts and afterwards try to find a moral justification. We get a key to this psychological process if we read what de Man writes about his ideas of Ethics: "Sound ethics must aim at making mankind fitter to live. This can only be achieved by social progress, that is to say, by evolving forms of human organisation and civilisation which are better adapted to assist human society in its struggle with hostile forces of nature. History teaches us that this evolution is not a logical, but a dialectical process. I mean, it is realised, not by straight linear development starting from one cause towards one aim, but by a continuous struggle between individuals, classes, tribes, nations and ideals. Progress consists in the victory of the form of organisation adapted to the fulfilment of human needs under given natural circumstances and to the development of material and moral resources. Wars, like revolutions, racial, class and religious conflicts, have been one of the agencies through which this dialectical process is accomplished." (Page 13). This opportunism links up the deeds of the former anti-militarist with those of the slaughterer in the great war and those of the present admirer of Nazi-barbarism. The principles of these "ethics" are the same as those with which Hitler-Germany declares: Right is what is useful for the German people. As soon as one recognises this similarity it is understandable that his methods of fighting are also the same as those of the German Nazis. Judged by his mentality Henry de Man was - at the time when he wrote his book - already a Nazi.[69] [Seite im Original:] - 71 - Books "Darkness at Noon." Arthur Koestler[70] führt seinen Roman[71] mit der knappen Vorbemerkung ein: "Die Personen dieses Buches sind erdacht. Die historischen Verhältnisse, die ihre Handlungen bestimmen, sind wirklich. Das Leben des Mannes Rubashov ist eine Synthese aus den Leben einer Reihe von Männern, die Opfer der sogenannten Moskauer Prozesse wurden. Einige von ihnen waren dem Verfasser persönlich bekannt. Dieses Buch ist ihrem Andenken gewidmet." Das Buch erfüllt seine Aufgabe, indem es auf die Frage antwortet, was die alten Kämpfer der russischen Revolution zu ihren erniedrigenden und unwahren Geständnissen habe bewegen können. Dabei fällt zugleich Licht auf das Handeln auch der Männer, die solche Geständnisse von ihren früheren Kampfgenossen erpressten. Der Roman schildert die letzten Lebenswochen des ehemaligen Volkskommissars Rubashov von dem Augenblick seiner Einlieferung ins Sowjet-Gefängnis bis zu dem seiner Erschiessung in dessen Kellern. Er lässt den Leser die Kämpfe miterleben, die Rubashov in diesen Wochen mit sich selber, seinen Erinnerungen und mit den beiden ihn verhörenden Kommissaren ausficht, bis er kapituliert, öffentlich die ihm vorgelegten Anschuldigungen anerkennt, die ihm zugeschriebene konterrevolutionäre Gesinnung zugibt und bereut und in den Tod geht - in den sinnlosen Abschluss eines sinnlos gewordenen Lebens. Die Geschichte Rubashovs und seiner Gegenspieler ist die Geschichte der mörderischen Wirkungen einer nihilistischen Denkweise, die sich aus dem Umgang mit der Doktrin des dialektischen Materialismus entwickelt hat und darauf hinausläuft, jeder sittlichen Anschauung, ja genau genommen überhaupt jeder Ueberzeugung die Berechtigung abzusprechen. Rubashov und die ihn zur Kapitulation treibenden Kommissare folgen in ihrem Denken und Handeln den gleichen Lehrsätzen: Das Ziel rechtfertigt die Mittel, jedes Mittel. Dieses Ziel ist uns von der Geschichte vorgeschrieben, und die ist a priori unmoralisch; sie hat kein Gewissen. Wer für ihr Ziel arbeitet, wirft allen ethischen Ballast von sich. "Unser einziges Prinzip ist das der konsequenten Logik." Im Namen dieser Anschauungen hat Rubashov selber an den sogenannten Säuberungsaktionen der Komintern teilgenommen. Er hat kommunistische Genossen der Gestapo ausgeliefert oder durch Denunziation zum Selbstmord getrieben, wenn sie sich den opportunistischen Wendungen der Parteiparolen nicht fügen wollten. Er hat Aufträge dieser Art auch dann noch durchgeführt, als die Ermordung und Diffamierung alter Parteifreunde und die erpressten Geständnisse anderer ihm selber den Aufenthalt in Russland unerträglich machten. Er hat, wenn auch erst auf ein Ultimatum der Parteileitung hin, ein anti-oppositionelles Treuebekenntnis abgegeben, das, wie er wusste, für seine nächste, ihm blind ergebene Mitarbeiterin das Todesurteil bedeutete. Im Namen derselben Anschauungen bearbeiten ihn nun die beiden Kommissare Ivanov und Gletkin um ihn zur öffentlichen Kapitulation zu bewegen. Rubashov spürt die geistige Verwandtschaft, die ihn mit den beiden verbindet - nicht nur mit Ivanov, seinem alten Freund, mit dem er durch die gleiche Schule der Partei, der Revolution und des Bürgerkrieges gegangen ist und der ihm, nach der ihnen beiden geläufigen opportunistischen Logik, ein Kompromissgeständnis vorschlägt, um ihn zu retten. Auch Gletkin, der jüngere, brutalere, von Zweifeln unangefochtene, der Ivanovs milde Verhandlungsleitung missbilligt und daraufhin dessen "Liquidation" erwirkt, führt seine Verhöre vom Boden der gleichen Vorstellungen aus, die das Denken des Angeklagten beherrschen. Der fühlt das. Je weiter die Verhöre fortschreiten, desto klarer wird ihm, dass er mit seinen eigenen Waffen geschlagen wird, und das macht ihn wehrlos. Diese Geisteshaltung erlaubt jedes Mittel, vom physischen Druck und dem Appell an den Eigennutz und an persönliche Interessen bis hin zur Ausnutzung sittlicher Ueberzeugungen und Antriebe, unbeschadet der Tatsache, dass deren Berechtigung grundsätzlich bestritten wird. Der Zyniker Ivanov lässt seinem Opfer Zeit und Ruhe, seine Lage durchzudenken, und hilft ihm über die Erinnerung an die geopferten Genossen und über die Erwartung der eigenen Demütigung hinweg mit der Lehre: "Sich für dreissig Silberlinge zu verkaufen, ist ein ehrenhafter Handel; sich aber seinem Gewissen zu verkaufen, ist Verrat an der Menschheit." Gletkin arbeitet mit der physischen Erschöpfung des Angeklagten, mit dem Mangel an Schlaf und der Blendwirkung grellen Lichts. Aber das entscheidende Zugeständnis, das Bekenntnis zu einer konterrevolutionären Gesinnung, nötigt er ihm mit einem moralischen Argument ab: "Ihr Zeugnis im Prozess wird der letzte Dienst sein, den Sie der Partei erweisen können. ... Die Politik der Opposition ist falsch. Ihre Aufgabe ist es deshalb, die Opposition verächtlich erscheinen zu lassen, den Massen verständlich zu machen, dass Opposition ein Verbrechen ist und dass die Führer der Opposition Verbrecher sind. Das ist die einfache Sprache, die die Massen verstehen. Wenn Sie anfangen, von Ihren komplizierten Motiven zu reden, werden Sie nur Verwirrung anrichten. Ihre Aufgabe, Bürger Rubashov, ist es, das Erwachen von Sympathie und Mitleid zu verhindern. Sympathie und Mitleid für die Opposition sind eine Gefahr für unser Land. ... Beachten Sie, dass die Partei Ihnen keine Aussicht auf Belohnung eröffnet. Einige der Angeklagten sind durch physischen Druck gefügig gemacht worden. Andere durch das Versprechen, ihr Leben zu retten. Ihnen, Genosse Rubashov, schlagen wir keinen Handel vor und versprechen wir nichts." Rubashov ist offen für die ganze Skala dieser Bestimmungsgründe. Er entschliesst sich zur Kapitulation auf Grund der zynischen Lockungen Ivanovs und zimmert sich eine eigene Theorie zurecht, um diesen Schritt zu rechtfertigen. Sein Zellennachbar, ein reaktionärer zaristischer Offizier, durchschaut besser als er die hohle Sophistik solcher Argumente und bricht den Verkehr zu ihm ab: "Anstand ist etwas, was Deinesgleichen nie verstehen wird." Als seine Lage ernster wird, klammert Rubashov sich [Seite im Original:] - 72 - fester an die moralischen Argumente: "der Partei den letzten Dienst erweisen", "in sich selber die letzten Spuren von Eitelkeit auslöschen" zu sollen. Ist es ihm ernst damit? Dann müsste er Stellung nehmen zu der Frage, inwiefern denn sein Verhalten jenem Ziel dient, das angeblich alle Mittel rechtfertigt. Das tut er nicht, weil er es nicht kann. Zu Beginn der Untersuchung hat er sich zu der Ueberzeugung bekannt, dass Partei und Sowjet-Staat nicht länger dem Fortschritt der Menschheit, den Interessen der Revolution und der Massen dienen. Diese Ueberzeugung hat er in den folgenden Wochen nicht revidiert und nicht verloren. Sie kehrt wieder in der Verzweiflung seiner letzten Stunden. Wie hätte er sie auch revidieren sollen? Welchen Zielen die Geschichte zustrebt, kann nur die kommende geschichtliche Entwicklung verraten: "Wie kann die Gegenwart entscheiden, was in der Zukunft als wahr beurteilt werden wird? Wir tun das Werk von Propheten ohne deren Sehergabe." Das Vertrauen, Fragen des politischen Ziels nach Gründen entscheiden zu können, ist demnach zusammen mit dem "ethischen Ballast" über Bord geflogen. Diese nihilistische Politik brandmarkt den Irrtum als Verbrechen; aber sie kennt keinen Masstab, der ihr die Scheidung zwischen Wahrheit und Irrtum erlaubt. Mit ihren Lehren kann, alles bewiesen und gerechtfertigt werden, oder, was bei Licht besehen, dasselbe heisst: Nichts kann damit bewiesen und gerechtfertigt werden. Sie beruhigt ihre Anhänger mit leeren Worten. Auf ernste Fragen, wie sie sich zum Beispiel dem zum Tode Verurteilten stellen, gibt sie keine Antwort. Rubashov weiss, dass die politische Theorie, an der er sich in vierzig Jahren aktiver politischer Arbeit orientiert hat, versagt. Er entdeckt in diesen Gefängniswochen den "schweigenden Partner" in sich, das eigene Ich, das - seiner Theorie zum Trotz - sittliche Ansprüche an sein Leben stellt. Aber sein Denken und Fühlen ist zerstört durch den Nihilismus seiner Dialektik; es gelingt ihm nicht mehr, über die eigenen sittlichen Ansprüche zur Klarheit zu kommen und in ihnen die bisher fehlende Richtschnur für sein Handeln zu finden. "Da war ein Fehler im System. Was hatte er doch einst in sein Tagebuch geschrieben? ,Wir segeln ohne ethischen Ballast.' Vielleicht lag der Kern des Uebels hier. Vielleicht ziemt es sich für die Menschheit nicht, ohne Ballast zu segeln. Und vielleicht war die Vernunft für sich allein ein trügerischer Kompass, der einen so gewundene Wege führte, dass das Ziel endgültig im Nebel verschwand." Ueber dieses "Vielleicht" kommt Rubashov nicht mehr hinaus. Und auch Koestler geht offenbar mit seinem Denken nicht weiter. Wie wäre es sonst möglich, dass nirgends in dem ganzen Buch jene eine grundlegende Voraussetzung in Zweifel gezogen wird: Dieses dialektische System sei ein Werk der Vernunft, und das einzige in ihm anerkannte Prinzip sei das der konsequenten Logik? Angesichts des sophistischen Leerlaufs und der offnen Widersprüche, in die sich die im Namen jener Lehren vorgebrachten Argumente immer wieder verfangen, gibt es in Wahrheit nur einen logisch notwendigen Schluss: Der Skeptiker, der über Wahrheit und Irrtum, Recht und Unrecht nicht mehr objektiv entscheiden zu können glaubt, möge konsequenterweise aufhören, Theorien über Recht und Unrecht, Wahrheit und Irrtum zu vertreten - die eigene Theorie des Skeptizismus eingeschlossen -, und so der misshandelten Vernunft den Weg freigeben, mit ihren eigenen Ideen von Wahrheit und Recht Ernst zu machen. Diese Konsequenz wird in Koestlers Darstellung nicht nur nicht gezogen, sondern im Gegenteil vertuscht. Koestler erweckt den Eindruck, als handle es sich in den geschilderten Auseinandersetzungen um so ernste Fragen wie die der Parteidisziplin oder der durch einen Zweck gerechtfertigten Mittel. Davon ist in Wahrheit nicht die Rede. Denn solche Fragen können nur da diskutiert werden, wo Menschen an sie herangehen mit einer klaren und begründeten Vorstellung von dem Ziel der Partei, um dessentwillen Parteidisziplin geboten ist und für dessen Verwirklichung die fraglichen Mittel notwendig sind. Die von Koestler gezeichneten Menschen spielen nur mit dem Wortlaut dieser Fragen. Seine Leser darüber hinwegzutäuschen, ist der grosse Mangel dieses Buches, ein Mangel, der durch die im übrigen sorgsame psychologische Einfühlung und die glänzende Darstellung nicht aufgewogen wird. G. H. An unsere Leser! Herausgabe und Verbreitung einer unabhängigen und fortschrittlichen Zeitung in kriegführenden und neutralen Ländern sind mit unzählbaren Schwierigkeiten verbunden. Unsere Leser und Freunde haben viele Möglichkeiten, uns bei unserer schweren Arbeit zu helfen: Sie können uns Unterlagen senden für die Behandlung von Fragen, die heute wesentlich sind. Wir bitten um Meinungsäusserungen aller Art und Richtungen. 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