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TEILDOKUMENT:
4. Das Potential an vorhandenen und kommenden Nord-Süd-Institutionen im Raum Bonn [Seite der Druckausg.: 19]
Das Institutionenverzeichnis zu "Bonn: Zentrum für Entwicklungspolitik", herausgegeben von der Stadt Bonn, Landesregierung Nordrhein-Westfalen und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) Anfang 1995, verzeichnet 77 Institutionen in Bonn, 28 in Köln und 9 in Aachen. Nicht in das Verzeichnis aufgenommen wurden bisher spezifische europäische Institutionen, bilaterale Gesellschaften, deren Partner Industrieländer sind, Medien und Verlage und etwa auch Einrichtungen, die sich mit Sicherheitsfragen beschäftigen. Für zukunftsweisende Diskussionen und Politikberatungen mit dem Schwerpunkt Nord-Süd gewinnen aber auch schon solche Einrichtungen erhebliche Bedeutung, zumal, wie schon ausgeführt, Entwicklungspolitik und Nord-Süd-Politik nur noch als eine Dimension internationaler Gesamtpolitik begriffen werden kann. Gliedert man die Nord-Süd-Institutionen im Räume Bonn nach Schwerpunkten ihrer Arbeit, so sind ca. 45 vornehmlich mit Bildung und Öffentlichkeitsarbeit beschäftigt. 31 sind operativ, d.h. durch Entwicklungsprojekte in Übersee oder Vorhaben mit Angehörigen von Entwicklungsländern im Inland beschäftigt oder als Hilfswerke tätig. Ca. 20 Einrichtungen befassen sich überwiegend wissenschaftlich mit Nord-Süd-Themen oder Entwicklungszusammenarbeit. 10 Einrichtungen sind Vertretungen multilateraler Institutionen oder vor allem multilateral tätig. 7 Einrichtungen der Wirtschaft befassen sich auch in erheblichem Maße mit Nord-Süd-Fragen. Ebenfalls 7 widmen sich vornehmlich oder zu einem erheblichen Teil der Aus- und Weiterbildung von Personen aus Südländern. 14 Institutionen nehmen die Vertretung von Nord-Süd-Institutionen oder Nord-Süd-Politik wahr oder betätigen sich als Lobby gegenüber Politik, Behörden und Medien (Advocacy). Abgesehen von offiziellen Institutionen haben etwa 20 Institutionen als NRO oder Quasi-NRO größeres Gewicht bei der öffentlichen Meinungsbildung auch über ihre Anhängerschaft und den Bonner Raum hinaus. Zu unterscheiden ist zwischen Nord-Süd-Institutionen als Bestandteilen von Einrichtungen mit weit darüber hinausgehenden Aufgaben und solchen, die sich ausschließlich der Nord-Süd-Arbeit widmen. Die meisten Institutionen nehmen mehrere Aufgaben wahr. Bei der obigen Zuordnung wurde das Schwergewicht der Tätigkeit berücksichtigt. Gewichtung und Beurteilung erfolgte durch die Gutachter nach ihrer Erfahrungskenntnis. Bei einer Zuordnung nach streng wissenschaftlichen Kriterien und einer Offenlegung der Entscheidungsgrundlagen der Gutachten könnten erhebliche Statusprobleme bei und zwischen den einzelnen Institutionen entstehen. Daher wurde auf listenmäßige Aufgliederung verzichtet, zumal für den Zweck des Gutachtens ein Bild in groben Zügen ausreicht. Einige hervorzuhebende Einrichtungen oder Gruppen in Einrichtungen werden ohne Anspruch auf Vollständigkeit gesondert vorgestellt. [Seite der Druckausg.: 20]
4.1 Das Nord-Süd-Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF) der Universität Bonn im Internationalen Wissenschaftsforum Bonn (IWB)
Das Nord-Süd-Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF) ist ein Forschungs- und Ausbildungszentrum der Universität Bonn. Es soll insbesondere mit den Universitäten Köln und Aachen zusammenarbeiten. Das ZEF besteht aus drei Abteilungen: Politischer und kultureller Wandel; wirtschaftlicher und technischer Wandel; Naturraumpotentiale Ökologie Ressourcenmanagement. In allen drei miteinander kooperierenden Abteilungen sollen gesellschaftliche Aspekte mit berücksichtigt werden. Das ZEF bildet mit dem Zentrum für Europäische Integrationsforschung (ZEI) und dessen drei Abteilungen (Politische, rechtliche und institutionelle Fragen; Wirtschaftliche und soziale Fragen; Europäische Wertsysteme, Kulturen und Sprachen) die Arbeitsgemeinschaft "Internationales Wissenschaftsforum Bonn" (IWB), so zum Beispiel bei inhaltlichen Fragen etwa wenn es um die Außenbeziehungen der EU geht , der Außendarstellung oder dem Aufbau internationaler Beziehungen. Beide Zentren werden dabei durch einen gemeinsamen Zentralen Dienst unterstützt. Das IWB dient vor allem der Bündelung und synergetischen Verknüpfung der jeweiligen Zentrumsaktivitäten und der Nutzung gemeinsamer Dienste. Es ist davon auszugehen, daß das IWB mit seinen beiden Zentren frühestens zum Wintersemester 1996/97 voll funktionsfähig sein wird. Einzelne Aktivitäten sollen jedoch vor diesem Termin einsetzen. Das ZEF als Beitrag zum Ausbau Bonns als Wissenschaftsstadt und als Nord-Süd-Zentrum Der Senat der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn hat am 4. Mai 1995 die Errichtung von ZEF und ZEI als zentrale wissenschaftliche Einrichtungen der Universität beschlossen. Mit dem Gründungsbeschluß füllt der Senat die Vereinbarung über die Ausgleichsmaßnahmen für die Region Bonn vom 29. Juni 1994 aus, die als eine Kompensationsmaßnahme für den Umzug von Parlament und Regierung nach Berlin die Gründung dieser beiden Zentren an der Bonner Uni vorsah. Das Nord-Süd-Zentrum für Entwicklungsforschung fügt sich in das von Parlament und Regierung beschlossene Doppelziel ein, die alte Bundeshauptstadt sowohl zu einem Wissenschaftsstandort als auch zu einem Zentrum für Nord-Süd-Zusammenarbeit und Entwicklungspolitik auszubauen. Zugleich wird damit das Signal gegeben, daß das geeinte Deutschland auch Fragen der Forschung und Ausbildung im Entwicklungsbereich eine größere Bedeutung als bisher beimißt. Der Bund stellt dem ZEF für die Zeit bis 2004 aus dem Ausgleichstopf 60 Millionen DM einschließlich der Investitionen zur Verfügung; damit bleibt der finanzielle Rahmen unter den ursprünglich gehegten Erwartungen. Die Unterstützung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) für das innovativ konzipierte Zentrum kommt jedoch auch dadurch zum Ausdruck, daß es das ZEF durch Postgraduiertenstipendien für Personen aus Entwicklungsländern mit insgesamt 10 Mio. DM für zehn Jahre fördern will. Ein großer Durchbruch konnte in einem im Rektorat am 2. März 1995 mit der NRW-Wissenschaftsministerin Anke Brunn geführten Gespräch erzielt werden: In einem dementsprechenden Erlaß vom 9. 4. 95 hat das Ministerium in Aussicht gestellt, bei Vorlage einer positiven Evaluierung die drei Abteilungsleiterstellen des ZEF nach Ablauf der Bundesfinanzierung im Jahre 2004 aus dem Landeshaushalt zu finanzieren. Bis dahin war nämlich die Folgefinanzierung auch dieser Stellen durch die Uni Bonn vorgesehen. Dieser Erlaß unterstreicht das wachsende Interesse der Landesregierung an Nord-Süd-Fragen, das sich u.a. in der bereits seit einigen Jahren geleisteten finanziellen Förderung der in Bonn ansässigen Stiftung Entwicklung und Frieden niederschlägt. Wissenschaftlich fundierte Handlungsempfehlungen für eine nachhaltige, menschenwürdige Entwicklung Das ZEF soll als international und interdisziplinär orientiertes, fakultätsübergreifendes Forschungs- und Ausbildungszentrum arbeiten und sich an der Lösung konkreter Entwicklungsprobleme beteiligen. Als Novum kann insbesondere für die Geistes- und auch die Wirtschaftswissenschaften gelten, daß das ZEF praxisorientiert forschen, lehren und ausbilden [Seite der Druckausg.: 21] soll und neben der Politikberatung die Evaluierung der Entwicklungszusammenarbeit eine wesentliche Aufgabe darstellt. Außerdem sollen Forschungsergebnisse gebündelt und anwendungsorientiert aufbereitet und die notwendigen Veränderungen im Norden mitbehandelt werden. Das vom Senat beschlossene ZEF-Konzept, das im folgenden referiert wird, basiert insbesondere auf den Empfehlungen des auch mit Praktikern besetzten Gründungskomitees. Worin besteht das Innovative des ZEF?
Eine neue, flexible Personalstruktur Die Mehrheit des Personals soll nicht auf Dauer eingestellt werden, Entwicklungsländer bzw. das Ausland sollen gleichgewichtig vertreten sein und Frauen müssen einen viel höheren Anteil als üblich am wissenschaftlichen Personal stellen. Jede Abteilung wird von einem C4-Professor bzw. einer C4-Professorin geleitet. Die drei Abteilungsleiter/innen bilden den ZEF-Vorstand. Nur bei diesen Stellen handelt es sich um Lebenszeitprofessu- [Seite der Druckausg.: 22] ren. Gesucht sind Wissenschaftler/innen, die die Fähigkeit zur Entwicklung zukunftsorientierter und fachübergreifender Forschungsansätze und postgradualer Lehre besitzen, zu internationaler Kooperation bereit sind sowie Erfahrung in der Entwicklungsforschung und -praxis aufweisen. Mit der Berufung ist die Mitgliedschaft in der für die vertretene Fachrichtung zuständigen Fakultät der Uni Bonn verbunden. Neben den Abteilungsleitern sollen an das ZEF jeweils zeitlich befristet Gastprofessoren und sog. kooptierte Professoren berufen werden (letztere können hauptamtliche Professoren oder Honorarprofessoren aus Aachen, Bonn und Köln wie auch anderer Unis des In- und Auslandes sein). Diese drei Gruppen bilden die wissenschaftliche Konferenz des ZEF, in die auch auf Vorschlag des ZEF-Vorstandes externe Experten berufen werden können. Die Kooptation bezieht sich auf konkrete Forschungs- oder Veranstaltungsprojekte. Wissenschaftliche Mitarbeiter/innen unterstützen die Arbeiten des ZEF. Etwa die Hälfte der Lehrenden und Lernenden soll aus dem Ausland stammen. Um erfolgreich zu sein, wird das ZEF insbesondere mit den bereits in Bonn, Aachen und Köln bestehenden Forschungs- und Lehrschwerpunkten zusammenarbeiten, aber auch die enge Kooperation mit außeruniversitären Institutionen der Entwicklungsforschung, der Entwicklungspraxis und der Entwicklungspolitik suchen. Forschungs- und Arbeitsschwerpunkte Das ZEF gliedert sich in die drei Abteilungen, deren Bezeichnungen auch die jeweiligen Forschungs- und Arbeitsschwerpunkte bestimmen: Der ersten Abteilung (Politischer und kultureller Wandel) so der Senatsbeschluß liegt die Erkenntnis zugrunde, daß letztlich interne und externe politische und kulturelle Rahmenbedingungen und die Wechselbeziehungen zwischen verschiedenen Kulturen, Wirtschaftssystemen, Gesellschaften und politischen Systemen für den Entwicklungserfolg entscheidend sind. In diesen Bereichen ist die Entwicklungspraxis dringend auf wissenschaftliche Beratung angewiesen. Beispiele für Schwerpunktbildungen wären u.a. Analysen der Rahmenbedingungen von Entscheidungsprozessen und Verwaltungsstrukturen sowie deren Bedeutung für Erfolge oder Mißerfolge von Entwicklungsmaßnahmen oder die Aufbereitung von Problemstellungen bei der interkulturellen Kooperation. Der zweiten Abteilung (Wirtschaftlicher und technischer Wandel) liegt die Erkenntnis zugrunde, daß sich die Konsum- und Lebensweisen der Industrieländer nicht auf die ganze Welt übertragen lassen und daß sowohl Industrieländer als auch Entwicklungsländer Wissenschaft und Technik zur Gestaltung nachhaltiger Entwicklungsprozesse einsetzen müssen. Insofern ist das Konzept der nachholenden Entwicklung, basierend auf den Modernisierungstheorien, vom Konzept der nachhaltigen Entwicklung abzulösen. Grundlage für die Analysen des technisch-wissenschaftlichen Wandels sollte die Agenda 21 sein. Beispiele für Schwerpunktbildungen sind u.a. Analysen der sozio-ökonomischen Rahmenbedingungen von Entwicklungsmaßnahmen unter besonderer Berücksichtigung makro-ökonomischer Voraussetzungen für eine ökologisch ausgerichtete soziale Marktwirtschaft oder Analysen von Möglichkeiten und Grenzen von Wissenschafts- und Techniktransfer in den Bereichen Umwelttechnik, Biotechnologie, Agrarforschung und Familienplanung. Die dritte Abteilung (Naturraumpotentiale Ökologie Ressourcenmanagement) hat sich zum Ziel gesetzt, zur Optimierung der Mensch-Natur-Wechselbeziehung im Hinblick auf eine nachhaltig-langfristige sowie umwelt- und sozialverträgliche Nutzung der Naturraumpotentiale beizutragen. Die Umsetzung der Rio-Konventionen und der Agenda 21 bedürfen der wissenschaftlichen Untermauerung. Beispiele für Schwerpunktbildungen sind u.a. die Analyse und Vorbereitung von Umsetzungsstrategien der Rio-Konventionen in konkrete Aktionsprogramme oder Analysen und Bestandsaufnahmen biologischer Diversität, der Ressourcen Wasser und Boden, komplexer Landschaftshaushalte und Ökosysteme als Grundlage der Bewertung von Naturraumpotentialen und zur Optimierung von Nutzungskonzepten. Aber sollten die Prioritäten für die Entwicklungsforschung nicht eher vom Süden identifiziert, zumindest mitbestimmt werden? Deshalb dürfen die eben aufgeführten Forschungsbeispiele nicht kano- [Seite der Druckausg.: 23] nischen Charakter besitzen. Sie sind spannende Themen, denen sich das ZEF widmen könnte. Aber wahrscheinlich wird die Beschränkung auf einige wenige auch wegen der knappen Ressourcen sinnvoll sein, weil nur so ein neues, eigenständiges Profil für das ZEF zu gewinnen sein wird. Das ZEF als wichtige Säule für das Nord-Süd-Zentrum Bonn Das Nord-Süd-Zentrum für Entwicklungsforschung muß neu denken, neu forschen und neue Pfade begehen. An wissenschaftlichen Grundierungen für eine neue Entspannungspolitik zwischen Nord und Süd mitzuwirken, zur Beseitigung des Vorhangs der Armut beizutragen, am seismographischen Aufspüren von sich andeutenden tektonischen Beben beteiligt zu sein, mitzuarbeiten an Orientierungen für eine bessere Weltordnung und an einer Ethik globaler nachhaltiger und menschenwürdiger Entwicklung: dies sollten die erkenntnisleitenden Interessen des Bonner Zentrums für Entwicklungsforschung sein. Wer im Norden (genauer: in den westlichen Industrieländern) in Sicherheit leben will, der muß auch wirksame Beiträge zur Verbesserung der Lebenssituation im Süden und Osten und zum Abbau der immer noch bestehenden dramatischen Ungleichgewichte in der Welt leisten. Das Zentrum für Entwicklungsforschung könnte zu einem Nukleus und der wissenschaftlichen Säule für das in Bonn von Bundestag und Bundesregierung angestrebte Zentrum für Nord-Süd-Zusammenarbeit und Entwicklungspolitik werden.
4.2 Bundes- und Länderinstitutionen im Raum Bonn, die sich mit Nord-Süd-Aufgaben befassen
Von den Bundesministerien, die sich mit Nord-Süd-Aufgaben befassen, bleibt das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) in Bonn. Außerdem bleiben die folgenden Bereiche der Bundesregierung in Bonn, die zum Teil sehr wichtige Aspekte der Nord-Süd-Zusammenarbeit bearbeiten:
Von den Ministerien, die nach Berlin gehen, sollten die Abteilungen, die in die Bonner Aufgabenbereiche fallen, wie etwa die Kulturabteilung des Auswärtigen Amtes, jeweils nach Entscheidung der zuständigen Bundesminister ebenfalls in Bonn verbleiben. Eine Reihe wichtiger Bundesoberbehörden ziehen nach dem Berlin/Bonn-Gesetz außerdem nach Bonn um, wie das
Bei den Einrichtungen der 16 Bundesländer ist für Nord-Süd-Beziehungen die Kultusminister-Konferenz in Bonn von Bedeutung. Die "Koordinierungsstelle Nord-Süd im Bildungsbereich" sollte von Wiesbaden nach Bonn verlegt werden. Im BMZ ressortiert der wichtige Bund-Länder-Ausschuß, und das zuständige Referat sollte seinen Sitz nicht in der Außenstelle in Berlin, sondern in Bonn haben. Besonders die Beiträge der Bundesländer in den Wissenschaftsbeziehungen und in der Bildungspolitik sind für das Nord-Süd-Zentrum Bonn von Bedeutung und umgekehrt. [Seite der Druckausg.: 24]
4.3 Nichtregierungsorganisationen (NROs)
Wichtige private Einrichtungen der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit haben ihren Sitz in Bonn wie die Deutsche Welthungerhilfe, die Evangelische Zentralstelle für Entwicklungshilfe oder die Otto-Benecke-Stiftung; andere wie der Deutsche Entwicklungsdienst oder die Deutsche Stiftung für internationale Entwicklung sollen dazukommen. Bindet man in die regionale Zusammenarbeit Aachen und Köln ein, kommen weitere wie Misereor in Aachen oder die Carl-Duisberg-Gesellschaft in Köln hinzu. Da das zuständige Bundesministerium seinen Sitz in Bonn hat und behalten wird, haben sich auch die Dachorganisationen der privaten Träger in Bonn angesiedelt, so der "Arbeitskreis Lernen und Helfen in Übersee", "Eine Welt für alle" und der in Gründung befindliche Verband entwicklungspolitischer Nichtregierungsorganisationen als Zentralstelle für alle Bundesländer. Auch die politische Nord-Süd-Lobby Germanwatch und die "Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung" haben ihren Sitz in Bonn. Die in vielen Städten bestehenden Arbeitsgemeinschaften der lokalen Nichtregierungsorganisationen, die Nord-Süd-Foren, sollen eine gemeinsame Ansprechstelle in der Stadt Bonn erhalten, da die Stadt Mainz diese Funktion abgeben will. Nichtregierungsorganisationen sind in weiten Bereichen der Entwicklungspolitik tätig und führen Programme sowohl mit der Bundesregierung wie auch mit der Europäischen Gemeinschaft durch. Dies gilt für die Projekte im Ausland ebenso wie für die Programme der Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit im Inland. Der Einbindung dieses Bereichs in die neuen wissenschaftlichen Einrichtungen des Nord-Süd-Zentrums Bonn kann für beide Seiten, Praxis wie Wissenschaft, erhebliche Vorteile bringen. Mit dem Gustav-Stresemann-Institut und dem Jugendgästehaus Bonns stehen den Nichtregierungsorganisationen gute Begegnungszentren zur Verfügung, so daß ihr internationaler Dialog erheblich verstärkt werden kann. Im Gegensatz zur formal-eindeutigen Aufgabenregelung auf staatlicher Seite ist die Zusammenarbeit der "Nichtregierungsorganisationen" (NRO) von großen Struktur-Unterschieden gekennzeichnet, was ihre Zusammenarbeit und damit auch ihren Beitrag zum Nord-Süd-Zentrum Bonn erschwert. Die deutschen NROs lassen sich in folgende Gruppen grob unterteilen:
Zur Zeit wird versucht, statt der verschiedenen Dachorganisationen einen gemeinsamen "Verband" zu gründen und so einen zentralen Ansprechpartner zu schaffen, der seinen Sitz in Bonn haben soll. Für die politische Lobby in Nord-Süd-Fragen sind außerdem einige Einrichtungen wie "Germanwatch", "WEED" und "Südwind" von Bedeutung, die alle im Raum Bonn ansässig sind. Die zentralen bundesweiten Tätigkeiten der NROs mit Bezug zum Nord-Süd-Zentrum Bonn sind:
Mit dem entstehenden zentralen Verband der NROs sollten enge Arbeitskontakte hergestellt werden, wobei die einzelnen Untergruppen oft auch getrennt berücksichtigt werden müssen. Der Aufbau eines neuen Informations-Netzwerkes ist von besonderer Bedeutung und Dringlichkeit. [Seite der Druckausg.: 25]
4.4 Internationale Institutionen in Bonn
(Zuzug nach Bonn zum Teil noch in Vorbereitung)
[Seite der Druckausg.: 26]
tionen mit mehr als 20 Spezialisten-Netzwerken in über 100 Ländern. Ziel ist die Erhaltung der Feuchtgebiete, ihrer Ressourcen und ihrer biologischen Vielfalt für künftige Generationen. Das Büro bemüht sich um einen Umzug nach Bonn (17-25 Mitarbeiter). 4.5 Nord-Süd-Interessen der Bonner Wirtschaft Die Auslandsorientierung der Bonner Wirtschaft ist mit 42 % des Gesamtumsatzes im Vergleich zum Bundesdurchschnitt in Höhe und Zielsetzung überdurchschnittlich hoch. Wenngleich auch 2/3 dieses Auslandsumsatzes EU-Geschäfte sind und spezielle Zahlen für das entwicklungspolitische Engagement der Bonner Wirtschaft nicht vorliegen, kann bei vielen Bonner Unternehmen sowie bei der Industrie- und Handelskammer und der Hand- [Seite der Druckausg.: 27] werkskammer mit Aufgeschlossenheit und Interesse für Dritte-Welt-Fragen gerechnet werden. Kammern und Strukturfördergesellschaft (SFG) könnten das Interesse der Bonner Unternehmen für Aspekte der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit Ländern der Dritten Welt verstärken und sich hierbei mehr als bisher des Know-hows der Botschaften und Bonner Institutionen, wie z.B. des Bundesverbandes des Deutschen Groß- und Außenhandels (BGA) bedienen. So hat der BGA als außenhandelsorientierter Verband sich immer an der für die Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern wichtigen Messe "Partner des Fortschritts" beteiligt und hierdurch viele Geschäftskontakte anbahnen helfen können. Bei der seit mehreren Jahren arbeitenden "Kontaktstelle für Entwicklungsländer" gehen monatlich mehr als 150 Anfragen aus aller Welt ein, wodurch Exporteure aus Entwicklungsländern Informationen über potentielle deutsche Geschäftspartner erhalten. Da dieser Service immer bekannter wurde, konnte mit Hilfe von "Protrade", einer Arbeitseinheit der GTZ (Gesellschaft für technische Zusammenarbeit, Eschborn), eine Datenbank "Großhändler und Importeure in Deutschland" aufgebaut und der Adressenstand ausgeweitet werden. Dies ermöglicht jetzt eine individuelle Bearbeitung der wachsenden Anzahl von Anfragen nicht nur aus Afrika, Asien und Lateinamerika sondern in zunehmendem Maße auch aus Osteuropa. Ein anderes Beispiel für potentielle Geschäftsmöglichkeiten mit Entwicklungsländern sieht der BGA im Export gebrauchter deutscher Maschinen und Anlagen. Hier handelt es sich um einen Wachstumsmarkt mit stark steigender Nachfrage, allerdings geringer Markttransparenz; um so wichtiger ist das Informationsangebot des Bundesverbandes des Deutschen Exporthandels, der im Verbund mit dem BGA Anfragen aus dem Ausland mit Angeboten aus dem Inland zusammenbringt. Zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit Bonns mit den Entwicklungsländern können unter anderem auch zwei junge, in Bonn ansässige Organisationen beitragen, deren Arbeit von der Öffentlichkeit noch zu wenig wahrgenommen wird:
[Seite der Druckausg.: 28] Eine stärkere Präsentation der Arbeit dieser Organisationen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit im Rahmen des Bonner Nord-Süd-Zentrums, mehr Dialog, kritischer Erfahrungsaustausch und nicht zuletzt mehr Publizität könnten Bonner Unternehmen ermutigen, ihre ohnehin starke Auslandsorientierung auf die Länder der Dritten Welt allmählich auszuweiten: Die Standortvorteile der in Bonn tätigen, aber bisher zu wenig beachteten Organisationen sollten mehr wahrgenommen werden. Die Information von Wirtschaftsdelegationen aus der Dritten Welt und die Fortbildung von Stipendiaten aus Entwicklungsländern in Bonner Unternehmen und überbetrieblichen Einrichtungen der Wirtschaft kann hierbei helfen, Brücken der Zusammenarbeit zu schlagen und Geschäftskontakte anzubahnen. Durch Kauf von Transfer-Produkten (z.B. Kaffee oder Tee) kann man zur Bewußtseinsbildung über die ökologischen Probleme der Menschen in der Dritten Welt beitragen und damit Selbsthilfeinitiativen und Kleinbauernverbände in Entwicklungsländern unterstützen.
4.6 Medien
Für Presse, Rundfunk und Fernsehen ist das Pressereferat des BMZ Ansprechpartner. Für die Nichtregierungsorganisationen der "Arbeitskreis für entwicklungspolitische Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit" (AEBÖ), ein fachlicher Zusammenschluß der Presse-Referenten und Bildungsreferenten der großen Trägerorganisationen, die sich regelmäßig in Bonn, meist im Hause der DSE, treffen. Der AEBÖ soll in den kommenden Dachverband der NROs als eine der drei Hauptabteilungen eingegliedert werden und sein Büro in Bonn erhalten. Außerdem bestehen Arbeitskreise der Redakteure der entwicklungspolitischen Fachpresse (Arbeitskreis Entwicklungspolitischer Publikationen, AEP) und der Leiter von Informations- und Dokumentationsstellen (IVEP) mit Sitz bei der DSE in Bonn. Der AEBÖ und einzelne seiner Mitglieder führen regelmäßig Journalisten-Seminare zum Thema "Nord-Süd-Beziehungen" durch. Eine enge Zusammenarbeit besteht mit dem "Dritte Welt-Journalisten-Netz" sowie anderen Journalisten-Verbänden. Mit den Rundfunk- und Fernsehanstalten öffentlichen Rechts besteht eine Zusammenarbeit des AEBÖ und des BMZ mit dem "Arbeitskreis Entwicklungsländer" beim SFB (Berlin), der sich mit den Trainingsprogrammen für Stipendiaten beschäftigt, sowie mit der Arbeitsgemeinschaft "One World Broadcaster" (BBC-London, Dt. Vertretung, z.Zt. Bayerischer Rundfunk) in Fragen der redaktionellen Zusammenarbeit mit Sendern in Übersee. Im Rundfunk- und Fernsehbereich ist die Deutsche Welle (Köln) für das Ausland die zentrale Einrichtung, mit der intensiv zusammengearbeitet werden muß, vor allem, wenn sie nach Bonn verlegt werden sollte. Das Interesse der Massenmedien an Nord-Süd-Fragen hängt von den aktuellen inhaltlichen Angeboten ab. Bisher gibt es dazu keine gemeinsame Konzeption. Die Pressekonferenzen der großen NROs und des BMZ finden spontan und unkoordiniert statt.
4.7 Information und Dokumentation
In Bonn hat die Deutsche Stiftung für internationale Entwicklung, DSE, seit 1961 eine "Zentrale Dokumentation" mit ca. 30 Mitarbeitern aufgebaut, welche Literatur und Daten zu folgenden Bereichen sammelt und speichert:
Durch Querverweise lassen sich auch Angaben zu Personen, Projekten, Statistiken, Ereignissen, Finanzierungen, Strukturen finden. Jährlich werden bundesweit rund 10.000 Auskünfte erteilt und Recherchen angestellt. Ende 1996 sollen alle Datenbanken 'online' abrufbar sein, so daß ein elektronisches Netzwerk aller Nord-Süd-Einrichtungen in [Seite der Druckausg.: 29] Bonn von dieser zentralen Datenbankpflege Nutzen ziehen kann. Die erfaßte Literatur ist vollständig in der zentralen Bibliothek mit rund 60.000 Bänden und ca. 1.000 laufend bezogenen Zeitschriften und Informationsdiensten nachweisbar und kann dort eingesehen werden, ebenso wie das Presse-Archiv, für das 28 Tages- und Wochenzeitungen ausgewertet werden und das über 600.000 Ausschnitte und Dokumente verfügt. Der Ausbau der elektronischen Datenverarbeitung wird es außerdem in den nächsten Jahren möglich machen, daß die Einrichtungen des Nord-Süd-Zentrums Bonn direkten Zugang zu den Beständen der Bundestagsbibliothek und der Universitätsbibliothek haben sowie dem Verbund des Wissenschaftszentrums angeschlossen werden. Die Erfahrungen zeigen aber, daß viele Benutzer die Beratung der Dokumentare in der DSE-Dokumentation benötigen, welche sie schnell an die zuständigen Informationsstellen weiterverweisen können. Dieses Informationsangebot sollte stärker als bisher bekanntgemacht und genutzt werden. Das "Gewußt wo, wer, wie und wann" ist entscheidend. © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | November 2002 |