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VI. 10 Jahre Demokratieförderung als Bestandteil der Entwicklungskooperation zwischen der Europäischen Union, ihrer Mitglieder und dem frankophonen Westafrika - eine kritische Analyse bisheriger Konzepte, Erfahrungen, Erfolge und Misserfolge

Auf die Diskussion von Parteien, Regierungsinstitutionen, Zivilgesellschaft und Medien folgte im letzten Panel eine Bestandsaufnahme der bisherigen internationalen Bemühungen, die politische Entwicklung in der Region durch gezielte Maßnahmen von außen zu unterstützen.

Siegmar Schmidt, Universität Landau, gab einen Überblick über das breite Spektrum von Maßnahmen in diesem Bereich. Sowohl im Rahmen der Lomé-Politik (dem traditionellen Rahmen der Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft/Union und den afrikanischen Staaten) als auch in der GASP (Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik) sei die Demokratieförderung nach der Armutsbekämpfung zu einem der wichtigsten Politikfelder geworden. Der rasante Anstieg der Mittel und die relative Bedeutung des Themas innerhalb der europäischen Außenpolitik habe jedoch zunächst nicht zu konkreten Zielvorgaben dieser Politik geführt, die ganz im Gegenteil relativ wage blieben, und vorwiegend Fragen der guten Regierungsführung (good governance) gegenüber einer Stärkung demokratischer Institutionen und Akteure den Vorrang geben würden. Eine Bilanz der bisherigen Politik, so Schmidt, sei nur relativ schwer zu ziehen. Negativmaßnahmen (politische Konditionalität) habe die EU nur höchst selten und dann relativ spät ergriffen. Demokratiehilfe habe sich als hilfloses Instrument bei der Krisenprävention herausgestellt. Die europäische Afrikapolitik befinde sich zweifelsohne in einem Übergangsprozess, in dem langsam auch Forderungen nach mehr Konsens (zwischen den EU-Mitgliedsländern) und mehr Kohärenz (mit Blick auf andere Politikfelder) gehört und umgesetzt würden.

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Der stellvertretende Abteilungsleiter in der EU-Kommission für Westafrika, Gerhard Hild, wollte diesem Fazit nur zum Teil zustimmen. Er beschränkte sich im Wesentlichen auf eine Vorstellung der verschiedenen Programme der EU im Bereich der Demokratiehilfe. Jüngst sei eine globale Evaluierung der EU-Demokratieförderung für den Zeitraum 1995-1999 erfolgt, die zu einem prinzipiell positiven Fazit gekommen sei. Dabei sei kritisch angemerkt worden, dass das Monitoring von Wahlen im untersuchten Zeitraum einen zu hohen Stellenwert besessen habe, und die Mittel stärker für Institution-Building und Korruptionsbekämpfung eingesetzt werden sollten.

Auch der Bundestagsabgeordnete Werner Schuster (SPD) wollte keine grundsätzlich negative Bilanz der europäischen Afrika- und Demokratisierungspolitik ziehen. Er identifizierte das jeweilige Regierungssystem und die Zivilgesellschaft als wichtige Interventionsziele und stellte die Armuts- und Korruptionsbekämpfung sowie die Liberalisierung der Industrieländermärkte gleichberechtigt neben die Förderung der politischen Systeme. Afrika solle jedoch nicht auf einen Marshall-Plan hoffen, so sein für einige afrikanische Teilnehmer ernüchterndes Fazit, denn dafür gäbe es keine politischen Mehrheiten.

Der ehemalige guineische Premierminister Sidya Touré ergänzte das Panel als afrikanischer Diskutant. In erstaunlicher Offenheit plädierte er für eine dosierte Anwendung politischer Konditionalität, wenn Staaten wie Togo oder Guinea jedes Zugeständnis vermissen ließen, und auf dem Weg des Dialogs nicht mehr zu erreichen seien. Die Bilanz einer solchen externen Demokratisierungspolitik seien freilich mit Blick auf das frankophone Afrika nicht sehr erfolgreich. Touré wies auch nachdrücklich darauf hin, dass die Lomé-Kooperation für die frankophonen Staaten Afrikas stets mehr gewesen sei als eine finanzielle Transaktion, nämlich eine politische Willenserklärung, gemeinsame Strategien zur Lösung der Probleme zu finden. Vor dem Hintergrund der globalen

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politischen und wirtschaftlichen Veränderungen sei diese ursprünglich stark partnerschaftliche Idee von Kooperation zurückgetreten hinter die vorrangige Reform der daniederliegenden wirtschaftlichen Strukturen.

In der Diskussion wurden Vor- und Nachteile der politischen Konditionalität noch einmal ausführlich erörtert. Einerseits gebe es zur Unterstützung der demokratischen Kräfte keine Alternative, aber wenn diesen jeder Bewegungsspielraum negiert werde, müssten die europäischen Staaten mit möglichst einer Stimme auch vehement Reformen einfordern. Der Kriterien- und Maßnahmenkatalog sei sicherlich noch nicht erschöpfend und man müsse wohl auch hier stärker über spezifische Sanktionen für spezifische Länder nachdenken. Mehrere deutsche Diskutanten wiesen darauf hin, dass Konditionalität nicht im Gegensatz zur Partnerschaft stehe, in der gegenseitige Vereinbarungen eingehalten werden müssten. Hild wies freilich auf den wichtigen Umstand hin, dass die EU auf eher administrative Weise auch politische Sanktionen erlassen könne. Die Prozeduren zur Berücksichtigung von Ländern in Sonderprogrammen oder auch nur im Rahmen des nationalen Lomé-Programms seien inzwischen so komplex, dass viele afrikanische Verwaltungen damit überfordert seien, und manches Hilfsbegehren ganz einfach auf dem bürokratischen Dienstweg stecken bleibe.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Mai 2001

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