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[Seite der Druckausg.: 13 ]


III. Die Rolle verfassungsrechtlicher Institutionen im Demokratisierungsprozess - Situation und Perspektiven demokratischer Kontrollorgane wie Parlament, Verfassungsgericht und Wahlkommission im Kontext starker Präsidialsysteme

Das Panel wurde eröffnet von Charles Djrekpo aus Benin, der herausstellte, wie sehr der erfolgreiche Weg seines Landes von den neu geschaffenen demokratischen Institutionen abhängig gewesen sei. Er skizzierte zunächst die Gesetzgebungs- und Kontrollrechte des Parlaments, die speziell während der Amtszeit des Präsidenten Soglo auch sehr effektiv wahrgenommen worden seien. Freilich verhinderten eine unzureichende materielle und technische Ausstattung und die Natur des präsidentiellen Systems eine noch effektivere Kontrolle. Zum Teil würde dies aber durch die umfangreichen Kompetenzen des unabhängigen Verfassungsgerichts wettgemacht, das verschiedentlich selbst den Staatschef in die Schranken verwiesen und Wahlstreitigkeiten gelöst habe. Im letzten Teil seines Exposés beschäftigte sich Djrekpo mit der unabhängigen Wahlbehörde CENA, die 1994 eingerichtet worden sei und seitdem zur großen Zufriedenheit der gesamten politischen Klasse eine Präsidentschafts- und zwei Parlamentswahlen mit all ihren technischen und politischen Problemen organisiert habe. Er forderte dabei, dass diese temporäre und stets vor Wahlen neu ins Leben gerufene Organisation in eine permanente Institution umgewandelt werde, die über das derzeit operative Verwaltungssekretariat hinausgehe. Abschließend fragte er, welche weiteren institutionellen Strategien zur Steigerung demokratischer Kontrollrechte praktikabel sein könnten. Eine umfassende Reform des Regierungssystems (hin zum semi-präsidentiellen oder parlamentarischen Modell) hielt Drjekpo dabei für umständlich und teuer. Naheliegender sei eine verstärkte Kooperation zwischen dem Parlament und zivilgesellschaftlichen Akteuren.

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Christof Hartmann, Universität Bochum, nahm in seinem Referat eine eher ländervergleichende Perspektive ein. Insgesamt sei beachtlich, wie sehr das Gewicht institutioneller Fragen in den letzten zehn Jahren angestiegen sei. Habe sich zu Beginn der Demokratisierungsprozesse die politische Debatte noch ausschließlich um den Austausch der politischen Eliten gedreht, finde nun die Ansicht immer mehr Anhänger, dass bessere Politik auch von besseren Institutionen und Regeln abhängig sei. Zentrale Bereiche notwendiger weiterer Reformen in den frankophonen Ländern seien die Kompetenzen, Ernennungsspraktiken und Zusammensetzung von Wahlkommissionen, die Einrichtung von Verfassungsgerichten und Reformen der Lokalverwaltung. Gerade hinsichtlich der juristischen Kontrolle des politischen Prozesses seien aber noch viele Widerstände zu überwinden, da die Idee des Rechtsstaates und der Rechtsbindung von Politik auf weit größere politische und kulturelle Hindernisse stoße als etwa die Idee der Demokratie, die in der Region kaum mehr bekämpft werde. Abschließend warnte er freilich auch davor, in perfekten Institutionen die Antwort auf alle Probleme zu sehen, bzw. politische Konflikte (wie etwa die Frage der Kandidatur bei Wahlen) durch Verfassungstexte zu entscheiden, da darunter die Legitimität der Institutionen zwangsläufig leiden müsse (was sich jetzt überdeutlich an den Ereignissen in der Côte d’Ivoire ablesen lasse).

Das Panel wurde beschlossen mit einem Beitrag des VLR Jürgen Engel, im Auswärtigen Amt zuständig für die Wahlbeobachtung. Er skizzierte zunächst die beiden Hauptaufgaben, die der Wahlbeobachtung heute beigemessen werden, nämlich einerseits die technisch korrekte Abhaltung der Wahlen zu prüfen, zum zweiten aber auch vertrauensbildend und legitimitätsstiftend die nationalen Beobachtergruppen zu unterstützen. Engel räumte Fehler in der früheren Praxis der deutschen Wahlbeobachtung ein und nannte als zwei wichtige Lehren der Vergangenheit, nun keine im Land selbst wohnenden Beobachter mehr einzusetzen, sowie die politischen Bedingungen für die Entsendung noch genauer zu prüfen,

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um für die Beobachter ein sinnvolles Mandat in jedem Fall garantieren zu können.


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Die Diskussion fokussierte sich stark auf die Ausführungen von J. Engel. Dabei wurden von mehreren Diskutanten klarere Kriterien für die Entsendung und eine professionellere Ausbildung der Beobachter gefordert. Das Auswärtige Amt konzedierte hier weiteren Reformbedarf, vor allem auf der multilateralen Ebene, da die deutsche Regierung inzwischen transparente Kriterien habe und hohe Anforderungen an die entsandten Beobachter stelle (Kenntnis des Landes, Kenntnis der Landesprache, vorherige Erfahrung als Beobachter). Einige in Deutschland lebende Exilafrikaner bestritten auch die prinzipielle Berechtigung von Wahlbeobachtung. Bezeichnenderweise stimmte ihnen jedoch keiner der im Saal vertretenen politischen Akteure aus dem frankophonen Afrika zu.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Mai 2001

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