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[INTERNATIONALE ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT]
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TEILDOKUMENT:




Zu den Fragestellungen des Seminars
Elmar Römpczyk [Friedrich-Ebert-Stiftung]


Viele internationale Abkommen sind innerhalb der vergangenen 50, aber vor allem innerhalb der letzten 20 Jahre geschlossen worden, um die biologische Vielfalt weltweit zu sichern. Die bekanntesten sind wahrscheinlich das Washingtoner Artenschutzabkommen von 1973 und die UN-Konvention über die Biologische Vielfalt (Biodiversität), die Ende 1993 in Kraft trat.

Gerade die Biodiversitäts-Konvention hat diesem Thema ein neues Gewicht in den Nord-Süd-Beziehungen gegeben und dabei gleichzeitig das Prinzip der nationalstaatlichen Hoheitsrechte über die biologische Vielfalt proklamiert. Die Konvention umfaßt drei zentrale Bereiche, die allesamt mit den Fragestellungen unserer Veranstaltung zu tun haben:

wie läßt sich der Schutz der biologischen Vielfalt international verbindlich vereinbaren;

wie läßt sich eine nachhaltige Nutzung der Komponenten der
Biodiversität sicherstellen;

wie lassen sich Nutzungsgewinne gerecht (was immer das heißt) zwischen Nord und Süd aufteilen?

Die 2. Vertragsstaatenkonferenz (VSK) zur Biodiversitäts-Konvention vom November 1995 in Jakarta konnte insgesamt einige bescheidenen positive Ergebnisse vorweisen, darunter insbesondere die erkannte Notwendigkeit, ein internationales Regelwerk zum sicheren Umgang mit Biotechnologien zu erarbeiten. Dennoch ist auch für die 3. VSK in Buenos Aires noch viel Zündstoff übrig geblieben.

Zu nennen sind vor allem die Artikel 15 und 16 der Konvention.

Art.15 der Konvention bezieht sich auf die Zugangsregelungen zu genetischen Ressourcen.

In den Technologiefeldern Pharmazeutik, Agroindustrie, Kosmetik aber auch für neue Werkstoffe und Mikroelektronik finden zunehmend organische Stoffe Eingang (z.B. Biosensoren). Andererseits führen Innovationen in diesen Bereichen zu neuen Möglichkeiten der Nutzung biologischer Materialien (z.B. Testverfahren (Screening) für Wirkstoffe in der Pharmazie).

Zugangsregelungen haben damit zu tun, daß viele Entwicklungsländer darin eine einzigartige Chance sehen, die Beziehungen zu den technologisch und wirtschaftlich starken Ländern des Nordens qualitativ neu zu bestimmen. Insbesondere da jetzt schon die weltweiten Jahresumsätze mit Pharmaka, die aus Pflanzen von SÜD-Ländern gewonnen werden, auf 25 Mrd. Dollar geschätzt werden.

Art.8 der UN-Konvention hebt ausdrücklich hervor, daß die Nutzung der lokalen biologischen Vielfalt nur bei Rücksichtnahme auf die traditionellen Lebensformen der lokalen Bevölkerung geschehen solle und daß die Vermarktung des tradierten Wirkungswissens von Pflanzen, Pilzen, Bakterien etc. mit Zustimmung der lokalen Bevölkerung und bei geteiltem Nutzen für NORDEN und SÜDEN erfolgen solle.

Artikel 8: indigene Rechte

Jede Vertragspartei wird, soweit möglich und sofern angebracht,

(j) im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften Kenntnisse, Innovationen und Gebräuche eingeborener und ortsansässiger Gemeinschaften mit traditionellen Lebensformen, die für die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt von Belang sind, achten, bewahren und erhalten, ihre breitere Anwendung mit Billigung und unter Beteiligung der Träger dieser Kenntnisse, Innovationen und Gebräuche begünstigen und die gerechte Teilung der aus der Nutzung dieser Kenntnisse, Innovationen und Gebräuche entstehenden Vorteile fördern

Dieses Thema wurde daher während der 3. VSK [in Buenos Aires, Nov.1996] entsprechend nachdrücklicher von indigenen und lokalen Organisationen in den Vordergrund der Debatten geschoben und hat Ergebnisse gebracht, auf die weiter unten noch kurz eingegangen wird.

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Modell INBio?

Bei der Umsetzung von Nutzerinteressen plädiert der NORDEN im wesentlichen für das ex-situ-Prinzip (besonders die Gen-Banken der Internationalen Agrarforschungsinstitute) und der SÜDEN für das in-situ-Prinzip (indiskriminierte Nutzung des originären Naturraums durch die dazugehörige lokale Bevölkerung).

Die Diskussion des technisch und entwicklungspolitisch kritisierten ex-situ-Prinzips kann hier nur in einem Teilbereich geführt werden. Wir hatten dazu die Vertreterin des INBio-Projekts aus Costa-Rica eingeladen, Frau Dr. Giselle Tamayo.

Denn die formalen Regelungen zur Nutzung der biologischen Vielfalt
einer Tropenwaldzone zwischen Costa Rica und einem transnationalen Pharma- und Chemieunternehmen könnten möglicherweise ein "Modell" sein, um den geforderten Ausgleich der Nutzerinteressen von Nord und Süd zu ermöglichen.

1989 hatte eine entsprechende politische Initiative der Regierung von Oskar Arias zur Gründung des Instituto Nacional de Biodiversidad (INBio) geführt.

1991 wurde ein Nutzungsvertrag zwischen dem halbstaatlichen gemeinnützigen (non-profit) Institut INBio und dem US-Konzern Merck, Sharp & Dome (Merck) abgeschlossen.

Merck mit Sitz in den USA hat Costa Rica 1,3 Mio $ für den Erhalt und die Auswertung von 10.000 Pflanzen oder Tieren aus dem Tropenwald des Landes gezahlt. Und es gibt weitere finanzielle Regelungen bei diesem Abkommen.

Die INBio-Gründung wurde letztlich erst möglich durch das in Costa Rica bestehende System von privaten und staatlichen Naturschutzgebieten, die etwa 27 % des Staatsgebietes umfassen.

Dabei umfassen die Naturschutzgebiete vornehmlich den tropischen Regenwald mit seiner großen Vielfalt an Pflanzen und Insekten. In Lateinamerika gehören neben Costa Rica auch Mexico, Kolumbien, Ecuador, Peru und Brasilien zu diesen "mega-diversity"-Ländern. Costa Rica hat den zusätzlichen Vorteil jahrzehntealter politischer Stabilität und eines vergleichsweise hohen durchschnittlichen Bildungsniveaus. Allesamt Faktoren, die ausländische Pharma-Unternehmen auf dieses Land aufmerksam gemacht und den INBio-Vertrag erleichtert haben.

Im Fall von INBio sind aber keine indigenen Völker betroffen und daher auch nicht einbezogen. Dennoch möchte INBio seinen Modellfall auch auf andere tropische Länder ausweiten, natürlich vor allem in Südamerika. Wir hatten deshalb aus Südamerika Vertreter indigener Völker und Vertreter von Organisationen eingeladen, die gerade auch zur geplanten Ausweitung der INBio-Erfahrungen Stellung nehmen sollten.

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Kollektives und individuelles geistiges Eigentum

In diesem Zusammenhang stellt der allgemeine Trend zur Ausweitung von industriellen Patentrechten auf Lebensformen sowie die immer noch wachsende Bedeutung des Privatsektors auf dem Feld der biotechnologischen Innovationen eine große Herausforderung dar. Es besteht ein hoher Druck von seiten der internationalen Pharma- und Agro- und Medizin-
industrie auf die lokale Bevölkerung (i.d.R. indigene Völker), um deren Wissen und Erkenntnisse möglichst unentgeltlich nutzten zu können. Damit besteht das sehr hoch einzuschätzende Risiko, daß der von den Konzernen bewirkte "Patentschutz" auf gentechnisch veränderte Organismen und Bio-Produkte die Nutzungsmöglichkeiten der SÜD-Völker bei ihrer eigenen Biodiversität drastisch einschränkt.

In Art.16 der UN-Konvention geht es u.a. um den Schutz des geistigen Eigentums.

Es wird dort der erhebliche internationale Handlungsbedarf anerkannt, um den Schutz des geistigen Eigentums auf traditionelles Wissen in einer angepaßten Form zu sichern und entsprechende Kompensationsmechanismen für die lokalen Bevölkerungen zu entwickeln. Die autochthonen Techniken dort und die industrielle Forschung und Entwicklung hier sind derzeit noch die Eckpunkte des antagonistischen Widerspruchs an Nutzerinteressen zwischen Industrieländern und tropischen Süd-Ländern.

Das hängt nicht zuletzt mit dem westlichen Rechtsverständnis beim Begriff geistiges Eigentum zusammen. Im westlichen Verständnis kann Schutz auf geistiges Eigentum nur als individueller Interessenschutz zugesichert werden, also für die einzelne natürliche Person oder für eine juristische Person und damit für ein Unternehmen. [ Vgl. die jüngste Studie zu diesem Komplex von Stephan Dömke/Lothar Gündling/Julia Unger: Schutz und Nutzung biologischer Vielfalt und die Rechte indigener Völker (Forum Umwelt und Entwicklung), Bonn, Januar 1997]

Bei den indigenen Gesellschaften gibt es ein kollektives geistiges Eigentum, das zudem auch noch über Generationen aufgebaut und weiterentwickelt wird und i.d.R. nur in oraler Form existiert. Aber dieses kolletive Wissen ist ein ebenso systematisch organisierter und dynamischer Forschungsprozeß wie der eines Forschungslabors in einem großen Pharmakonzern. Beide sind für die Entwicklungsfragen der Menschheit von gleich hoher Bedeutung. Ausdruck dieses Selbstverständnisses ist u.a. die Mataatua-Erklärung von 1993:

Mataatua Declaration on Cultural and Intellectual Property Rights of Indigenous Peoples, Juni 1993 [ Übernommen aus der Studie: Dömpke/Gündling/Unger: Schutz und Nutzung biologischer Vielfalt und die Rechte indigener Völker. Studie im Auftrag des Forums Umwelt und Entwicklung, Bonn, Januar 1997]

"Bei der Ausgestaltung ihrer Politik und Praxis sollten indigene Völker

1.1. ihr intellektuelles und kulturelles Eigentum für sich definieren,

1.4. die Einrichtung von indigenen Bildungs-, Forschungs- und Übungszentren mit Vorrang betreiben, um ihre Kenntnisse herkömmlicher Umwelt- und Kulturpraktiken zu fördern,

1.5. sich traditionelle indigene Ländereien zum Zweck der Förderung herkömmlicher landwirtschaftlicher Produktion wiederaneignen,

1.6. ihre traditionellen Praktiken und Sanktionen zum Schutz, zur Erhaltung und Wiederbelebung ihrer traditionellen intellektuellen und kulturellen Eigentümer entwickeln und erhalten,

1.8. eine geeignete Körperschaft mit geeigneten Mechanismen entwickeln, um

a) indigene kulturelle Eigentümer im öffentlichen Raum zu erhalten und deren Kommerzialisierung oder anderes zu beobachten,

b) allgemein indigene Völker beraten und ermutigen, Schritte zum Schutz ihres kulturellen Erbes zu unternehmen,

c) einen vorgeschriebenen konsultativen Prozeß zu jedem neuen Gesetz zu ermöglichen, das die kulturellen und intellektuellen Eigentumsrechte indigener Völker betrifft,

1.9. internationale indigene Informationszentren und -netzwerke einrichten,

Bei der Ausgestaltung ihrer Politik und Praxis müssen die Staaten, nationalen und internationalen Organe

2.1. anerkennen, daß indigene Völker die Hüter ihres gewohnheitsmäßigen Wissens sind und das Recht haben, dieses Wissen zu schützen und seine Verbreitung zu kontrollieren,

2.2. anerkennen, daß indigene Völker auch das Recht haben, neues Wissen auf der Basis ihrer kulturellen Traditionen zu schaffen,

2.3. zur Kenntnis nehmen, daß die bestehenden Schutzmechanismen zum Schutz der kulturellen und intellektuellen Eigentumsrechte indigener Völker ungenügend sind,

2.4. akzeptieren, daß die kulturellen und intellektuellen Eigentumsrechte indigener Völker bei denen liegen, die sie geschaffen haben,

2.5. in voller Zusammenarbeit mit indigenen Völkern ein zusätzliches Regime kultureller und intellektueller Eigentumsrechte zu entwickeln, das folgendes beinhaltet:

* kollektives (sowie individuelles) Eigentum und Urheberschaft

* rückwirkende Einbeziehung historischer ebenso wie zeitgenössischer Werke

* Schutz gegen Erniedrigung kulturell bedeutender Dinge

* kooperative statt kompetitive Rahmenbedingungen

* die ersten Nutznießer haben die direkten Nachkommen der traditionellen Hüter des jeweiligen Wissens zu sein

* Berücksichtigung einer Spanne von vielen Generationen.

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Internationale Zugangsregelungen

Offen ist vor allem noch, inwieweit die lokale Bevölkerung in den Entwicklungsländern von solchen Regelungen profitiert oder ggf. auch
negativ betroffen wird.

Aufgrund des Rechtes auf souveräne Nutzung der nationalen Ressourcen werden künftig Zugangsregelungen die Nachfrage nach biologischen Rohstoffen in neue Bahnen lenken müssen. Ein interessantes Beispiel wurde in jüngster Zeit (1995) auf den Philippinen geschaffen. Dort gilt die "Executive order prescribing guidelines and establishing a regulatory framework for the prospecting of biological and genetic resources ...", die die Zustimmung der lokalen Bevölkerung für das Bio-Prospecting in ihrem Gebiet voraussetzt.

Dieses Thema berührt zwangsläufig nicht nur Fragen der bi- und multilateralen Entwicklungszusammenarbeit in ihrem Kern, sondern auch die Verantwortlichkeit privatwirtschaftlicher Konzerne und die neue ordnungspolitische Kompetenz des Staates (Regelungen und Kontrollmechanismen sind erforderlich). Die Politik in NORD und SÜD ist daher aufgerufen, klare Rahmenbedingungen für die Wirtschaft und die Gesellschaft zu schaffen, die einen Interessenausgleich bei der Nutzung genetischer Ressourcen und neuer Technologien befördern können.

Wie kann diesem Interessenkonflikt begegnet werden, wie läßt sich ein sozial und ökonomisch gerechter Interessenausgleich ermöglichen, der auch die nachhaltige Bewirtschaftung vor allem der tropischen Wälder einschließt?

Stärker als in Costa Rica spielen in den anderen lateinamerikanischen Ländern die zahlreichen indigenen Völker dabei eine wichtige Rolle. Sie sind mit ihrer Sozialordnung, ihrer nachhaltigen Wirtschaftsweise und ihren ganzheitlichen Wertesystemen Bewahrer der biologischen Vielfalte gewesen. Der NORDEN ist an dem über viele Generationen angesammelten Wissen über Wirkungszusammenhänge von biologischen Organismen interessiert. Weit weniger interessiert zeigen sich allerdings die politischen und die wirtschaftlichen Führungsgruppen im NORDEN wie im SÜDEN an den Bewahrern der biologischen Vielfalt selbst, der lokalen und indigenen Bevölkerung.

Desto deutlicher besteht der Zwang zur Regelungen der unterschiedlichen Nutzerinteressen an Biodiversität. Denn weder aus entwicklungspolitischer noch aus ethischer Sicht ist akzeptabel, daß Menschen, Völker, Kulturen dem „freien Spiel des Marktes" ausgesetzt sein dürfen.

Somit lautete eine weitere Frage beim Seminar: Sind die Errungenschaften der modernen Biotechnologien - besonders der Gentechnik - in Verbindung mit dem internationalen Patentrecht überhaupt in der Lage, kulturelle und biologische Vielfalt zu gewährleisten? Sind diese Technologien überhaupt für den Erhalt der biologischen Vielfalt geeignet?

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Globalisierung versus Dezentralisierung

Biodiversität läßt sich nur erhalten, wenn die Diversität der Kulturen und damit die Vielfalt wirtschaftlicher, sozialer und geistiger Systeme auf der Erde erhalten bleibt.

Mit der Sicherung der Biodiversität ist damit auch die Dezentralisierung der politischen und wirtschaftlichen Weltordnung angesprochen. Ein gewichtiger Gegensatz zur Globalisierung, also zur Vereinheitlichung von Standards und Werteanpassung, die in der Debatte über die Welthandelsordnung, die Kapital- und Investitionsflüsse und bei den Vorstellungen von geordneten Sozialsystemen immer hervorgehoben werden.

Die gegensätzliche Bewertung von geistigem Eigentum in Nord- und in Süd-Ländern, bei indigenen Völkern tropischer Zonen und bei Nahrungsmittel- und Pharmakonzernen ist sehr eng mit diesem Gegensatzpaar von globalem Zentralismus und globaler Dezentralisierung verbunden.

Nationale Regierungen, Gemeinden, indigene Völker, transnationale Unternehmen und multilaterale Organisationen müssen zunächst Formen finden, wie sie miteinander im Gespräch bleiben wollen, um den Erhalt der Biodiversität konstruktiv zu verfolgen. Und sie müssen dann zu Vereinbarungen finden, die keine einseitigen Interessen schützen. Der Abschluß der Uruguay-Runde bzw. die neue Welthandelsordnung hat hier noch zu viele Fragen offen gelassen.

Es gibt keine globale Moral und dadurch keine ubiquitär akzeptierbaren Verhaltensregeln für die tausende von Völkern (5.000 ?) auf dieser Erde. Deswegen müssen zunächst die nationalen Politiken eindeutig und klar sein bei ihren Zielen zum Erhalt und zu den Nutzungsformen biologischer Vielfalt. Je klarer diese nationalen Ziele formuliert sind, desto leichter dürfte es fallen, auch international akzeptable Vereinbarungen zu treffen. Erkannt und anerkannt werden muß dabei, daß auch indigene Völker über Gesetze zum Umgang mit natürlichen Ressourcen verfügen. Diese indigenen Gesetze müssen in einem ersten Schritt mit dem positiven Rechtssystem des jeweiligen Nationalstaates abgestimmt werden, damit die indigenen Völker bei den internationalen Verhandlungen wenigstens indirekt beteiligt sind.

Die bisherigen Ergebnisse der UN-Konvention zur Biodiversität zeigen die Schwäche einseitig durchgedrückter Interessen ebenso wie die Ergebnisse der Uruguay-Runde bzw die WTO. Beide multilateralen Vereinbarungen genügen den Anforderungen nach nachhaltiger Sicherung der Biodiversität offensichtlich noch nicht, denn die Nutzensicherung auch für die Völker der Ursprungsländer an den genetischen Materialien ist darin nur sehr vage erfaßt. Die WTO-Konferenz vom Dezember 1996 in Singapur hat diese Interessen- und Wahrnehmungsgegensätze einmal mehr hervorgehoben.

Wir hatten uns - mit wir meine ich die Friedrich-Ebert-Stiftung und das Forum Umwelt & Entwicklung - vorgestellt, daß wir mit einer solchen Veranstaltung zu einer klaren Darlegung der verständlicherweise sehr unterschiedlichen Positionen zum Thema Biodiversität beitragen können - und zwar mit den vier vertretenen Gruppen der Gesellschaft, nämlich den Unternehmen aus der Chemie bzw. Pharmazie, den indigenen Völkern, die direkt und indirekt vertreten waren, durch den Sektor Politik, das heißt konkret Parlament und Ministerialbürokratie und durch die zivile Gesellschaft, worin v.a. NROs, aber auch Forschung und Wissenschaft eingeschlossen sind.

Wir hatten von der Methodik her die Veranstaltung so aufgebaut, daß es drei abgegrenzte Diskussionsrunden gab, die wir wegen ihrer komplementären Besetzung „Runde Tische" genannt hatten:

Runder Tisch I

Michael von Websky, BMU

Biodiversitäts-Konvention

Thomas Plän, INF

Jakarta - Buenos Aires

Diana Pombo, Kolumbien

Moderation:

Thomas Weidenbach, WDR-Köln

Runder Tisch II

Giselle Tamayo, INBio

Das INBio-Abkommen

Matthias Weisheit, MdB-SPD

in Costa Rica

Marina Steindor, MdB-Die Grünen Darrell Posey, Brasilien

Moderation: Gudrun Henne, ECOTERRA, Berlin

Runder Tisch III

Alfredo Viteri, Ecuador

Andere Formen ausgewogener Nutzerinteressen

Horst Glatzel, BMU
Dieter Berg, BAYER AG
Lioba Rossbach, Klimabündnis



Moderation: Christoph Matschie, MdB-SPD

Am ersten Tisch wollten wir einfach noch einmal in Erinnerung bringen, wo steht denn die internationale Diskussion zu Biodiversität. Das heißt, was ist bei den bisherigen Konferenzen der Vertragsstaaten zur Biodiversitätskonvention heraus gekommen; was besonders bei der Jakarta-Konferenz vom November 1995; und was war daran wichtig für die beiden Schwerpunktbereiche, über die wir diskutieren wollten, nämlich Zugangsrechte und geistige Eigentumsrechte und welchen Ausblick könnte man im Mai 1996 möglicherweise schon auf die dritte Konferenz zum Jahresende 1996 in Buenos Aires geben (COP III).

Der zweite Tisch diente einer Fall-Diskussion. Wir hatten das Beispiel INBio in den Mittelpunkt gestellt, von dem sicherlich einige Interessierte auch schon vor unserer Einladung gehört oder darüber gelesen hatten.

Der dritte Tisch diente dann vor dem Hintergrund der beiden ersten Gesprächsrunden zur Diskussion sonstiger Formen und Alternativen zu INBio. Den Einstieg in diese Diskussion bot der Vertreter der indigenen Völker von Ecuador bzw. Amazoniens.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-bibliothek | 12.1. 1998

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