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Vorwort


Mit seiner grundsätzlichen Entscheidung vom 10. November 1998 hat das Bundesverfassungsgericht das Thema Familienlastenausgleich erneut auf die politische Tagesordnung gesetzt.

Es hat Freibetragsregelungen im Einkommensteuergesetz hinsichtlich Kinderbetreuungskosten und Erziehungsbedarf, die nur für alleinerziehende Elternteile gelten, für verfassungswidrig und für unvereinbar mit dem Gleichheitsgrundsatz erklärt.

Nach Auffassung des Gerichts haben auch in ehelicher Gemeinschaft lebende Eltern Anspruch auf einen steuermindernden Abzug dieser Kosten. Ihre durch Kinderbetreuung und Kindererziehung eingeschränkte Leistungsfähigkeit müsse zusätzlich zur steuerlichen Berücksichtigung des sächlichen Existenzminimums steuermindernd anerkannt werden. Spätestens bis zum 1. Januar 2000 - so die Entscheidung des Gerichts - müsse die steuerliche Berücksichtigung eines Betreuungsbedarfs und spätestens ab 1. Januar 2002 die steuerliche Berücksichtigung eines Erziehungsbedarfs neu geregelt werden.

Vor diesem Hintergrund fand im Sommer 1999 in Bonn unter der Leitung der frauenpolitischen Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Hildegard We-ster, MdB, eine Gesprächskreisveranstaltung statt zum Thema: Zur Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10. November 1998 zur steuerlichen Entlastung von Familien. Die vorliegende Broschüre enthält die Referate von dieser Veranstaltung in überarbeiteter Fassung.

Hildegard Wester, MdB, beschreibt in ihrem einführenden Referat zunächst die familienpolitischen Leistungen der SPD in der jüngeren Vergangenheit. Sie betont, dass es trotz immer enger werdender finanzieller Spielräume für zusätzliche Maßnahmen ein besonderes Anliegen der SPD sei, Deutschland wieder zu einem kinder- und familienfreundlichen Land zu machen.

Die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister der Finanzen, Dr. Barbara Hendricks, MdB, setzt sich in ihrem Referat zunächst mit verschiedenen Modellen zur gesetzgeberischen Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auseinander. Folgende Bandbreite an Modellen stehe zur Zeit in der öffentlichen Diskussion, wie:

  • die reine Kinderfreibetragslösung ohne Kindergeld
  • das Kinderfreibetragsmodell mit ergänzendem Kindergeld in Anlehnung an das bestehende System


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  • ein Kindergrundfreibetragsmodell
  • eine Kombination aus Kinderfreibetrag und Kindergrundfreibetrag und
  • die reine Kindergeldlösung

Dr. Barbara Hendricks erklärt zunächst, dass die Vorgaben des Gerichts rechtzeitig umgesetzt werden, wobei sich die Bundesregierung im Rahmen eines Familienentlastungsgesetzes für das Konzept: Erhöhung des Kinderfreibetrages mit ergänzendem Kindergeld entschieden hätte. In der ersten Stufe ab dem Jahr 2000 soll zusätzlich zu dem Kinderfreibetrag ein Freibetrag für Kinderbetreuung eingeführt werden, darüber hinaus wird das Kindergeld nochmals um 20 Mark pro Kind angehoben. Ab dem Jahr 2002 müßte dann in einer zweiten Stufe die steuerliche Berücksichtigung des Erziehungsbedarfs geregelt werden. Ziel der gesetzlichen Neuregelung sei der Wunsch nach einer nachhaltigen steuerlichen Entlastung von Familien mit Kindern unter besonderer Berücksichtigung von Eltern mit niedrigen Einkommen.

Die Entscheidung sei in das Gesamtkonzept der Finanz-, Haushalts- und Steuerpolitik eingebettet. Man hätte das Wünschenswerte mit dem finanzpolitisch Möglichen und Verantwortbaren abstimmen müssen.

Wolf Brühan, Geschäftsführer des Bundesverbandes Neue Erziehung, sieht in dem Lösungsansatz der Bundesregierung einen realistischen Weg zur Erfüllung des Karlsruher Urteils. Gleichzeitig betont er aber in seinem Beitrag, dass es bis zu einem gerechten Familienlastenausgleich noch ein weiter Weg sei. Ebenso wichtig wie die finanzwirtschaftliche, technische Erfüllung des Urteils sei eine grundlegende gesellschaftliche Reform des Familienlastenausgleichs. Eine sozial ausgewogene und nachhaltige Politik für Familien müsse u.a. auch folgende Gesichtspunkte berücksichtigen: Neben der Verbesserung der materiellen Lebensbedingungen der Familien, zu denen auch der Abbau von Arbeitslosigkeit und die Sicherung bezahlbaren Wohnraumes gehörten, vor allem Leistungen wie Kindergarten, Freizeiteinrichtungen, Schulen und Elternbildung.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur steuerlichen Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten für Familien mit Kindern wurde von zahlreichen TeilnehmerInnen als Meilenstein in der Frauen- und Familienpolitik und neue politische Weichenstellung begrüßt. Kritik entzündete sich vor allem auf Seiten von VerbandsvertreterInnen an der mangelhaften Unterstützung alleinerziehender Mütter und Väter, sowie an der Tatsache, dass die Neuregelung Familien, die von Sozialhilfe leben, nicht berücksichtigt.

Breiten Raum in der Diskussion nahm auch die Frage ein, weshalb sich die Bundesregierung offenbar scheut, zur Finanzierung der vorgesehenen familienpolitischen Maßnahmen an das in breiten Teilen der Bevölkerung als sozial ungerecht empfundene Ehegattensplitting heranzugehen.

Mit der vorliegenden Broschüre wollen wir die Aufmerksamkeit einer breiten Öffentlichkeit auf Lösungsansätze lenken, die die aktuelle gesellschaftspolitische Diskussion zur Weiterentwicklung des Familienlastenausgleichs bestimmen.

Wir danken den AutorInnen für ihr Einverständnis, ihre Referate in der vorliegenden Form veröffentlichen zu dürfen.

Dr. Monika Langkau-Herrmann
Leiterin des Referats Frauenpolitik


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Mai 2000

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