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TEILDOKUMENT:


[Seite der Druckausg.: 254 ]


ROLAND BERGER
KOOPERATION VON POLITIK, WIRTSCHAFT, WISSENSCHAFT UND GEWERKSCHAFTEN IN DER TECHNOLOGIEPOLITIK


Zum Thema „Die Zukunft von Technik und Gesellschaft als Gegenstand der Politik" habe ich fünf Thesen entwickelt, die ich zunächst kurz vorstellen und anschließend ausführlicher kommentieren möchte.

These 1:
Als rohstoffarmes Land kann Deutschland nur durch technologische Innovation, durch eine konzertierte High-Tech-Initiative seine globale Wettbewerbsfähigkeit zurückgewinnen und damit Wachstum, Beschäftigung und Wohlstand erhalten und steigern,

Aus dieser Notwendigkeit ergeben sich die nächsten vier Thesen.

These 2:
Wir brauchen eine grundsätzliche gesellschaftliche Akzeptanz für den technologischen Fortschritt.

These 3:
Unsere Unternehmen müssen ihre Forschungs- und Entwicklungsleistungen besser, das heißt marktgerechter, umsetzen und durch kostengünstige Wertschöpfungsprozesse Massenmärkte erschließen.

These 4:
Wir brauchen eine staatlich geförderte Technologiepolitik im Rahmen eines Struktur- oder Technologiedialogs zwischen Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gewerkschaften.

These 5:
Das Bewahren/die Wiedergewinnung der globalen technologischen Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft braucht den Rahmen eines wirtschaftlich, möglichst auch politisch vereinten Europas.

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These 1: Deutschland braucht technologische Innovationen, eine konzertierte High- Tech-lnitiative!

Deutschland ist ein relativ kleines und rohstoffarmes Land. Seit der Wiedervereinigung ist Deutschland auf der Wohlstandsskala der großen Industrienationen, gemessen am Bruttoinlandsprodukt pro Kopf, von Platz 3 auf Platz 13 zurückgefallen. Im vergangenen Jahr hat Japan Deutschland als Exportweltmeister für Industriegüter abgelöst. Gegen starke und stärker werdende Wettbewerber auf dieser Welt müssen wir versuchen, den Platz auf der Wohlstandsskala der Nationen zurückzuerobern. Wir tun dies vor einem Hintergrund, der nicht sehr günstig ist. Zwar ist die Rezession vorüber, die Strukturkrise aber noch lange nicht. Ein Indikator dafür ist die hohe und weiter wachsende Sockelarbeitslosigkeit.

Die Entdeckung, Entwicklung und Nutzung von neuen und international überlegenen Technologien ist eine grundlegende Voraussetzung für unsere Wettbewerbsfähigkeit und damit auch für unser Wachstum, unsere Beschäftigung und unseren Wohlstand.

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Der bisherige wirtschaftliche Erfolg der Bundesrepublik Deutschland, der sich einstmals in den hohen Exporterfolgen der deutschen Industrie niederschlug ist geprägt durch die technologische Kompetenz in traditionellen, reifen Produktindustrien wie im Maschinen- und Anlagenbau, im Straßenfahrzeugbau, in der Elektrotechnik und in der Chemie.

In diesen Bereichen sind die Deutschen auch im Erfinden und Tüfteln stark. Im Maschinenbau und bei den Autos ist jede vierte weltweite Erfindung „made in Germany". In der Chemie dominieren Bayer, BASF und Hoechst.

Deutschland liegt auch in vielen Forschungsgebieten mit an der Spitze. Dies kommt in Forschungserfolgen bei der Gentechnologie, der Halbleiterphysik, bei neuen Materialien und der Supraleittechnik zum Ausdruck. Diese Erfolge sind auf die gute Ausbildung unseres technisch-wissenschaftlichen Personals, die lange Tradition dieser Gebiete an Universitäten und Forschungsinstituten und unserer guten Forschungsinfrastruktur zurückzuführen.

Diese Erfolge dürfen jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Schwerpunkte unserer Wirtschaft viel zu wenig bei den neuen Zukunftstechnologien liegen. Zwar vereinigt Deutschland ein Drittel aller Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen im EWR auf sich, aber in den letzten Jahren sind auch unsere Ausgaben für Forschung und Entwicklung zum Spargegenstand geworden. Sie sanken von 2,9 % des BIP im Jahre 1987 auf 2,6% im Jahr 1992.

Trotz des relativ hohen Technologiestandards in den deutschen Unternehmen und in der deutschen Volkswirtschaft müssen wir u.a. deshalb feststellen, daß wir in Deutschland die Chancen der Hochtechnologie nicht genügend genutzt haben. Unsere Hochtechnologie hat ihren Anteil am Bruttosozialprodukt in den letzten 20 Jahren nicht steigern können, während dies in Japan und den USA sehr wohl um jeweils zwei Fünftel möglich gewesen ist. Entsprechend haben Amerikaner und Japaner am Weltmarkt für High-Tech-Güter heute Anteile von 28,5 % bzw. 17,2 % gegenüber nur 14% der Deutschen.

Der zukünftige wirtschaftliche Erfolg Deutschlands wird aber entscheidend davon abhängen, inwieweit wir im Bereich der neuen Zukunftstechnologien, wie z. B. der Mikroelektronik, der Informations- und Kommunikationstechnologie, der Bio- und Gentechnologie, der Luft- und Raumfahrtindustrie oder der Off-Shore-Technologie, mithalten können.

Diese neuen Technologien sind Schlüsseltechnologien mit großen Wachstums- und Anwendungspotentialen. Ihre Bedeutung liegt zum einen darin, daß sie alten Anwenderindustrien, wie z. B. dem Maschinen- und Anlagenbau zu neuer Bedeutung und zu neuen Wachstumsimpulsen verhelfen können.

Zum anderen tragen sie dazu bei, neue Anwenderindustrien und Dienste wie z. B, die mobile Kommunikationstechnologie, die Informatik oder die Biomedizin als neue Domänen der deutschen Wirtschaft zu etablieren.

Hier haben die Deutschen Defizite. Schwächen liegen insbesondere:

  • im Bereich der Mikroelektronik und Optoelektronik, in denen Japan führend ist,
  • in den Bereichen Neue Werkstoffe, Biotechnologie und Computerhard- und -Software, in denen die USA führend sind.

Eine Studie aus dem Hause Roland Berger & Partner hat gezeigt, daß Deutschland im Bereich der Hochtechnologie bei ähnilichen relativen Erfolgen wie die USA und Japan

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500.000 zusätzliche Arbeitsplätze in der Industrie und in davon abhängigen Bereichen schaffen könnte.

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These 2: Wir brauchen eine grundsätzliche gesellschaftliche Akzeptanz für den technologischen Fortschritt!

Demokratische Politik braucht Mehrheiten. Wenn die Mehrheit unserer Bevölkerung den technischen Fortschritt ablehnt, werden die Rahmenbedingungen für Forschung und Entwicklung negativ.

Eine Umfrage des Allensbacher Instituts aus dem Jahr 1992 verdeutlichte die Einstellung der deutschen Bevölkerung zum technischen Fortschritt im Jahr des Beginns der Rezession. Damals empfanden nur noch 36 % der deutschen Bevölkerung Technik als Segen. 1966 waren es noch 72 % und 1973 immerhin noch 55 % gewesen. Risiken im technischen Fortschritt wollten nur 32 % der Bevölkerung in Kauf nehmen. 51 % wollten auf technischen Fortschritt lieber verzichten, wenn es dabei nur ein geringes Risiko für den Menschen gäbe.

In einem solchen Meinungs- und Stimmungsfeld kann technischer Fortschritt nur begrenzt existieren; die Rahmenbedingungen jedenfalls verschlechtern sich. Die Folgen liegen auf der Hand:

  • Deutsche Unternehmen verlagern ihre Forschungsstätten und im Anschluß daran ihre Produktionsstätten ins Ausland. Oder sie bleiben hier und gefährden damit ihre zukünftige Existenz, was sie aber sicherlich nicht tun werden!
  • Deutsche Forscher fühlen sich verkannt und sind demotiviert. Es droht wieder ein „Brain drain" in Richtung USA.

Zu der mangelnden gesellschaftlichen Akzeptanz kommt die Konjunkturschwäche. Nach Aussage von Dr. Hans Dietrich Winkhaus, Vorstandsvorsitzender der Henkel AG, hatten 1993 von 2.500 fertigen Diplomchemikern nur 300 Aussichten auf eine Anstellung in der Industrie. So werden in unserer Volkswirtschaft Talente und Ressourcen vergeudet. All dies muß früher oder später zu Wachstumsschwäche, Beschäftigungs- und Wohlstandsrückgang führen.

Aus diesem Grund müssen wir alle, in erster Linie die führenden Frauen und Männer in Wirtschaft, Wissenschaft, Gewerkschaften und Politik, eine gewaltige Anstrengung unternehmen, um verlorenes Terrain wieder gut zu machen.

Damit soll keiner blinden und völlig unkritischen Fortschritts- und Technologiegläubigkeit das Wort geredet werden. Technologischer Fortschritt kann Risiken bergen. Aber nur im bewußten und kontrollierten Umgang mit Technologie lassen sich Risiken erkennen, einschätzen und auch vermeiden. Und nur mit Technologie sind Risiken der Technik zu beseitigen und zu begrenzen.

Wenn aber eine kleine Gruppe von Technik-Kritikern die öffentliche Meinung eines Landes bestimmt, kann von einem verantwortungsvollen Umgang mit neuen Technologien nicht mehr gesprochen werden.

Das Beispiel Gentechnologie zeigt, wohin einseitig negative Meinungsbildung und ge-

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sellschaftliche Ablehnung führen kann. Während 1992 in den USA 300 und in Japan 130 gentechnische Produktionsanlagen existierten, waren es in Deutschland nur sechs!

Dabei verspricht der Markt für Gentechnologie eine Umsatzsteigerung von 10,2 Mrd. DM auf 167 Mrd. DM bis zum Jahr 2000, d. h. Wachstumsraten von jährlich durchschnittlich 36 %. Sind die Deutschen hier dabei, an einem zukünftigen Wachstumsmarkt vorbeizugehen und den Anschluß an eine Basistechnologie der nächsten Jahrzehnte zu versäumen?

Heute, während die schwerste Rezession der Bundesrepublik Deutschland in der Nachkriegszeit langsam abflaut, beginnt sich die Haltung der Deutschen langsam zu wandeln. Die Sorge um Beschäftigung und Wachstum steht auf der Betroffenheitsskala ganz oben. Die Erkenntnis, daß der technische Fortschritt und der wirtschaftliche Wohlstand einer Gesellschaft, insbesondere in dem kleinen, rohstoffarmen Hoch-Kosten-Land Deutschland, untrennbar zusammengehören, beginnt sich ganz allmählich - aber viel zu langsam - wieder durchzusetzen. Hoffentlich setzt sie sich überhaupt durch!

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These 3: Unsere Unternehmen müssen ihre Forschungs- und Entwicklungsleistungen besser, d. h. marktgerechter, umsetzen und durch kostengünstige Wertschöpfungsprozesse Massenmärkte erschließen!

Verbesserungsmöglichkeiten gibt es in Deutschland noch immer, vor allem im Bereich der Umsetzung von Forschungs- und Entwicklungsergebnissen in marktfähige Produkte und Verfahren. In Deutschland wird das reichlich vorhandene Wissen der Grundlagenforschung nicht in ausreichendem Maße in Markterfolge umgesetzt.

Man denke in diesem Zusammenhang an Konrad Zuse, der den Computer erfunden hat, woraus IBM und viele Nachfolgefirmen - leider bisher keine deutsche - kommerzielle Welterfolge gemacht haben. Oder an die Beispiele Telefax und Autofocuskamera. Beide wurden in Deutschland erfunden und entwickelt. Aufgegriffen wurden sie aber von den Japanern, die daraus Welterfolge gemacht haben, so daß wir heute zwischen 90 und 100 % dieser Produkte aus Südostasien importieren und fast nichts mehr selbst herstellen. In die Reihe der Versäumnisse gehört auch die mangelnde Ausnutzung der Flüssigkristallanzeigen (LCDs) mit dem Anwendungsgebiet in flachen Bildschirmen von Fernsehern und Computern ebenso wie von Galliumarsenid, das als Material für elektronische Bauelemente bei Siemens entwickelt, aber in den USA kommerzialisiert wird.

Es ist schlicht und ergreifend so, daß Europa und Amerika gut in Forschung, Entwicklung und Innovation sind. Die Amerikaners aber außerdem gut in der Umsetzung von Forschung und Entwicklung in innovative Technologien und der ersten Vermarktung. Der Hauptvorteil der Japaner liegt in der überlegenen Prozeßtechnologie, die es ihnen ermöglicht, die breite Vermarktung zu geringen Kosten zu übernehmen. Damit gelingt es ihnen, den Amerikanern und Europäern die Massenmärkte streitig zu machen.

In Amerika ist es das gesellschaftliche Umfeld, das den dynamischen Unternehmer fördert und auch, z. B. über Venture Capital, die notwendigen finanziellen Mittel anvertraut und ihm auch die gesellschaftliche Anerkennung im Erfolgsfall zukommen läßt.

In Japan wird der gesellschaftliche und technologisch-wirtschaftliche Konsens durch die Gruppenkultur und das MITI verkörpert.

In Deutschland hingegen gibt es zuwenig Einzelinitiative in einer Wirtschaft, die stark

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von Großunternehmen, traditionellen Verbindungen und Verflechtungen geprägt ist. Dem einzelnen Erfinder oder Garagenbastler werden wenig Chancen und noch weniger Risikokapital eingeräumt. Es fehlt eine wirksame Kooperation von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gewerkschaften im Rahmen einer Technologiepolitik.

Die Leistungsschwerpunkte heute beginnen sich aber zu verwischen. Japan ist dabei, im Bereich der Forschung und Entwicklung aufzuholen. Die Amerikaner haben uns gezeigt, wie man von den Japanern auch in den Prozeßtechnologien lernen und sie sogar überholen und damit Massenmärkte zurückgewinnen kann.

Die Deutschen sind dabei, das Aufholen insbesondere in der Prozeßtechnologie und -Organisation bei traditionellen Industrien wie Automobil und Maschinenbau zu lernen. Dagegen deuten alle Zeichen daraufhin, daß in der Innovation Rückstände nicht aufgeholt werden. Daher meine These 4.

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These 4: Wir brauchen eine staatlich geförderte Technologiepolitik in Form eines Struktur- oder Technologiedialogs zwischen Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gewerkschaften!

Über Technologie oder gar moderate Industriepolitik zu sprechen, ist unpopulär in Deutschland, weil wir uns einem falsch verstandenen Liberalismus verschrieben haben. Wir müssen aber sehen, daß die Verhältnisse auf der Welt heute nicht den idealen liberalen ordnungspolitischen Vorstellungen entsprechen. Deshalb brauchen wir Technologiepolitik und zwar im wesentlichen aus zwei Gründen:

Wir sind bei verschiedenen Technologien in Rückstand geraten. Der Aufholprozeß fordert aber einen Aufwand an finanziellen Mitteln, die das Risikopotential eines einzelnen -auch großen Unternehmens - überschreitet.

Aus diesem Grund ist es notwendig, daß im Konsens von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gewerkschaften Mittel der Gesellschaft aufgebracht werden, um den Aufholprozeß bis zum Markterfolg bei modernen Zukunftstechnologien finanzieren zu können. Ein klassisches Beispiel ist der Airbus: Die von der Bundesregierung vorgeschossenen Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen betrugen nicht mehr als zwei Jahre Kohlesubventionen. Im Ergebnis aber haben Deutschland und Europa eine relevante Position in der Flugzeugindustrie zurückerobern können. Ähnliches sollte uns durch eine aktive Technologiepolitik auch in anderen Zukunftsmärkten gelingen können.

Ein zweiter Grund für die Notwendigkeit von Technologiepolitik liegt einfach darin, daß im weltweiten Wettbewerb nicht nur Unternehmen miteinander konkurrieren, sondern vor allem oligopolistische Großunternehmen de facto mit ihren Staaten im Rücken konkurrieren. Unterstützt werden unsere Großunternehmen nicht, das heißt, halten wir uns nicht an diese - ordnungspolitisch möglicherweise bedauernswerten, aber dennoch realen - Spielregeln, so werden wir angesichts der gigantischen Aufwendungen, die moderne Technologien erfordern, im weltweiten Wettbewerb um die Zukunftsmärkte zurückfallen.

Wir brauchen also zugleich mehr und weniger Staat. Mehr Staat in seiner Rolle als Koordinator, Manager, Mittler zwischen Wirtschaftlern und Wissenschaftlern, Arbeitgebern und Arbeitnehmern, Unternehmern und Banken etc. und als Mit-Risiko-Träger. Weniger Staat in den Bereichen Regulierungsdichte, Verwaltungsabläufe und soziale Sicherung.

Im Vertrag von Maastricht ist diese neue Aufgabe des Staates m. E. gut definiert wor-

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den. § 130 stattet die Gemeinschaft erstmals mit einem gezielten industriepolitischen Auftrag aus und überträgt ihr weitreichende Kompetenzen in der anwendungsbezogenen Forschungs- und Entwicklungspolitik. Dahinter steht das Bestreben, die Anpassungsfähigkeit der Industrie im Strukturwandel zu verbessern und die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu stärken.

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These 5: Das Bewahren / die Wiedergewinnung der globalen technologischen Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft braucht den Rahmen eines wirtschaftlich und möglichst auch politisch geeinten Europas!

Selbst das technologiestärkste Mitglied der EU, Deutschland, gab 1992 nur 80 Mrd. DM oder 2,6 % seines BIP für Forschung und Entwicklung aus. Frankreich liegt bei 2,4 %, GB bei 2,2 %. Demgegenüber liegen die Ausgaben Japans bei über 3 %, d. h. 170 Mrd. DM und die der USA bei 2,8 % des BIP oder ca. 270 Mrd. DM.

Gelänge es aber, Europas Aufwendungen für private und öffentliche Forschung und Entwicklung nicht nur auf das amerikanische Niveau von 2,8 % zu heben, sondern auch in gemeinschaftliche, private wie öffentliche, europäische Vorhaben umzusetzen, so kämen wir auf ein F+E-Budget der EU, das mit 340 Mrd. DM das amerikanische Budget überträfe und sogar doppelt so groß wie das japanische wäre.

Wir brauchen Europa, weil wir in diesem größeren Markt mehr finanzielle Mittel effizienter einsetzen können. Nur im europäischen Verbund lassen sich „economies of scale" realisieren und zwar sowohl bei den Forschungs- und Entwicklungskosten als auch bei deren Amortisation durch die wirtschaftliche Nutzung von Forschungsergebnissen im großen europäischen Heimatmarkt. So wie jedes globale Unternehmen müssen auch die europäischen Großunternehmen das „Magische Dreieck" der „drei S": Speed, Scale und Share beherrschen, um im globalen Wettbewerb der Triade USA, Japan und EU bestehen zu können. Dazu brauchen sie aber den großen europäischen Heimatmarkt,

Speed, um europaweit die notwendigen Entwicklungs- und Innovationszeiten drastisch zu verkürzen und mit neuen Produkt- und Prozeßtechnologien schneller am Markt zu sein.

Scale, um durch europaweit integrierte Wertschöpfungsstrukturen Kostenführerschaft zu erringen, einerseits „economies of scale" und andererseits die lokalen Vorteilspositionen einzelner Länder bezüglich Kosten und Leistung zu optimalen Stückkosten zu kombinieren.

Share, um im europäischen Heimatmarkt - unter Berücksichtigung lokaler Marktdifferenzierungen - Marktanteilsführerschaft schnellstmöglich zu erreichen und damit die Amortisation von Forschungs- und Entwicklungskosten und die Kostenführerschaft für Massenmärkte zu ermöglichen.

Was die einzelnen europäischen Nationen nicht zustandebringen können, können die Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft eines vereinten Europas durchaus leisten - nämlich den Turn-around unserer veralteten Wirtschaftsstrukturen in innovative Wachstums- und beschäftigungsstarke sowie im technologischen und gesellschaftlichen globalen Wettbewerb leistungsfähige unternehmerische Strukturen und damit die Überwindung unserer Wachstums- und Beschäftigungskrise.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Februar 2001

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