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[Seite der Druckausg.: 61 /Fortsetzung)]


4. Zielorientierte Kontrolle und Bewertung, leistungsorientierte Mittelverteilung

Vor dem Hintergrund der zunehmenden Dezentralisierung und der damit verbundenen verstärkten Ansiedlung der Zuständigkeit und Verantwortung für das Verausgaben und Verwalten der Strukturfondsmittel auf der Ebene der Mitgliedstaaten gewinnt die Kontrolle und Bewertung an Bedeutung. Sie soll den korrekten, effizienten und wirksamen Einsatz der Strukturfondsmittel sicherstellen, um die hohen Ausgaben vor dem Steuerzahler aber auch im Interesse der Begünstigten zu rechtfertigen.

In diesem Sinne wertet die Strukturfondsverordnung für die Förderperiode 2000-2006 die Kontrolle und Bewertung deutlich auf. Dies geschieht einerseits durch eine klare Zuordnung der Aufgaben, Zuständigkeiten und Verantwortungsbereiche zu den verschiedenen Akteuren. So wird durch die Einführung einer Zahlstelle in der aktuellen Förderperiode deutlich zwischen den Aufgaben der Programmverwalter und denen für die Zahlungen und Rechenschaftslegung gegenüber der Europäischen Kommission zuständigen Stellen unterschieden. Auf diese Weise wird die finanztechnische Kontrolle gestärkt.

Das Kontroll- und Bewertungssystem wird andererseits hinsichtlich seiner Aufgabe zur fachlichen Kontrolle aufgewertet: So soll es neben der Kontrolle des

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Verlaufs und der Ergebnisse der Strukturpolitik verstärkt als Möglichkeit zur Programmsteuerung dienen, indem es den für die Programmsteuerung Verantwortlichen Erkenntnisse über die eigenen Handlungsspielräume und über die Wege, diese am wirksamsten auszuschöpfen, vermittelt. Zunächst wird grundsätzlich die Notwendigkeit diskutiert, die finanztechnische und inhaltliche Kontroll- und Bewertungsansätze zu stärken. Im folgenden werden die in der Verordnung verankerten Instrumente und Standards zu ihrer Umsetzung unter den Stichpunkten quantifizierte Zielsetzung, Wettbewerbselemente, konzentrierter Bewertungsansatz, partnerschaftliche Herangehensweise und Evaluationskultur erörtert. Hierbei liegt der Schwerpunkt auf der fachlichen Zielkontrolle.

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4.1 Stärkung des fachlichen Ansatzes gegenüber der finanztechnischen Kontrolle

Der in der Generaldirektion Regionalpolitik der Europäischen Kommission zuständige Referatsleiter für den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung hebt hervor, dass eine fachliche Kontrolle der Programme bereits in den vorhandenen Regelungen angelegt ist. Die fachliche Kontrolle nimmt hier folgende Form an: klare Zielvorgaben, deren Überprüfung in der Halbzeitbewertung, daraus erwachsende Konsequenzen für das Programm und eine sich anschließende Anpassung der Programme. Der im Wirtschaftsministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern zuständige Abteilungsleiter für Wirtschafts-förderung und EU-Wirtschaftspolitik und Strukturfonds bemängelt den vorhandenen Ansatz zur permanenten fachlichen Erfolgskontrolle in der quantifizierten Ex-ante Evaluierung und den darauf aufbauenden Jahresberichten.

Der Leiter der Forschungsstelle Berufsbildung, Arbeitsmarkt und Evaluation der Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege (FBAE) plädiert hingegen für eine über die bisherigen Ansätze hinausreichende stärkere Orientierung in Richtung einer fachlichen Bewertung. Auf diese Weise könnte über die bisherige Dokumentationsfunktion des Systems hinaus eine Lernfunktion im Sinne eines Beitrags zur Qualitätsverbesserung der Programme und zur Optimierung des Mitteleinsatzes angestrebt werden.

Der Hintergrund seiner Forderungen sind zwei Entwicklungen. So klafft auf der einen Seite eine erhebliche Lücke zwischen der Bedeutung der fachlichen Zielkontrolle im Sinne eines modernen Verwaltungs-managements und der

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praktischen Realisierung der zielorientierten Bewertung. Auf der anderen Seite sieht er eine gravierende Diskrepanz zwischen den wissenschaftlichen Möglichkeiten zur fachlichen Programmbewertung und der konsequenten Nutzung dieser Möglichkeiten in der Praxis. In der Praxis der Strukturfondsförderung dominieren seiner Erfahrung nach aufgrund der Regelungsdichte der Strukturfonds einerseits und der deutschen Verwaltungstradition andererseits formaljuristische und finanztechnische Fragen über Aspekte der zielorientierten Kontrolle der Programme. So werden fachliche Programmbewertungen von den für die Umsetzung der Strukturfonds verantwortlichen Akteuren häufig primär zur Erfüllung ihrer Berichterstattungspflichten gegenüber der Europäischen Kommission vorgenommen, jedoch kaum als Möglichkeiten zur Programmsteuerung genutzt. Die Begleitsysteme sind dementsprechend auf die finanzielle Berichterstattung und Kontrolle der Programme und nur unzureichend auf die Anforderungen einer fachlichen Programmbewertung abgestimmt.

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4.2 Quantifizierte Zielsetzungen

4.2.1 Quantifizierte Ziele als Methode zur Stärkung der fachlichen
Kontrolle

Als grundlegende Voraussetzung für eine zielorientierte Kontrolle und Bewertung von Fördermaßnahmen sehen der Vertreter der FBAE und der Bereichsleiter Arbeitsmarkt- und Evaluationsforschung am Institut für Strukturpolitik und Wirtschaftsförderung Halle-Leipzig e.V. (isw) die Festlegung von überprüfbaren Programmzielen und eindeutigen Indikatoren in der Planungsphase. Auf diese Weise wird ermöglicht, dass Behörden die Programme entsprechend den erzielten Ergebnissen permanent steuern. Dem Vertreter des isw zufolge bedarf es jedoch einer differenzierten Herangehensweise bei der Soll-Ist-Bewertung. Nur wenn anerkannt wird, dass der Erfolg einer Fördermaßnahme von vielen externen Faktoren abhängt, die außerhalb der Verantwortung der Verwaltungsbehörde liegen, kann erreicht werden, dass Behörden nicht nur aufgrund ihrer Erfahrungswerte sicher zu erreichende Größen als Quantifizierungen angeben und die Steuerfunktion des Instrumentes damit ausgehebelt wird. Die Komplexität der Erfolgsmessung verdeutlicht der Vertreter der Generaldirektion Regionalpolitik der Europäischen Kommission in Brüssel exemplarisch an einem Beispiel. So sind die Kosten für die Schaffung eines Arbeitsplatzes als Erfolgsmaßstab irreführend, da diese in hochentwickelten Industrieländern ganz anders ausfallen als in niedriger entwickelten Industrieländern.

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Zudem ist es nicht sinnvoll, nur preiswerte Arbeitsplätze zu fördern, weil diese häufig nicht langfristig bestehen. Die Förderung überwiegend teurer Arbeitsplätze führt hingegen dazu, dass nur eine geringe Anzahl gefördert werden kann.

Der Hauptnutzen einer Bewertung liegt nach Auffassung des Wissenschaftlers am isw jedoch nicht in der Aussage, ob Ziele erreicht wurden oder nicht, sondern darin, dass verschiedene Ressorts sich klar machen, was mit einem bestimmten Budget erreicht werden soll und sich auf diese Weise Handlungsspielräume zur Erreichung von arbeitsmarkt- und wirtschaftspolitischen Effekten bewusst machen. Die entscheidende Frage in der Bewertung ist demzufolge, ob hinsichtlich der regionalspezifischen Schwachstellen und Entwicklungspotentiale die eingesetzten Instrumente richtig ausgerichtet, die richtigen Projekte ausgewählt und die richtigen Maßnahmen getroffen worden sind. Ob also die EU-kofinanzierten Förderprogramme nachhaltige regionalökonomische Impulse gegeben haben.

Der Vertreter des Wirtschaftsministeriums des Landes Mecklenburg-Vorpommern gibt zu bedenken, dass auch im Rahmen von nationalen Programmen Ziele festgelegt und kontrolliert werden und als Entscheidungsgrundlage für die politische Führung hinsichtlich der Anpassung, Änderung oder Fortschreibung von Programmen und Instrumenten dienen. Dies geschieht aufgrund der Rechenschaftspflicht der Verwaltung bei der Ausgabe von öffentlichen Geldern gegenüber dem Parlament. Die EU habe dieses bereits in Deutschland vorhandene, sehr ausgeklügelte System in einer Form perfektioniert, dass sich angesichts der damit verbundenen hohen personellen und finanziellen Belastungen des Mitgliedstaates die Frage nach der Rechtfertigung des verursachten Aufwandes im Verhältnis zum verfolgten Ziel eines gesicherten effizienten und wirtschaftlichen Einsatzes der Strukturfonds stellt.

Der Vertreter der FBAE stimmt ihm in Bezug auf die hohe finanztechnische Regelungsdichte in Deutschland, die durch die Vorgaben der EU zu doppelter und dreifacher Arbeit für die öffentliche Verwaltung führt, zu. Jedoch sieht er hinsichtlich der Ermittlung fachlicher Zielerreichungen in Deutschland keine ausreichende Umsetzung. In diesem Bereich gab es ihm zufolge durch die Europäische Union seit 1989 wichtige Impulse. Der Vertreter aus Brüssel weist in diesem Zusammenhang einerseits darauf hin, dass in manch anderen Mitgliedstaaten in Bezug auf die fachliche Kontrolle seit 1989 weit größere Erfolge erzielt wurden. Andererseits gibt er zu bedenken, dass die fachliche Er-

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folgskontrolle nicht nur ein Anliegen der Europäischen Kommission, sondern auch des Bundesrechnungshofes ist. So hat auch er festgestellt, dass in Deutschland Subventionen ohne festgelegte Zielvorgaben gewährt wurden.

Hinsichtlich der Finanzkontrolle stellt er Deutschland hingegen ein gutes Zeugnis aus. So gibt es sehr wenige Betrugsfälle. Unregelmäßigkeiten treten eher auf, weil etwas gefördert wurde, was nicht förderfähig war oder Fördermittel in der Vor- oder Nachförderperiode ausgezahlt wurden oder Gemeinschaftspolitiken nicht beachtet wurden.

4.2.2 Hindernisse für eine Zielquantifizierung

Die Vertreterin der Grünen Liga Berlin e.V. hebt die Bedeutung einer detaillierten Analyse der zu verändernden Ausgangssituation für die Aufstellung von quantifizierten Zielen als Entscheidungsgrundlage für die Verwaltung hervor. Insofern sieht sie angesichts der unzureichend beschriebenen Umweltsituation im Regionalentwicklungsplan die Voraussetzung für die Quantifizierung von Umweltzielen nicht gegeben.

Der Vertreter der Industrie- und Handelskammer Frankfurt/Oder spricht sich gegen eine exakte Benennung und Quantifizierung von Zielen für einen Zeithorizont von mehreren Jahren aus, weil dies die notwendige hohe Flexibilität der Förderung bei der Reaktion auf die Erfordernisse der Wirtschaft einschränkt. Der Vertreter aus Mecklenburg-Vorpommern hält dem entgegen, dass mit Hilfe der Jahresberichte, in denen die Ziele, der Erreichungsgrad und Begründungen für Abweichungen aufgeführt werden, und die als Grundlage für eine Anpassung der Programme durch den Begleitausschuss dienen, die Möglichkeit zur Flexibilität trotz der langen Planungsdauer von 7-8 Jahren durchaus gegeben ist.

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4.3 Wettbewerbselemente zur Stärkung der fachlichen Zielkontrolle

Monika Wulf-Mathies betont, dass die aktuelle Strukturfondsverordnung das Ziel verfolgt, positive Anreize für eine effektive Umsetzung der Strukturfonds zu setzen. Als wichtigste Neuerung in diesem Kontext gilt die leistungsgebundene Reserve. Vier Prozent der Mittel werden erst nach der kritischen Überprüfung der Halbzeitergebnisse denjenigen zugewiesen, die die besten Er-

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gebnisse vorweisen können. Entgegen den ursprünglichen Plänen werden die vier Prozent jedoch nicht Mitgliedstaaten übergreifend umverteilt. Der Vertreter der Generaldirektion Regionalpolitik der Europäischen Kommission nennt als zentrale Indikatoren für die Bewilligung der leistungsgebundenen Reserve die Einhaltung der festgelegten Ziele, die Qualität der Programmverwaltung, die Inanspruchnahme der EU-Mittel und die Hebelwirkung der EU-Mittel bezüglich der Mobilisierung privater Mittel.

Die beiden Wissenschaftler der FBAE und des isw, befürworten beide die in der neuen Strukturfondsverordnung verankerten Wettbewerbselemente als fördersystematisch sinnvolles Prinzip. Jedoch kritisieren sie die Form der leistungsgebundenen Reserve. Sie sei in methodischer bzw. operativer Hinsicht nicht weit genug entwickelt, so dass sich die vorgeschlagenen Kriterien und Bewertungsmaßstäbe zur Umsetzung und Bemessung als wenig praktikabel erweisen. Außerdem wird die von der ursprünglichen Idee weit abweichende bestehende Gestaltung kritisiert, da sie als Anreiz für den Wettbewerb zwischen Regionen bzw. Programmen um eine möglichst effiziente Förderung nicht funktionieren könne.

Der Berliner Wissenschaftler aus der FBAE führt neben den konzeptionellen Ursachen eine weitere Begründung für die schwierige Umsetzung des Wettbewerbsprinzips an. So mangelt es bisher an einem geeigneten Maßstab, der der Vielfalt der Programme gerecht wird. Somit sind dem Vergleich und der Belohnung von Interventionen und Förderansätzen enge Grenzen gesetzt. Seines Erachtens sollte die fachliche Bewertung trotzdem in einem übergreifenden Wettbewerb stattfinden. Jedoch nicht wie von der Europäischen Kommission gefordert, in Form einer fondsübergreifenden Evaluation des Ziel-1-Gebietes. Denn KMU, Arbeitslose, Milchkühe und gebaute Straßenkilometer lassen sich über den Indikator Mittelabfluss hinaus nicht miteinander vergleichen. Statt dessen sollten einzelne Instrumente und Maßnahmen evaluiert werden. So z.B. Existenzgründungsförderungen in den Neuen Bundesländern. In dieser Form könnten aus dem Wettbewerb heraus auch Lerneffekte angeregt werden.

Ferner ist das methodische Design der Evaluation beiden Wissenschaftlern zufolge bisher nur unzureichend darauf ausgelegt zu überprüfen, ob die gemessenen Erfolge tatsächlich auf die Wirkungen des Programms und nicht auf programmexterne Faktoren zurückzuführen sind. So machen beispielsweise die EU-Transfers nach Ostdeutschland - trotz ihres hohen absoluten Betrages

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- nur einen Bruchteil der Gesamttransfers in die neuen Länder aus. Der Wissenschaftler der FBAE fordert daher einen erweiterten Spielraum, um auch solche methodischen Konzepte implementieren zu können, die es erlauben, die Ergebnisse der Förderung nicht nur zu dokumentieren, sondern vermehrt zwischen Brutto- und Nettoeffekten zu unterscheiden und Wirkungsfaktoren der Förderung zu identifizieren.

Auch der Forscher aus dem isw plädiert für einen thematischen und länderübergreifenden Ansatz zur Evaluierung von Programmen mit ähnlichen Förderbereichen und -zielen. Nach diesem Prinzip sollte auch der regionenübergreifende Transfer von Erfahrungen und best- practice-Modellen organisiert werden.

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4.4 Flächendeckender oder konzentrierter Ansatz

Die dezentrale Programmumsetzung auf Länderebene erschwert dem Vertreter der FBAE zufolge eine übergreifende Programmbewertung z.B. auf der Ebene der Interventionsziele der Strukturfonds, weil damit in der Regel auch regional unterschiedliche Systeme und Verfahren der Begleitung und Bewertung verbunden sind. Damit werden einer vertretbaren Aggregation von Daten und einem Vergleich von Ergebnissen auf nationaler bzw. auf Ebene der Interventionsziele der Strukturfonds teilweise enge Grenzen gesetzt. Er plädiert daher für eine Vereinheitlichung des Begleitsystems zwischen den Ländern und der Bundesebene. Hierzu ist seines Erachtens eine kontinuierliche Abstimmung der zentralen Indikatoren, Datensätze und -erhebungsverfahren notwendig.

Ebenso hält der Forscher am iws eine übergreifende Programmbewertung für schwierig. So tendieren Regionen zu einer eigenen, mehr oder weniger stark nach innen gewandten Sicht in Bezug auf die Bewertung der Förderung. Darüber hinaus sind die unterschiedlichen Förderbereiche und –ziele (wie betriebliche Investitionen, Beratung, Infrastruktur, Qualifizierung, soziale Eingliederung) kaum hinsichtlich ihrer Ergebnisse und Wirkungen vergleichbar. Ein übergreifender Maßstab zur Beurteilung der Wirksamkeit und Effizienz der einzelnen Fördermaßnahmen ist bisher nicht gefunden worden. Alle Förderansätze auf den gemeinsamen Nenner „Beitrag zur Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts" zu bringen, erscheint jedoch weder möglich noch sinnvoll.

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Anstelle von bislang vorherrschenden flächendeckenden und fondsübergreifenden Evaluationen empfehlen beide Wissenschaftler daher einen thematischen Ansatz. Es solle eine Konzentration auf die zentralen, inhaltlich wichtigsten Interventionsbereiche und die innovativen Förderansätze in vertiefter Form stattfinden. Sie sprechen sich in diesem Kontext für die Entwicklung von geeigneten Bewertungs- und Monitoringansätzen für die Querschnittsthemen (umweltgerechte Entwicklung, Gleichstellung, Informationsgesellschaft, Partnerschaft) im Rahmen einer ressort- und länderübergreifenden Zusammenarbeit aus.

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4.5 Das Partnerschaftsprinzip

4.5.1 Das Partnerschaftsprinzip als Mittel zur Sicherstellung der wirtschaftlichen Haushaltsführung

Der Vertreter aus der Generaldirektion Regionalpolitik der Europäischen Kommission plädiert für eine Stärkung der Partnerschaft, um eine ordnungsgemäße Verwaltung der Strukturfonds und eine wirtschaftliche Haushaltsführung sicherzustellen. Zu diesem Zweck bedarf es sowohl einer vertikalen Partnerschaft zwischen der Kommission und den Akteuren in den Mitgliedstaaten und Regionen als auch einer horizontalen Partnerschaft zwischen den Akteuren innerhalb der Mitgliedstaaten und Regionen. Die Aufgabenteilung im Rahmen der vertikalen Partnerschaft sieht er folgendermaßen: In die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt die Aufgabe zur Verbesserung der Verwaltungssysteme. Hierbei wirkt die Europäische Kommission unterstützend mit, indem sie für eine strikte Anwendung der Bestimmungen der allgemeinen Strukturfondsverordnung und der Verordnung über die Finanzkontrolle sorgt. Die wesentlichen Inhalte der Verordnungen sind eine Verbesserung der internen Kontrolle, der Buchführungssysteme und der Prüfverfahren sowie die Korrektur individueller und systematischer Unregelmäßigkeiten durch Wiedereinziehung von Mitteln. Sie geben der Kommission die Möglichkeit, Zahlungen auszusetzen und die Gemeinschaftsbeteiligung für Programme oder einzelne Maßnahmen zu streichen bzw. zu kürzen.

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4.5.2 Das Partnerschaftsprinzip zur Stärkung der Lernfunktion in der fachlichen Zielkontrolle

Der Bereichsleiter Arbeitsmarkt- und Evaluationsforschung am isw plädiert hingegen für die Verwirklichung des Partnerschaftsprinzips in der Bewertung im Sinne einer Stärkung der fachlichen Zielkontrolle. So sollten alle Adressaten der Evaluierung, d.h. alle Institutionen, die im Rahmen der Partnerschaft an der Durchführung und Begleitung der Programme mitwirken, beteiligt werden, damit sie die Erkenntnisziele und die thematischen Schwerpunkte der Bewertung entsprechend ihren eigenen Erkenntnisinteressen mitbestimmen können.

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4.6 Verwaltungstradition und Evaluationskultur als Hindernisse für die fachliche Kontrolle

Beide Wissenschaftler machen die in Deutschland herrschende Verwaltungstradition und die mangelnde Evaluationskultur mitverantwortlich für die schwierige Umsetzung der fachlichen Bewertung und der Wettbewerbselemente. In Deutschland sind nach Ansicht des Wissenschaftlers an der FBAE experimentelle Politikstilansätze, Bewähren im Wettbewerb und Risikobereitschaft wenig verbreitet und scheitern an einer Verwaltungstradition, die Fehlverhalten zwar bestraft, innovatives und erfolgreiches Verhalten aber in keiner Weise belohnt. Somit strebt Verwaltungshandeln nach Rechtssicherheit und Unangreifbarkeit. Wettbewerbselemente werden nicht akzeptiert, was sich in einer unzureichenden Umsetzung des Anreizsystems in der Programmplanung der neuen Förderperiode zeigt. Es wird als Vorgabe der Europäischen Union umgesetzt, ohne als sinnvoll akzeptiert zu werden. So werden Ziele formuliert, die nicht kontrollierbar sind und willkürlich Indikatoren ohne systematischen Bezug zu den Zielen bzw. zu den Erfordernissen der fachlichen Zielkontrolle ausgewählt.

Der Repräsentat aus dem Wirtschaftsministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern begründet die geringe Akzeptanz des Wettbewerbsgedanken in der Verwaltung damit, dass im Falle eines eingegangenen Risikos, dass sich tatsächlich im negativen Sinne realisiert, die Finanzkontrolle das eingesetzte Geld zurückfordert. Dies kann eine öffentliche Verwaltung jedoch politisch nicht rechtfertigen.

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Die beiden Wissenschaftler sehen in den Vorgaben der Europäischen Strukturfondsförderung einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung einer Kultur der fachlichen Zielsteuerung und Qualitätskontrolle öffentlich finanzierter Förderprogramme.

Die zwingende Erfolgsbewertung der Förderprogramme und –maßnahmen hat nach Auffassung des Vertreters des isw der Entwicklung der Evaluationskultur in Bezug auf die Förderpolitik in Deutschland wichtige Impulse in Richtung einer Systematisierung der Bewertung nach klaren Regeln gegeben. Diese betrifft insbesondere die neuen Bundesländer, in denen aufgrund der breit angelegten EU-Förderung mittlerweile beinahe alle Ressorts auf Landesebene mit EU-Mitteln arbeiten, womit zwangsläufig eine Beachtung der EU-Evaluationssysteme und -regeln verbunden ist. Da das europäische System bereits sehr stark auf einen Lerneffekt ausgerichtet ist, kann auf diese Weise innerhalb der neuen Länder der Lernprozess auf der Basis zielorientierter Kontrollen beschleunigt werden. Der Wissenschaftler von der FBAE gibt jedoch zu bedenken, dass aufgrund der Vermischung von Kontroll- und Bewertungsfunktion im europäischen System die Evaluationen einen Legitimationscharakter erhalten und damit ihre Lernfunktion behindert wird. Daher fordert er eine deutliche Trennung zwischen Kontrolle und fachlicher Bewertung, damit Evaluationen nicht auf Legitimationszwecke ausgerichtet werden und aus Rechtfertigungszwängen Lernhemmnisse erwachsen.

Der EU-Referent der ARGEBAU im Ministerium für Bauen und Wohnen des Landes Nordrhein-Westfalen bestätigt mit seinen Erfahrungen, dass Evaluationen bisher häufig nicht als Instrument zur Optimierung der Politik im Sinne einer Lernfunktion genutzt werden. So werden Programme häufig entweder gar nicht evaluiert oder in einer Form, die wissenschaftlichen Anforderungen nicht genügt. Evaluationen, die zu einem negativen Ergebnis im Sinne nicht erreichter Ziele kommen, werden häufig nicht veröffentlicht und führen kaum zur Einstellung von Programmen. Statt dessen werden seiner Erfahrung zufolge des öfteren Ziele von Programmen erst nach Vorliegen von Evaluationen und abgestimmt auf deren Ergebnisse formuliert.

Ferner kritisiert er die mangelnde Umsetzung des strategischen Contratrollings im Sinne einer Optimierung der Programme. Seines Erachtens wird das Contratrolling auf die Funktion eines Mittelverwendungsnachweises reduziert, da die politische Ebene als Erfolg ihres Handeln einen vollständigen Mittelabfluss definiert. Vor diesem Hintergrund schlägt er vor, auf europäischer Ebene

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eine „überkreuz" gestaltete Bewertung der nationalen strategischen Contratrollingsysteme einzuführen. Statt von Beamten des eigenen Landes sollten sich die Mitgliedsstaaten jeweils gegenseitig bewerten. Der Referatsleiter aus der Generaldirektion Regionalpolitik der Europäischen Kommission sieht jedoch wenig Chancen für eine „überkreuz" gestaltete Bewertung des Contratrollingsystems. Als Begründung führt er international besetzte europäische Ausschüsse an, in denen dieses Prinzip in vergleichbarer Form zur Anwendung kommt. Hier zeige sich bereits das alte Prinzip: Eine Krähe hakt der anderen kein Auge aus.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Januar 2001

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