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Vorwort

Die Erhaltung, Erneuerung und Entwicklung unserer Städte ist eine zentrale Zukunftsaufgabe. Probleme verursacht insbesondere der rasante Strukturwandel in Wirtschaft, Gesellschaft und Technologie, der sich u.a. in Veränderungen der Standortanforderungen der Wirtschaft und der Wohnwünsche der Bürger spiegelt. Mit neuen Anreizen und veränderten Angeboten müssen die Städte wieder für innovative Unternehmen attraktiver gemacht werden. Dies stellt zugleich Verbesserungen der städtischen Arbeitsmarktbilanz in Aussicht - und zwar nicht nur in quantitativer, sondern auch in qualitativer Hinsicht, denn die Beschäftigungsspielräume werden breiter und tiefer. Weitere Herausforderungen resultieren aus der sozialen Polarisierung, aus der Segregation und aus der Zunahme von Gewalt in den Städten, die zunehmend die soziale Stabilität unserer Gesellschaft gefährden.

Handlungsbedarf ergibt sich auch aus den aktuellen Tendenzen der Stadt-, Regional- und Verkehrsentwicklung. Es gilt, den Prozess der fortschreitenden Suburbanisierung und Funktionstrennung abzubremsen, der die Siedlungsentwicklung der letzten 100 Jahre prägte. Hier kann z.B. mit der Ausschöpfung innerstädtischer Potentiale - wie freiwerdende Flächen von Industriebrachen, Militärstandorten, Bahn- und Postanlagen - die Nutzungsmischung und Nutzungsvielfalt verbessert werden. Dies ermöglicht nicht zuletzt auch Reduzierungen des Verkehrs ohne Mobilitätseinbußen und einen Abbau der Belastungen, die vor allem vom Autoverkehr auf die Umwelt und auf die Gesundheit der städtischen Bevölkerung ausgehen. Ergänzend muss der ÖPNV stärker gefördert und besser mit dem motorisierten Individualverkehr vernetzt werden. Reformbedürftig ist schließlich auch die städtische Wohnungspolitik. Diese muss den Veränderungen von Lebensformen und Haushaltsstrukturen u.a. mit einem flexibleren Wohnungsbau Rechnung tragen.

Die Spannweite städtischer Problemfelder ist also breit. Gesucht werden Gegenstrategien in vielen Politikbereichen. Dabei muss bei der Vitalisierung bzw. Revitalisierung der Städte sichergestellt werden, dass deren historisches Gefüge bewahrt wird. Die städtebaupolitischen Rahmenbedingungen sind aber auch so zu setzen, dass Raum für eine zeitgemäße Fortentwicklung von Urbanität bleibt. Die Umsetzung einer neuen Stadtbaupolitik erfordert darüber hinaus die verstärkte Mobilisierung von privater Initiative und privatem Kapital, weil auch der Städtebau zunehmend unter den Restriktionen leidet, die von der angespannten Finanzlage der öffentlichen Hand ausgehen. Außerdem sollten private Investoren, Bürger, Städte und Umlandgemeinden intensiver kooperieren. Fest steht auch, dass die komplexen Probleme unserer Städte nur zu lösen sein werden, wenn unterschiedliche Politikbereiche - wie Stadtentwicklung, Städtebau und Raumordnung sowie Wohnungs-, Verkehrs-, Umwelt- und Sozialpolitik - fachübergreifend verknüpft und integrativ eingesetzt werden. Dies ist eine essentielle Voraussetzung für eine nachhaltige Stadtentwicklungspolitik.

Durchgreifende Erfolge werden städtebaupolitische Strategien für die Zukunft auch nur dann haben, wenn dem Bestand eine wesentlich höhere Priorität als dem Neubau zuerkannt wird, denn unsere Städte sind ja ganz überwiegend bereits gebaut. Dementsprechend erscheint es sinnvoll, die Zielrichtung der Städtebauförderung vorrangig auf die vorhandene Bausubstanz zu lenken. Insbesondere gilt es, den Bestand unter den Aspekten der Alterungsfähigkeit und Nutzungsvielfalt weiterzuentwickeln. Dabei muss auch in unseren Städten nicht für jedes Problem eine neue Lösung gesucht werden. Viele städtebaulichen Herausforderungen sind inzwischen beispielhaft und mit hoher Qualität bewältigt. Auf solche Erfahrungen sollte nicht zuletzt auch deshalb häufiger zurückgegriffen werden, weil so ein effizienterer Umgang mit den knappen natürlichen und finanziellen Ressourcen möglich wird.

Mit wichtigen Teilbereichen des vielschichtigen Problemkomplexes Städtebau, aber auch mit entsprechenden Lösungsansätzen setzte sich Ende Juni diesen Jahres eine Fachtagung der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) auseinander. Im Mittelpunkt der Veranstaltung, die als dezentrales Ereignis zur Weltkonferenz „Zukunft der Städte - URBAN 21„ stattfand, standen unterschiedliche Konzepte für die Schaffung und Bewahrung lebenswerter Städte. Unter der sachkundigen Moderation von Angelika Mertens, Sprecherin der Arbeitsgruppe Verkehr, Bau- und Wohnungswesen der SPD-Bundestagsfraktion, und Dr.-Ing. Heidede Becker, Stadtplanerin und wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Deutschen Institut für Urbanistik/Berlin, wurde erörtert, welche Rahmenbedingungen für die Bewältigung der städtebaulichen Herausforderungen nötig sind. Experten unterschiedlicher Fachrichtung diskutierten weiter über erhaltenswerte Stadtteile und über Quartiere mit unübersehbaren Defiziten bei der Umsetzung zukunftsweisender städtebaupolitischer Strategien. Nicht zuletzt gelang es der Konferenz, die Akteure der Stadtentwicklung u.a. aus Planungsinstitutionen und öffentlicher Verwaltung, Verbänden und Privatwirtschaft, Wissenschaft und Politik zu einem Dialog über Problemfelder, Leitbilder und Instrumente der Stadtplanung, aber auch über tragfähige Handlungsalternativen für den Städtebau zusammenzuführen.

Die vorliegende Broschüre fasst die Referate und Diskussionsbeiträge der Konferenz thematisch gegliedert zusammen und zeigt Reformansätze für eine zukunftsorientierte Stadtentwicklungspolitik auf. Mit der Organisation der Veranstaltung war Ilona Reuter aus der Abt. Wirtschaftspolitik der FES betraut. Für die Konzeption und Durchführung der Konferenz war Karl-Hans Weimer vom wirtschafts- und sozialpolitischen Forschungs- und Beratungszentrum der FES verantwortlich. Den Tagungsbericht verfasste Thomas Franke vom Deutschen Institut für Urbanistik, Berlin.

Bonn, im November 2000


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Mai 2001

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