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Vorbemerkung

Die geplante Erweiterung der Europäischen Union um Länder Mittel- und Osteuropas wird aufgrund ihrer historischen Dimension schon jetzt als Jahrhundertereignis eingestuft. Mit ihr verbinden sich sowohl in den Beitrittsländern, als auch in den bisherigen EU-Ländern große Erwartungen und Hoffnungen. Beide Seiten erwarten ökonomische Vorteile und mehr wirtschaftlichen Wohlstand. Darüber hinaus eröffnet die Integration Mittel- und Osteuropas in die EU die einmalige Chance, in Europa dauerhaft Frieden und Demokratie zu schaffen und zu sichern.

Jenseits dieser Übereinstimmung bei den großen Zielen hat die bevorstehende EU-Osterweiterung jedoch auch viele Ängste und Befürchtungen ausgelöst - und dies sowohl in den Beitrittsländern als auch in den EU-Ländern. Es gibt Pessimisten, die sogar eine Zerreißprobe der EU prophezeien, wenn sich ihre Mitgliedszahl in wenigen Jahren entscheidend erhöht.

Den Beitrittsländern, deren Transformation in Richtung Marktwirtschaft noch nicht abgeschlossen ist, steht ein neuer gewaltiger Strukturwandel bevor. Sie sehen sich vor der Aufgabe, ihre ordnungspolitischen und makroökonomischen Rahmenbedingungen an die Verhältnisse in der EU anzupassen, um mit dem Wettbewerbsdruck und den Marktkräften innerhalb der EU standhalten zu können. Sie müssen willens und in der Lage sein, den gesamten gemeinschaftlichen Besitzstand zu übernehmen. Als bedrohlich wird empfunden, dass die Importe aus den EU-Ländern die Exporte in die Mittel- und osteuropäischen Länder schon jetzt übertreffen.

Für Deutschland sowie die anderen Länder der Europäischen Union bedeutet die Osterweiterung vorrangig Markterweiterung, d.h. vermehrte Chancen im Export und vermehrte Chancen für Direktinvestitionen. Befürchtet werden jedoch negative Konsequenzen für den ohnehin angespannten Arbeitsmarkt durch Zuwanderungen von Arbeitskräften, durch Billigprodukte und weitere Produktionsverlagerungen.

Die Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung mit dem Thema „Ökonomische Konsequenzen der EU-Osterweiterung" am 15. Dezember 1999 in Berlin trug dazu bei, die Informationslage über die ökonomischen und sozialen Auswirkungen der EU-Erweiterung um mittel- und osteuropäische Staaten zu verbessern und wichtige Aspekte des sehr komplexen Themas zu erhellen.

Zu den Referenten zählten hochrangige Experten wie Nikolaus van der Pas, Generaldirektor der Generaldirektion „Erweiterung" bei der EU-Kommission und Professor Jerzy Hausner, Minister a.D. aus Krakau/Polen.

Die Veranstaltung hat gezeigt, dass in der Diskussion um die EU-Osterweiterung sehr unterschiedliche Schätzungen über die ökonomischen Kosten und den Nutzen der Erweiterung, über ihre Gewinner und Verlierer, kursieren. Die Interessenlage für einzelne Länder in Ost und West stellt sich im ganzen sehr uneinheitlich und sehr unübersichtlich dar. Das ist angesichts der Komplexität des Themas und der Vielzahl von Hypothesen, auf denen solche Schätzungen zwangsläufig basieren, nicht anders zu erwarten. Nicht nur die Beitrittsländer und deren Beitrittszeitpunkt müssen feststehen, um die Schätzungen auf eine verläßlichere Basis zu stellen, sondern auch die Modalitäten im einzelnen müssen konkrete Züge aufweisen. Auch muß Klarheit darüber bestehen, wie die Strukturen und Politiken der EU dem erweiterten Mitgliederkreis angepaßt werden können.

Außerdem wurde deutlich, daß die Beitrittsländer nicht als homogenes Ganzes betrachtet werden dürfen. Sie weisen sehr unterschiedliche Voraussetzungen für einen Beitritt auf, die folglich auch sehr unterschiedliche Kosten-Nutzen-Erwartungen implizieren.

Kritisiert wurde die in den Ländern Mittel- und Osteuropas immer noch verbreitete Illusion, der Beitritt allein bewirke schon Wachstum und Wohlstand. Alle Referenten stimmten hier überein, dass mit dem Beitritt zur EU lediglich die Chance auf Wachstum steige, die realen Voraussetzungen dafür aber noch keineswegs überall gegeben seien.

Im vorliegenden Tagungsbericht werden die auf der Konferenz gehaltenen Referate und die Diskussion wiedergegeben. Für Konzeption und Durchführung der Veranstaltung war Hannelore Hausmann, für das Sekretariat Ilona Reuter vom wirtschafts-und sozialpolitischen Forschungs- und Beratungszentrum der Friedrich-Ebert-Stiftung, Abteilung Wirtschaftspolitik verantwortlich. Den vorliegenden Tagungsbericht erstellte Dr. Wolfgang Potratz unter Mitarbeit von Siamak Farhur vom Institut Arbeit und Technik in Gelsenkirchen.

Die Veranstaltung sowie die Broschüre wurden mit Mitteln der Erich-Brost-Stiftung gefördert.

Hannelore Hausmann

Mai 2000


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Januar 2001

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