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Vorwort

Zusammenfassung und Schlußfolgerungen

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Vorwort


Die Rahmenbedingungen kommunaler und regionaler Wirtschaftsförderung haben sich in den 90er Jahren entscheidend verändert. Die hohe Arbeitslosigkeit, die hohe Verlagerungsbereitschaft der Unternehmen im Zuge der Globalisierung, das neue Konkurrenzgefüge durch den Europäischen Binnenmarkt, die Wiedervereinigung und die Öffnung Osteuropas haben die Konkurrenz der Regionen um Arbeitsplätze erheblich verschärft. Die Kommunen und Regionen sehen sich in verstärktem Maße gezwungen, ihre Wachstums- und Beschäftigungspotentiale zu fördern und zu entfalten sowie nach neuen - auch unkonventionellen - Wegen und Konzepten in der Wirtschaftsförderung zu suchen.

Vielen neuen Anforderungen können die Kommunen nur in Kooperation mit angrenzenden Städten, Gemeinden und Kreisen gerecht werden. Auch die Schaffung neuer oder der Ausbau bestehender Kooperationsformen zwischen öffentlichen und privaten Akteuren sowie die Bündelung verschiedener Förderaktivitäten werden immer wichtiger. An Bedeutung gewinnen auch die sogenannten "weichen" Standortfaktoren, wie Kultur und Freizeit, Ausbildungs-, Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen. Ein gutes Stadt- bzw. Regionsmarketing für die Außendarstellung, das die überregionalen Vorzüge der Region und ihre Unverwechselbarkeit mit anderen Regionen hervorhebt, gehört ebenfalls dazu.

Die Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung am 18. November 1998 in Ulm zum Thema "Neue Wege in der regionalen Wirtschaftsförderung - Regionalspezifische Hilfen bei Gründung, Ansiedlung und Wachstum von Unternehmen" sollte dazu beitragen, die Kenntnisse über Ansätze moderner kommunaler und regionaler Wirtschaftsförderung zu verbessern, Anregungen zu vermitteln und insbesondere den notwendigen Dialog zwischen Unternehmern, Wirtschaftsförderern und Wissenschaft zu verbessern. Außerdem war es Ziel, Personen, die den schwierigen und mutigen Schritt in die Selbständigkeit wagen wollen, zu informieren und zu motivieren. Nach einem bundesweiten Überblick über den Stand und die Tendenzen der kommunalen und regionalen Wirtschaftsförderung wurden neue und interessante Ansätze von Seiten des Landes Baden-Württemberg und der Region Ulm/Neu-Ulm dargestellt. Im Anschluß beschrieben drei Unternehmer ihre speziellen Erfahrungen am Standort

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Ulm/Neu-Ulm und zeigten Faktoren auf, die einer Verbesserung bedürfen und bei denen Wirtschaftsförderung ansetzen sollte. Deutlich wurde, daß aus unternehmerischer Sicht die Finanzierung als zentrales Gründerproblem angesehen wird.

Nicht ohne besonderen Grund fand die Veranstaltung in der Region Ulm statt. In der "Innovationsregion Ulm" sind neue Wege in der Wirtschaftsförderung beschriften worden: Mit der "Gründungsinitiative der Innovationsregion Ulm", abgekürzt G.I.U., haben die Städte Ulm und Neu-Ulm ein innovatives Projekt speziell zur Förderung potentieller Gründer entwickelt, das sich durch die Kooperation von 13 Anlaufstellen in der Region und von Gebietskörperschaften aus zwei Bundesländern auszeichnet. Es besteht aus der regionalspezifischen Gründungshilfe in Form einer Box ("Box dich durch") und aus der aktiven Begleitung der Gründer während ihres Gründungsprozesses. Zudem wurde mit dem Konzept "Wissenschaftsstadt" die Wissenschafts- und Forschungsinfrastruktur ausgebaut und ein "Netzwerk Wirtschaft-Wissenschaft" gegründet. Nicht zuletzt hat die Stadt Ulm unter dem Titel "Innovationsregion Ulm - Spitze im Süden" ein unverwechselbares Standortmarketing entwickelt.

Den Anstoß zu dieser Veranstaltung erhielt die Friedrich-Ebert-Stiftung vom Leiter des Projekts G.I.U., Professor Volkmar Liebig, der auch wesentlich zur Entwicklung des Tagungsprogramms beitrug. Ihm sei an dieser Stelle sehr herzlich für die Unterstützung und die gute Zusammenarbeit gedankt.

Die vorliegende Broschüre faßt die Referate und Diskussionsbeiträge der Tagung thematisch geordnet zusammen. Für die Konzeption und Durchführung der Veranstaltung sowie für die Redaktion der Broschüre ist Diplom-Ökonomin Hannelore Hausmann vom Forschungsinstitut der Friedrich-Ebert-Stiftung verantwortlich, mit der Organisation war Jutta Malonek betraut. Den Tagungsbericht verfaßte Dipl.-lng. (FH) Wolfgang Jäkel vom Michelsberginstitut für Unternehmensführung Ulm. Kapitel 2.1 stammt von Prof. Volkmar Liebig, Professor an der FHU Fachhochschule Ulm - Hochschule für Technik.

Bonn, im Februar 1999

Hannelore Hausmann



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Zusammenfassung und Schlußfolgerungen

Die Akteure der Wirtschaftsförderung sehen sich in den letzten Jahren einem wachsenden Handlungsbedarf gegenüber, der sie veranlaßt, nach "neuen Wegen" und neuen Instrumenten der Wirtschaftsförderung zu suchen. Die Ursache dafür ist in der Veränderung der Rahmenbedingungen zu sehen, in deren Folge sich die Konkurrenz der Kommunen um Arbeitsplätze entscheidend verschärft hat. Die übergeordneten Aufgabenschwerpunkte der kommunalen Wirtschaftsförderung sind nach Darstellung der Vertreterin des Deutschen Instituts für Urbanistik (DIFU) von diesen neuen Rahmenbedingungen nur wenig betroffen. Aufgrund ihrer Organisationsstruktur versteht sich kommunale Wirtschaftsförderung seit jeher als Schnittstelle zwischen wirtschaftlichen und kommunalen Interessen, als Clearingstelle für unternehmerische Anfragen und Probleme. Studien des DIFU zeigen, daß den Kommunen in diesem Zusammenhang immer mehr Funktionen als Moderator, Koordinator und Initiator zukommen. Gegenüber den klassischen Aufgaben hat die projektorientierte Wirtschaftsförderung an Bedeutung gewonnen, in deren Rahmen Aufgaben mit eigenem Budget, Personal und Zeitrahmen bearbeitet werden.

Vielfach realisiert sind Projekte oder Konzepte zu Technologie- und Innovationszentren, zur Gewerbeflächenmobilisierung und zur allgemeinen Wirtschaftsentwicklung. Themen wie Stadtmarketing, Erarbeitung von Güterverkehrskonzepten, Konversionsmanagement oder lokale Arbeitsmarktstrategien sind nach wie vor aktuell. Bislang zu wenig entwickelt sind kommunale Informations- und Kommunikationsstrukturen sowie Aktivitäten zur Schaffung von Netzwerken und zu einer stärker ökologisch orientierten Wirtschaftsförderung.

Die wichtigsten Perspektiven und Ansatzpunkte für die zukünftige Gestaltung der kommunalen Wirtschaftsförderung sind nach Ansicht der Vertreterin des DIFU in der Verbesserung des Stellenwerts der Wirtschaftsförderung innerhalb der Verwaltung, der Verbesserung der Mitarbeiterqualifikation wie auch der finanziellen Ausstattung und in einer besseren Zusammenarbeit von Rat und Verwaltung zu sehen. Die Aktivitäten sollten weniger diffus sein, das Aufgabenspektrum könne nicht kontinuierlich erweitert werden. Vielmehr müßten eindeutige Prioritäten gesetzt und deren Umsetzung begleitet werden. An Bedeu-

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tung werde die verstärkte Nutzenorientierung der Aktivitäten gewinnen. Funktionen als Moderator, Koordinator und Initiator sollten verstärkt werden, Partner sollten gesucht, Aufgaben lediglich angestoßen und anschließend delegiert werden. Besondere Aufmerksamkeit solle denjenigen Ansätzen gelten, die bestehende Grenzen überwinden, seien es ressortspezifische, administrative oder traditionelle Zuständigkeitsgrenzen.

Auf der Ebene des Landes Baden-Württemberg ist das am Landesgewerbeamt angesiedelte Informationszentrum für Existenzgründungen (ifex) mit der Erprobung "neuer Wege" und Instrumente in der regionalen Wirtschaftsförderung befaßt. Zur Förderung von Existenzgründungen werden diverse Pilotprojekte wie das Projekt "Gründerverbunde - Start auf dem Campus", Patenschaftsstrukturen sowie Qualifizierungs- und Coachingmaßnahmen - meist bezogen auf spezielle Zielgruppen oder einzelne Branchen - unterstützt. Diese Projekte werden stets in Zusammenarbeit mit regionalen Partnern, wie z.B. der Industrie- und Handelskammer, umgesetzt, denn das ifex will Aktionen lediglich anstoßen und das anfängliche Risiko mit übernehmen. Wenn eine Maßnahme zufriedenstellend läuft, zieht sich das ifex wieder aus ihr zurück und versucht, diese auf andere Regionen zu übertragen. Wichtigster Leitsatz sei die Subsidiarität, man wolle nicht in Konkurrenz zur kommunalen und regionalen Wirtschaftsförderung treten, betonte der Geschäftsführer des ifex. Nachholbedarf sieht er bei der Abstimmung der regionalen Aktivitäten: Arbeitsteilung statt Profilierung Einzelner, die Einbeziehung aller relevanten Partner, gemeinsame Projektfinanzierungen und konzertierte Aktionen anstelle von Redundanz seien notwendig. Außerdem brauche Wirtschaftsförderung Zeit, Kontinuität sei wichtiger als ständig neue Initiativen zu ergreifen.

In der Region Ulm/Neu-Ulm sind in vielfältiger Weise "neue Wege" in der Wirtschaftsförderung beschriften worden, über die der Oberbürgermeister der Stadt Ulm und der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Ulm berichteten. Unter dem Titel "Innovationsregion Ulm - Spitze im Süden" wurde ein umfassendes Marketingkonzept ausgearbeitet und zur Trägerschaft und Umsetzung ein Verein gegründet. Mitglieder sind die Städte Ulm und Neu-Ulm, die umliegenden Landkreise, die IHK Ulm, die Hochschulen sowie verschiedene Verbände und Unternehmen. Ziel ist eine gemeinschaftliche Förderung und

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Präsentation der Region. Durch die Zusammenarbeit der Partner werden eine höhere Effektivität als auch Synergieeffekte erwartet. Die privaten Unternehmen profitieren von der Möglichkeit, im Rahmen des gemeinsamen Auftritts der Region ihre besondere Individualität und Marktkompetenz zu unterstreichen. Maßnahmen des Vereins sind regionale Events, Messeauftritte, Broschüren und Plakate, Elektronische Medien und Internetpräsenz sowie die Zeitschrift "RegionalSpiegel", die über innovative wirtschaftliche und wissenschaftliche Highlights berichtet. Dadurch soll möglichst weltweit auf das innovative Potential der Region hingewiesen und auf den Standort aufmerksam gemacht werden.

Aus dem Bemühen heraus, die Einseitigkeit der Wirtschaftsstruktur abzubauen und Wirtschaft und Wissenschaft enger zusammenzuführen, entstand im Jahre 1987 das Konzept der "Wissenschaftsstadt", deren Ergebnisse nun der gesamten Region zugute kommen. Wesentliche Bestandteile dieses Konzepts waren der Ausbau von Universität und Fachhochschule, die Gründung außeruniversitärer Forschungseinrichtungen, die Einrichtung eines Science Parks und die Ansiedlung von Forschungsinstituten der Wirtschaft. Als erster Ansatz wurde ein "Netzwerk Wirtschaft - Wissenschaft" gegründet, in dessen Rahmen aufgabenbezogen in jeweils unterschiedlichen Zusammensetzungen kooperiert wird. In einem weiterführenden Schritt wurden Ulmer Kompetenzfelder herausgearbeitet, die unter anderem im Bereich der Informations- und Telekommunikationstechnik, im Bereich der Service-Robotik, im Biotechnologiebereich und in der Energie-/Umwelttechnik gesehen wurden.

Mit der Gründungsinitiative der Innovationsregion Ulm (G.I.U.) haben die Städte Ulm und Neu-Ulm ein weiteres innovatives Projekt speziell zur Förderung potentieller Gründer entwickelt. Es besteht aus einer regionalspezifischen Planungshilfe für Gründer und einer aktiven Gründungsbegleitung. 13 regionale Institutionen haben dieses Projekt gemeinsam geplant und durchgeführt, mit der Absicht, Existenzgründer zu unterstützen sowie die gegenseitige Zusammenarbeit und Information zu verbessern. Die Planungshilfe wurde als Box mit dem Namen "Box dich durch" entwickelt, sie enthält Planungsmaterial in zehn Kapiteln, die als roter Faden für den Gründungsprozeß dienen.

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Ziel der Initiative ist es, die Zahl der Existenzgründungen zu erhöhen, das Gründungspotential in der Region besser anzusprechen, externe Gründungsinteressenten auf die Wirtschaftsregion Ulm/Neu-Ulm aufmerksam zu machen und die Erfolgschancen von Gründern in der Region nachhaltig zu verbessern.

Die Planungshilfe soll eine konkrete Hilfe für Gründer sein. Sie soll die Recherche relevanter Informationen insbesondere in dieser Region erleichtern, indem alle in Frage kommenden Ansprechpartner für Existenzgründer mit allen zugehörigen Informationen bekannt gemacht werden. Die Transparenz des Gründungsgeschehen der Region sowie die Zusammenarbeit der relevanten Partner sollen verbessert werden, so daß die Parallelität mancher Existenzgründungsaktivitäten vermieden werden kann. Zur Intention der G.I.U. gehört auch, den entwickelten Prozeß der Gründungsbegleitung zu evaluieren und kontinuierlich zu verbessern. Ergebnisse aus der inzwischen abgeschlossenen Pilotphase zeigen u.a., daß die Zielgruppe erreicht wurde und diese die Planungshilfe als eine nützliche Information betrachtet. Außerdem wurde im Rahmen der G.I.U. erstmals eine systematische Zusammenarbeit der beteiligten Anlaufstellen praktiziert. Über den Rücklauf von Kontaktkarten, die bei der Zusammenkunft zwischen Gründer und Anlaufstelle oder jedem anderen Partner an die Informationszentrale G.I.U. weitergeleitet werden sollten, sind weitere Informationen über das Gründungsgeschehen akquiriert worden. Der Professor der Fachhochschule Ulm, der als Projektleiter der G.I.U. fungierte, regte eine Weiterentwicklung dieses Konzepts an, bei der diese Informationen mit Hilfe neuer Medien zwischen den Ansprechpartnern ausgetauscht werden.

Die Hochschulen und Forschungseinrichtungen bieten ein großes Reservoir an potentiellen Existenzgründern, das bislang nur unzureichend ausgeschöpft wurde. Der Gründerverbund an Ulmer Hochschulen, der sich gerade im Aufbau befindet, zielt daher darauf ab, Gründer und Gründungsinteressierte aus den Hochschulen zur Existenzgründung zu motivieren und sie bei der wirtschaftlichen Verwertung ihrer Forschungsergebnisse zu unterstützen. Nach Einschätzung des Leiters der Kontaktstelle Forschung, Entwicklung und Wirtschaftskontakte der Universität Ulm benötigen die Gründer eine umfassende Begleitung und Förderung, da Probleme und Gefahren der Selbständigkeit in verschiedenen Phasen eines Existenzgründungsprozesses auftreten. Der Grün-

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derverbund sieht eine individuelle Gründerbetreuung in drei Phasen vor: Initialveranstaltungen zur Motivation, Weiterbildungsmaßnahmen zur Qualifizierung sowie Unterstützung bei der Realisierung des Vorhabens. Zu diesem Zweck soll eine marktnahe Betreuungs- und Beratungsinfrastruktur aufgebaut werden, Gründern aus den Hochschulen sollen Berater zur Verfügung gestellt werden, die im täglichen wirtschaftlichen Leben stehen und praxisnahe Hilfen geben können.

1985 wurde in Ulm die TechnologieFörderungsUntemehmen (TFU) GmbH gegründet wurde, die sich als regionales Kompetenzzentrum für innovative Unternehmensgründungen versteht und Technologie- und Gründerzentren in der Region betreibt. Aufgabe der TFU GmbH ist das konkrete "Kümmern" um innovative Gründungsvorhaben, damit aus potentiellen Existenzgründern erfolgreiche Unternehmer werden. Gesellschafter sind die Städte Ulm und Neu-Ulm, der Alb-Donau-Kreis und der Landkreis Neu-Ulm, die Wirtschaftskammern beider Städte, die Sparkasse und die Volksbank Ulm sowie die Universität Ulm. In diesem breiten Gesellschafterkreis in Form einer GmbH liegt einer der damals "neuen Wege" in der Wirtschaftsförderung, der in Ulm beschriften wurde. Auch bei der Finanzierung sind "neue Wege" vertreten: Die Mittel der TFU GmbH stammen von Dritten, der EU beispielsweise oder den Ländern Baden-Württemberg und Bayern. Die laufenden Betriebskosten muß die TFU GmbH selbst erwirtschaften, was bedeutet, daß die Gründer letztlich ihre Förderung selbst bezahlen und dadurch die TFU GmbH eine hocheffiziente Einrichtung der Wirtschaftsförderung darstellt.

Die Ansiedlung eines Unternehmens in einem Technologie- oder Gründerzentrum bietet viele Vorteile und Vergünstigungen, z.B. bei der Finanzierung. Als ganz besonderen Vorteil stellt der Geschäftsführer der TFU GmbH den Kontakt zu den anderen im Technologiezentrum angesiedelten Unternehmen heraus, der von der TFU GmbH beispielsweise mit dem "Innovationsstammtisch" unterstützt wird.

Die Überlebenschancen von Existenzgründern in Technologiezentren sind deutlich höher als üblich: Sie scheitern zehnmal weniger und wachsen um zehn Prozent schneller als vergleichbare Unternehmen außerhalb von Zentren, hob

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der Geschäftsführer der TFU GmbH hervor. In Ulm werden derzeit 50 Unternehmen betreut, mehr als 30 sind bereits ausgezogen, keines davon hat Konkurs angemeldet.

Standortsicherung und -entwicklung besitzen für die Stadt Ulm höchste Priorität. In der Stadt Ulm können Betriebe zum einen Flächen aus Stadteigentum erhalten, die im Wege der langfristig angelegten Bodenvorratspolitik von der Stadt vorgehalten werden. Zum anderen vermittelt die Stadt Ulm im Rahmen ihrer Gewerbeflächenbörse Flächen, die ihr von Privateigentümern gemeldet werden.

Die Vorteile der Ulmer Grundstückspolitik liegen nach Darstellung des Abteilungsleiters für Liegenschaften und Wirtschaftsförderung der Stadt Ulm einerseits in den hierdurch möglichen günstigen Bodenpreisen. Mit 100 bis 150 DM pro qm erschlossener Fläche liegt Ulm im süddeutschen Raum im unteren Skalenbereich. Andererseits wird Bodenspekulation vermieden und die Stadt kann die Vergabe der Bauflächen selbst steuern und sich dabei an sozialen und wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten orientieren.

Als organisatorisch vorteilhaft wird die Kombination des Liegenschaftsbereichs mit der Wirtschaftsförderung und die Zuordnung zur Verwaltungsspitze, zum Oberbürgermeister, angesehen, da hierdurch eine raschere und unbürokratischere Abwicklung vieler Vorgänge möglich wird.

Vertreter von drei Ulmer/Neu-Ulmer Unternehmen beschrieben ihre speziellen Erfahrungen in der Region. Der geschäftsführende Gesellschafter der Tescom GmbH zeigte die Bedeutung von Partnerschaften bei der Unternehmensgründung auf. Nicht nur Gesellschafter seien Partner, der Lebensgefährte, die Hausbank, die Mitarbeiter und die Kunden müßten ebenso als Partner betrachtet und demzufolge auch partnerschaftlich behandelt werden. Unter dieser Voraussetzung könnten sie wesentlich zur positiven Entwicklung des Unternehmens beitragen.

Für den international tätigen japanischen Konzern Takata bietet der Standort Ulm entscheidende Vorteile, die das Unternehmen dazu bewogen, beim Auf-

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bau seiner Europastruktur Ulm den Vorzug zu geben. Nach Darstellung des Leiters der Produktentwicklung der Takata (Europe) Vehicle Safety Technology GmbH war die Standortfrage klar kundenorientiert und durch die positiven Standortfaktoren Ulms determiniert. Ausschlaggebend waren die sehr günstige Lage Ulms zu den Zentren der Automobilindustrie, die sehr günstigen Verkehrsverbindungen, die hervorragenden Forschungskapazitäten in der Umgebung, die gute Lieferantenstruktur, das qualitativ hochwertige Arbeitspotential und die Lebensqualität Ulms.

Der geschäftsführende Gesellschafter der SpeedForm GmbH bemängelte die unzureichende finanzielle Förderung von Existenzgründern durch die öffentliche Hand. Seiner Erfahrung nach liegen die häufigsten Ursachen für das Scheitern junger Unternehmen, insbesondere technologieorientierter Existenzgründer, in Engpässen finanzieller Natur. Es stünden zwar Förderprogramme zur Verfügung, deren Mittel würden jedoch mit großen zeitlichen Verzögerungen fließen. Im Falle der SpeedForm GmbH hätte diese langsame Abwicklung beinahe die Existenz gekostet.

Die Finanzierung des Vorhabens stellte sich auch in der Diskussion als zentrales Gründerproblem dar. Während ein großer Teil der Gründer bzw. Unternehmer bemängelte, daß die Banken ohne korrespondierende Sicherheiten und genügend Eigenkapital nicht zur Herauslegung von Krediten bereit seien, sahen die meisten Vertreter der mit Wirtschaftsförderung befaßten Institutionen den wichtigsten Grund für die Verweigerung eines Kredits in einem mangelnden oder unausgereiften Konzept. Ein gutes Vorhaben werde auch bei geringen Sicherheiten finanziert. Wenn ein Gründer nicht bereit sei, eigenes Kapital einzubringen, glaube er selbst nicht recht an sein Vorhaben und könne nicht erwarten, daß ein Geldgeber Vertrauen in sein Projekt setze und ungesichert Kapital zur Verfügung stelle.

Bemängelt wurde, daß - anders als in den USA - die Person des Unternehmensgründers zu wenig in die Bonitätsprüfung mit einbezogen werde. Sicherheiten entstünden nicht nur durch Investitionen, sondern auch durch "weiche" Faktoren, wie z.B. eine gute Ausbildung des Gründers.

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Von Unternehmerseite wurde außerdem beklagt, öffentliche Fördermittel stünden bei einem geringen Finanzierungsbedarf nicht zur Verfügung, es sei einfacher, eine hohe Kreditsumme als einen eher geringfügigen Kredit von wenigen Zehntausend Mark von den Banken zu erhalten. Die Probleme der öffentlichen Förderung bei kleinen Finanzierungsvolumina wurden darauf zurückgeführt, daß die Banken bei diesen geringen finanziellen Größenordnungen kein Interesse zeigten, weil sie für das Durchreichen der Anträge einen großen Aufwand und nur eine geringe Gewinnmarge hätten.

Kritisch betrachtet wurde auch die Geschäftspolitik deutscher Venture-Capital-Gesellschaften. Die Chance, eine Förderung zu erhalten, sei sehr gering, weil die Meßlatte zu hoch angesetzt werde. Außerdem mangele es einzelnen Gesellschaften an Professionalität und finanzieller Potenz. Notwendig sei eine stärkere Bündelung der Mittel.

Gegenüber einer Fremdfinanzierung durch Wagniskapitalgesellschaften bestehen von Unternehmerseite Vorbehalte, wenn die Beteiligung zu einer beherrschenden Stellung führt. Dieser Einstellung wurde entgegengehalten, daß ein Kapitalgeber auch ein Mitspracherecht beanspruchen könne, wenn er große Summen in ein risikobehaftetes Vorhaben investiere.

Von verschiedenen Seiten wurde die Einrichtung eines Regionalfonds empfohlen, etwa in Form eines regionalen Seed-Capitalfonds. Bisherige Initiativen der Stadt Ulm verliefen allerdings nicht erfolgreich: Es habe sich kein Kapitalgeber gefunden, der bereit war, den von der Stadt Ulm bereitgestellten Grundstock aufzufüllen, da kein Einfluß auf die spezielle Verwendung des Geldes genommen werden konnte.

Durchgehend positiv wurde das Business-Angels-Konzept bewertet, bei dem Persönlichkeiten aus der Wirtschaft als Berater und Fürsprecher junger Unternehmer und evtl. auch als Kapitalgeber fungieren.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | July 2003

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