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Vorwort

Die Arbeitslosigkeit unter Jugendlichen und Heranwachsenden ist nicht nur für die Betroffenen, sondern für eine breite Bevölkerungsmehrheit das zentrale Problem und die größte gesellschaftliche Herausforderung in unserem Lande. Sie geht einher mit einer zunehmenden Spaltung der Gesellschaft in Gewinner und Verlierer: Auf der einen Seite wächst die Zahl der Jugendlichen, die über beträchtliche Einnahmen und Konsummöglichkeiten verfügen. Gleichzeitig nimmt auf der anderen Seite die Zahl der Jugendlichen zu, die sich ausgegrenzt und orientierungslos fühlen, weil sie keine materiellen Perspektiven für sich sehen und keine Lehrstelle oder keinen Zugang in das Beschäftigungssystem finden. Hier liegt eine der Ursachen für die steigende Kriminalität und den Rechtsruck unter Jugendlichen. Dabei ist in Ostdeutschland, wo die Jugendlichen besonders schlechte Chancen haben, eine Lehrstelle zu finden oder nach Abschluß der Ausbildung einen Arbeitsplatz zu bekommen, die
Jugendgewalt doppelt so hoch wie im Westen.

Diese krisenhafte Entwicklung mit ihren verheerenden Konsequenzen, die eine Gefahr für unser ganzes demokratisches System darstellt, darf nicht so hingenommen werden. Gegen sie muß mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln angegangen werden. Notwendig ist eine gemeinsame Kraftanstrengung aller gesellschaftlichen Kräfte, ein „Bündnis für Arbeit und Ausbildung", an dem Politik, Wirtschaft, Gewerkschaften, Arbeitgeber wie Arbeitnehmer beteiligt sind. Vor allem die Wirtschaft steht bei der Frage der Schaffung von Arbeitsplätzen in einer ganz besonderen gesellschaftlichen Verantwortung, der sie sich nicht entziehen darf.

Vor diesem Hintergrund veranstaltete die Friedrich-Ebert-Stiftung am
15. September 1998 in Halle eine Tagung zum Thema „Ausbildungs- und Beschäftigungsgarantien für Jugendliche". Auf dieser Konferenz wurden Möglichkeiten und Instrumente ausgelotet, jungen Menschen eine Ausbildung sowie anschließende Beschäftigung zu garantieren, und damit eine berufliche Zukunftsperspektive zu geben. Politiker und Vertreter der Arbeitsverwaltung stellten ihre Programme vor und diskutierten hierüber mit Vertretern aus Wirt-

schaft, Gewerkschaften und sonstigen Beteiligten. Zu den politischen Akteuren gehörten die heutige Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Christine Bergmann und der jetzige Staatsminister im Kanzleramt für den Aufbau Ost Rolf Schwanitz, die auf der Tagung ankündigten, daß eine SPD-geführte Bundesregierung bereits kurz nach der Bundestagswahl am 27. September 1998 ein Sofortprogramm zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit starten werde, mit dem 100.000 jugendliche Arbeitslose so schnell wie möglich in Ausbildung und Beschäftigung gebracht werden sollen. Dieses Versprechen hat die neue Bundesregierung inzwischen eingelöst: Am 1. Januar 1999 wurde das „Sofortprogramm zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit", das einen besonderen Schwerpunkt in Ostdeutschland hat, gestartet. Zusätzlich befindet sich das angestrebte „Bündnis für Arbeit" in der Aufbauphase.

Die Fachtagung der Friedrich-Ebert-Stiftung sollte auch beispielhaft aufzeigen, wie andere Länder gegen die Jugendarbeitslosigkeit vorgehen. Ein solcher
europäischer Erfahrungsaustausch vermag dazu beizutragen, den Blick für
eigene Positionen zu schärfen. Dementsprechend wurde in Konferenzbeiträgen über Strategien und Erfahrungen aus den Niederlanden und aus Frankreich berichtet. Diese beiden Länder haben der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit einen besonders hohen Stellenwert eingeräumt.

Die vorliegende Broschüre faßt die Referate und Diskussionsbeiträge der Tagung thematisch geordnet zusammen. Sie wurde durch zusätzliche Recherchen des Verfassers wesentlich ergänzt: In den Niederlanden wurde die Umsetzung von Maßnahmen für Jugendliche in den Kommunen Deventer und Amsterdam untersucht. Für Deutschland wurden Konzepte gegen die Jugendarbeitslosigkeit auf Länderebene und auf der Ebene der Städte Halle/Saale und Krefeld sowie des Stadtteils Köln-Kalk dargestellt.

Für die Konzeption und Durchführung der Veranstaltung sowie für die Redaktion der Broschüre ist Diplom-Ökonomin Hannelore Hausmann vom Forschungsinstitut der Friedrich-Ebert-Stiftung verantwortlich, mit der Organisation war Jutta Malonek betraut. Den Bericht erstellte Ingo Zander,
Dipl.-Sozialwissenschaftler und freier Journalist aus Kerpen.

Bonn, im März 1999Hannelore Hausmann


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Mai 2001

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