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6. FuE-Kooperationen in Brandenburg mit MOE-Ländern

Die Möglichkeiten der Kooperation des Landes Brandenburg im FuE-Bereich mit ausländischen Partnern stecken noch in einer Anfangsphase, wie ein Vertreter Ministeriums für Bundes- und Europaangelegenheiten des Landes Brandenburg ausführte. Wie in allen ostdeutschen Ländern habe es nach der Wende einen scharfen Einbruch im FuE-Bereich gegeben. Da die unter kräftigen Kostendruck geratenen Unternehmen um das kurzfristige Überleben kämpfen mußten, bauten sie zuallererst die FuE-Abteilungen ab, die oft hohe Kosten verursachten.

In Brandenburg arbeiteten 1989 rd. 14.000 Personen im Bereich von FuE, 1993/94 jedoch nur noch rd. 2.000. Es gibt seitdem jedoch wieder eine positive Beschäftigungsentwicklung in diesem Bereich. 1997 gab es in den Forschungsinstituten der Universitäten und im Unternehmensbereich 3.500 Arbeitsplätze, davon 1.500 in Technologie- und Gründerzentren, Inzwischen berichteten etwa 1.000 Unternehmen in Brandenburg wieder über eigene Entwicklungsaktivitäten.

Die FuE-Aktivitäten konzentrieren sich primär noch auf den Inlandsmarkt - zumal sich auch die Exportintensität der brandenburgischen Wirtschaft infolge der De-Industrialisierung noch auf relativ niedrigem - allerdings steigendem - Niveau befindet. Während die Exportquote (die Relation von Ausfuhr zu Bruttoinlandsprodukt) in den alten Ländern rd. 20 % beträgt, liegt sie in Brandenburg bei einem Viertel dieses Wertes.

Auch wenn das FuE-Potential in Brandenburg für internationale Kooperation noch gering ist, gibt es Bewegung in diesem Bereich, die von der Landesregierung flankiert wird. So hat Berlin/Brandenburg am Rande des

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sogenannten 2+2 Round-Tables eine Kooperationsvereinbarung mit dem Moskauer Gebiet zum Thema "Konversion als Wirtschaftsfaktor" abgeschlossen.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) kam in einer Analyse der Außenhandelsstrukturen der GUS-Staaten in Richtung EU zum Fazit: Das Spezialisierungsmuster der UdSSR bzw. der GUS ist nach wie vor durch eine ausgeprägte intersektorale Arbeitsteilung gekennzeichnet. Extrem hohen komparativen Vorteilen im Bergbau und bei mineralischen Rohstoffen stehen leichte komparative Nachteile in der Landwirtschaft und im verarbeitenden Gewerbe gegenüber. Innerhalb des verarbeitenden Gewerbes weisen die einzelnen GUS-Länder vor allem in den ressourcenintensiven Branchen komparative Vorteile auf. Diesen stehen in den forschungsintensiven Branchen entsprechende komparative Nachteile gegenüber.

Im russischen Außenhandel dominieren also noch immer ressourcenintensive Produkte - Rohstoffe sowie material- und arbeitsintensive Erzeugnisse. Da jedoch das nominale Wachstum des Welthandels vor allem durch intelligenzintensive Erzeugnisse bestimmt wird, wirkt sich diese Struktur negativ auf die Expansionschancen des russischen Außenhandels aus. Diese Lage ist vor allem deshalb unbefriedigend, weil es in der russischen Föderation ein großes FuE-Potential gibt. Dieses Potential ist aber zum großen Teil im militärisch-industriellen Komplex konzentriert. Dieser Bereich stand nie unter direktem Wettbewerbsdruck - allenfalls unter politischer Pression, in kurzer Zeit bestimmte Ergebnisse zu erreichen. Kostendenken und Vermarktungsstrategien blieben unbekannt. Hier liegen die Defizite, die es nach Ansicht des Vertreters der brandenburgischen Landesregierung mit westlicher Hilfe aufzuarbeiten gilt.

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Das Kooperationsabkommen erhielt anläßlich des Besuchs von Ministerpräsident Stolpe und Wirtschaftsminister Dreher im Mai 1997 in Moskau eine Spezifizierung. Beide Seiten unterzeichneten ein Protokoll über Form und Arbeitsweise eines Internationalen Zentrums für Technologiekooperation (ICTC) im Moskauer Gebiet. Darin ist u.a. die Förderung der technologischen Kooperation zwischen der T.IN.A, d.h. der Technologie- und Innovationsagentur Brandenburg und staatlichen Einrichtungen und Unternehmen des Moskauer Gebiets vereinbart. Ziel einer solchen Zusammenarbeit soll vor allem die Ausarbeitung von Kooperationsprojekten für die Nutzung von Technologien aus der Konversion und der Luft- und Raumfahrt sein.

Zu diesem Zweck vereinbarten beide Seiten die Gründung eines Zentrums für technologische Kooperation im Moskauer Gebiet bei der Wissenschafts- und Produktionsvereinigung Lawotschkin. Am 18. Dezember 1997 fand die offizielle Gründung statt. Das ICTC ist eine russische Aktiengesellschaft unter Beteiligung des Lawotschkin-lnstituts und des Moskauer Gebiets. Ziel des Technologietransferzentrums ist es, den Technologietransfer in beide Richtungen zu fördern, d. h. Angebot und Nachfrage in einem iterativen Prozeß zum Ausgleich zu bringen. Zu diesem Zweck steht als Kooperationspartner die T.IN.A zur Verfügung, die sowohl Kontakte zu KMU als auch zu Technologiezentren herstellt. Außerdem stellt die T.IN.A ihre nationalen und internationalen Datenbanken über potentielle Interessenten am Technologietransfer zur Verfügung: Das Lawotschkin-lnstitut versteht sich als russische Transferstelle, die nicht nur eigene Technologien, sondern auch andere Einrichtungen, wie das Luft- und Raumfahrtzentrum ZAGI Inschukowski, für westliche Nutzer anbietet oder für diese nachfragt.

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Damit soll diese Kooperation nicht nur auf die regionalen - in der Regel viel zu engen - Märkte begrenzt bleiben, sondern überregionale Wirkungen entfalten.

Ein erstes Beispiel dieser Art ist in der Projektentwicklungsphase: So haben die DASA/Bremen, die BTU-Cottbus und das Innenministerium Brandenburg Interesse an der Nutzung einer Lawotschkin-Technologie zur Flächenüberwachung durch Infrarotsensoren in Niedrigflugkörpern bekundet. Wegen der überregionalen Bedeutung des Projektes konnte auch die Entsendung eines integrierten Experten in das Moskauer Technologiezentrum gesichert werden, an dessen Finanzierung sich das Land Brandenburg nur zu einem Drittel beteiligen muß. Zugeordnet zum ICTC ist ein Deutsch-Russischer Beirat mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft.

Das ICTC hat seine organisatorische und wissenschaftliche Basis in einem der leistungsstärksten Sektoren der russischen Wirtschaft - dem militärindustriellen Komplex und hier wiederum in der Luft- und Raumfahrtindustrie. Technologien, die zum Teil mit hohen Kosten und marktfernen Design entwickelt und gestaltet wurden, müssen marktfähig gemacht und vermarktet werden. Dabei stehen sich oft sehr ungleiche Partner gegenüber: KMU's auf deutscher Seite, Großeinheiten auf russischer. Allerdings - das Beispiel DASA belegt dies - sind auf deutscher Seite auch Großunternehmen an der Vermittlungstätigkeit des ICTC interessiert - nämlich zumeist dann, wenn es sich um Technologien außerhalb des Kerngeschäfts dieser Unternehmen handelt.

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Da die Technologietransferstelle erst vor ihrer Gründung steht, konnte über Arbeitsergebnisse noch nichts berichtet werden. Anläßlich des Besuchs des brandenburgischen Ministerpräsidenten Stolpe im Mai 1997 wurden einige Technologien präsentiert, die als transferfähig einzuschätzen sind, darunter schmiermittelfreie Vakuumpumpen oder Flachantennen für Satelliten TV. Bei den Projekten war die militärische Vergangenheit unübersehbar, ihre Einsatzmöglichkeiten für den zivilen Bereich aber auch erkennbar.

Das Pilotprojekt ist nicht auf die Technologietransfervermittlung begrenzt. Es zeigte sich, daß ein komplexer Ansatz für den gewünschten Erfolg erforderlich ist. Als notwendig gilt die Qualifizierung von Zielgruppen, d.h. der potentiellen Akteure des Technologietransfers. Das sind in Brandenburg vor allem Angehörige von kleinen und mittleren Unternehmen. Sie müssen vertraut gemacht werden mit den wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen im Partnerland, mit Fragen der Patentierung und Zertifizierung sowie mit den Möglichkeiten, finanzielle Unterstützung aus Landes-, Bundes- oder EU-Mitteln zu erhalten.

Ein erstes Seminar dieser Art wurde von der T.IN.A zum Thema "Rechtschutz des geistigen Eigentums in Rußland und der Technologietransfer" im Herbst 1997 durchgeführt (Finanzierung aus dem Projekt "Entwicklung geeigneter Methoden zur Motivierung brandenburgischer KMU zur Teilnahme am internationalen Technologietransfer am Beispiel Rußlands").

Für das Rußlandgeschäft bleibe eine staatliche Flankierung auch auf deutscher Seite wichtig - zumindest wenn es sich um die Zusammenarbeit mit Einrichtungen des militärindustriellen Komplexes handele, erklärte

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klärte der Vertreter des Ministeriums der Justiz und für Bundes- und Europaangelegenheiten des Landes Brandenburg. Der erste Schritt sei getan, in zwei bis drei Jahren werde die erste Bilanz gezogen.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Januar 2001

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