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TEILDOKUMENT:


[Seite der Druckausg.: 58 ]


7 Empfehlungen

Allgemeingültige Aussagen zu den sanierungsrelevanten Instrumentarien folgende Empfehlungen sind aufgrund der inhomogenen Thematik und Objekte nicht möglich. Generelle Probleme zwingen aber dazu, die Ursachen des Modernisierungs- und Instandsetzungsbedarfs im einzelnen zu ergründen, um durch die Analyse wiederum zu verallgemeinerungsfähigen Aussagen, Instrumentarien oder Strategien zu gelangen. Im wesentlichen lassen sich die Empfehlungen an sieben Punkten festmachen:

  • Unverzichtbar erscheint die Ausweisung von Sanierungsgebieten neben oder im Rahmen der Bebauungsplanung, wobei die Bebauungs- wie Sanierungspläne im Flächennutzungsplan der Stadt einzubinden sind. Die verbreiteten infrastrukturellen Defizite machen es notwendig, die Sanierungsgebiete groß zu dimensionieren. Die Ausweisung von Neubaugebieten außerhalb der Stadt ist schrittweise zugunsten der Erschließung von Sanierungsgebieten innerhalb der Stadt zurückzunehmen. Die Erneuerung ist an den Bedürfnissen der Betroffenen zu orientieren und sozialverträglich zu gestalten. Wichtig ist die Sicherung und Entwicklung der vorhandenen Struktur des Gewerbes. Es gilt, Arbeitsplätze zu erhalten bzw. neu zu schaffen.

    Der Sanierungsplan muß als wichtigste Analysepläne enthalten:

    • den Denkmalpflegeplan
    • den Verkehrsplan
    • den Infrastruktur- (medientechnischen Erschließungs-) Plan [Fn.1: Wie notwendig ein Infrastruktur- bzw. Erschließungsplan ist, beweist die Tatsache, daß erst 44 % aller Wohngebäude in den neuen Ländern mit rund 68 % aller Wohnungen an die Kanalisation angeschlossen sind. Städtische Ballungsräume schneiden hierbei besser ab als ländliche Regionen.] und
    • einen Sozialstrukturplan.

    Ein gutes Beispiel stadtanalytischer Entwicklungsplanung stellen die drei Skizzen der Deutschen Stadtentwicklungsgesellschaft (DSK) für das Sanierungsgebiet "Innenstadt" der Stadt Cottbus dar. Hier wird auf Stadtbild und Verkehr eingegangen. Es wird auf bestehende, aufzuwertende und zu ergänzende Bausubstanz hingewiesen. Berücksichtigt werden Orte für Kultur, Bildung und Unterhaltung. Weitere Bestandteile sind Konzepte für Frei- und Grünflächen sowie für eine radfahrer- und fußgängergerechte Erschließung.

  • Die kommunale Stadtplanung ist in finanzieller und personeller Hinsicht zu stärken. Stadtplanungs- bzw. Stadtsanierungsämter schaffen Rahmenbedingungen und sind damit der Motor der Stadtentwicklung. Sie eröffnen Möglichkeiten zur Durchführung folgender Aufgaben innerhalb eines Sanierungsgebietes:

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    • Aufstellung der Finanzplanungen mit Möglichkeiten für langfristige Investitionen
    • Ausstattung des Wohnumfeldes
    • Zwischenunterbringung von Mietern während der Sanierung
    • Mieterberatung
    • Sozialbetreuung
    • Kontrolle der durchgeführten Maßnahmen.

    Neben dieser fachlichen Aufgabenstellung ist der permanente Dialog mit Bürgern, Bürgerinitiativen, politischen Gremien und Investoren notwendig. Eine zunehmende Verhärtung im Verhältnis zur Verwaltung - wie sie auf dem 10. Arbeitstreffen der Bürgerinitiativen in der Stadterhaltung und -erneuerung 1995 berichtet wurde - muß vermieden werden. Als bedenklich einzustufen sind Vorschläge zur Etablierung von "City-Managern", die sich mit allen Problemen zu befassen und entsprechende Lösungsvorschläge zu koordinieren haben. Hier stellt sich die Frage, inwieweit sich eine Stadt durch solche Privatisierungen von Aufgaben ihrer kommunalen Selbstverwaltung entledigt und damit zum Spielball des freien Markts wird.

  • Eine verstärkte Qualifizierung von Architekten im Bereich der Planung und Durchführung von Altbausanierung ist unverzichtbar. Nur umfassend ausgebildete Architekten sind in der Lage, große bauwirtschaftliche Schäden zu vermeiden. Zu fordern ist die Vorlage von Bestandsuntersuchungen in Verbindung mit städtebaulichen und konstruktiven Sanierungskonzepten vor der Vergabe von Fördermitteln. Ähnliches geschieht im Bereich der zuwendungsbegünstigten Baumaßnahmen, deren Förderung erst dann zugesagt wird, wenn die Entwurfs- und Kostenplanung baufachlich geprüft ist. Damit werden von vornherein unqualifizierte Akteure aus Sanierungsprojekten ausgegrenzt, Regelungen und Gesetze beachtet sowie Kostennachträge bzw. hohe Folgekosten in der Bauunterhaltung ausgeschaltet.

  • Vielfach liegt ein hohes Modernisierungspotential seitens der Mieter brach. Wer bereit ist, sich an der Modernisierung zu beteiligen, sollte finanziell gefördert werden - nicht zuletzt im Hinblick auf eine längerfristige Seßhaftigkeit.

  • Vorhandene Modernisierungsinstrumentarien sind von den Kommunen unter Einbeziehung der Eigentümer auszuschöpfen. Dabei sollte die Bildung und Erhaltung von Eigentum im Vordergrund stehen. Spekulative Entwicklungen sind zu vermeiden und Sozialbindungen zu stärken.

  • Arbeitslose und Jugendliche ohne Lehrstelle sind verstärkt in Modernisierungs- und Sanierungsprojekte einzubeziehen. In vielen Fällen stellt die Einbindung von Arbeitslosen gleichzeitig eine Ausschöpfung von Modernisierungspotential bei den Mieterhaushalten dar. Angesichts der hohen Arbeits-

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    losigkeit und leerer öffentlicher Kassen ist zu überlegen, ob öffentliche Anlagen innerhalb eines Sanierungsgebietes durch den Einsatz von Arbeitslosen hergerichtet werden können. Arbeitsbeschaffung muß vor der Finanzierung von Arbeitslosigkeit stehen.

  • Schließlich sollte dem Erfahrungsaustausch von und der Dokumentation über durchgeführte Sanierungsvorhaben größere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Dabei geht es u.a. um folgende Aspekte:
    • Bauzustand vor und nach der Sanierung
    • Bestandserfassung, Baubeschreibung, Schadenskartierung, Sanierungsentwurf
    • Finanzplanung
    • Besonderheiten während der Baudurchführung
    • Ausschreibungsergebnisse sowie
    • effektives Investitionsvolumen nach Kostengruppen.

    Die zur Zeit vorliegenden "Dokumentationen" sind qualitativ unzureichend. Wünschenswert wäre eine chronologische Aufstellung von Liegenschaftskatastern im Sanierungsbereich. Dokumentationen sind auf Kommunal-, Landes- und Bundesebene sinnvoll - etwa als Fortführung der vor einiger Zeit eingestellten "Grünen Reihe" des Bundesbauministeriums. Auch Wohnungsbaugesellschaften und Sanierungsträger sind aufgefordert, explizit zu dokumentieren. Weiter können fachliche Einrichtungen wie das vom Bundesbauministerium und den neuen Ländern gegründete "Institut für Erhalt und Modernisierung von Bauwerken" (IEMB) mit Sach- und Fachverstand Probleme bei den in den neuen Ländern anstehenden Aufgaben bewältigen helfen; auch diese Kapazitäten sollten verstärkt genutzt werden. Nicht zuletzt können auch Tagungen und Kongresse mit entsprechenden Dokumentationen dem fachlichen Erfahrungsaustausch dienen. Hierzu einen Beitrag zu leisten war das Hauptanliegen dieser von der Friedrich-Ebert-Stiftung durchgeführten Fachveranstaltung.

Die Beachtung dieser Empfehlungen bei der Durchführung von Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen wird dazu beitragen, daß die Versäumnisse der ehemaligen DDR beim Erhalt des umfangreichen Altbaubestandes zügig und sachkundig aufgeholt werden. Die zahlreichen bereits wieder hergerichteten und die vielen zur Zeit eingerüsteten Altbauten geben Anlaß für die optimistische Einschätzung, daß dieser Aufholprozeß auch erfolgreich abgeschlossen wird.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Januar 2001

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