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TEILDOKUMENT:

[Seite der Druck-Ausgabe: S. 1]

Vorbemerkung

Ausgelöst durch den weltpolitischen Umbruch der späten achtziger und beginnenden neunziger Jahre - das Ende des Kalten Krieges, der Zusammenbruch der ehemaligen Sowjetunion und damit die Auflösung des Warschauer Paktes sowie der Abschluß der Wiener Verträge - ist ein umfassender Abrüstungsprozeß in Gang gekommen. Dieser Prozeß hat auch in der Bundesrepublik wichtige abrüstungspolitische Entscheidungen ausgelöst. Diese führten dazu, daß Standorte der Bundeswehr und der stationierten ausländischen Truppen verkleinert oder geschlossen werden. Erst Mitte März dieses Jahres hat der Verteidigungsminister im Zusammenhang mit der neuen Bundeswehrplanung die Schließung von 19 Standorten und die Reduzierung von weiteren 28 Standorten angekündigt. Die neue Struktur wird dazu führen, daß die Bundeswehr in 200 Kreisen nicht mehr präsent ist. Mit solchen Entscheidungen ist ein vielschichtiger Strukturwandel verbunden, der unsere Gesellschaft vor große politische, wirtschaftliche, fiskalische und ökologische Herausforderungen stellt. Es gilt, für eine Reihe von Problemen - wie den Verlust von Arbeitsplätzen, von Steuereinnahmen und von staatlichen Zuschüssen, aber auch für die vorhandenen Altlasten und Schäden - geeignete Lösungen zu finden.

Abzuarbeiten sind die Folgen von Kriegen, Aufrüstung, Truppenstationierung und Abrüstungsentscheidungen. Gleichzeitig muß die Freigabe militärischer Liegenschaften für zivile Nutzungen als gesamtwirtschaftliche Gestaltungsaufgabe von Wirtschafts-, Arbeitsmarkt-, Bildungs-, Umwelt-, Regional-, Kultur-, Abrüstungs- und Friedenspolitik verstanden werden. Dabei gilt es, die Entwicklungspotentiale, die sich aus der Konversion z.B. im Hinblick auf neue oder erweiterte Wohn-, Gewerbe-, Dienstleistungs- und Freizeitangebote ergeben, zu erkennen und zu nutzen.

Im einzelnen geht es bei der Konversion einmal um den Abbau der während des Ost/West-Konflikts angehäuften militärischen Arsenale, die Einbrüche im Sektor der Rüstungsindustrie zur Konsequenz haben. Zum anderen werden Umstrukturierungen der militärischen Forschung und Entwicklung notwendig. Weiter sind erhebliche arbeitsmarktpolitische Probleme zu bewältigen, die aus der Demobilisierung von militärischem Personal und Zivilbeschäftigten resultieren. Über die Umwandlung von Kasernen, militärischen Liegenschaften und anderen Infrastruktureinrichtungen liegen aus Modellvorhaben und Einzelprojekten inzwischen einige Erkenntnisse vor. Schließlich betreffen die Konversionsmaßnahmen auch die Verschrottung vieler Waffensysteme und die zivile Nutzung militärischen Geräts.

[Seite der Druck-Ausgabe: S. 2]

Wegen der Unterschiede in den Ausgangslagen und im Betroffenheitsgrad wird über die positiven und negativen Effekte des Konversionsprozesses auf Länder- und Kommunalebene, aber auch zwischen alten und neuen Bundesländern sowie zwischen Städten und Gemeinden kontrovers diskutiert. Erschwerend kommt hinzu, daß es sich bei der Konversion in der Bundesrepublik für die Politik, für die Wissenschaft und erst recht für die Praxis um ein relativ junges Phänomen handelt. Dementsprechend bestehen Informationsdefizite darüber, wie die komplexen Konversionsprobleme sinnvoll in Angriff genommen werden können.

Zum Abbau dieser Defizite führte die Abteilung Wirtschaftspolitik des Forschungsinstituts der Friedrich-Ebert-Stiftung im September 1994 und im April 1995 zwei Fachkonferenzen durch. Auf den Veranstaltungen in Kaiserslautern und in Potsdam wurden unterschiedliche Auffassungen über die Tragweite und Komplexität der Konversion sowie über die zu ihrer Durchführung erforderlichen staatlichen Steuerungshilfen vorgestellt. Weiter wurden die weitreichenden Folgen der Abrüstung für regionale Arbeitsmärkte und für die Wirtschaft aufgezeigt sowie Lösungskonzepte für die Bewältigung des konversionsbedingten Strukturwandels diskutiert. Hierzu gehörte auch eine Auseinandersetzung mit der Altlastenproblematik und mit Anpassungsstrategien der Rüstungsindustrie. Ein anderer Schwerpunkt der Fachtagungen waren die Konversionskonzepte und -projekte aus verschiedenen Bundesländern, die durch detaillierte Fallberichte aus unmittelbar betroffenen Konversionsstandorten ergänzt wurden. Schließlich erfolgte noch eine Erörterung der Abgabenpolitik des Bundes hinsichtlich Konversionsimmobilien. Ziel der Expertentreffen war nicht zuletzt die Förderung des Erfahrungsaustausches zwischen all den gesellschaftlichen Gruppen, deren partnerschaftliches Zusammenwirken für die Lösung der vielfältigen Konversionsprobleme notwendig erscheint.

Die vorliegende Broschüre faßt die wichtigsten Ergebnisse beider Fachkonferenzen zusammen. Sie wurde von Ingo Zander, Dipl. Sozialwissenschaftler und freier Journalist aus Kerpen erstellt. Die redaktionelle Überarbeitung des Tagungsberichts nahm Karl-Hans Weimer vom Forschungsinstitut der Friedrich-Ebert-Stiftung vor.

Bonn, im September 1995


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Januar 2000

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