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Vorbemerkung

Seit Jahren befinden sich unsere Städte und Gemeinden in Not - und zwar mit einer sich häufig dramatisch verschärfenden Tendenz. Der Aufruf "Rettet unsere Städte jetzt !", der bereits 1971 das Motto der Vollversammlung des Deutschen Städtetages in München war, ist heute aktueller denn je. Notwendig erscheinen grundlegende Reformen sowohl im Bereich der Einnahmen als auch im Sektor der Ausgaben und Aufgaben unserer Kommunen. Dabei besteht ein breiter Konsens darüber, daß auf schmerzhafte Sparmaßnahmen in allen Bereichen nicht verzichtet werden kann, und daß es dabei keine Tabus geben darf.

Die Kämmerer unserer Städte und Gemeinden müssen oft rigide Ausgabenkürzungen zur Sanierung der kommunalen Haushalte vornehmen. Im Manifest der Oberbürgermeister "Rettet unsere Städte jetzt!", das im Frühjahr letzten Jahres veröffentlicht wurde, wird betont, daß sich auf den kommunalen Sanierungslisten überall folgende Punkte befinden:

  • drastischer Personalabbau;
  • Einstellung von städtischen Dienstleistungen, die nicht existentiell sind;
  • Reduzierung von Zuschüssen für Vereine, Initiativen usw. im Bereich der freiwilligen Leistungen;
  • Ausdünnung der obligatorischen städtischen Dienstleistungen;
  • Vergabe von Aufgaben an Dritte;
  • Schließung von Theatern, Büchereien, Bädern und anderen kulturellen und sozialen Einrichtungen;
  • Streckung der Reinigungsintervalle in allen öffentlichen Gebäuden, auch in Kindergärten und Schulen;
  • kommerzielle Nutzung städtischer Nebeneinrichtungen;
  • Überprüfung sämtlicher Gebühren mit dem Ziel der kostendeckenden Erhöhung

In vielen Bereichen müssen sogar Maßnahmen ergriffen werden, von denen bekannt ist, daß sie kontraproduktiv sind. So können zum Beispiel manche Kürzungen im Jugendbereich schnell die Erziehungsprobleme verschärfen. Drastische Kürzungen bei den Unterhaltsmitteln für städtische Gebäude, Straßen und Grünanlagen weiden in Zukunft zu enormen Sanierungsmaßnahmen führen.

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Notwendig erscheint aber auch eine Modernisierung des öffentlichen Dienstes, denn es ist für die Kommunalverwaltungen eine Überlebensfrage, daß sie den Anschluß an moderne Formen der betriebswirtschaftlichen Steuerung und Organisation ihrer Aufgaben finden. Zur Neuordnung der Aufgabenstrukturen im öffentlichen Bereich gehört nach Auffassung des ehemaligen Frankfurter Oberbürgermeisters Andreas von Schoeler insbesondere, daß wir lernen, das Prinzip der Subsidiarität wieder erst zu nehmen. Das bedeutet, daß die gegenwärtige Aufgabenverteilung zugunsten von Bürgern und Unternehmen zu verändern ist und zwar immer dann, wenn Bürger bereit und in der Lage sind, Aufgaben und Probleme selber zu regeln, oder wenn Dritte bislang öffentliche Aufgaben effektiver und effizienter ausführen können.

Mit den Spielräumen und Risiken, die für eine Privatisierung kommunaler Aufgaben und Dienstleistungen bestehen, setzte sich die Fachkonferenz "Privatisierung der kommunalen Daseinsvorsorge - Chancen, Grenzen und Alternativen" auseinander, die die Abteilung Wirtschaftspolitik des Forschungsinstituts der Friedrich-Ebert-Stiftung im Dezember 1994 in Köln durchgeführt hat. Diese Veranstaltung versuchte, einen Beitrag zur Versachlichung der Privatisierungsdebatte zu leisten. Es kommt darauf an, den Zielkonflikt zwischen Daseinsvorsorge und Gewinnmaximierung sozialverträglich und bürgernah zu lösen. Das kann nur dann gelingen, wenn die Entscheidungen über Aufgaben und Investitionen nicht nach ideologischen, sondern nach sachlichen und wirtschaftlichen Kriterien getroffen werden . Ziel einer sinnvollen Privatisierungsstrategie kann nicht die völlige Demontage der kommunalen Daseinsvorsorge sein. Fest steht aber auch, daß die Privatisierung kein Allheilmittel ist, und daß Grenzen für die Übernahme von Methoden und Organisationsstrukturen aus der Wirtschaft bestehen.

Dementsprechend wurde auf dem Expertentreffen auch Gelegenheit zur Diskussion über ergänzende und alternative Konzepte und Instrumente gegeben, mit deren Hilfe die Aufgaben und Leistungen der Kommunalverwaltungen im Hinblick auf Qualität und Konkurrenzfähigkeit beeinflußt werden können. In diesem Zusammenhang spielen Rationalisierungs- und Modernisierungsmaßnahmen der öffentlichen Verwaltung ebenso eine Rolle wie rigorose Ausgabenkürzungen. Völlig unstrittig ist dabei in unseren Städten und Gemeinden, daß gespart werden muß und auch gespart werden kann. Aber darüber, in welchen Bereichen und mit welchen Intensitäten ein Leistungsabbau und Einsparungen vor

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ggenommen werden sollen, gehen die Meinungen weit auseinander - und zwar nicht nur zwischen den politischen Parteien, sondern auch zwischen den Fachpolitikern einer Partei, zwischen verschiedenen Teilen der Verwaltung und nicht zuletzt zwischen den Bürgern, Vereinen und den Trägem sozialer oder kultureller Einrichtungen. Ziel der Fachtagung war deshalb nicht zuletzt die Förderung eines Meinungs- und Erfahrungsaustausches zwischen all den gesellschaftlichen Gruppen, die an der Bewältigung der kommunalen Aufgaben- und Ausgabenprobleme mitarbeiten müssen

Die vorliegende Broschüre faßt die wichtigsten Ergebnisse der Fachkonferenz zusammen. Sie wurde von Dipl.-Volkswirt Ulrich Berhorst, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Universität-Gesamthochschule Paderborn erstellt. Die redaktionelle Überarbeitung des Tagungsberichtes nahm Karl-Hans Weimer vom Forschungsinstitut der Friedrich-Ebert-Stiftung vor.

Bonn, im Juli 1995


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Oktober 2000

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