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Vorwort

Keine andere Vermögensart genießt in der Bevölkerung, insbesondere bei Familien mit Kindern, eine so hohe Wertschätzung wie das Wohneigentum. Nach Umfragen wünschen sich 80 Prozent der deutschen Bevölkerung ein "eigenes Zuhause". Bund und Länder messen denn auch dem Wohneigentum unter gesellschafts- und familienpolitischen, wohnungsbaupolitischen und auch wirtschaftspolitischen Aspekten eine herausragende Bedeutung zu. Folglich wurde der Neubau und Erwerb von Häusern und Wohnungen in der Vergangenheit mit beachtlichen Mitteln gefördert.

Das herkömmliche Fördersystem bedarf jedoch dringend einer grundlegenden Neuorientierung. Dies betrifft vor allem die steuerliche Förderung nach Paragraph 10e EStG. Sie ist nach Ansicht von Kritikern sozialpolitisch ungerecht, wohnungspolitisch ineffizient und familienpolitisch fragwürdig. Trotz der knappen öffentlichen Kassen bewirke sie unnötige Mitnahmeeffekte: Durch die steuerliche Progressionswirkung profitieren (bis zur Kappungsgrenze) diejenigen Haushalte am meisten, die das höchste Einkommen haben, und vermutlich auch ohne staatliche Förderung Wohneigentum schaffen würden. Im Gegenzug dazu werden Haushalte mit geringen und mittlerem Einkommen, die die Förderung besonders benötigen, benachteiligt.

Über den grundsätzlichen Reformbedarf der derzeitigen steuerlichen Wohneigentumsförderung besteht ein weitgehender Konsens unter allen beteiligten staatlichen und privaten Akteuren. Bund, Länder, Parteien, Wohnungswirtschaft, Interessenvertreter der Wohneigentümer und Wissenschaftler haben vielfältige Reformvorschläge vorgelegt.

Trotz des weitreichenden grundsätzlichen Konsenses gehen indes die Vorstellungen über konkrete Reformschritte im einzelnen in verschiedenen Punkten weit auseinander: Strittig sind die Frage nach der Einkommens- und nach der Progressionsabhängigkeit bzw. -unabhängigkeit der Förderung, die Frage nach der rechtlichen Verankerung der Förderung (wie bisher im Steuerrecht oder als eigenständiges Leistungsgesetz), die Frage nach der Bemessungsgrundlage der

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Förderung, die Frage nach einer Differenzierung der Förderung zwischen Neubau und Gebrauchterwerb, die Rolle von Vorspar- bzw. Nachsparphase bei der Förderung und schließlich die Frage einer regionalen Differenzierung der Förderung zugunsten der Ballungsgebiete mit ihren hohen Bau- und Bodenkosten. Kontroverse Auffassungen bestehen auch darüber, ob für die neuen Bundesländer besondere Regelungen (Ost-Bonus) notwendig sind.

Eine endgültige Entscheidung über die Gestalt einer neuen steuerlichen Wohneigentumsförderung ist noch nicht gefallen. Die Bundesregierung hat jedoch Eckwerte als Grundlage eines eigenen Gesetzentwurfes erarbeitet, der zur Beratung im Bundestag und Bundesrat ansteht.

Am 13. Juni 1995 veranstaltete die Friedrich-Ebert-Stiftung in Mainz eine Fachkonferenz mit dem Titel "Reform der Wohneigentumsförderung", auf der sich Akteuren und Betroffenen die Gelegenheit bot, die verschiedenen Reformmodelle zur steuerlichen Wohneigentumsförderung auf ihre Problemadäquanz hin zu überprüfen, miteinander zu vergleichen und zu bewerten.

Hierbei wurde auch auf grundsätzliche Fragen eingegangen, wie auf die, welche Förderung ökonomisch effizienter ist und mehr zur Ausweitung des Wohnungsangebotes beiträgt: Die Förderung des Wohneigentums oder die Förderung des Mietwohnungsbaus als ihrem engstem Substitut? Darüber hinaus befaßte sich die Konferenz auch mit einem speziellen Aspekt, der bislang weitgehend in der Reformdiskussion ausgeblendet wurde, nämlich der Benachteilung von genossenschaftlicher Wohneigentumsbildung im steuerlichen Förderrecht. Die SPD- Fraktion im Bundestag hält eine Gleichstellung mit der individuellen Wohneigentumsbildung für zwingend geboten und hat einen entsprechenden Antrag ins Parlament eingebracht.

Neben der Neugestaltung der steuerlichen Wohneigentumsförderung umfaßt die derzeitige Reformdiskussion auch die Bedeutung und die Fortentwicklung der nicht-steuerlichen, direkten Förderinstrumente, die auf der Fachkonferenz ebenfalls auf dem Prüfstand standen. Hierbei geht es zum einen um die Förderung von Wohneigentum im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus, zum anderen um Verbesserungen der Bedingungen auf den Märkten für Baurechte und Bauland.

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Weitgehende Einigkeit bestand darin, daß hierbei solche Maßnahmen besondere Priorität genießen müssen, die zu einer Senkung der stark gestiegenen Baukosten und der hohen Bodenpreise, insbesondere in den Ballungsgebieten, beitragen können.

Die vorliegende Broschüre bietet eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der Fachkonferenz. Für Konzeption und Durchführung der Konferenz und die Redaktion der Broschüre war Diplom-Ökonomin Hannelore Hausmann aus der Abteilung Wirtschaftspolitik des Forschungsinstituts der Friedrich-Ebert-Stiftung verantwortlich, die Organisation und das Tagungssekretariat lag in den Händen von Ilona Reuter und Thomas Franke. Die Broschüre wurde von Diplomökonom Achim Lerch von der Universität Gesamthochschule Kassel verfaßt.

Bonn, September 1995


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Januar 2001

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