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[Seite der Druckausgabe: 11 / Fortsetzung]


4. Hemmnisse des deutschen Beteiligungskapitalmarktes

Auf die Entwicklung des deutschen Beteiligungskapitalmarktes und insbesondere des Segments für Frühphasenfinanzierungen von JTU haben sich in der Vergangenheit eine Reihe von Faktoren hemmend ausgewirkt. Als ungünstige Rahmenbedingungen sind in erster Linie folgende Punkte zu nennen:

  • Die Zurückhaltung potentieller Investoren, Kapital für Beteiligungsgesellschaften bereitzustellen, die in JTU investieren. Vor allem für auf JTU spezialisierte Venture-Capital-Gesellschaften stellt die Akquisition von Kapital ein gravierendes Problem dar. Sie konkurrieren einerseits gegen andere Anlageformen (z.B. im Immobilienbereich) Anderseits konnten sie aufgrund des bislang geringen Alters ihrer Fonds auch noch nicht den Nachweis erbringen, daß sie hohe Renditen für ihre Investoren erzielen können. In diesem Zusammenhang spielt auch die Tatsache eine Rolle, daß in der Bundesrepublik der Bankensektor die größte Investorengruppe darstellt. Dieser ist als eher risikoavers einzuschätzen.

  • Fehlende Möglichkeiten für Beteiligungsgesellschaften ihre Anteile an Technologieunternehmen über die Börse zu veräußern. Erfahrungen aus den USA haben gezeigt, daß ohne die Desinvestment-Option "Börse" Venture-Capital-Gesellschaften bei JTU

[Fn. 9: Quelle: BVK (Hrsg., 1993)]

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    keine attraktive Rendite erzielen können. Der Aufwand für die Auswahl und Unterstützung von JTU während ihres Aufbauprozesses ist im Vergleich zu Engagements an anderen Wachstumsunternehmen relativ hoch. Dieser Aufwand kann nur bei erfolgreichem Verkauf der Anteile kompensiert werden Aufgrund der restriktiven deutschen Börsenzulassungsbeschränkungen und der dominierenden Rolle der Banken bei der Begleitung von Emissionen besteht in der Bundesrepublik praktisch keine Chance, jüngere mittelständische Unternehmen an der Börse einzuführen.

  • Keine steuerliche Begünstigung der Anlage von risikotragendem Kapital über Beteiligungsgesellschaften in JTU. Einerseits sieht es das deutsche Steuerrecht nicht vor, daß Investoren ihre Einlage in Venture-Capital-Fonds abschreiben können. Anderseits werden Veräußerungsgewinne (auch bei einer Wiederanlage) steuerlich nicht begünstigt. Auch dies mindert die Attraktivität für Anleger und die erzielbaren Renditen für Beteiligungsgesellschaften.

  • Generell bestehen keine steuerlichen Begünstigungen für JTU wie in anderen Ländern. Hierdurch werden die Entwicklungs- und Renditemöglichkeiten der JTU beeinträchtigt. Sie sind als Anlageobjekt für Venture-Capital-Gesellschaften damit weniger attraktiv.

  • Eine insgesamt noch geringe Bereitschaft von Naturwissenschaftlern, Ingenieuren und technischen Experten sich mit einer technologieorientierten Unternehmensgründung selbständig zu machen. Hierbei spielt einerseits eine Rolle, daß an Hochschulen keine Studiengänge angeboten werden, die neben der technischen Ausbildung auch Kenntnisse im Aufbau und Management junger Unternehmen vermitteln. Daneben gibt es kaum entsprechende Ausbildungsangebote für bereits berufstätige Personen. Eine deutliche Zunahme von Ausgründungen aus dem universitären und außeruniversitären Bereich ist zudem auch nur dann zu erwarten, wenn die dortigen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten stärker umsetzungsorientiert ausgerichtet werden und zukünftig eine stärkere Vernetzung zwischen industrieller und nichtindustrieller Forschung und Entwicklung erfolgt. Andererseits steht die auf Sicherheit bedachte deutsche Mentalität einem noch höheren Niveau an Gründungen entgegen.

  • Vorbehalte deutscher Unternehmensgründer gegenüber Beteiligungskapital, vor allem gegenüber mitspracheberechtigten Gesellschaftern, bzw. Unkenntnis über dieses Finanzierungsinstrument. Dies hat auch zu einer geringen Nachfrage nach Beteiligungskapital geführt, das vielfach erst dann in Betracht gezogen wird, wenn keinerlei andere Möglichkeiten mehr bestehen, die Finanzierung des Unternehmens sicherzustellen.

  • Diese Rahmenbedingungen haben dazu geführt, daß in der Bundesrepublik noch keine langjährige Venture-Capital-Tradition wie in den USA besteht. Deshalb mangelt es

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    hierzulande an (in Hinblick auf JTU) qualifizierten Beteiligungsmanagern und an risikobereiten Beteiligungskapitalgebern. Ebenso sind die Netzwerke deutscher Beteiligungsgesellschaften noch nicht so ausgeprägt wie die der US-amerikanischer Venture-Capital-Gesellschaften.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Januar 2001

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