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3. Gestaltung des Innovationsmanagements

3.1 Probleme des Innovationsmanagements

Innovationen stellen hohe Anforderungen an die Führungstätigkeit und an die Qualifikation der in die Innovationsprozesse eingebundenen Mitarbeiter. Projektmanagement, Bewertung, Schnittstellenbeherrschung, Netzwerkintegration und Teamarbeit sollen bewirken, daß über die Forschung und Entwicklung hinaus der Markterfolg die Handlungen und Entscheidungen im ganzen Unternehmen prägt. In Tabelle 10 sind dafür erforderliche Aufgaben des Innovationsmanagements zusammengestellt.

Tabelle 10: Aufgaben des Innovationsmanagements

• Auswahl erfolgversprechender Innovationsfelder

• Entwicklung von Innovationsstrategien in Übereinstimmung mit den Unternehmens-

strategien

• Planung, Steuerung und Kontrolle der Innovationsprojekte (Projektmanagement)

• Sicherung einer kreativen Arbeitsatmosphäre und eines Innovationsklimas

• Gestaltung des Innovationssystems im Unternehmen

• Durchsetzung innovationsfördernder Organisationsstrukturen

• Bereitstellung erforderlicher Ressourcen

• Verzahnung der FuE- und Marketingaktivitäten

• Schutzrechtspolitik

Untersuchungen des Fraunhofer-lnstituts für Systemtechnik und Innovationsforschung belegen, daß das Innovationsmanagement in ostdeutschen Unternehmen noch nicht immer dem erforderlichen Niveau entspricht. So zeigten einzelfallbezogene Analysen zur Einsatzvorbereitung und der Nutzung von CA-Techniken, daß fehlende oder wechselnde unternehmensstrategische Orientierungen es erschwerten, mit Prozeßinnovationen signifikante Beiträge zur Verbesserung der Wettbewerbssituation zu erbringen (Lay 1997:94). In einem Teil der Unternehmen folgte der Einsatz der Technik nicht den ganzheitlichen Unternehmenserfordernissen, so daß der Nutzen nur partiell auftrat und sich die Wirkungsketten der Veränderungen im Unternehmen nicht fortsetzten. Bei der

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Analyse von FuE-Projekten in technologieorientierten Unternehmen wurde deutlich, daß etwa die Hälfte der Unternehmen die Zeitziele in den Pflichtenheften Überschrift. Die daraus resultierende verspätete Markteinführung bewirkte Umsatzverluste und Liquiditätsprobleme. Des öfteren neigten FuE-Beschäftigte dazu, mehr technik- denn marktorientiert an die Innovationsprojekte heranzugehen und die Marketingaufgaben zu verdrängen. Kundenkontakte wurden zu spät aufgenommen oder waren nicht intensiv genug (Baier/Pleschak 1996).

Angesichts der deutlich zugenommenen Arbeitsteiligkeit der Innovationsprozesse gewinnt der Wissenstransfer zwischen Organisationen und die Kooperation zwischen den Unternehmen einerseits und den Unternehmen und Forschungseinrichtungen andererseits an Gewicht. Innovationsmanagement muß auf das Zusammenwirken aller am Innovationsprozeß beteiligten Organisatoren in Netzwerken hinwirken (vgl. Abschnitt 3.4). Netzwerke geben günstige Rahmenbedingungen für die Beherrschung solcher Innovationsanforderungen wie Komplexität, Interdisziplinarität und Ganzheitlichkeit. Förderung in Ostdeutschland sollte auch solche „weichen" Ressourcen erfassen.

Hauptprobleme des Innovationsmanagements in Ostdeutschland sind das Marketing für die Innovationen und die Innovationsfinanzierung. Innovationsprozesse reichen von der Idee für FuE-Projekte bis zur erfolgreichen Vermarktung der neuen Produkte und Verfahren. Eine nur auf die FuE zugeschnittene Betrachtung würde diese Komplexität nicht richtig erfassen. Die Finanzierung gehört deshalb zu den Hauptproblemen, weil fehlendes Eigenkapital und Probleme bei der Beschaffung von Fremdkapital häufig als Innovationshemmnis auftreten. Im weiteren stehen deshalb Marketing und Finanzierung für Innovationen im Mittelpunkt der weiteren Ausführungen.

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3.2 Marketing für Innovationen

Innovative ostdeutsche Unternehmen stehen erfahrungsgemäß vor folgenden Marketingproblemen: Imageprobleme, Engpässe bei der Finanzierung der Marketingaktivitäten, Errichtung von Markteintrittsbarrieren durch die Konkurrenz, fehlendes Vertriebs-Know-how, Marktbarrieren durch staatliche Vorschriften und Genehmigungen, fehlende Kundenorientierung.

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Um diesen Problemen entgegenzuwirken, sollten sich die Marketingaufgaben an folgenden Leitsätzen orientieren (Pleschak/Werner/Wupperfeld 1997:33):

  • Marketing ist Aufgabe des gesamten Unternehmens: Marketing ist als marktorientierte Unternehmensführung zu verstehen, die alle Unternehmensfunktionen und -bereiche betrifft.

  • Kundenorientierung des gesamten Unternehmens: Der Kunde und der Kundennutzen müssen im Mittelpunkt aller Überlegungen stehen.

  • Wettbewerbsorientierung: Auch wenn innovative Unternehmen neuartige Produkte anbieten, müssen sie sich dennoch gegenüber anderen Problemlösungen oder Substitutionsprodukten behaupten. Deshalb beinhaltet Marketing auch die Orientierung an den Wettbewerbern. Das bedeutet, Wettbewerbsvorteile zu erringen, die Marktposition zu verteidigen und weiter auszubauen. Komparative Konkurrenzvorteile besitzt ein Unternehmen, wenn es aus der Sicht seiner Kunden über ein höheres Problemlösungspotential als die Konkurrenz verfügt.

  • Langfristiges strategisches Denken und Handeln: Marketing kann nicht allein aus einer bestimmten gegenwärtigen Situation verstanden werden, sondern erfordert langfristiges strategisches Herangehen an alle Unternehmensaufgaben.

  • Innovations- und Technologieorientierung: Marketing geht von ständigen Veränderungen im Markt und in der technologischen Entwicklung aus. Innovationen sind daher eine unabdingbare Voraussetzung dafür, daß Technologieunternehmen dauerhafte Wettbewerbsvorteile erringen können.

  • Wachstums- und Ertragsorientierung: Technologieunternehmen können sich nur dann dauerhaft am Markt etablieren, wenn sie die erforderliche Finanzkraft erlangen, um langfristig Innovationen hervorbringen und vermarkten zu können, und wenn sie in ihrem Marktsegment eine ausreichende Präsenz besitzen. Dazu ist eine gewisse Unternehmensgröße bzw. ein hinreichendes Umsatzniveau erforderlich. Wachstums- und Ertragsorientierung sind deshalb zentrale Bestandteile einer Marketingkonzeption von Technologieunternehmen.

Marketingstrategien haben eine grundsätzliche Bedeutung für den Unternehmenserfolg. Dies gilt in besonderem Maße für junge Technologieunternehmen, die ihr begrenztes Potential sehr zielgerichtet auf die geeigneten Schwerpunkte lenken müssen. Da Marketingstrategien langfristige Grundorientierungen des

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Unternehmens darstellen und viele Ressourcen binden, ist es eine zentrale Aufgaben der Gründer, bereits während des Entstehungsprozesses des Unternehmens geeignete Marketingstrategien zu entwickeln.

Marketingaufgaben sind in allen Lebensphasen von innovativen Unternehmen zu lösen. Schon in der Entstehungsphase der Unternehmen sind die Marktanforderungen und -möglichkeiten die Ausgangspunkte für die Festlegung der Unternehmensziele und die Erarbeitung der Unternehmenskonzeptionen. Die Pflichtenhefte für die FuE-Projekte gehen von den Kundenanforderungen, der Wettbewerbssituation und der Marktentwicklung aus und erhalten neben den technischen, wirtschaftlichen, zeitlichen und organisatorischen Zielen auch die Marktziele. In allen Stadien der FuE werden die Entwicklungsergebnisse hinsichtlich der Erfüllung dieser Ziele bewertet. Parallel zur FuE erfolgt die Marktvorbereitung. Bei Markteintritt der neuen Produkte bzw. Verfahren zeigt sich, ob die Marketingüberlegungen, die der Unternehmensgründung und der FuE zugrunde lagen, real waren. Die Gestaltungsbereiche des Marketings sind in Abbildung 6 zusammenfassend dargestellt.



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3.3 Finanzierung von Innovationen

Der unternehmerische Innovationsprozeß durchläuft verschiedene Phasen, in denen jeweils Kapitalbedarf für unterschiedliche Aufgaben anfällt (siehe Abbildung 7). Die Phasen und damit der Kapitalbedarf können durchaus parallel auftreten, es kann zu Überlappungen und Vermischungen dieser idealtypischen Phasen kommen.



Der betriebliche Innovationsprozeß kann nur erfolgreich bewältigt werden, wenn die erforderlichen finanziellen Mittel in den jeweiligen Innovationsphasen in ausreichendem Maß zur Verfügung stehen. Für die Deckung des Kapitalbedarfs ergeben sich in einem Unternehmen verschiedene Möglichkeiten.

Da junge Technologieunternehmen in der Gründungs- und FuE-Phase i.d.R. nur geringe Gewinne erwirtschaften, bietet die Selbstfinanzierung nur einen geringen Spielraum. Sie scheidet praktisch aus. Somit müssen externe Finanzierungsquellen ausfindig gemacht werden, wie:

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  • Erhöhung des Eigenkapitals durch Aufnahme von Beteiligungen: Eigenkapital steht langfristig zur Verfügung, Zins- und Tilgungszahlungen entfallen, so daß in der Aufbauphase die Liquidität geschont wird. Da das Eigenkapital den Verteilungsmaßstab bei der Gewinnausschüttung darstellt, ist es an Gewinn oder Verlust gekoppelt. Da es haftendes Kapital darstellt, erweitert es den Spielraum für die Fremdfinanzierung. Das Eigenkapital bildet das finanzielle Rückgrat und ist Ausdruck der finanziellen Stabilität des Unternehmens.

  • Öffentliche Zuschüsse: Über Zuschüsse aus staatlichen Förderprogrammen bieten Bund und Länder den Unternehmen eine Möglichkeit des Ersatzes von Eigenkapital. Schwierig bleibt aber die Finanzierung der jeweils vorgeschriebenen Eigenanteile, da Zuschüsse stets nur einen gewissen Anteil des zu fördernden Vorhabens abdecken (je nach Förderkonditionen). Ein weiteres Hemmnis bilden die meist relativ engen Bereiche, für die Zuschüsse gegeben werden. So kann insbesondere die FuE-Phase noch relativ stark mit öffentlichen Zuschüssen finanziert werden. Dagegen stehen in späteren Phasen ab der Markteinführung kaum noch Zuschußprogramme zur Verfügung.

  • Aufnahme von Fremdkapital durch Bankdarlehen bzw. öffentlich geförderte Darlehen: Bei der Fremdfinanzierung durch Darlehen ist der Kreditgeber Gläubiger, er übernimmt also keine Haftung. Der Kreditgeber hat Anspruch auf Zins und Tilgung, unabhängig von der Höhe des Gewinns, der Zeitpunkt der Rückzahlung steht fest. Die Inanspruchnahme von Darlehen kann bei schwankendem Kapitalbedarf ein flexibles Finanzierungsinstrument sein. Sofern Gewinn erwirtschaftet wird, ist diese Art der Finanzierung gegebenenfalls kostengünstiger als eine Beteiligung. Nachteilig wirken aber die zeitliche Befristung und i.d.R. die Notwendigkeit der Sicherheitenstellung. Insbesondere bei jungen und technologieorientierten Unternehmen verhalten sich Banken aufgrund ihrer Risikoüberlegungen sehr zurückhaltend. Vorteile von öffentlich geförderten Darlehen sind gewöhnlich die lange Laufzeit, zins- und tilgungsfreie Anfangsjahre, Zinsen unter Marktniveau, mögliche Haftungsfreistellung und eingeschränkte Anforderungen von Sicherheiten.

Die Erarbeitung von Finanzierungsmodellen erfordert folgende Arbeitsschritte:

  • Ermittlung des Kapitalbedarfes in den Lebensphasen eines Technologieunternehmens, unterteilt nach Jahren. Dieser ist nach dem Verwendungs

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    zweck zu unterteilen, da nicht alle Finanzierungsmöglichkeiten für alle Verwendungszwecke greifen.

  • Vorausschau der Möglichkeiten der Selbstfinanzierung (Umsatz- und Gewinnentwicklung) und daraus abgeleitet Ermittlung möglicher Kombinationen mit öffentlichen Zuschüssen und Darlehen.

  • Erarbeitung von Finanzierungsvarianten zur Deckung des Kapitalbedarfs mit dem Ziel, die Finanzierbarkeit für die verschiedenen Verwendungen in den Jahren sicherzustellen.

Darüber hinaus sind Kapitalkosten für die einzelnen Finanzierungsvarianten zu ermitteln und aus der Finanzierungsstrategie Anforderungen an die Umsatz- und Gewinnentwicklung abzuleiten.

Typisch ist die Notwendigkeit, aus verschiedenen Finanzierungsquellen einen Finanzierungsmix zusammenzustellen. In der Regel benötigen gerade junge Unternehmen dabei Hilfe. Die folgenden Beispiele der Finanzierung junger Unternehmen sind der täglichen Arbeit der T.IN.A. Brandenburg GmbH entnommen. Mit ihren fünf Geschäftsstellen und mehr als 60 Mitarbeitern betreut sie über 1 000 brandenburgische Unternehmen.

Das erste Beispiel zeigt das Finanzierungskonzept eines technologieorientierten Unternehmens aus dem Bereich der Sicherheitstechnik. Es produziert hochsichere Innen- und Außentüren, baugebundene Elemente für Sicherheitssysteme und entwickelt Verfahren und Geräte für den kontrollierten Zutritt und Zugriff. Das im Januar 1997 gegründete Unternehmen beschäftigt gegenwärtig zehn Mitarbeiter und plant die Aufnahme der Produktion für 1999. Das Produkt 1 (Hochsicherheitstür) befindet sich gegenwärtig in der Markteinführungsphase und das Produkt 2 (Zutrittskontrollsystem) in der Entwicklungsphase. Für die Entwicklung, den Fertigungsaufbau und die Markterschließung werden insgesamt 9 Mio. DM benötigt, davon:

  • 2 Mio. DM für die Produktentwicklung,
  • 0,7 Mio. DM für die Markterschließung,
  • 5 Mio. DM für Anlageninvestitionen,
  • 1,3 Mio. DM für Betriebsmittel.

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Mit welchem Finanzierungsmix diese Mittel in den einzelnen Phasen aufgebracht werden, zeigt die Tabelle 11.

Tabelle 11: Finanzierungsmix eines Unternehmens der Sicherheitstechnik

Kapitalbedarf

Verwendungszweck

Finanzierungsquelle

Gründungsphase

Gründungskosten

Eigenmittel

50 TDM

50TDM

Betriebskosten




Büroausstattung



Produktentwicklungs-

Materialkosten

Projektförderung

260 TDM

phase

Personalkosten

(Zuschuß)


2.000 TDM

FuE-Fremdleistungen

FUTOUR

(Zuschuß)

650 TDM


Vorhabensspezifische Anlagen

Stille Beteiligung

(tbg)

750 TDM


Sonstige Kosten

Eigenmittel

340 TDM



(Gesellschafter-




darlehen)


Markteinführungsphase

Anlageninvestitionen

Stille Beteiligung

4.000 TDM

/Produktionsaufbau

Aufbau Vetriebssystem

(tbg und Leadin-


7.000 TDM

Material für Produktion

vestor)




Investitionszuschuß

3.000 TDM

Quelle: Seidl(1998)

Das zweite Beispiel stellt das Finanzierungskonzept für ein technologieorientiertes Unternehmen im Bereich der Solarenergien dar. Das Unternehmen ist Hersteller von thermischer Solartechnik und plant die Entwicklung eines neuartigen Speichersystems für Niedertemperaturwärme. Für die Entwicklung und Markteinführung eines neuen Produktes besteht Kapitalbedarf von 2,5 Mio. DM, davon:

  • 750 TDM für die Produktentwicklung,
  • 450 TDM für die Markterschließung,
  • 800 TDM für Anlageninvestitionen und
  • 500 TDM für Betriebsmittel.

Die Tabelle 12 zeigt, wie die benötigten Mittel in den einzelnen Phasen aufgebracht werden.

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Tabelle 12: Finanzierungsmix für ein Unternehmen der Solartechnik

Kapitalbedarf

Verwendungszweck

Finanzierungsquelle

Produktentwicklung

Materialkosten

Projektförderung

400 TDM

750 TDM

Personalkosten

(Zuschuß)



FuE-Fremdleistungen

Beteiligung SCB

200 TDM


Vorhabensspezifische

Eigenmittel

150TDM


Anlagen




Sonstige Kosten



Markterschließung

Messen

Beteiligung SCB

300 TDM

450 TDM

Werbung

Innovationskredit-

150TDM


Dokumentation

programm



Prüfungen



Marktdurchdringung

Anlageninvestitionen

Investitions-

240 TDM

1.300 TDM

Aufbau Vetriebssystem

zuschuß



Material

KfW-Investitions-

560 TDM



programm




Bankdarlehen

150TDM



Eigenmittel

350 TDM

Quelle: Seidl(1998)

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3.4 Beteiligungskapital für junge Technologieunternehmen

Bei Beteiligungsfinanzierung wird Unternehmen neues Eigenkapital von außerhalb zugeführt. Die Kapitalgeber erlangen damit die Rechtsstellung eines Eigentümers. Insbesondere tragen sie das Unternehmensrisiko mit, partizipieren an den Gewinnen und Verlusten des Unternehmens, erlangen Kontrollrechte und können an der Unternehmensleitung teilnehmen. Für junge Technologieunternehmen hat insbesondere das sogenannte Venture-Capital eine hohe Bedeutung. Hierbei handelt es sich um die Zusammenführung von Beteiligungskapital und Unterstützungsfunktionen der Beteiligungsgeber für die kreativen Gründer (Busse 1993:91). Vor allem in den frühen Phasen der Unternehmensentwicklung ist beides für den Aufbau der Unternehmen von hoher Relevanz.

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In Abbildung 8 werden sechs Lebensphasen von Unternehmen unterschieden,

in denen Beteiligungskapitalengagements ansetzen können.



Weitere Anlässe von Beteiligungsfinanzierungen sind unter anderem das Bridge Financing (Überbrückungsfinanzierung zur Vorbereitung eines Unternehmens auf einen Börsengang), Leveraged-Buy-Out (überwiegend fremdkapitalfinanzierte Unternehmensübernahme), Management-Buy-Out (Übernahme eines Unternehmens durch das vorhandene Management), Management-Buy-In (Übernahme eines Unternehmens durch ein externes Management), Spin-Off (Ausgliederung und Verselbständigung einer Abteilung aus einem Unternehmen oder einem Konzern) sowie Turnaround (Sanierung eines Unternehmens mit wirtschaftlichen Problemen) (BVK 1993).

Grundsätzlich können Beteiligungen in drei Formen stattfinden. Erstens sind direkte Beteiligungen am Stammkapital des Unternehmens möglich. Die Beteiligungsgeber werden damit normale Gesellschafter und haben je nach ihrem Anteil Einfluß auf die Unternehmensführung. Sie partizipieren anteilsmäßig an Gewinnen und Verlusten des Unternehmens. Dies geschieht einerseits über jährliche Gewinnausschüttungen und andererseits über die Anteilnahme am Wertzuwachs des Unternehmens und dessen stille Reserven beim Verkauf der erworbenen Anteile. Eine zweite Möglichkeit sind stille Beteiligungen, bei denen die Kapitaleinlage in das Unternehmensvermögen eingeht und die Beteili

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gungsgeber nicht als Gesellschafter nach außen sichtbar werden. Bei einer typisch stillen Beteiligung partizipiert der Beteiligungsgeber nicht am Wertzuwachs und den stillen Reserven des Unternehmens. Er erhält vielmehr ein jährliches Beteiligungsentgelt, das in der Regel aus einer gewinnunabhängigen (fixen) und einer gewinnabhängigen (variablen) Komponente besteht. Bei einer atypisch stillen Beteiligung nimmt dagegen der Beteiligungsgeber auch am Wertzuwachs des Unternehmens und den stillen Reserven teil, aber auch am eventuellen Verlust während der Beteiligungsdauer. Drittens sind eigenkapitalähnliche Darlehen möglich. Diese, auch als Gesellschafterdarlehen bezeichnet, haften für die Verbindlichkeiten des Unternehmens, das heißt im Konkursfall werden sie erst nachrangig bedient.

Tabelle 13 gibt eine Übersicht über mögliche Beteiligungsgeber. Unterscheidungskriterien zwischen den Beteiligungsgebern sind hauptsächlich der mit der Beteiligung verfolgte Zweck und die jeweilige „(Unternehmens-)Verfassung" des Beteiligungsgebers. Andere Einteilungskriterien wären zum Beispiel die Höhe der Investments, die Betreuungsintensität, regionale Schwerpunkte oder eine Beschränkung auf bestimmte Branchen.

Tabelle 13: Systematik der Beteiligungsgeber

Beteiligungsgeber

Privatpersonen

Unternehmen des

Beteiligungs-

(Business Angels)

Nichtfinanzbereiches

gesellschaften


(Corporate Venturer)


Active Angels

Direktinvestitionen

Renditeorientierte Beteiligungsgesellschaften mit dem Ziel eines hohen Exiterlöses

Virgin Angels

Latent Angels

Beteiligung an Beteili-gungsgesellschaften

bzw.:

Intrapreneurship- Programm

Renditeorientierte Beteiligungsgesellschaften

Wealth Maximizing Angels

Eigenständige Beteili- gungsgesellschaft als Tochter

mit dem Ziel laufender Einnahmen

Entrepreneurial Angels


Income Seeking Angels


Förderorientierte Beteili- gungsgesellschaften

Corporate Angels


Die einzelnen Arten von Beteiligungsgebern engagieren sich typischerweise mit unterschiedlich hohen Kapitalbeträgen in jeweils verschiedenen Phasen der Unternehmensentwicklung. Business Angels investieren schon in sehr frühen Phasen der Gründung eines Unternehmens, aber im allgemeinen auch nur re-

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lativ geringe Beträge. Aufgrund ihrer oftmals vorhandenen Branchenkenntnisse können sie einen wichtigen Beitrag zum Aufbau junger Unternehmen leisten. Corporate Venturers beteiligen sich dagegen mit höheren Kapitalsummen, allerdings überwiegen die strategischen Zielrichtungen, wie z. B. die Beobachtung der technologischen Entwicklung. Aufgrund des noch gering ausgebildeten deutschen Marktes für Beteiligungen von Privatpersonen und Corporate Venturers ist es für junge Unternehmen schwer, solcherart Beteiligungen zu attrahieren.

Dagegen ist der Markt für Beteiligungsgesellschaften ausgebaut und wird durch Fördermaßnahmen unterstützt. Für Unternehmen, die sich in der Startphase befinden, ist die Erlangung einer Beteiligung von renditeorientierten, privatwirtschaftlichen Beteiligungsgesellschaften relativ schwierig. Diese engagieren sich eher in wachsenden Unternehmen, die ein marktfähiges Produkt vorweisen können. Um die Lücke zu schließen, gibt es Beteiligungsgesellschaften, die auch in sehr frühen Phasen Engagements eingehen. Die Seed-Capital Brandenburg GmbH (SCB) ist ein Beispiel einer solchen Beteiligungsgesellschaft, die vorrangig Unternehmen in der Startphase unterstützt.

Die SCB stärkt durch die Bereitstellung von Beteiligungskapital die Eigenkapitalbasis von kleinen und mittleren Technologieunternehmen, sichert die Aufbau- und Wachstumsphase und wertet dadurch die Unternehmen gegenüber Banken, Fördereinrichtungen, Kunden, Lieferanten und Wettbewerbern auf. Damit verbunden gibt sie ihren Beteiligungsunternehmen eine qualifizierte Beratung zur Schaffung effizienter Unternehmensstrukturen.

Die SCB kombiniert i.d.R. direkte Minderheitsbeteiligungen am Gesellschaftskapital (maximal 49 Prozent) mit typisch stillen Beteiligungen, die mit einer Laufzeit von zehn Jahren und einer gewinnabhängigen Vergütung ausgestattet ist. Wenn möglich, werden Co-Venturing Partner eingeworben. Mit dem Unternehmen kann ein Rückkaufsrecht für die SCB-Gesellschafteranteile vereinbart werden. Die Beteiligungshöhe beträgt zwischen 200 und 1 000 TDM. Persönliche Sicherheiten und Garantien der Gesellschafter müssen nicht gestellt werden.

Ein Technologieunternehmen, das sich um eine Beteiligung bemüht, sollte entsprechende Wachstums- und Ertragschancen aufweisen, wobei das Management über die notwendige Motivation und unternehmerisches Potential verfü-

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gen muß. Es müssen nachvollziehbare Marktdaten vorliegen und eine Alleinstellung der Produkte auf dem Markt bestehen. Das Unternehmen sollte schon Ideen für ein Nachfolgeprodukt und den dafür erforderlichen Kapitalbedarf vorweisen können. Welche Schritte bis zur Unterzeichnung eines Beteiligungsvertrages gegangen werden und welche Informationen die Unternehmen beibringen müssen, zeigt die folgende Tabelle 14 exemplarisch am Beispiel der SCB.

Tabelle 14: Ablaufprozeß bis zu einer SCB-Beteiligung

  • Erstkontakt durch ein Telefongespräch oder Zusendung einer Kurzbeschreibung zu Unternehmen und Vorhaben.

  • Gemeinsames Gespräch zur grundsätzlichen Klärung der gegenseitigen Interessen bezüglich einer weiteren Zusammenarbeit.

  • Prüfung des eingereichten Unternehmenskonzeptes anhand der SCB-Checkliste:
    Informationen zum Unternehmen, Management und Personal, Unternehmenskonzept und Vorhaben (FuE, Markteinführung), Innovation bzw. Produkt, Markt und Wettbewerb, Chancen und Risiken, Geschäftsplanung über drei Jahre, unter anderem mit Umsatz- und Ertragsplanung, Liqiditäts-, Finanz- und Investitionsplanung.

  • Diskussion der Wachstumschancen des Unternehmens anhand der Produkt-, Markt- und Wettbewerbsanalysen.

  • Gemeinsame Abstimmung zur Geschäftsplanung und den strategischen Zielen des Unternehmens.

  • Abschließende Beurteilung des Vorhabens und Übergabe eines detaillierten SCB-Beteiligungsangebotes.

  • Abstimmung der Beteiligungsverträge (Gesellschaftssatzung, Vertrag zur Errichtung einer stillen Gesellschaft, Geschäftsführervertrag).

  • Vertragsunterzeichnung.

Quelle: Steinriede (1998)

Nach Abschluß des Beteiligungsvertrages folgt die mehrjährige Phase der Beteiligungslaufzeit. Neben der Bereitstellung der entsprechenden Eigenkapitalmittel werden die Unternehmen bis zu einem gewissen Grade durch den Beteiligungsgeber betreut. Die SCB berät und unterstützt z.B. in allen kaufmännischen und finanzwirtschaftlichen Fragen und Aufgaben, im Vertriebs-, Finanz- und Vertragsmanagement sowie beim Aufbau eines Projektmanagement/Projektcontrolling für FuE sowie bei der Führung eines zentralen und finanzwirtschaftlichen Controllingsystems als Informations-, Steuerungs- und Führungssystems für das Unternehmen. Weiterhin können vorhandene Netzwerkbeziehungen zu Kunden, Wettbewerbern, Zulieferern und weiteren Geldgebern für das Unternehmen nutzbar gemacht werden.

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Am Ende der Laufzeit wird die Beteiligung aufgelöst. Der Exit kann auf verschiedenen Wegen erfolgen, zum Beispiel in Form einer Börseneinführung, eines Rückkaufs der Anteile durch Altgesellschafter oder durch eine Aufnahme neuer Gesellschafter bei direkten Beteiligungen und Rückzahlung oder Umwandlung in ein Darlehen bei stillen Beteiligungen.

Abbildung 9 faßt den Beteiligungsprozeß zusammen.




© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Oktober 2000

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