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[Seite der Druckausgabe: 1]

Vorwort

Die hohe und langanhaltende Arbeitslosigkeit ist das Thema, das Politik und Gesellschaft in Deutschland seit Jahren auf den Nägeln brennt. Für weite Teile der Wirtschaft, insbesondere die Unternehmens- und Arbeitgeberverbände ist die Ursache der Unterbeschäftigung klar: zu hohe Arbeitskosten infolge hoher Löhne, kurzer Arbeitszeiten und einer umfassenden sozialen Sicherung der Arbeitnehmer vernichten Arbeitsplätze und lassen neue nicht entstehen.

In dieser Auffassung wurden und werden die Unternehmer auch von maßgeblicher wissenschaftlicher Seite unterstützt. So haben nicht nur eine Reihe von Wirtschaftsforschungsinstituten für den Abbau der Arbeitslosigkeit ein dauerhaftes Zurückbleiben der Reallöhne hinter dem Produktivitätsfortschritt gefordert, sondern auch der Sachverständigenrat oder die Deutsche Bundesbank.

Die bisherige Bundesregierung hat die Konsequenzen aus dieser Diskussion gezogen, indem sie die Verantwortung für die Beschäftigungspolitik weitgehend ablegte und sie den Tarifpartnern übertrug. Durch eine geeignete, das heißt zurückhaltende Lohnpolitik bei gleichzeitiger Lohndifferenzierung sollten die Gewerkschaften den Unternehmen mehr Spielräume zur Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze eröffnen.

Bisher führte diese Strategie allerdings nicht zu den gewünschten Erfolgen. Im Jahr 1997 erreichte die Lohnquote in Deutschland ihren absoluten Tiefstand. Das heißt:

noch nie seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland war der Anteil der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen am Volkseinkommen so gering wie heute. Gleichzeitig erreichte die Arbeitslosigkeit ihren Höchststand. Und obwohl in den Jahren 1996 und 1997 die Lohnsteigerungen so niedrig waren, daß die Lohnstückkosten sanken, wurde weiterhin Beschäftigung abgebaut. In vergleichbaren Industrieländern wie den USA, Frankreich oder Großbritannien waren die Lohnerhöhungen im gleichen Zeitraum weniger moderat, trotzdem stieg die Beschäftigung.

Die Gleichung „geringere Löhne = mehr Beschäftigung" ist in Deutschland bisher also nicht aufgegangen. Die Befürworter der moderaten Lohnpolitik führen dies darauf zurück, daß die Lohnzurückhaltung in Deutschland immer noch nicht ausreichend ist. Die Löhne müssten demzufolge noch mehr als bisher hinter dem Produktivitätsfortschritt zurückbleiben.

Bevor eine Strategie weitergeführt wird, die sich bisher als wenig erfolgreich erwiesen hat, sollte allerdings ihre theoretische wie praktische Haltbarkeit geprüft werden. Deshalb hat die Friedrich-Ebert-Stiftung eine wissenschaftliche Untersuchung in Auftrag gegeben, die den Zusammenhang von Löhnen und Arbeitslosigkeit eingehend untersucht. Mit der Studie soll ein Beitrag dazu geleistet werden, die Ursachen der Arbeitslosigkeit zu erkennen und sie wirksamer als bisher zu bekämpfen.

Christa Müller
Friedrich-Ebert-Stiftung


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Oktober 1999

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