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2. Die Finanzierung der Kosten des Wohnens –
Mietenpolitik und förderpolitische Maßnahmen in der Diskussion


Eine Verbesserung der Wohnungsversorgung in Ostdeutschland hängt in erster Linie von den Finanzierungsmöglichkeiten ab. Auf diesen Ausgangspunkt, "daß nämlich die Kosten des Wohnens in den neuen Bundesländern genauso wie in den alten Bundesländern immer irgendwie bezahlt werden müssen", wies der Vertreter des Bundesbauministeriums nachdrücklich hin.

Die Bundesregierung geht davon aus, daß Mieter bzw. Eigenheimbesitzer auf der einen Seite und Steuerzahler bzw. Staat andererseits maßgeblich an den Wohnkosten zu beteiligen sind, da die Wohnungswirtschaft und die Investoren allein auf Dauer keine Wohnungsversorgung bereitstellen können. Dabei soll die finanzielle Belastung der Mieter durch eine "starke soziale Komponente" – im Mietrecht, durch Wohngeld und durch sozialen Wohnungsbau – flankiert werden.

Das wichtigste Instrument zur Finanzierung der Kosten des Wohnens in Ostdeutschland ist die Anpassung der Mieten an kosten- und marktgerechte Größenordnungen. Außerdem steht zur Ankurbelung der Wohnungsbautätigkeit ein breites Spektrum an staatlichen Fördermaßnahmen bereit. Zusätzliche finanzielle Mittel sollen durch die Privatisierungsauflage im Rahmen der Altschuldenregelung erschlossen werden (vgl. Kapitel 4). Bei der Frage der Finanzierung des Wohnens ist auch von Interesse, welchen Beitrag die institutionellen Kapitalanleger leisten können.

2.1 Mietenreform



2.1.1 Die Mieterhöhungen nach den Grundmietenverordnungen

Aus Sicht der Bundesregierung nimmt die Mietenreform eine Schlüsselrolle bei der Finanzierung der Wohnkosten in den neuen Bundesländern ein. Damit private Vermieter sowie kommunale und genossenschaftliche Wohnungsunternehmen die notwendigen Sanierungs- und Moderni-

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sierungsmaßnahmen an der teilweise maroden Bausubstanz durchführen können und auch der Neubau attraktiv für Investoren wird, müssen ihre Mieteinnahmen steigen. Nach Angaben des Gesamtverbandes der Wohnungswirtschaft sind für eine 60-qm-Wohnung ca. 80 000 DM erforderlich, um sie auf Weststandard zu bringen.

Die bisherigen Grundmietenverordnungen haben eine schrittweise Anhebung der Mieten gebracht. Wo die Mieterhöhungen die finanzielle Belastbarkeit einkommensschwacher Haushalte übermäßig beanspruchen, soll die Wohngeldsonderregelung für Ostdeutschland, die – allerdings unter Angleichung der Berechnungsgrundlage an das westdeutsche Niveau – bis Ende 1994 verlängert wurde, Entlastung bringen.

Nach einer im Auftrag des Bundesbauministeriums durchgeführten Untersuchung über die Auswirkungen des Mietanhebungsschritts 1993 in den neuen Bundesländern liegt die durchschnittliche Warmmiete einschließlich Warmwasserkosten bei rund 7,50 DM/qm, also um 2 DM höher als im Vorjahr. Nach Angaben des Vertreters des Ministeriums hat die Befragung ergeben, daß sich die Mieterhöhungen im Rahmen der Einkommensentwicklung halten.

Zugleich habe sich gezeigt, daß der Anteil der Wohngeldbezieher 1993 trotz der nochmals deutlich erhöhten Mieten von gut 30 Prozent im Vorjahr auf etwa ein Viertel zurückgegangen sei. Durch Wohngeld sei dabei die Belastung der Wohngeldempfänger durch die Warmmiete von rund 30 auf 20 Prozent des Nettoeinkommens reduziert worden. Die Mietbelastung aller Haushalte einschließlich der Wohngeldempfänger sei gegenüber 1992 mit 1,5 Prozent nur noch relativ geringfügig angestiegen. Nach wie vor sei sie deutlich geringer als in Westdeutschland.

Aus dieser Entwicklung zieht die Bundesregierung das Fazit, daß sich die bisherigen mietenpolitischen Entscheidungen bewährt hätten; an einer marktorientierten, sozial flankierenden Mietenpolitik solle festgehalten werden. Insgesamt seien die rechtlichen und finanziellen Weichen für eine zügige Verbesserung der Wohnungsversorgung gestellt.

Der Vorsitzende des Landesverbandes Sächsischer Mietervereine warnte nachdrücklich davor, mieten- und wohnungspolitische Entscheidungen auf

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der Grundlage durchschnittlicher Entwicklungen zu treffen. Im Gegensatz zu den ziemlich undifferenziert gestiegenen Mieten hätten sich die Einkommen vielmehr sehr differenziert entwickelt. Dabei habe die Zahl der Haushalte, die am Rand oder bereits innerhalb der offiziellen Armutsgrenze stehen, zugenommen. Der Blick sei auf die Haushalte an beiden Rändern des immer breiteren Einkommensspektrums zu richten. Durchschnittliche Betrachtungen würden weder den Erfordernissen am oberen Rand noch denen am unteren Rand gerecht. Es gebe sowohl den doppeltverdienenden Haushalt, der die relativ geringe Mietbelastung nutzt, um für ein Eigenheim oder eine Eigentumswohnung zu sparen als auch die geringverdienende Kleinfamilie, die trotz Sonderwohngeld Ost eine Mietbelastung von mehr als 25 Prozent zu verkraften hat. Aus der Not dieser Minderheit – so der Deutsche Mieterbund – könne eine Gefahr für den Bestand des Sozialstaats und der demokratischen Ordnung erwachsen.

Entgegen der Darstellung des Bundesbauministeriums äußerte ein Vertreter der SPD-Bundestagsfraktion die Auffassung, daß die Entwicklung im Mietenbereich in Relation zur Einkommensentwicklung einen deutlichen Vorsprung habe. Während die Mieten teilweise bereits Westniveau erreichten, sei dies bei den Verdiensten bei weitem noch nicht der Fall. Danach betrüge die Mietbelastung im Osten derzeit ca. 20 Prozent des Nettoeinkommens, bei älteren Menschen seien es 27 Prozent, 32 Prozent bei der einkommensschwachen Bevölkerung, die ein Fünftel der Gesamtbevölkerung stellt. Ein Vier-Personen-Haushalt müsse 75 Prozent der im Westen üblichen Aufwendungen für die Miete aufbringen, allerdings beim Qualitätsstandard Ost.

Nach Angaben des Vertreters der Stadt Görlitz können die negativen Auswirkungen der Mietanpassungen im sozialen Bereich durch das Wohngeld nicht abgefangen werden. Eine Mietbelastung von 28 bis 30 Prozent des monatlichen Nettoeinkommens ist die Folge.

Und dennoch – so der Verbandsdirektor der Sächsischen Wohnungsunternehmen – reichten die Mieteinnahmen auch nach der zweiten Grundmietenverordnung nicht aus, um die erforderlichen Mittel für Sanierung und Modernisierung der Wohnungen aufzubringen.

Der Präsident des Landesverbandes Sächsischer Haus-, Wohnungs- und

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Grundeigentümervereine konnte die optimistische Einschätzung des Vertreters des Bundesbauministeriums, daß nunmehr drei Jahre nach der Einigung die Voraussetzungen im rechtlichen und finanziellen Bereich für eine rasche Verbesserung der Wohnungsversorgung in Ostdeutschland geschaffen seien, nicht teilen und kritisierte die Bonner Mieten- und Mietrechtspolitik im Grundsätzlichen. Nach seiner Auffassung lassen sich die gravierenden Mangelerscheinungen im Wohnungsbestand unter den gegenwärtigen "erdrosselnd wirkenden Rahmenbedingungen" nicht beseitigen. Im Gegenteil, der Mangel an verfügbarem Wohnraum werde weiter zunehmen. Ein "überzogener Mieterschutz" und die fehlende Wirtschaftlichkeit privat vermieteter Wohnungen seien dafür verantwortlich zu machen. So wirkten die bisherigen Grundmietenerhöhungen lediglich als Heranführung an das derzeitige Kostenniveau. Um einen gesunden Wohnungsmarkt zu entwickeln, müßten die Mietpreisbindungen für alle Wohnungen aufgehoben werden.

Nach umfangreichen Instandsetzungen und Modernisierungen würden Mieten erreicht, die bei Neuvermietungen von der Bevölkerung wahrscheinlich nicht mehr angenommen, aber vom Vermieter zur Finanzierung benötigt würden. Bei etwas mehr als 1000DM/qm Modernisierungskosten beträgt die Mieterhöhung schon 10DM/qm monatlich, was mit der ab 1.1.94 gültigen Grundmiete zusammen ca. 15 DM/qm ergibt. Die Schmerzgrenze liege in Dresden derzeit aber bei etwa 12 DM/qm (ohne Betriebskosten) im Altbau. Fraglich sei also, ob bei einer umfangreichen Sanierung die zur Kostendeckung notwendige Miete auch tatsächlich zu bekommen sei. Unter diesen Voraussetzungen sei – so der Vertreter der Sächsischen Eigentümervereine – der jahrzehntelang gewachsene Instandsetzungsstau nicht abbaubar.

Wenn die sächsischen privaten Vermieter von "überzogenem Mieterschutz" sprechen, beziehen sie sich vor allem auf fehlende Durchsetzungsmöglichkeiten hinsichtlich des Eigenbedarfs. Für Sonderbeschränkungen in Ostdeutschland gibt es nach ihrer Auffassung keine Notwendigkeit. Nach Angaben ihres Verbandspräsidenten fällt der hinreichend begründbare Eigenbedarf in den neuen Bundesländern mit ca. 6 Prozent aller Wohnungen relativ gering aus. Zudem verursache Eigenbedarf viel weniger Wohnraumbedarf als allgemein angenommen. Meist werde an anderer Stelle Wohnraum dafür frei oder aber ein Nachfrager am Markt entfalle.

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Bessere Eigenbedarfskündigungsmöglichkeiten böten zugleich auf der Seite der Mieter einen Anreiz zum Eigentumserwerb. Bei unveränderten Kündigungsmöglichkeiten sei mit zunehmendem Leerstand und Zweckentfremdung zu rechnen. Erleichterte Eigenbedarfskündigungen seien insbesondere für ältere Eigentümer über 60 Jahre zu schaffen.

2.1.2 Der geplante Übergang zum Vergleichsmietensystem

Nach den beiden Grundmietenerhöhungen ist der im Einigungsvertrag festgelegte Übergang in das marktorientierte Vergleichsmietensystem das Ziel der weiteren mietenpolitischen Anpassung der Bundesregierung. Eine wohnwertorientierte Regulierung der Mietpreise soll zu einer stärkeren Differenzierung nach Regionen und örtlicher Lage führen.

Im Grundsätzlichen besteht hinsichtlich dieser Zielsetzung weitgehende Übereinstimmung. Ein Vertreter der privaten Vermieter gab allerdings zu bedenken, daß sich die Mietpreise auf einem so hohen Niveau einpendeln würden, daß erhebliche soziale Spannungen absehbar seien. Auch der Vertreter der Wohnungsbaugesellschaft Görlitz sah aus demselben Grund die Einführung der Vergleichsmiete in seiner Stadt mit erheblichen Problemen verbunden.

Der Mieterschutzbund fordert, der geplante Übergang in das System der Vergleichsmiete müsse mit sozial flankierenden Übergangsregelungen erfolgen. Kappungsgrenzen für Neuabschlußmieten und Modernisierungsumlagen müßten festgelegt werden. Da es in den ostdeutschen Bundesländern viel mehr Wohnungen mit schlechter Ausstattung gibt als in den westlichen, seien große Mietsprünge aufgrund der Modernisierungsmaßnahmen zu vermeiden. Übergangsregelnde Maßgaben erscheinen um so notwendiger, als es bisher an einer Rechtspraxis mangelt. Die Rechtsprechung zum Miethöhengesetz in den alten Bundesländern ließe sich nicht ohne weiteres auf die Verhältnisse in Ostdeutschland übertragen.

Für einen sozial kontrollierten Übergang zur Vergleichsmiete könnten Tabellen, ermittelt aus Bestandsmieten westdeutscher Vergleichsgemeinden, Hilfestellung bieten. Entsprechend den Einkommens- und

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Ausstattungsunterschieden bei den Wohnungen müßten dabei Abschläge von Mietwerten gemacht werden. So hat der Sächsische Mieterschutzverband einen Orientierungsrahmen für eine Marktmiete in Leipzig aufgrund eines Vergleichs mit acht westdeutschen Städten ermittelt. Dabei war festzustellen, daß man schon aufgrund der Grundmietenverordnungen in den Gebieten mit schlechter Wohnsubstanz und in einfachen Wohnlagen bereits annähernd ans westdeutsche Mietpreisniveau herangekommen ist.

2.1.3 Die Einführung von Beschaffenheitskriterien

Die zweite Grundmietenverordnung sieht die Anwendung von Beschaffenheitskriterien vor. Mit Zu- bzw. Abschlägen soll eine Mietpreisbildung ermöglicht werden, die sich am jeweiligen Zustand der Wohnungen orientiert. Nach der im Auftrag des Bundesbauministeriums durchgeführten Untersuchung – so der Vertreter dieser Behörde – sei die Einführung der Beschaffenheitskriterien "recht weitgehend" akzeptiert worden. Mit ihnen sei zugleich ein Anreiz für Vermieter bzw. Wohnungsunternehmen gegeben, Mängel abzustellen. Die Umfrage bestätige nämlich, daß die entsprechenden Mängelbereiche Schwerpunkte der Bestandsinvestitionen gewesen seien.

Im Gegensatz dazu äußerte der Präsident des Landesverbandes Sächsischer Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer die Einschätzung, daß mit den Beschaffenheitszuschlägen bzw. -abschlagen kein wirklicher Anreiz zu Investitionen bestehe. Der Aufwand zur Beseitigung von Schäden im Fall von nicht allzu vordringlichen Reparaturen sei weit höher als der Einnahmeverlust infolge der vorgesehenen Beschaffenheitsabschläge.

Der Sächsische Mieterschutzverband bemängelte, daß die in den beiden Grundmietenverordnungen enthaltenen Differenzierungen nur schwach dem sehr unterschiedlichen Bauzustand der Wohngebäude und den sich daraus ergebenden Wohnqualitäten entsprächen. Im Ergebnis würden annähernd gleiche Mieten für sehr verschiedene Wohnungen gezahlt. Besonders die in der zweiten Verordnung enthaltenen Beschaffenheitskriterien hätten den beabsichtigten Effekt einer deutlichen Differenzierung nicht geleistet.

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Es könne auch nicht – wie es aus der Untersuchung des Bundesbauministeriums hervorgeht – von einer Akzeptanz der Beschaffenheitszuschläge gesprochen werden. Vielmehr führten sie in der Anwendungspraxis zu erheblichen Problemen zwischen Mietern und Vermietern, die oft nur gerichtlich zu klären seien. So waren die großen Wohnungsbauunternehmen nicht in der Lage, innerhalb von kurzer Zeit die Beschaffenheiten so in den Grundmieten zu berücksichtigen, daß sie überall den Tatsachen entsprachen. Dies war für viele Mieter Anlaß, den Zustand ihrer Wohnungen von den Mieterschutzvereinen überprüfen zu lassen. Ein gewaltiger Arbeitsaufwand sei betrieben worden, ohne daß es zu klaren Ergebnissen gekommen wäre.

Der Vertreter eines örtlichen Mieterschutzvereins berichtete aus seiner Praxis: Oft stellten Mieter, die nicht mit der Anwendung der Beschaffenheitskriterien einverstanden sind, die Zahlung der Zuschläge ein, solange keine Entscheidung in der Sache getroffen sei. Da diese jedoch in der Regel lange auf sich warten lasse, summierten sich in der Zwischenzeit die zurückgehaltenen Beschaffenheitszuschläge auf Beträge, die zwei Monatsmieten entsprechen. Wenn daraufhin die fristlose Kündigung durch die Wohnungsunternehmen erfolge, werde eine Gerichtsverhandlung unausweichlich. In anderen Fällen habe das Wohnungsunternehmen auf Zahlung der Zuschläge geklagt. Vor Gericht sei dann ein Sachverständigengutachten erforderlich, was die Prozeßkosten für den Mieter bei ungewissem Ausgang wesentlich erhöhe. Das habe oft zur Folge, daß der Mieter den Rückzug antritt aus Angst, den Prozeß zu verlieren.

Angesichts solcher Auseinandersetzungen seien Gesetze und Verordnungen notwendig, die präziser festlegen, auf welcher Grundlage eine Mieterhöhung vorgenommen werden kann. Statt pauschaler Begriffe wie "erhebliche Schäden", die Streit zwischen Mieter und Vermieter vorprogrammierten, hätten die Ausstattungsmerkmale der Wohnungen differenzierter und stufenweise berücksichtigt werden müssen.

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2.2 Fördermaßnahmen zur Ankurbelung von Wohnungsbauinvestitionen

Neben den erhöhten Mieteinnahmen stehen den Wohnungsvermietern in Ostdeutschland verschiedene Förderprogramme für die Finanzierung von Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen zur Verfügung:

  • Das Programm der Kreditanstalt für Wiederaufbau sieht erhebliche Mittel für die Modernisierung und Instandsetzung von vermietetem und eigengenutztem Wohnraum vor. So sind allein für Plattenbauten 10 Mrd. DM mit einem Zinssatz von zur Zeit 4 Prozent reserviert;

  • Übergangsbürgschaften sollen eine Kreditaufnahme auch vor grundbuchlicher Absicherung ermöglichen;

  • Mittel des sozialen Wohnungsbaus stehen in den neuen Bundesländern vor allem für intensive Verbesserungsmaßnahmen im Wohnungsbestand zur Verfügung;

  • das Programm für die Städtebauförderung sowie spezielle Landesprogramme stellen Mittel für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen bereit;

  • Investitionen in die Verbesserung der Bausubstanz werden zudem im Rahmen des Einkommensteuergesetzes steuerlich begünstigt.

Zusätzlich schaffe die rückläufige Zinsentwicklung – so der Vertreter des Bundesbauministeriums – "enorme Spielräume", um aus den bereits vorhandenen Mieterträgen auch Instandsetzungen zu finanzieren. So koste eine Instandsetzung mit 500 DM/qm, finanziert mit einem fünfprozentigen Darlehen durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau, pro Monat weniger als 2,10 DM/qm Zinsen. Dies sei ein Betrag, der bereits aus den heutigen Mieten finanziert werden könne.

Der Vertreter der sächsischen Wohnungsunternehmen betonte, daß die Unternehmen trotz der Nutzung der von Bundes- und Landesregierung aufgelegten Förderprogramme zur Unterstützung von Instandsetzung und Modernisierung mit Zuschüssen und zinsverbilligten Darlehen und trotz der Inanspruchnahme von Bürgschaften der Kommunen zur Sicherung von Darlehen nur über einen begrenzten finanziellen Handlungsspielraum verfügen.

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Die bestehenden Fördermöglichkeiten können nach Auffassung des Präsidenten des Landesverbandes Sächsischer Haus-, Wohnungs- und Grundstückseigentümervereine wenig zur Lösung der Probleme beitragen, da sie fast ausschließlich zur Modernisierung ausgereicht und/oder an Belegungsrechte gekoppelt würden sowie an die Mieter vollständig weiterzureichen seien. Statt dessen solle die Weitergabe von Fördermitteln und Zuschüssen an die Mieter bei Modernisierungen mit Instandsetzungskosten verrechenbar sein. Modernisierungsinvestitionen seien für den privaten Vermieter auch deshalb wenig attraktiv, weil er anschließend für die Instandhaltung auch der Modernisierung aufkommen müsse bei ungewisser Aussicht auf künftige Mieterhöhungsmöglichkeiten. Zu fordern sei eine sofortige und viel stärkere Förderung der Instandsetzungsleistungen – auch für die eigene Wohnung über Paragraph 10e Einkommensteuergesetz – für einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren.

Die steuerlichen Anreize – etwa die Sonderabschreibungsmöglichkeiten – reichten für Ostdeutschland nicht aus. Sie nützten nur einer geringeren Gruppe der besserverdienenden, meist westdeutschen Vermieter. Benötigt würden Anreize gerade für die weniger bemittelten Ost-Vermieter bzw. -Eigentümer, z.B. auch über nichtlineare Abschreibungen oder die Bildung von Rücklagen für größere Sanierungen für einen begrenzten Zeitraum bis zur vollen Steuerschuld.

Über die Förderung der Sanierung und Modernisierung der Wohnungsbestände hinaus ist der Wohnungsneubau – Mietwohnungs- und Eigenheimbau – ein weiterer Förderschwerpunkt in den neuen Bundesländern. So sind die sozialen Wohnungsbauprogramme ausgeweitet worden, was die Anzahl der Wohnungen angeht. 1992 wurden rund 20 000 Sozialwohnungen bewilligt, 1993 sehen die Programme über 40 000 (ohne Ost-Berlin) Sozialwohnungen vor. Einschließlich des Engagements des Bundes mit 1,25 Mrd. DM werden insgesamt rund 7 Mrd. DM an Fördermitteln für den sozialen Wohnungsbau in Ostdeutschland eingesetzt.

Bei der beabsichtigten Anpassung der Einkommensgrenzen im sozialen Wohnungsbau ist keine Förderung in der Breite angestrebt, die sich bei der Miete an den Einkommensschwachen orientiert und bei den Einkommensgrenzen an breiten Schichten der Bevölkerung. Vielmehr verfolgt die Bundesregierung das Konzept einer einkommensabhängigen Förderung.

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Mieter mit geringen Einkommen sollen danach eine intensivere Förderung erhalten, damit die Mietbelastung niedriger ausfällt. Bei mittleren Einkommen soll es eine weniger intensive Förderung bei einer höheren Miete geben.

Dennoch kann nach Darstellung eines Mieterverein-Vertreters bei Kaltmieten von 8 DM/qm im geförderten Wohnungsbau in Sachsen von einem echten sozialen Wohnungsbau keine Rede sein. Dringend erforderlich sei eine Anhebung der Einkommensgrenzen nach dem zweiten Wohnungsbaugesetz von 1972.

Neben der sozialen Absicherung des Wohnens – im Mietrecht, durch Wohngeld, durch sozialen Wohnungsbau -, zielt die Bonner Politik vor allem darauf, Voraussetzungen für einen nachfrageorientierten Wohnungsbau durch Umstrukturierung der Wohnungswirtschaft auf die Anforderungen des Marktes hin, durch Privatisierung und durch Investitionsförderung zu scharfen.

Ein besonderer Schwerpunkt der unterstützenden Maßnahmen wird bei der Förderung des frei finanzierten Wohnungsbaus gesetzt. Dabei läßt sich die Bundesregierung von der Einschätzung leiten, daß bereits heute eine deutliche Nachfrage nach mehr und besserem Wohnraum besteht. Die Fördermaßnahmen sehen besondere steuerliche Vergünstigungen noch bis Ende 1996 für private Investoren vor.

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Exkurs:
Institutionelle Anleger als Kapitalgeber für den ostdeutschen Wohnungsmarkt?


Angesichts der großen Probleme bei der Finanzierung der Wohnungsversorgung in Ostdeutschland stellt sich die Frage, welchen Beitrag die institutionellen Investoren, die über entsprechendes Kapital verfügen, zur Schließung der immensen Finanzierungslücke leisten können.

Institutionelle Anleger, insbesondere Fonds und Versicherungsgesellschaften, sind Kapitalsammelstellen, denen die Kunden ihr Geld für einen bestimmten Zweck anvertrauen. So verwaltet eine große deutsche

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Krankenversicherung treuhänderisch rund 10 Mrd. DM, die die Versicherungsnehmer zur lebenslangen Absicherung ihrer Krankheitskosten eingezahlt haben. Die institutionellen Investoren sind im Auftrag ihrer Kunden bemüht, das anvertraute Kapital möglichst marktgerecht zu verzinsen.

Ebenso wie bei privaten Vermietern wird die Attraktivität des ostdeutschen Wohnungsmarktes für institutionelle Anleger vor allem durch die Mietenpolitik, die Mietrechtspolitik und die Förderpolitik des Bundes und der Länder bestimmt. Nach Angaben des Abteilungsleiters Grundbesitz der erwähnten Krankenversicherung hat die Überprüfung der ost- und westdeutschen Wohnungsmärkte auf Kapitalanlagemöglichkeiten hin im Jahre 1993 ergeben, daß man überall in Deutschland für einen Quadratmeter guter Wohnfläche durchschnittlich rund 4000 DM Produktionskosten aufwenden muß. Bei 7 Prozent Zinsen und 2 Prozent Abschreibung ergibt sich ein monatlicher Mietpreis von 29,17 DM/qm. In ganz Deutschland müsse der Anleger also für eine Drei-Zimmer-Neubauwohnung von 75 qm eine Kaltmiete von rund 2200 DM verlangen, um allein die Baukosten zu decken. Dieser Kostenrechnung stehen erzielbare Neubaumieten gegenüber, die weit unter dem erforderlichen Mietpreis liegen. Für gute Wohnlagen werden zum Beispiel in Leipzig und Dresden bis höchstens 18 DM/qm und in vergleichbaren westdeutschen Städten auch nur ca. 22 DM/qm gezahlt. Der Verlust in Ostdeutschland läge also bei 850 DM, in Westdeutschland bei 550 DM monatlich.

Diese Verlustrechnung könne auch durch die im Wohnungsbau gewährten Steuervergünstigungen – zum Beispiel durch die Möglichkeit zur 50prozentigen Sonderabschreibung nach dem Fördergebietsgesetz – nicht ausgeglichen werden. Denn Versicherungen wie auch viele andere institutionelle Investoren könnten diese Steuervorteile nicht nutzen, im Gegenteil – die Abschreibungen belasteten als Passiva die Bilanzen, sie könnten den gestörten Mietmarkt nicht bereinigen und änderten im übrigen nichts am Alterungsprozeß der Gebäude.

Ebensowenig seien möglicherweise zu erwartende Wertzuwächse bei Wohnimmobilien für institutionelle Anleger interessant. Diese suchten vielmehr gerade nach dauerhaften Kapitalanlagen mit laufenden Einnahmen. Da in der Regel also nicht verkauft werde, spielten realisierte

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Wertzuwächse in den Bilanzen kaum eine Rolle.

Im Falle eines Engagements könnte der oben berechnete Verlust schließlich auch nicht durch eine Aussicht auf langfristig gute Renditen aufgewogen werden. Denn – so der Vertreter der Krankenversicherung – den institutionellen Anlegern fehlt das Vertrauen in eine gesicherte Zukunftsrendite, die allein Renditeverzichte in der ersten Vermietungsphase begründen könnte. Ursächlich dafür seien vor allem die Entwicklungen im Bereich des Mietpreisrechts und auch des sozialen Mietrechts bzw. des Mieterschutzes.

In der Bundesrepublik wurde das soziale Mietrecht und der Mieterschutz geschaffen, indem der Eigentumsgedanke des Grundgesetzes durch die soziale Verpflichtungskomponente ergänzt wurde. Danach ist das Gut Wohnen kein beliebiges Wirtschaftsgut für die freie Verfügungsgewalt des Eigentümers, sondern ein Grundbedürfnis des Menschen mit besonderem Schutzbedürfnis. Statt daraus – so der Referent – die Aufgabe abzuleiten, ein Grundbedürfnis nur für Einkommensschwache abzusichern, bestehe die wohnungspolitische Praxis vorwiegend in dem Bemühen, "von Flächengröße und Ausstattung her ausgesprochen luxuriöse Wohnungen für jedermann zu Niedrigstpreisen bereitstellen zu wollen". Zugunsten eines "falsch verstandenen Mieterschutzes" seien mietpreisdämpfende Regelungen beschlossen worden, die die Steuerungsfunktion des Mietpreises schließlich außer Kraft gesetzt hätten. Im Ergebnis seien heute für guten Wohnraum Baukosten aufzubringen, die ohne eine massive Subventionierungspolitik kaum noch bezahlbar seien.

Durch die Übernahme der mietrechtlichen Bestimmungen in den neuen Bundesländern seien die dortigen Investitionshemmnisse – schlechter Zustand der Versorgungssysteme und Verkehrswege, nicht kalkulierbare Erschließungskosten, die Problematik der Eigentumsfragen, fehlende Bebauungspläne, Stau in den Baugenehmigungsverfahren u.a. – noch verstärkt worden.

Vor dem Hintergrund solcher "investitionsfeindlichen" Rahmenbedingungen kommen institutionelle Anleger zu dem Schluß, daß der Wohnungsbau in ganz Deutschland unattraktiv sei, wobei sich die Ertragslage im Osten noch ungünstiger als im Westen darstelle. Nach Auffassung des Vertreters der

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Krankenversicherung liegt darin die Hauptursache begründet, warum Wohnungen sowohl in Ost- als auch Westdeutschland fehlen.

Als "Heilmittel" wird eine Spaltung des Mietrechts bzw. des Wohnungsmarktes empfohlen. Auf der einen Seite ein sozialer Wohnungsbau, der sich mit staatlich verbilligten Einfachstwohnungen auf eine echte Grundbedürfnissicherung beschränkt. Diese sei durch Änderung der Baurechtsnormen – einfachere Ausstattung, deutlich geringere Wohnflächen – und des Förderungssystems zu erreichen. Für die sozial Schwachen solle es bei einem intensiven Mieterschutz bleiben. Ein solcher Wohnungsbau wäre für Staat und Mieter gleichermaßen finanzierbar. Seine Wohnungen wären für Besserverdienende nicht attraktiv genug, weshalb es keine Fehlbelegungsprobleme gäbe.

Auf der anderen Seite gäbe es einen frei finanzierten Wohnungsbau, der durchaus auch Elemente eines starken Mieterschutzes haben dürfte, jedoch im Bereich der Preisgestaltung nach Marktgrundsätzen funktionieren müßte. In einem so beschaffenen Marktsektor würden sich die institutionellen Investoren stark engagieren. Die regulierende Wirkung der Mietpreise würde zu einem kleinflächigen Wohnungsbau führen, der für die Mieter eher bezahlbar wäre.

Nach Ansicht des Referenten wäre ein solcher Wohnungsbau gerade in den neuen Bundesländern für die Investoren attraktiv und könnte daher zu einer raschen Verbesserung der Wohnsituation führen. Denn eines der entscheidenden Probleme in Westdeutschland sei der überhöhte Wohnflächenverbrauch. In den neuen Ländern sei man an einen niedrigeren Flächenverbrauch gewöhnt. Hier ließe sich deshalb kleinflächiger Wohnungsbau wahrscheinlich wesentlich erfolgreicher etablieren.

Das Fazit dieses Vertreters der institutionellen Anleger: Der Wohnungsbau in den neuen Bundesländern ist unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen nicht attraktiv. Dabei wird betont, daß das fehlende Vertrauen nicht erst aus der Situation in den neuen Bundesländern resultiere, sondern bereits aus negativen Erfahrungen in den alten Bundesländern herrühre. Die beiden zentralen Voraussetzungen für ein stärkeres Engagement der institutionellen Kapitalanleger lägen in der Freigabe der Mietpreise und in niedrigeren Bauproduktionskosten, wie sie schon durch kleinflächigeren

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Wohnungsbau zu erreichen seien.

In der Diskussion richtete sich das Interesse auch auf die Rolle, welche institutionelle Investoren bei der Übernahme der im Rahmen des Altschuldenhilfegesetzes zu privatisierenden sanierungsbedürftigen Wohnungsbestände der Kommunen einnehmen könnten (vgl. Abschnitt 4). Im Gegensatz zum Neubaubereich könnte hier ein Engagement nach Aussage des Vertreters der Krankenversicherung durchaus interessant sein. Hier wäre nämlich nicht mit Kosten von 4000 DM, sondern vielleicht mit 1000 DM pro Quadratmeter Wohnfläche zu rechnen. Obwohl sich damit aus der Sicht der Anleger eine potentiell attraktive Investitionsmöglichkeit bietet, halten sich insbesondere die Versicherungen in diesem Bereich zurück. Der Grund für ausbleibende Investitionen sei das schlechte Image gerade der Versicherungen in den neuen Bundesländern. Bei einem Engagement in dem sensiblen Bereich der alten Wohnungsbestände bestehe das Risiko, durch negative Schlagzeilen einen weiteren Imageverlust zu erleiden.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | September 2002

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