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[Seite der Druckausgabe: 3]


1. Einleitung - Ausweitung des kommunalen Flächenpotentials durch Nutzungsintensivierung

In den alten und in den neuen Bundesländern sind Städte und Gemeinden mit einem ständig zunehmenden Flächenbedarf insbesondere auch im innerstädtischen Verdichtungsbereich konfrontiert. Die zunehmende Zahl der Arbeitsplätze Im Handel und im Dienstleistungsgewerbe bei gleichzeitig größerem Flächenbedarf pro Arbeitsplatz zwingt die Kommunen, neue Flächen zu erschließen bzw. bestehende Areale anders oder intensiver zu nutzen; wenn neue Unternehmen angesiedelt und somit mehr Arbeitsplätze geschaffen werden sollen, müssen entsprechende Flächen sowohl in Gewerbegebieten als auch im Kernbereich der Städte zur Verfügung gestellt werden. Städtebauliche und ökologische Argumente zugunsten eines verantwortungsvollen Umgangs mit der Ressource Boden können dabei vor dem Hintergrund ökonomischer Notwendigkeiten schnell an Gewicht verlieren.

Der Ausweisung neuer Flächen sind dabei allerdings enge Grenzen gesetzt. Im Gegensatz zu den Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital, bei denen Angebot und Nachfrage in Abhängigkeit von Löhnen und Renditen durchaus variabel sind, ist der Umfang kommunalen Bodens nicht beliebig vermehrbar. Eine Ausweitung von Flächen für Industrie und Handel widerspricht zudem auch dem gewachsenen Ansprüchen der Bürger und der verantwortlichen Politiker an eine ökologische und menschengerechte Stadtentwicklung, die eher darauf zielt, gewerbliche Flächen zurückzufordern oder zumindest schonender damit umzugehen.

Auf die jetzt schon absehbaren Nutzungskonflikte bei innerstädtischen Flächen sind die meisten Kommunen nur sehr unzureichend vorbereitet. In nur wenigen Großstädten gibt es differenzierte Erhebungen zu den genutzten Flächen bzw. zu möglichen Flächenreserven oder auch Entwicklungspläne für bislang mindergenutzte Areale. Diese Defizite sowie die nicht geklärten Eigentumsverhältnisse bei vielen Grundstücken in den Städten der neuen Bundesländer werden auch in den kommenden Jahren wesentliche Hemmnisse für Investitionen, für eine sinnvolle Stadtentwicklung und für den notwendigen innerstädtischen Wohnungs- und Gewerbebau sein. Die Folgen sind dann eine mangelhafte Nutzung vorhandener Infrastruktur, der Aufbau eigentlich nicht erforderlicher infrastruktureller Anlagen und Einrichtungen, das Bauen "auf der grünen Wiese" und damit einhergehende Erscheinungen der Zersiedlung sowie zunehmende Belastungen von Städten, Landschaften und Umwelt.

[Seite der Druckausgabe: 4]

In dieser Situation gewinnen neue und innovative Formen der Flächen- und Raumerschließung, zum Beispiel Konzepte der Nutzungsintensivierung auf mindergenutzten Rächen oder auch das Bauen in der zweiten Ebene, für die Kommunen zunehmend an Attraktivität. Nutzungsintensivierung bedeutet nicht die Erschließung neuer, sondern die "innere Verdichtung", also die bessere Nutzung bereits vorhandener und erschlossener Flächen und Infrastruktur sowie den Abbau von Kümmernutzungen. Derartige Konzepte können zu einem schonenderen Umgang mit den Ressourcen Boden, innerstädtische Grünflächen und Landschaft in der Umgebung der Städte beitragen.

Möglichkeiten der Umnutzung und der Nutzungsintensivierung ergeben sich zum Beispiel bei alten, heute nicht mehr genutzten Hafenanlagen und den zugehörigen Gebäuden oder auch auf mindergenutzten Arealen der kommunalen Verkehrsbetriebe, bei denen u.U. eine Umnutzung bzw. Überbauung von Gleisanlagen, Betriebshöfen oder Omnibusbahnhöfen möglich ist. Sie umfassen aber auch die Entwicklung raumsparender unterirdischer Parksysteme, die in Kombination mit oftmals dringend notwendigen Kanalerneuerungen verwirklicht werden können. Gleichzeitig stellen derartige Konzepte die verantwortlichen Stadtplaner aber auch vor erhebliche Probleme. Neben den enormen Kosten, die vor allem bei der Überbauung von Verkehrsanlagen für bauliche und ingenieurtechnische Leistungen anfallen, sind es insbesondere ökonomische, eigentumsrechtliche, baurechtliche und sicherheitstechnische Probleme, die die Durchführung solcher Projekte erschweren. Die Verantwortlichen müssen sich insbesondere folgenden Fragen stellen.

  • Läßt sich die Erstellung einer aufwendigen technischen Infrastruktur, wie sie mit vielen dieser Projekte einhergeht, auch unter ökonomischen Gesichtspunkten rechtfertigen?

  • Gewährleisten die Bodenpreise und die Vergleichsmieten angemessene betriebswirtschaftliche Renditen?

  • Gibt es nicht gerade bei technisch hochsensiblen Anlagen - zum Beispiel bei der Überbauung von Gleisanlagen - unkalkulierbare Sicherheits-, Störfall- und Haftungsrisiken?

  • Werden die Verkehrsunternehmen nicht versuchen, das Risiko möglicher Unfallschäden auf den Investor oder die Kommune abzuwälzen?

  • Wie wirkt sich dies auf die Rentabilität des gesamten Projektes aus?

  • Welches sind die rechtlichen Voraussetzungen, um überhaupt in der "zweiten Ebene" bauen zu können?

  • Wer ist bei der Überbauung von Gleisanlagen als Eigentümer auszuweisen?

[Seite der Druckausgabe: 5]

Trotz vieler offener Fragen und ungeklärter Probleme gibt es in den alten und in den neuen Bundesländern, wie die nachfolgenden Beispiele zeigen, eine Reihe von Projekten der Nutzungsintensivierung auf kommunalen Flächen, die ökonomische und ökologische Anforderungen gleichermaßen erfüllen. Nach einem Überblick über die Entwicklungstendenzen am innerstädtischen Grundstücksmarkt in den neuen Ländern (Kap. 2) werden im anschließenden Abschnitt sechs verschiedene Konzepte und Projekte, die zur Nutzungsintensivierung beitragen können, vorgestellt (Kap. 3). Abschließend wird am Beispiel der Stadt Aachen gezeigt, daß gerade die Planer von Großprojekten auf ein langfristiges Stadtentwicklungskonzept angewiesen sind, wenn solche Ziele wie Erweiterung der Flächenpotentiale, Verbesserung der Attraktivität der Innenstädte, fußgängerfreundliche Gestaltung und Aktivitätenvielfalt erreicht werden sollen (Kap. 4).


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Dezember 2000

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