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[Seite der Druckausgabe: 1]

Vorwort

Über lange Jahre wurden im Städte- und Wohnungsbau der ehemaligen DDR Maßnahmen der Bestandserhaltung gegenüber Neubauinvestitionen vernachlässigt. Dieser Prioritätensetzung ist es zwar einerseits zu verdanken, daß in den Beitrittsländern viele Altstädte vollständiger erhalten sind als in den alten Bundesländern. Andererseits muß aber festgestellt werden, daß sich die meisten Innenstädte in den neuen Bundesländern in einem beklagenswerten Zustand befinden. So liegen beim Wohnungsaltbau außerordentlich hohe Instandsetzungsdefizite vor. Das zeigt sich z.B. an der Struktur des Bauzustandes: In Statistiken der ehemaligen DDR werden 20 % der Ein- und Zweifamilienhäuser und über 60 % der bis 1945 errichteten Mehrfamilienhäuser in die Kategorien III und IV eingestuft, d.h. diese Häuser haben umfangreiche Schäden, eine komplette Instandsetzung ist erforderlich, und im Extremfall sind die Gebäude sogar unbewohnbar. Weiter besteht ein beträchtlicher Modernisierungsbedarf, insbesondere im Hinblick auf die miserablen Heizungssysteme, aber auch wegen fehlender Bäder und Innentoiletten. Bei den Nachkriegsbauten sind sowohl Betonsanierungen als auch Wohnumfeldverbesserungen notwendig. Auch beim Gewerberaum gibt es drängende Probleme. In vielen ostdeutschen Städten übersteigt die Nachfrage das Angebot erheblich. Das hat in Teilbereichen schon zu deutlichen Mietpreissteigerungen geführt. Viele Interessenten finden gar keine Räume.

Umorientierungen, die zur wirtschaftlichen Belebung und Überwindung des desolaten Zustandes vieler Altbaugebiete in den neuen Bundesländern sowie zur technischen Erneuerung der Infrastruktur führen, sind dringend erforderlich. Es gilt, den Verfall der Städte zu stoppen, die Wohnungsbedingungen spürbar zu verbessern, zusätzliche gewerbliche Flächen bereitzustellen und die Lebensqualität generell anzuheben.

Aufgrund der gravierenden quantitativen und qualitativen Defizite stufen Länder und Gemeinden in den Beitrittsländern, aber auch der Bund die Stadterneuerung als eine der wichtigsten innenpolitischen Aufgaben der nächsten Jahre ein. Dabei hängt der hohe Stellenwert, der der Städtebauförderung zuerkannt wird, auch damit zusammen, daß der Wiederbelebung des Städtebaus eine zentrale Rolle für den wirtschaftlichen Aufschwung in den östlichen Bundesländern zukommt. Es wird mit starken direkten und indirekten Anstoßwirkungen gerechnet, die insbesondere auf die Bauwirtschaft, aber auch auf eine Vielzahl privater Investitionen ausgeübt werden.

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Die besondere Bedeutung, die der Bund dem Städte- und Wohnungsbau in den neuen Bundesländern einräumt, kommt darin zu Ausdruck, daß im Haushalt des Bundesbauministeriums für das Jahr 1993 die Städtebauförderung für die Westländer ausgesetzt wird, während den östlichen Bundesländern im selben Jahr Finanzhilfen von insgesamt 620 Mio. DM für städtebauliche Maßnahmen gewährt werden - und zwar bei Erweiterung der geförderten Maßnahmen um 54 Projekte. Damit setzt die Bundesregierung ein deutliches Signal für die Wichtigkeit von Investitionen in den Wohnungs- und Städtebau der neuen Bundesländer.

Die verschiedenen Förderprogramme des Bundes für städtebauliche Investitionen und Planungen waren einer der Schwerpunkte einer Fachkonferenz, die die Friedrich-Ebert-Stiftung am 09. Dezember 1992 in Kleinmachnow durchgeführt hat. Bei der Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten und Grenzen, die für die Schaffung von Wohnraum und gewerblichen Flächen im Zuge einer sozialverträglichen Stadterneuerung bestehen, wurden weiter die praktischen Erfahrungen vorgestellt und diskutiert, die ostdeutsche Städte bei der Bewältigung der Sanierungsprobleme gemacht haben. Darüber hinaus befaßte sich die Veranstaltung mit generellen Lösungsstrategien für die Probleme des Städte- und Wohnungsbaus sowie mit der Gestaltung der Rahmenbedingungen - wie Altschulden, Restitutionsansprüche, soziale- und Finanzierungsaspekte -, die bei der Behandlung des Themenkomplexes zu beachten sind.

Die vorliegende Broschüre faßt die Referate und Diskussionsbeiträge der Fachkonferenz thematisch gegliedert zusammen. Für Konzeption und Durchführung der Veranstaltung war Karl-Hans Weimer vom Forschungsinstitut der Friedrich-Ebert-Stiftung verantwortlich, der zusammen mit Dr. Reinhard Malik aus Berlin auch den Tagungsbericht erstellte. Das Tagungssekretariat führte Ilona Reuter.

Bonn, Mai 1993Dr. Jochem Langkau


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Oktober 2000

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