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[Seite der Druckausgabe: 50]

3. Zusammenfassung

Die Referate und Beiträge zur Diskussion, die anläßlich der Fachkonferenz der Friedrich-Ebert-Stiftung zum Thema "Wohnungspolitik für die neuen Bundesländer" gehalten wurden, verdeutlichten die Vielschichtigkeit der Problematik des Übergangs von einem zentral geleiteten zu einem überwiegend marktwirtschaftlich orientierten Wohnungswesen. Die Lösung der mit dem Wohnen verbundenen Fragen berühren Mieter und Vermieter in existentieller Weise; sie wird auch in den kommenden Jahren eines der zentralen Probleme bleiben, das nicht zuletzt von Bedeutung für den sozialen Frieden in der Bundesrepublik Deutschland ist.

Um die schon jetzt vorhandene Wohnungsnot zu beseitigen und die Wohnverhältnisse schrittweise zwischen Ost und West anzugleichen, ist nicht nur eine breit angelegte Investitionsoffensive, sondern vor allem eine wohnungspolitische Strategie für ganz Deutschland erforderlich. Es werden Rahmenbedingungen benötigt, die die Wohnungsunternehmen in die Lage versetzen, die anstehenden Probleme auch tatsächlich zu lösen.

Die Vielzahl gestreuter, kaum überschaubarer Förderprogramme ist in ein langfristig stabiles Programm und eine regionale Zielplanung einzubinden, wenn die nicht unerheblichen Mittel des Bundes ihren Zweck effektiv erfüllen sollen.

Die primär auf Eigentumsbildung ausgerichteten Schwerpunkte der Wohnungspolitik sollten sich stärker dem Abbau des Mangels an preiswertem Wohnraum zuwenden, der vor allem in den Ballungszentren nur noch mit den Mitteln des Massenwohnungsbaus zu beheben ist.

Angesichts der anhaltenden Wanderung qualifizierter Facharbeiter in die Richtung der Zentren der Wirtschaft wie München, Leipzig, Dresden oder das Rhein-Ruhrgebiet sind raumordnerische Konzepte der Standortpolitik im Wohnungsbau erforderlich, die der über Jahre geförderten Desurbanisierung entgegenwirken.

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Der Mangel an Bauland in den Ballungsräumen der Bundesrepublik Deutschland erfordert nicht zuletzt unter ökologischen Gesichtspunkten eine Förderung des verdichteten Wohnungsbaus an den Standorten, wo die Nachfrage am größten ist. Statt einer Förderung des baulandverbrauchenden und das Verkehrsaufkommen steigernden Eigenheimbaus für Städter in ländlichen Regionen werden verdichtete Bauweisen in unmittelbarer Beziehung zu den Standorten der Wirtschaft sowie zu den Zentren der sozialen und kulturellen Infrastruktur benötigt - mit Wohnungen, die für die Breite der Wohnungssuchenden finanzierbar sind.

Die Schwierigkeiten der Kommunen bei der Erschließung von Bauland und die in Deutschland bestehende wohnungspolitische Situation lassen den Bau von Eigenheimen nach verbreiteter Ansicht als nicht förderungswürdig erscheinen; dies um so weniger, als die Mittel für die Förderung auch aus den Steuern derer entnommen werden, die sich weder ein Eigenheim noch eine angemessene Mietwohnung leisten können.

Die Umwandlung von kommunalen Wohnungsbeständen in Wohneigentum wird nicht in der erhofften Breite zu einer Lösung der Wohnungsprobleme in den neuen Bundesländern beitragen. Dagegen spricht u.a., daß der überwiegende Anteil der Wohnungen, die für eine Privatisierung in Frage kommen, in industrieller Plattenbauweise in den Großwohnsiedlungen am Rande der Städte errichtet wurde und diese vor einem Verkauf zunächst mit hohem finanziellen Aufwand saniert werden müßten. Hieraus resultiert letztlich ein Kaufpreis, der weder in Relation zu den Einkommen, noch zum Wohnwert steht, der sich bei den Wohnungen des industriellen Massenwohnungsbaus auf einen Mindeststandard beschränkt. Verkäufe aus dem Bestand wären auch im Osten Deutschlands vorrangig für Kapitalanleger aus den alten Bundesländern von Interesse, womit die Gefahr des Entzugs preiswerten Wohnraums auf der Hand liegt.

Der Bestand an preiswertem Wohnraum, über den die Kommunen zur Lösung ihrer Wohnungsprobleme verfügen können, wird sich im Verlauf der Rückübertragung privaten Wohneigentums und dem Auslaufen der laut Einigungsvertrag fixierten Belegungsrechte der Kommunen bei ehemals kommunal verwalteten Objekten bis zum 31.12.1995 mit deutlicher regionaler Differenzierung reduzieren. Hier liegt es in der Hand

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der Kommunen bei Zeiten abzuschätzen, welchen Bestand an belegungsgebundenen Wohnungen sie längerfristig benötigen werden, bevor sie Verkäufe aus dem kommunalen Bestand tätigen.

Die aus heutiger Sicht rein zufällig gestreuten Privatisierungspotentiale in den Kommunen der neuen Bundesländer weisen darauf hin, daß sich der Gedanke einer Bedienung der Altschulden aus den Privatisierungserlösen am Ende sehr unterschiedlich auf die Wirtschaftlichkeit der Kommunen bzw. ihrer Unternehmen auswirken wird und neue Förderregionen bereits vorprogrammiert sind.

Die Bedienung der Altschulden aus den Privatisierungserlösen oder aus den Mieten kann nicht als vernünftige politische und wirtschaftliche Lösung angesehen werden, da

  • Mieteinnahmen einschl. Mieterhöhungen in den nächsten Jahren für dringend erforderliche Sanierungsmaßnahmen benötigt werden,

  • die Überschuldung der Unternehmen neue Kredite verhindert, diese aber für Modernisierungs- und Bestandsinvestitionen benötigt werden und

  • davon ausgegangen werden kann, daß die Kommunen kein sonderliches Interesse an der Privatisierung zeigen werden, solange ihnen die Erlöse nicht selbst für Investitionen im Bestand zur Verfügung stehen.

Als tragfähige Alternative zur Privatisierung kommunaler Wohnungsbestände wird durch die SPD-Bundestagsfraktion die Förderung des Verkaufs von Wohnungen an Wohnungsgenossenschaften unterstützt. Der Selbsthilfegedanke, der den Eigentümergemeinschaften zugrunde liegt, hat bei den Bewohnern der neuen Bundesländern eine gewisse Tradition. Die Nutzungsrechte der Wohnung auf Lebzeiten und die Einbindung in die Gemeinschaft einer Genossenschaft schaffen soziale Sicherheit und fördern funktionierende Nachbarschaften. Das Teileigentum an den Wohnungen in Form der Genossenschaftsanteile sollte Investitionen für Wohneigentum gleichgestellt und steuerlich wie diese gefördert werden.

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Aus unterschiedlichen Gründen wird in vielen Kommunen eine Erweiterung der Wohnungsbestände um preiswerte Ein- und Zweiraumwohnungen erforderlich, so u.a.

  • als Vorleistung für das Freiwerden großer, unterbelegter Wohnungen,

  • für die Durchführung umfangreicher Sanierungsmaßnahmen im unbewohntem Zustand des Gebäudes,

  • als Wohnraum für einkommensschwächere Bevölkerungsgruppen.

Dem weiteren Verlust von Wohnraum durch Umwandlungen in Gewerberaum, der für den Eigentümer deutlich lukrativer zu vermieten ist, sollte durch die konsequente Anwendung einer Zweckentfremdungsverbotsverordnung begegnet werden.

Im Interesse einer verbesserten sozialen Absicherung der Mieter empfahl der Deutsche Mieterbund ergänzend

  • eine Verbesserung des Kündigungsschutzes, insbesondere bei Umwandlung und Eigenbedarfsklagen,

  • die Begrenzung der Mietbelastung durch Kappung der Modernisierungsumlagen und Reduzierung der kalten Betriebskosten,

  • den verstärkten Neubau alten- und behindertengerechten Wohnraumes und

  • eine verbesserte Information der Mieter über ihre Rechte in den vertraglichen Beziehungen zu den Vermietern, da dies letztlich die beste Basis für ein sachliches Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter ist, das derzeitig aber oft durch Unsicherheiten und Ängste belastet ist.

© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Oktober 2000

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