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V. Zusammenfassende Thesen

  1. Grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen der CSFR, der Republik Polen und der Bundesrepublik Deutschland kann nur auf der Grundlage gegenseitigen Verständnisses, der Einbeziehung der gemeinsamen Geschichte und geduldiger Fortentwicklung der Beziehungen gedeihen. Die politischen Voraussetzungen hierzu sind durch die Etablierung demokratisch legitimierter Regierungen geschaffen worden.

  2. Ein hierarchisch-funktional sich ergänzendes System grenzüberschreitender Kooperation verspricht Erfolg. Staatliche Regierungs-, bzw. Raumordnungskommissionen sowie regionale und kommunale Zusammenarbeitsformen sind Bestandteile eines solchen Systems.

  3. Bürgernahe Projekte und Einbeziehung von Kommunen in grenzüberschreitende Organisationen tragen entscheidend zur Intensivierung grenzüberschreitender Zusammenarbeit und deren Akzeptanz In der Region bei.

  4. Der Europarat hat nach dem 2. Weltkrieg sowohl im Rahmen der Tagungen der Europäischen Ministerkonferenzen für Raumordnung als auch durch die Ausrichtung spezieller Konferenzen zur Problematik von Grenzregionen wesentlich zur Verbesserung der Lage der Bewohner in den Grenzräumen Westeuropas beigetragen.

  5. Mit dem "Europäischen Rahmenübereinkommen über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften", das 1980 in Madrid unterzeichnet wurde, ist erstmals ein exemplarischer Rechtsrahmen zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit vorgelegt worden. Damit Gebietskörperschaften im Sinne des "Rahmenübereinkommens" auf öffentlich-rechtlicher Grundlage grenzüberschreitend zusammenarbeiten können, bedarf es jedoch zusätzlicher zwischenstaatlicher Anwendungsverträge. Nur zwischen den BENELUX-Staaten und zwischen den Niederlanden und Deutschland wurden bislang solche Verträge (1990/91) abgeschlossen.

  6. Erst im Zuge der Konzipierung des Europäischen Binnenmarktes in den 80er Jahren hat die Europäische Gemeinschaft - vor allem die Kommission - die Räume an ihren Binnen- und Außengrenzen als spezifische Problemräume wahrgenommen. Sie hat in den 80er Jahren die Aufstellung vieler grenzüberschreitender Entwicklungs- und Handlungskonzepte gefördert.

  7. Im Rahmen der Neustrukturierung der Regionalpolitik der EG Ende der 80er Jahre wurden die Fördermöglichkeiten für Regionen an Binnen- und Außengrenzen erheblich ausgeweitet. Mit dem Programm INTERREG wurde ein spezielles Förderinstrument für Grenzregionen geschaffen. Es bezieht

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    sich jedoch nur auf Mitgliedsgebiete der EG. Die vorliegenden Entwicklungsprogramme waren dafür eine wesentliche Hilfe.

  1. Unabhängig von Fördermöglichkeiten sollten die Grenzregionen im deutsch-polnisch-tschechischen Grenzraum grenzüberschreitende Entwicklungs- und Handlungskonzepte erarbeiten. Solche Konzepte, verbunden mit einer Stärken- und Schwächenanalyse des Gebietes, erlauben den Regionen genaue eigene Standortbestimmungen und tragen zum regionalen Konsens über künftige Entwicklungsziele bei.

  2. Bislang sind alle Bemühungen, beispielsweise der Arbeitsgemeinschaft Europäischer Grenzregionen (AGEG), gescheitert, integrierte grenzübergreifende Fördermaßnahmen für EG-Mitgliedsgebiete und -Nicht-Mitgliedsgebiete an den Außengrenzen zu erreichen. Auch eine EG-Erweiterung nach Osten ist mittelfristig nicht realistisch. Als Lösungsweg bieten sich bisher nur EG-Sonderprogramme, wie das Programm PHARE, für angrenzende Drittländer an.

  3. Die politischen Ausgangsbedingungen für grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen der CSFR, Polen und Deutschland sind günstig. Die derzeit schlechten ökonomischen Rahmenbedingungen in Polen, der CSFR und den neuen deutschen Ländern erschweren die Kooperation. Durch die Zugehörigkeit der neuen deutschen Länder zur ökonomisch stabilen Bundesrepublik Deutschland und zur EG liegt darüber hinaus gewisse Asymmetrie im Verhältnis der Regionen zueinander vor, die die Zusammenarbeit zusätzlich erschwert.

  4. Im deutsch-polnischen bzw. deutsch-tschechischen Grenzraum kommen grenzüberschreitende Zusammenarbeit vor allem in den Bereichen Swinoujscie und Szcecin (Pomerania), Raum Frankfurt/Oder, Spree/Bober, Euroregion Neiße, Euroregion Elbe/Labe, Euroregion zentrales Erzgebirge, EUREGIO EGRENSIS in Frage. Der Grad der Abgrenzung und der Institutionalisierung in diesen Regionen ist unterschiedlich weit fortgeschritten.

  5. Das schwerwiegenste Problem bei der Schaffung eines öffentlich-rechtlichen organisatorischen Rahmens für Grenzregionen besteht darin, daß derzeit keine Rechtsform zur Verfügung steht, die beiderseits der Grenze Gültigkeit hat. Die Rechtsform einer Grenzregion hängt im wesentlichen von den zur Verfügung stehenden nationalen Rechtsvorgaben ab.

  6. Grenzregionen sollten sich zur Finanzierung laufender Tätigkeiten eine eigene, nach Möglichkeit beitragsfinanzierte finanzielle Basis schaffen.

  7. Grenzüberschreitende Kommunikation kann die Entwicklungsspielräume von Grenzregionen erweitern. Voraussetzung ist zweierlei: Man muß kommunizieren wollen man muß kommunizieren können.

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  1. Fehlende Grenzübergänge stellen ein großes Defizit im deutsch-polnisch-tschechischen Grenzraum dar. Die administrative Umsetzung politischer Vorgaben, schnell zusätzliche Übergänge an den Grenzen einzurichten, scheint zu versagen.

  2. Sprachbarrieren sind für Grenzregionen in ganz Europa typisch. Sie gezielt abzubauen, ist eine wesentliche Voraussetzung grenzüberschreitender regionaler Integration. Dieses ist in allen Grenzregionen im deutsch-polnisch-tschechischen Grenzraum erkannt worden.

  3. Die Kooperation der Hochschulen innerhalb der EUROREGION NEISSE ist erheblich intensiviert worden. Auch über die Grenzen der Region hinaus werden Hochschulkontakte ausgebaut. Es gilt den hieraus resultierenden Erkenntnisfortschritt in Wirtschaft und Gesellschaft der Region zu transferieren.

  4. Im grenzüberschreitenden Verkehrsinfrastrukturbereich müssen Straßen- und Schienenverbindungen in der Region erneuert und ausgebaut werden. Der Schienenverkehr sollte eine größere Bedeutung im grenzüberschreitenden Gütertransport erhalten. Eine Voruntersuchung für einen Flugplatzstandort im tschechischen Teil der EUROREGION NEISSE liegt bereits vor. Zukünftig große Bedeutung wird dem immateriellen Verkehr, d.h. den Austausch von Informationen von Datennetze zukommen.

  5. Umwelt und Tourismus sind in der EUROREGION NEISSE im Zusammenhang zu sehen: Die absolut notwendige Verbesserung der Umweltbedingungen, vor allem die Verminderung von Luftschadstoffen, würde sich auch positiv auf den Tourismus auswirken. Der Tourismus kann zu einem wesentlichen Wirtschaftsfaktor der Region werden, wenn, neben der Umwelt, das touristische Produkt selbst verbessert wird.

  6. Die Voraussetzungen für grenzüberschreitende Arbeitsmärkte im gesamten Grenzraum sind derzeit noch problematisch. Unterschiedliche Lohnstrukturen beiderseits der Grenzen können zu Wanderungsbewegungen von Arbeit und Kapital führen, die zwar ökonomisch rational, politisch augenblicklich aber nur schwer verkraftbar sind.

  7. Derzeit existieren keine grenzüberschreitenden integrierten Förderinstrumente. Als Ausweg bleibt die Lösung, in den einzelnen Teilräumen anwendbare Fördermaßnahmen additiv zugunsten der Grenzregionen zu verknüpfen.

  8. Wenngleich EG-Strukturfonds oder Finanzhilfen des Programms INTERREG derzeit noch keine Bedeutung für den Grenzraum haben, so dürfte sich das zumindest für die Bereiche in den neuen deutschen Ländern künftig, d.h. nach Auslaufen der sog. technischen Hilfe, ändern. Diese Mittel werden

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    jedoch auch zukünftig nicht für Gebiete außerhalb der EG zur Verfügung stehen.

  1. Die EG-Kommission und die Arbeitsgemeinschaft Europäischer Grenzregionen haben Mitte 1990 das Projekt LACE ins Leben gerufen. Im Rahmen von LACE soll die Vernetzung innerhalb von Grenzregionen gefördert sowie durch Information und Beratung bestehende Hindernisse grenzüberschreitenden Handelns in den Grenzregionen abgebaut werden.

  2. Die Länder Polen und CSFR werden durch die EG im Rahmen des Programms PHARE unterstützt. Die Regierungen dieser Länder entscheiden autonom über den Einsatz der Mittel. Da PHARE nicht spezifisch für Grenzregionen geschaffen wurde, ist es Aufgabe der Vertreter der Grenzräume dieser Länder, bei ihren Regierungen Mittel aus dem Programm einzuwerben. Gleichzeitig sollten sie in Brüssel bei der EG direkt für einen Mittelansatz in den Grenzregionen eintreten. Das europäische Parlament wird ebenfalls einen Vorstoß in dieser Richtung unternehmen.

  3. Trotz gegenwärtig unbefriedigender grenzüberschreitender Fördermöglichkeiten sollten die Grenzregionen grenzüberschreitende Projekte oder Projekte mit grenzüberschreitender Bedeutung entwickeln, da sowohl nationale als auch europäische Institutionen erfahrungsgemäß desto eher bereit sind finanziell zu fördern, je konkreter ihnen förderungswürdige Projektvorschläge vorgelegt werden.

© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Juli 1999

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