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II. Erfahrungen aus Nordrhein-Westfalen und der Stadt Frankfurt am Main

7. Landesentwicklungsgesellschaft Nordrhein-Westfalen

In allen Flächenländern der alten Bundesrepublik gibt es Landesentwicklungsgesellschaften. Ihre Wurzeln liegen in gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften, die auf das Reichsheimstättengesetz zurückzuführen sind.

Aufgabe der LEG ist es, den Strukturwandel im Bundesland zu begleiten. Dabei hat sich der Inhalt des Begriffs Strukturwandel geändert, er zielt heute vor allem auf einen sozialverträglichen und ökologischen Umbau der bisherigen Produktionsstruktur. Der Strukturwandel ist ein langfristiger Prozeß, eine entscheidende Ressource bildet dabei der Grund und Boden. Die LEG arbeitet im Treuhandauftrag für das Land Nordrhein-Westfalen über das Instrument eines Geschäftsbesorgungsvertrages. Sie arbeitet auf Rechnung des Landes Nordrhein-Westfalen. Die Gesellschaft hat ca. 450 Mitarbeiter.

Das Land Nordrhein-Westfalen hat am Stammkapital der LEG einen Anteil von 68%. An der LEG ist nicht nur das Land, es sind auch Unternehmen daran beteiligt. Die LEG Nordrhein-Westfalens hat 14.000 Wohnungen im eigenen Bestand.

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8. Aktionsprogramm Ruhr und die Grundstücksfonds Ruhr/Nordrhein-Westfalen

Das Aktionsprogramm Ruhr war ein Maßnahmen- und Kostenprogramm. In ihm war erstmalig die Einrichtung eines landeseigenen Grundstückfonds vorgesehen. Im Ruhrgebiet gab es ein erhebliches Flächenpotential an Altstandorten. Sie entzogen sich aber der kommunalen Verfügbarkeit. Die Flächen waren oft im Besitz einer GmbH oder AG und standen so nicht zur Verfügung. Das Land Nordrhein-Westfalen wollte damit auch ein Signal zu Verfügbarmachung von Grund und Boden setzen. Die Mobilisierung von Flächen war mit hergebrachten Instrumenten nicht möglich.

Der Grundstücksfonds Ruhr ist eine Maßnahme zur gezielten Subventionierung von Grundstücken und läßt sich Wachstums- und strukturpolitisch begründen. In den 70er Jahren war im Ruhrgebiet ein gravierender Flächenengpaß festzustellen. Aus dem Aktionsprogramm Ruhr geht hervor, daß der Grundstücksfonds Ruhr dazu dienen soll, "die latenten privaten Investitionsinteressen wieder ins Ruhrgebiet zu

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lenken und der weiteren Zersiedlung der Ruhrgebietsrandgemeinden und dem Ausbluten des Ballungskernes entgegenzuwirken." Durch ihn soll der "Grundstücksmarkt im Revier in Bewegung gebracht" und eine größere Transparenz am Grundstücksmarkt gesichert werden; er soll weiter "preisdämpfend wirken" und Spekulationserwartungen unterlaufen.

Das wesentliche Ziel war: "Um den Grundstücksmarkt im Revier in Bewegung zu bringen, die ärgsten Grundstücksengpässe in Einzelfällen zu beseitigen, soll über fünf Jahre hinweg mit einem jährlichen Finanzierungsaufwand von 100 Mio. DM ab 1980 Brachgelände erworben und für eine neue, von den kommunalen Planungsträgern zu bestimmende bauliche Nutzung aufbereitet und vorgehalten werden."

Der Fonds ist gedacht für "Ankauf, Freilegung (Beseitigung von baulichen Anlagen, Hindernissen und Fundamenten) und Baureifmachung (Eingriffe in Bodengestalt und

-beschaffenheit) "von Grundstücken, um sie " für gewerbliche Zwecke, für den Wohnungs- und Eigenheimbau oder für Freizeit- und Erholungszwecke" zu nutzen.

Für den Ankauf und die Baureifmachung durch den Grundstücksfonds kommen Flächen in Betracht,

  • deren gewerbliche, industrielle, bergbauliche oder verkehrliche Nutzung durch die Eigentümer aufgegeben wurde,
  • die vornehmlich in zentralen, innergemeindlichen Lagen die städtebauliche und strukturpolitische Entwicklung hemmen und gegebenenfalls umweltpolitische Probleme darstellen und
  • mit deren Neuordnung und Wiedernutzung ein sonst notwendiger Freiflächenverbrauch verhindert wird oder grobe Fälle zerstörter Landschaft bereinigt werden.

Die Aktivitäten der Grundstücksfonds sind Bestandteile der Strategie der erhaltenden Stadterneuerung zur Verbesserung der ökologischen und ökonomischen Lebensverhältnisse in Nordrhein-Westfalen:

  • Nordrhein-Westfalen ist eine der dichtest besiedelten Regionen der Welt. Mit ca. 500 Einwohner/km2 ist die Siedlungsdichte doppelt so hoch wie in den übrigen Teilen der Bundesrepublik Deutschland. Auch der durchschnittliche Anteil der

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    Siedlungsfläche an der Gesamtfläche des Landes ist fast doppelt so hoch wie in der Bundesrepublik ohne NRW.
    Die Einschränkung der Expansion der Siedlungsentwicklung in den Freiraum und die Konzentration auf die Innenentwicklung der Städte und Gemeinden sind daher wesentlicher Bestandteil der Strategie der erhaltenden Stadterneuerung in Nordrhein-Westfalen.

  • Bei der Förderung der Erschließung neuer gewerblicher Bauflächen mit Stadterneuerungsmitteln hat die Erschließung von Brachflächen Vorrang. Bevor eine Gewerbegebietserschließung gefördert wird, muß daher in jeder Gemeinde überprüft werden, ob nicht bestehende Brachflächen reaktiviert und wieder einer gewerblichen Nutzung zugeführt werden können.
  • Das kleinteilige Flächenrecycling durch die Städte und Gemeinden selbst wird mit Stadterneuerungsmitteln des Landes gefördert. Die Aufgabenstellung und die Art des Managements der Grundstücksfonds sind vorrangig auf die Reaktivierung großflächiger Branchen oder auf Flächen mit besonderer Belastung ausgerichtet. Unterhalb dieser Problemschwellen gibt es kleinere Brachflächen, deren Aktivierung stadtentwicklungspolitisch ebenso erwünscht und förderungswürdig ist. Für die Aktivierung dieser Flächen bietet das kommunale Management Vorteile.
  • Die Reaktivierung von Brachflächen sollte in Stadtentwicklungskonzepte der Städte und Gemeinden eingebettet sein. "Insellösungen" für Brachflächen können keinen dauerhaften Erfolg bringen.

Die "Richtlinien für Ankauf, Freilegung, Baureifmachung und Wiederveräußerung von Gewerbe-, Industrie- und Verkehrsbrachen" vom 26.6.1984 in der Fassung vom 27.10.1987 regeln die internen Verfahrensabläufe des Grundstücksfonds.

Verfahren des Ankaufs

Grundlage des Ankaufs ist eine entsprechende Richtlinie. Es sollen vor allem innerstädtische Flächen angekauft werden, die die Entwicklung hemmen und umweltpolitische Flächen darstellen. Ein sonst notwendiger Flächenverbrauch soll damit verhindert werden.

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Das Verfahren beteiligt folgende Instanzen:

  • Die Gemeinden oder im Rahmen seiner Aufgaben der Kommunalverband Ruhrgebiet empfehlen den Regierungspräsidenten in Düsseldorf, Köln, Münster oder Arnsberg Flächen zum Ankauf. Die Gemeinde hat eine Reihe von Angaben zu machen und sich zur Kooperation zu verpflichten.
  • Der Regierungspräsident prüft die Vorschläge nach bestimmten Kriterien und übersendet die positiv beurteilten Kaufempfehlungen an die Landesentwicklungsgesellschaft (LEG).
  • Die Landesentwicklungsgesellschaft beurteilt die bautechnischen und finanziellen Fragen und ermittelt damit den verbleibenden unrentierlichen Finanzierungsaufwand.
  • Die Regierungspräsidenten wählen nach Beratung im Bezirksplanungsrat je Bezirk je Haushaltsjahr für 100 Mio. DM Flächen aus, ordnen sie nach der Dringlichkeit und legen sie dem Städtebau- und dem Finanzminister zur Auswahl vor.
  • Der Städtebauminister unterrichtet die Verfahrensbeteiligten und beauftragt die LEG mit der Durchführung der Grundstückskäufe.

Regelung des Verkaufs

Nach den Richtlinien für die Grundstückfonds ist die Veräußerung der aufbereiteten Grundstücke Angelegenheit der Gemeinden. Nach Baureifmachung und planungsrechtlicher Widmung werden die Flächen von den Gemeinden in Abstimmung mit der LEG auf dem Grundstücksmarkt angeboten. Die Gemeinden selbst erhalten ein Optionsrecht für den Erwerb.

  • Die LEG nimmt die Anträge der Kommunen auf Erwerb der aufbereiteten Flächen entgegen, prüft die bautechnischen und finanziellen Fragen (Verkaufserlöse).
  • Der Regierungspräsident prüft die Beurteilung der LEG erneut nach den gleichen Kriterien wie beim Ankauf.
  • Der Städtebauminister entscheidet im Einvernehmen mit dem Finanzminister über den Verkauf.

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Finanzierung des Fonds

Der Fonds ist 1979 mit 500 Mio. DM ausgestattet worden; in den ersten fünf Haushaltsjahren sollten je 100 Mio. DM ausgegeben werden. Es ist ein revolvierender Fonds. Bis zum Jahre 1991 wurden ca. 1,3 Mrd. DM ausgegeben.

Hinsichtlich der Regelung des Auftauchens von Altlasten nach Eigentumsübergang der Grundstücke ist die sog. Beteiligungsklausel entwickelt worden. Sie sieht vor, daß die Voreigentümer einen Kostenanteil von 50% der Altlastensanierung auch bei einem späteren Auftauchen von Bodenverunreinigungen mittragen. Durch die Beteiligungsregelung soll sichergestellt werden, daß

  • Eigentümer und Grundstücksfonds gemeinsam ohne Anerkennung einer Rechtspflicht in gemeinsamer Verantwortung die Schadstoffbelastungen aufbereiten bzw. beseitigen,
  • ein gemeinsames Handeln in allen Phasen der Aufbereitung erfolgt,
  • die Kostenbeteiligung des Eigentümers mindestens 50 % unter analoger Anwendung der Kostenbeteiligungsquote für die technische Baureifmachung beträgt, die aber auf einen vorkalkulierten Höchstbetrag beschränkt wird,
  • die Aufbereitung in einem festgelegten Zeitraum durchzuführen ist,
  • der Einsatz neuester Technologien für die Aufbereitung sichergestellt wird,
  • Dritte als Verursacher für Bodenverunreinigungen zur Kostentragung herangezogen werden, wobei Beteiligungsgesellschaften der Eigentümer ausgeschlossen sind,
  • Maßnahmen, die der Eigentümer aufgrund gesetzlicher Vorschriften durchzuführen hat, von diesem alleine finanziert werden, aber ggf. zur Einsparung von Kosten zusammen mit den erforderlichen Baureifmachungsmaßnahmen durchzuführen sind.

Hinsichtlich der Finanzierung des Ankaufs der Freilegung und der Baureifmachung unterscheiden die Richtlinien zwei wichtige Fälle. Grundstücke, die endgültig durch die Gemeinde oder den Kommunalverband Ruhr genutzt werden, und solche Grundstücke, die durch private oder gemeinnützige Investoren bebaut werden sollen.

Aufgrund der positiven Erfahrungen mit dem Grundstücksfonds Ruhr wurden die Regelungen auf das gesamte Land Nordrhein-Westfalen im Jahre 1984 ausgedehnt. Es waren vor allem Regionen, die strukturell "in die Knie" gegangen sind:

  • das Aachener Revier.

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  • das westliche Münsterland mit seiner traditionellen Textilindustrie,
  • die ostwestfälische und Siegener Region als Stahlstandorte.

Allein der Grundstücksfonds Ruhr hat bis Ende 1989 93 Projekte in Angriff genommen und dafür rund 1400 ha Fläche gekauft. Etwa 200 ha konnten davon für eine gewerbliche Neunutzung wieder veräußert werden.

Hinzu kommen 50 Industrie- und Gewerbebrachen im Grundstücksfonds NRW mit einem Flächenbestand von 250 ha. Auch hiervon konnten 45 ha wieder einer gewerblichen Folgenutzung zugeführt werden.

1987 wurden die Richtlinien des Grundstücksfonds inhaltlich verändert. Die LEG kann jetzt auf Antrag der Gebietskörperschaft mit der

  1. Erarbeitung städtebaulicher Rahmenpläne ,
  2. Beurteilung der Nutzungs- und Verwertungsmöglichkeiten eines Standortes,
  3. Erarbeitung eines Vermarktungskonzeptes,
  4. Entwurfsbearbeitung eines Bebauungsplanes,
    sowie im Interesse einer beschleunigten Wiedernutzung
  5. mit der Planung der Erschließung beauftragt werden.

Bis zum Jahre 1987 waren diese Aufgaben nicht originäre Bestandteile der Arbeit der LEG. Der Prozeß des Wieder-an-den-Markt-Bringens wurde somit wesentlich beschleunigt! Die Entwicklung eines Standortes konnte jetzt aus einer Hand erfolgen. Die Standortentwicklung und das Immobilienmarketing haben ihren Niederschlag gefunden in einer Produktfamilie eines "arbeitenden Parks". Seine besondere Qualität besteht in der

  • städtebaulichen Integration,
  • Aufnahme sozialer Dienste,
  • architektonisch-städtebaulichen Gestalt.

Somit entsteht ein unverwechselbares Standortprofil für jeden Mikrostandort. Anstelle eines reinen Flächenmarketings werden konsequent Produkte entwickelt, die helfen, unternehmerische Probleme zu lösen.

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9. Beispiele für Umwidmung von altindustriellen Industrie- und Gewerbeflächen in Nordrhein-Westfalen

Siegen, SAG

In Siegen erfolgte der Ankauf einer ca. 8 ha großen Fläche einer ehemaligen Verzinkerei mit der Zielsetzung, ein Technologiezentrum sowie nicht störende Gewerbebetriebe zu etablieren. Das Technologiezentrum soll heutigen Ansprüchen an Flexibilität, Kommunikation, gemeinschaftlich nutzbarer Infrastruktur, Arbeiten in entsprechender Umgebung und Vorhaltung erforderlicher technischer Einrichtungen moderner Standards gerecht werden. Schwerpunkt bildet dabei die "Oberflächenveredlung von Metallen".

Der Technologiepark soll gleichzeitig zu einer Renaturierung des Geländes mit Parkcharakter führen; so wurde der vorher teilweise verrohrte Birlenbach renaturiert. Das ursprüngliche Planungskonzept wurde zugunsten geringerer Erschließungsflächen und eines verbesserten Biotopschutzes überarbeitet.

Dortmund, DAß "Wohnhof Rheinische Straße"

Durch eine viergeschossige geschlossene Randbebauung entstand auf dem ehemaligen Standort der Dortmunder-Actien-Brauerei ein ruhiger Wohnhof. Wohngassen, private Terassengärten, Nachbarschaftshöfe mit Mietergärten und eine großzügige Gemeinschaftsgrünanlage bieten Nutzungsgelegenheiten für jede Altersgruppe und für viele Freizeitaktivitäten. Bei einer relativ hohen Dichte konnte hier ein innerstädtisches Wohnungsangebot geschaffen werden, das sich insbesondere durch seine Freiraumqualität auszeichnet.

Gelsenkirchen, Wissenschaftspark Rheinelbe

Das Grundstück befindet sich am Rande der revitalisierten Neustadt in Gelsenkirchen-Ueckendorf, verkehrlich gut erreichbar, umgeben von Wohnnutzung. Hier soll ein Wissenschaftspark entstehen, der kleine, innovative Unternehmen und Institute beherbergt. Dabei soll insbesondere auf die landschaftsplanerische Gestaltung der ca. 45 ha großen Fläche Wert gelegt werden, so daß vom Wissenschaftspark positive Impulse auf das Wohnumfeld ausgehen.

Zentrum für dieses Projekt wird das Institut für Arbeit und Technik sein, das zur Zeit aufgebaut wird und ca. 100 Arbeitsplätze schaffen soll.

Der Wissenschaftspark ist offen für weitere, am Konzept interessierte Nutzer.

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Castrop-Rauxel, ERIN

Das ca. 33 ha große ehemalige Zechen- und Kokereigelände wurde 1985 vom Grundstücksfonds erworben. Die Gebäude wurden früher von der Schachtanlage "ERIN" des Eschweiler Bergwerksvereins genutzt, die hier seit Gründung im Jahre 1867 bis zur Stillegung 1983 Kohle förderte. Nunmehr soll auf dem Gelände ein Gewerbepark entstehen. Das Nutzungskonzept sieht vor, eine Angebotsmischung aus

  • stadtnahen Dienstleistungsbetrieben,
  • kleinteiligem Gewerbe,
  • großen Gewerbebetrieben und
  • Grün- und Freizeitbereichen

zu realisieren, und zwar eingebettet in ein schlüssiges Landschaftsgestaltungskonzept. Besondere Berücksichtigung gilt dabei dem direkten räumlichen und funktionalen Anschluß des Gewerbe- und Landschaftsparks an die Innenstadt von Castrop-Rauxel.

Das ehemalige Verwaltungsgebäude der Zeche ERIN wird zu einem Gründungszentrum für dienstleistungs- und technologieorientierte Betriebe umgebaut werden.

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10. Westhafen und Public - Private Partnership in Frankfurt am Main

Durch die Einweihung des Westhafens im Jahr 1886 wurde die Stadt für Großschiffe erreichbar. Es entwickelte sich ein reger Verladeverkehr und eine umfangreiche Lagerhaltung. Heute hat die Bedeutung des Westhafens als Umschlagplatz für mit dem Schiff transportierte Güter wie Getreide, Kohle und Baustoffe zugunsten der nicht an das Wasser gebundenen Lager- und Handelsfunktion abgenommen. Seit 1990 wurde die Idee einer Umnutzung des wertvollen Geländes in Angriff genommen. Der Westhafen soll als funktionsdurchmischte, kulturell geprägte Einheit von Stadt und Fluß unterschiedlichen Nutzungsansprüchen gerecht werden.

Geplant sind insgesamt 240000 m2 Bruttogeschoßfläche, von denen 50% der Gewerbenutzung vorbehalten sind. In den Lagerflächen werden Großhandelsnutzer aus der Teppich- und High-Tech-Branche untergebracht. Etwa 1200 Wohnungen werden als Sozialwohnungen ausgewiesen. Ferner entstehen Gemeinbedarfsflächen wie Kindergärten für das Neubaugebiet und das unterversorgte Gutleutviertel. Das Mainufer ist für die Öffentlichkeit zugänglich .

In Frankfurt a.M. besteht u.a. das Problem, daß viele Flächen nicht geräumt sind.

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Hinsichtlich der Projektgestaltung wurde im Frankfurter Westhafen ein Public-Private-Partnership-Modell umgesetzt. Die Fläche befindet sich in städtischem Eigentum. Das Grundstückseigentum der Stadt wird an eine Grundstücksgesellschaft zum Verkehrswert veräußert. Die Frankfurter Aufbau AG erschließt und vermarktet die Flächen.

Die Frankfurter Entwicklungsgesellschaft GmbH ist verpflichtet, die Entwicklungskosten zu verdienen. Der Wertzuwachs des Grundstücks wird zwischen der Stadt und dem privatrechtlichen Partner geteilt. Der eigentliche Wertzuwachs erfolgt aber erst in der 2. oder 3. Nutzer-Generation.

Frankfurt a.M. hatte in den letzten 30 Jahren keinen Zuwachs an Arbeitsplätzen. Ehemalige Industrie- und Gewerbegrundstücke sind das einzige Gut, über welches die öffentliche Hand verfügt. Hier liegt ein Ansatz für die kommunale Wirtschaftsförderung und Stadtentwicklung.

Der Westhafen soll als zukünftige Mitte eines Stadtteils gestaltet werden. Heute ist er zu 100% versiegelt, in Zukunft sollen es nur noch 60% sein.

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11. Umwidmung von Standorten - Das Beispiel Rebstockgelände

Das betreffende Gelände ist unter anderem mit dem Battelle-lnstitut bebaut, auch finden sich dort die Parkplätze der Frankfurter Messe, desweiteren gab es ein nicht sehr bedeutsames Landschaftsschutzgebiet. Anfang 1988 waren wesentliche Flächen für 100 Mio. DM von dem Frankfurter Bauunternehmen P.H. Holzmann und der Advanta-Unternehmensgruppe aufgekauft worden. Über 300.000 m2 Bürofläche sollten realisiert werden. Die rot-grüne Stadtregierung war bestrebt, die Planung des vorherigen CDU-Magistrats zu ändern. Ein weiteres reines Bürohausgebiet sollte gerade in Frankfurt vermieden und die dringend erforderliche Schaffung von Wohnraum sollte verwirklicht werden.

In zähen Verhandlungen wurde bei den potentiellen Investoren erreicht, daß die Hälfte der Fläche für Wohnungsbau vorgesehen wird. Um dieses Zugeständnis zu erhalten, wurde eine Erhöhung der zulässigen Geschoßfläche auf insgesamt 40.000m2 eingeräumt, so daß schließlich 200.000 m2 dem öffentlich geförderten und frei finanzierten Wohnungsbau und 200.000 m2 der gewerblichen Nutzung bzw. dem Bürohausbau zur Verfügung stehen können. Die Parkplätze der Frankfurter Messe werden zum Messegelände hin verlagert und dabei überlagert (Parkhausbau z.B.).

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Trotz der vorgesehenen dichten Bebauung wird es möglich sein, bedeutende Grünflächen, auch in Form eines Parks anzulegen. Die Wohnbebauung soll Verbindung mit angrenzenden Siedlungen aufnehmen. In den Bürobauten wird unter anderem die BHF-Bank, die Zürich-Versicherung und die Verwaltung der Firma Holzmann vertreten sein. Mit 5000-6000 neuen Einwohnern wird unter "Anschluß" der vorhandenen Siedlungen ein neues Stadtviertel entstehen können.

Besondere Schwierigkeiten lagen im folgenden:

Es bestand bereits ein Aufstellungsbeschluß für einen Bebauungsplan, der Büronutzung ausweisen sollte, was den privaten Investoren eine starke Position gab. Sie konnten außerdem darauf verweisen, daß sie 7000 - 8000 Arbeitsplätze schaffen wollten. Nötig war die Verlagerung des Battelle-lnstituts sowie des Instituts für Kernphysik. Kostenintensiv ist aber auch der Bau eines Parkhauses, das der Messegesellschaft zur Verfügung gestellt werden muß. Demgegenüber hat die Stadt mit der Fläche der ehemaligen Parkplätze eine gute rechtliche und ökonomische Position für die Gestaltung des Gesamtgeländes. Außerdem steht der Stadt natürlich das Planungsrecht zur Realisierung ihrer Vorstellungen zu Verfügung. Offenkundig ist allerdings, daß eine Lösung dieser komplexen Situation nur im Sinn von "Public-private Partnership" möglich sein wird. So besteht nun Konsens darüber, eine gemeinsame privatrechtliche Entwicklungsgesellschaft aufzubauen, die für die Umgestaltung des Geländes verantwortlich sein soll.

Wenn dieses Projekt erfolgreich realisiert werden kann, gibt es ein interessantes Modell, nicht nur für die Umnutzung bzw. Revitalisierung eines heruntergekommenen Geländes, sondern auch für eine neuartige Förderung des Wohnungsbaus sowie die Verhinderung monofunktionaler Bürogebiete. Das könnte ein wesentlicher Ansatzpunkt für die Wiederherstellung urbanen Lebens in den großen Städten sein.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Oktober 2000

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