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TEILDOKUMENT:


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Vorbemerkung


Eine der wichtigsten infrastrukturellen Voraussetzungen für den wirtschaftlichen Aufschwung in den neuen Ländern ist die rasche Sanierung der Energiewirtschaft. Überalterte Kraftwerke und Versorgungsnetze, ineffektiver Energieeinsatz, gewaltige Umweltbelastungen durch die Verbrennung von Braunkohle in Kraftwerksmeilern, Kokereien, Industrieöfen sowie in den Feuerungsanlagen der privaten Haushalte und ein großer Anteil des mit hohem Aufwand hergestellten Stadtgases an der Energieversorgung markieren das schwere energiewirtschaftliche Erbe, mit dem die neuen Länder Anschluß an den westlichen Produktions- und Lebensstandard suchen.

Vor diesem Hintergrund war es verständlich, daß sich die Führung der im demokratischen Wandel begriffenen DDR um leistungsfähige und starke Partner für die Sanierung der Energiewirtschaft bemühte. Doch der im August 1990 abgeschlossene sogenannte "Stromvertrag" zwischen der DDR und der Treuhandanstalt auf der einen sowie den großen drei westdeutschen Verbundunternehmen auf der anderen Seite erscheint aus heutiger Sicht noch zu sehr von zentralistischen Denkgewohnheiten der DDR-Führung geprägt. Städte und Gemeinden der neuen Länder wollen sich nicht damit abfinden, daß ihr kommunalpolitischer Gestaltungsspielraum auf energiewirtschaftlichem Gebiet von vorneherein stärker eingeschränkt wird, als es unter Beachtung einer zuverlässigen, preisgünstigen und umweltpolitisch tragbaren Energieversorgung unbedingt geboten ist. Die inzwischen kennengelernten Erfahrungen der kommunalen Energiewirtschaft im Westen, aber auch die vielen sich anbietenden Kooperationspartner für den Aufbau dezentralisierter Versorgungsstrukturen machen zahlreichen Städten und Kommunen Mut, die Versorgung ihrer Bürger mit Strom, Fernwärme und Gas in die eigene Hand zu nehmen. Doch unterschiedliche Auffassungen über die Rechte und Pflichten von Kommunen auf dem Gebiet der Energieversorgung und über die Besitzansprüche von Städten und Gemeinden an vorhandenen Anlagen und Netzen für die leitungsgebundenen Energien haben zu energiepolitischen Auseinandersetzungen geführt, die eine rasche Sanierung der Energiewirtschaft in den neuen Ländern gefährden können.

Die vorliegende Broschüre faßt, thematisch strukturiert, Referate und Diskussionsbeiträge einer Tagung zusammen, die von der Friedrich-Ebert-Stiftung am 25. Oktober 1991 in Brandenburg/Havel zum Thema "Dezentrale Energieversorgung in Ostdeutschland – Entwicklungsstand und Perspektiven" durchgeführt wurde. Auf dieser Tagung haben Energiepolitiker aus Ost- und Westdeutschland, Vertreter von

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Gemeinden, Städten und Ministerien aus den neuen Ländern sowie leitende Mitarbeiter kommunaler und privater Energieversorger über die Perspektiven der kommunalen Energiewirtschaft in den neuen Ländern diskutiert und beraten.

Zunächst gibt die Broschüre einen kurzen Überblick über die umstrittenen Regelungen des "Stromvertrags" (Teil 1). Danach werden einige der wichtigsten Aufgaben und Leistungen kommunaler Unternehmen für die Sicherung einer wirtschaftlichen und umweltorientierten Energieversorgung zusammengetragen (Teil 2). Nach einer Darstellung des Konflikts um das Kommunalvermögen an Anlagen und -netzen für die Elektrizitätsversorgung (Teil 3) macht die Broschüre deutlich, daß der Aufbau einer leistungsfähigen Gasversorgung offenbar weniger konfliktbeladen ist als die Stromwirtschaft (Teil 4). Schließlich werden am Beispiel der Städte Brandenburg/ Havel, Jena und Magdeburg verschiedene Modelle für den Aufbau von Stadtwerken in den neuen Ländern vorgestellt (Teil 5). Die abschließende Zusammenfassung unterstreicht, daß die im Westen oft gepriesene partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Verbundunternehmen, Regionalversorgern und Stadtwerken starke und in ihren Entscheidungen unabhängige Kommunen voraussetzt.

Mit der Konzeption und Durchführung der Fachkonferenz war Diplom-Sozialwissenschaftler Udo Schölten vom Forschungsinstitut der Friedrich-Ebert-Stiftung betraut. Verfasser des Tagungsberichts ist Dr. Joachim Kahlert von der Universität Bremen.

Bonn, Dezember 1991

Dr. Jochem Langkau


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Januar 2002

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