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TEILDOKUMENT:
[Seite der Druckausgabe: 47 / Fortsetzung] 3. Zusammenfassung Die Instrumente der passiven und aktiven Arbeitsmarktpolitik erlauben eine breite und differenzierte Herangehensweise an arbeitsmarktliche und beschäftigungspolitische Problemlagen. Aus den alten Bundesländern sind eine Reihe von Einsatzmöglichkeiten bekannt und erprobt, die angepaßt an sektorale, branchenbezogene und regionale Wirtschafts- und Arbeitsmarktbedingungen eine Vielzahl von Varianten und Instrumentenkombinationen hervorgebracht haben. Dabei ist die Rezeptur von der jeweiligen sorgfältigen Diagnose abhängig: Patentlösungen existieren nicht. Lösungswege lassen sich offensichtlich aber immer dann am besten erarbeiten, je mehr die lokalen und regionalen Akteure vor Ort ihre Kompetenzen in eine gemeinsame Kraftanstrengung für ihre Entwicklungsperspektiven einbringen können. Dieser Abstimmungsprozeß ist mühselig, voller Widersprüche und immer wieder gebrochen durch unterschiedliche Interessenlagen. Und er ist - das zeigen die Erfahrungen in den alten Bundesländern allzu deutlich - langwierig. Strukturwandel vollzieht sich nicht über Nacht; Prozeßmoderation muß sich auf einen langen Zeitraum beim Aufbruch zu "neuen Ufern" einstellen. Die Tagungsteilnehmer waren sich darin einig, daß die Möglichkeiten des Arbeitsförderungsgesetzes voll ausgeschöpft und die Erfahrungen aus den alten Bundesländern genutzt werden müssen. Daß eine im Aufbau befindliche Arbeitsverwaltung auf dem Gebiet der ehemaligen DDR nicht alle in sie gesetzten Erwartungen sofort und reibungslos erfüllen kann, ergibt sich aus der Logik der Situation. Manche Kritik an der gegenwärtig praktizierten Arbeitsmarktpolitik verfehlt aber auch den Zusammenhang von Ursache und Wirkung. [Seite der Druckausgabe: 48] Trotz erweiterter AFG-Bestimmungen für das Beitrittsgebiet kann die Arbeitsmarktpolitik nicht die Wirtschafts-, Finanz- und Strukturpolitik ersetzen. Arbeitsplätze entstehen im Beschäftigungssystem; die Arbeitsmarktpolitik kann hier zuarbeiten, flankieren, präventiv oder reaktiv tätig werden, d.h. den Prozeß der Schaffung von Arbeitsplätzen stützen und absichern. Die wirtschafts- und strukturpolitische Dimension des ohne historisches Vorbild in Gang gesetzten Transformationsprozesses in den neuen Bundesländern kann durch die Arbeitsmarktpolitik nur in Teilaspekten eingeholt und mitgestaltet werden. Dabei geht es zum einen um die soziale Daseinsvorsorge im Fall der Arbeitslosigkeit und zum anderen um eine intelligente Verknüpfung betrieblicher Modernisierungserfordernisse und regionaler Infrastrukturpolitik. Dabei können Qualifizierung und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen eine wichtige Rolle spielen. Die Tagung hat dazu innovative und beispielhafte Modelle präsentiert und zur Diskussion gestellt. In allen Fällen war ihre Realisierung von der Kooperationsfähigkeit der Arbeitsverwaltung, der öffentlichen Hand auf kommunaler/regionaler Ebene und den Sozialpartnern in den Betrieben abhängig. Im Bewußtsein der Begrenztheit ihrer Handlungsmöglichkeiten kann es den beteiligten Partner gelingen, ihren Part in der beschäftigungspolitischen Verantwortung zu übernehmen und einem unrealistischen Erwartungsdruck auszuweichen. Der Zuschnitt, die Zielsetzung und die Vorgehensweise der Arbeitsmarktpolitik in den neuen Bundesländern erfordern soziologische Phantasie und Mut zu unorthodoxen Entscheidungen; dies wird auch auf die bisherige Konzeption und Praxis der Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik im westlichen Teil der Bundesrepublik rückwirken. Diese Wechselwirkung könnte in einem Solidarpakt für die Verantwortlichen und Betroffenen diesseits und jenseits der ehemaligen Grenze neue Wege und Lösungen in der aktiven Arbeitsmarktpolitik eröffnen. © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Juli 1999 |