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[Seite der Druckausg.: 14 (Fortsetzung)]





3. Ordnungspolitischer Rahmen


Zunächst muß Bonn sich zum Thema "ordnungspolitische Rahmenbedingungen" nach Auffassung sozialdemokratischer Medien-Experten darüber klar werden, daß mit den wesentlichen Grundsätzen des Poststrukturgesetzes – der Trennung von Hoheits- und Betriebsaufgaben, dem Zurückdrängen der Politik aus den Geschäften der DBP im allgemeinen und der Telekommunikation im besonderen – nicht weiterzukommen ist. Die veranschlagten Investitionen in Höhe von mehr als 55 Milliarden DM für die Neuorganisation der Telekommunikationsinfrastruktur in den neuen Bundesländern sind nicht nach rein betriebswirtschaftlichen Kriterien zu tätigen, sondern haben vor allem gemeinwohlorientierten, Struktur- und industriepolitischen sowie volkswirtschaftlichen Zielsetzungen zu folgen.

Bei den Vorkehrungen zur Neuordnung der Telekommunikation für die alte Bundesrepublik steckte die "Regierungskommission Fernmeldewesen" unter anderem den ordnungspolitischen Rahmen ab. Aus welchen Einzelfragen besteht der Komplex der Neuordnung der Telekommunikation, welche Dimensionen oder Ordnungsebenen sind zu gestalten, um zu einer Gesamtkonzeption für die Telekommunikation zu gelangen? Jede Dimension stellt sich dar als eine Skala mit gegensätzlichen Polen für alternative Konzepte; die Skala der Entscheidungsmöglichkeiten macht gleichzeitig mögliche Zwischenlösungen sichtbar.

Eine erstrangige ordnungspolitische Frage besteht darin, ob Telekommunikationsleistungen von der öffentlichen Wirtschaft oder von der Privatwirtschaft erbracht werden sollen. Im einen Extremfall sieht es so aus, daß der Staat sämtliche Aufgaben der Telekommunikation an sich zieht, ihre Abwicklung einem staatlichen Unternehmen auferlegt und jedwede Beteiligung privater Unternehmen ausschließt. Im anderen Extremfall hält sich der Staat bei der Telekommunikation strikt heraus, ist sie uneingeschränkt privater Initiative überlassen, fällt ein möglicherweise vorher in staatlicher Regie betriebenes Kommunikationssystem der Privatisierung anheim.

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Die ordnungspolitische Antwort auf diese Frage steht im Zusammenhang mit dem Subsidiaritätsprinzip. Nach diesem Prinzip hat der Staat sich mit eigener wirtschaftlicher Betätigung, soweit sie nicht aus zwingenden Gründen im Allgemeininteresse geboten ist, zurückzuhalten. Sache des Staates ist es diesem Grundgedanken zufolge, im Falle öffentlichen Anspruchs auf wirtschaftliche Betätigung im Kommunikationswesen stichhaltige Beweise zu liefern und sich ansonsten auf den Kern seiner eigentlichen Aufgaben zu beschränken.

Die allgemeine Formulierung des Subsidiaritätsprinzips bringt allerdings noch keine Klarheit, wo im Falle der Telekommunikation die Trennlinie zwischen öffentlicher Wirtschaft und Privatwirtschaft verläuft, denn sowohl das öffentliche Interesse als auch der Kern staatlicher Aufgaben bedürfen der inhaltlichen Bestimmung. Je nachdem, ob den staatlichen Aufgaben ein größerer oder kleinerer Betätigungsraum zugestanden wird, verschiebt sich die Trennlinie mehr in Richtung auf den einen oder anderen Grenzfall.

Begründet wird die staatliche Kompetenz im Fernmeldewesen mit der Abhängigkeit aller Bereiche von Wirtschaft und Verwaltung und der privaten Haushalte vom freien Austausch von Informationen, also damit, daß Kommunikation ein elementares soziales, also ein überaus schutzbedürftiges Anliegen ist. Insbesondere die flächendeckende Versorgung und die Tarifeinheit im Raum werden als im öffentlichen Interesse liegend angesehen. Hinzu tritt das Verlangen nach einem offenen System, das die Kommunikation "jeder mit jedem" erlaubt und von daher kompatible (standardisierte) Endgeräte und Prozeduren verlangt. Die staatliche Infrastrukturverantwortung schafft in dieser Sichtweite erst die Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit wirtschaftlichen Wettbewerbs.

Auf der anderen Seite finden diese Ansprüche im Prinzip auch für den Fall einer privatwirtschaftlichen Wahrnehmung der Telekommunikationsaufgaben weitgehend Erfüllung. In weiten Bereichen der Telekommunikation, nicht nur im Bereich der Endgeräte und des Datenverkehrs, zeigt sich nach Meinung von Kritikern des staatlichen Fernmeldemonopols, daß private Unternehmen zu einem allumfassenden Angebot von im Nachrichtenwesen benötigten Gütern und Leistungen in der Lage sind. Die erforderliche Standardisierung, hört man von Befürwortern einer privatwirtschaftlichen Lösung, läßt sich durch internationale Vereinbarungen in den dafür kompetenten Institutionen sicherstellen.

Welcher der beiden Positionen man auch immer zuneigen mag – die Frage, inwieweit der Staat im öffentlichen Interesse in welchem Umfang tätig werden oder nach dem Subsidiaritätsprinzip zurücktreten soll, bleibt für Deutungen offen, einfach deshalb, weil die Antwort sich nicht mit naturwissenschaftlichen Methoden

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ermitteln läßt, sondern mit dem jeweiligen gesellschaftspolitischen Standort des Befragten bzw. Antwortgebenden variiert.

Nicht viel anders verhält es sich mit der Haltung zur immer wieder erhobenen Forderung nach Privatisierung des Staatsunternehmens. In der öffentlichen Diskussion tut man häufig so, als sei mit der Überführung des staatlichen Monopolbetriebes in eine private Unternehmung die gesamte ordnungspolitische Frage gelöst. Wirtschaftswissenschaftler regen zu einem Blick auf internationale Entwicklungen an, der zeigt, daß das Eigentum an der Unternehmung nicht die ausschlaggebende Variable ist. In den USA war und ist AT&T ein privates Unternehmen, unterliegt aber dennoch einschneidenden staatlichen Begrenzungen und Auflagen, die sogar die Abschreibungsraten und die Kapitalrendite einschließen. Derartige Eingriffe sind nicht einmal bei staatlichen Monopolunternehmen üblich. Auch British Telecom und Nippon Telephone and Telegraph haben trotz ihrer Privatisierung erheblichen Regulierungseingriffen des Staates zu gehorchen. Der ordnungspolitische Kernpunkt legt also nicht so sehr in der Privatisierung, sondern eher in der Selbständigkeit des Telekommunikationsunternehmens, die allerdings durch Privatisierung gefördert wird. Können diese Prämissen für die kommunikationstechnisch hochentwickelte ehemalige Bundesrepublik ohne weiteres auch auf die neuen Bundesländer übertragen werden?

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3.1 Übertragung der Poststruktur "Marke Westdeutschland"?

Aus Sicht der neuen Bundesländer bietet das existierende Fernmeldemonopol die hoheitliche Chance zu einer sozialen und ökologisch verträglichen Politik. Soziale Gleichstellung von einzelnen Bevölkerungsgruppen und ökologische Verträglichkeit sind keine der Marktwirtschaft innewohnenden Eigenschaften. Deshalb muß mit Hilfe des Monopols in Gesamtdeutschland der Weg zu sozialer Gleichstellung und ökologischer Verträglichkeit des Telekommunikationssystems sichergestellt werden. Die ehemalige DDR hat es da mit dem vergangenen "Riesenmonopol" besonders schwer. Dort ist der Kunde nicht König, sondern Bittsteller gewesen.

Nach dem Verständnis der oberen Behörden des westlichen Post- und Fernmeldewesens muß der Wettbewerb in Zukunft die Regel und das Monopol die Ausnahme sein. Auch wenn heute vom Umsatz her ein weit größerer Teil von den Monopolbereichen erwirtschaftet wird, ist das Ziel der Deutschen Bundespost Telekom, sich künftig auch in den Monopolbereichen wie in einem "Als-Ob-Wettbewerb" zu verhalten. Die wirtschaftliche Zukunft liegt folglich in den

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Wettbewerbsdiensten und neuen Märkten, die schon heute erheblich höhere Zuwachsraten als der Telefondienst aufweisen. Kostendegression durch neue Technologien in den Netzen und deren Umsetzung in günstigere Tarife führen eo ipso zu stagnierenden oder gar sinkenden Einnahmen bei den traditionellen Diensten. Beschleunigt wird dieser Trend noch durch Substitutionseffekte der neuen Dienste.

Als Hauptergebnis des Poststrukturgesetzes wird aus der Sicht von Führungskräften der Deutschen Bundespost Telekom mit der Liberalisierung ein ausgewogenes Verhältnis von Wettbewerbsordnung und Infrastrukturaufgaben erreicht. Sie befindet sich im Gleichklang mit den im "Grünbuch der EG-Kommission über die Entwicklung des gemeinsamen Marktes für Telekommunikationsleistungen und Telekommunikationsgeräte" genannten Zielsetzungen. Daß die Liberalisierung neben den positiven Folgen aber auch negative Effekte aufweist, wird von Vertretern aus oberen Postbehörden eingeräumt. Ein Monopol ist natürlich für den, der es besitzt, immer bequemer und meist auch lukrativer als der Wettbewerb. Ob es allerdings auch immer so anpassungsfähig an neue Entwicklungen ist, bleibt mit einem Fragezeichen zu versehen.

Man darf die in der alten Bundesrepublik durchgeführte Liberalisierung, die manchen nicht weit genug und anderen wieder zu weit geht, aber auch nicht ohne den Hintergrund der in der EG vorgesehenen Entwicklung sehen. Es ist ein Weg beschritten worden, der die Liberalisierung auf der einen Seite vorsieht, aber auf der anderen Seite einen im weitesten Sinne sozialen Aspekt nicht unberücksichtigt läßt.

Dazu meldet die Deutsche Postgewerkschaft (DPG) Ost- und Westdeutschlands allerdings erhebliche Zweifel an. Im Hauptvorstand der DPG-West, Frankfurt/Main, sieht man eine wichtige Erkenntnis von den Deregulierungs- und Liberalisierungsstrategen an den Rand gedrängt: nämlich die Tatsache, daß sich aus dem defizitären Zustand der Telekommunikationsstruktur in der ehemaligen DDR andere ordnungspolitische Formen ergeben müssen als diejenigen, die in den Wettbewerbslösungen des Poststrukturgesetzes der alten Bundesrepublik ihren Niederschlag gefunden haben.

Gewerkschaftsvertreter erinnern daran, daß die Regierungskommission Fernmeldewesen ihre Liberalisierungsvorschläge ausdrücklich auf der Basis und unter Voraussetzung der in der alten Bundesrepublik vorhandenen Versorgungssituation entwickelt hat. Ein Netzmonopol für das öffentliche Unternehmen hält der Kommissionsbericht unter der entwicklungspolitischen Zielsetzung, eine flächendeckende und einheitliche Infrastruktur sicherzustellen, für gerechtfertigt. Tatsächlich, stellt die Kommission fest, ist heute die Bundesrepublik Deutschland

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in lückenloser Flächendeckung mit einer leistungsfähigen Infrastruktur versorgt. Das schmalbandige Fernmeldenetz, über das hauptsächlich der Telefondienst abläuft, erreicht heute jeden privaten Haushalt, auch jene in territorialen Randlagen. Dasselbe gilt für die Verteilung von Hörfunk- und Fernsehprogrammen. Darüber hinaus werden, in erster Linie für den Geschäftsverkehr, Netze der Text- und Datenverarbeitung bereitgehalten. Auch Kleinunternehmen und interessierten Privatkunden steht diese Infrastruktur ohne Einschränkung zur Verfügung.

Diese Beschreibung der Telekommunikations-Realität in der alten Bundesrepublik durch die Kommission hat mit den Verhältnissen in der früheren DDR überhaupt nichts zu tun. Fachleute von gewerkschaftlicher Seite schlußfolgern, daß die auf einer solch idealisierenden Zustandsschilderung beruhenden Deregulierungs- und Liberalisierungskonzepte – nach dem Motto: die Infrastruktur ist mit öffentlichen Mitteln erstellt, laßt jetzt mal die Privaten Geld damit machen – für die neuen Bundesländer unzumutbar sind. Noch weniger plausibel ist es vor diesem Hintergrund, zwischen Rostock und Gera die Übertragung von Diensten via privatem Weltraumsatelliten zuzulassen und den Telefondienst zum Experimentierfeld noch weiterreichender ordnungspolitischer Vorstellungen zugunsten privatwirtschaftlicher Interessen zu machen.

Die Tatsache, daß von den 55 Milliarden DM Investitionssumme für das Programm "Telekom 2000" 30 Milliarden DM frei finanziert werden müssen, wirft die Frage auf, was mit privaten Netzen in der ehemaligen DDR geschehen soll. Es ist die Grundsatzfrage zu stellen, inwieweit ein zusätzlicher Netzwettbewerb als Regulierungsinstrument gewünscht ist. Da diese Fragen an den Nerv der einzelnen Bundesländer gehen, muß der Infrastrukturrat mit Sitz und Stimme der Länder sich der Sache annehmen.

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3.2 Europa: Markt und Wettbewerb

Wieviel Staat, wieviel Marktwirtschaft ist dem Ziel, so rasch wie möglich eine leistungsfähige Telekommunikationsinfrastruktur zu installieren, in den neuen Bundesländern also zuträglich? Die quasi automatische Übertragung des westdeutschen Poststrukturgesetzes stößt nicht zuletzt unter Wirtschaftswissenschaftlern des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) auf Kritik. Mit der geographischen Erweiterung des Marktes für Güter und Leistungen der Telekommunikation um die neuen Bundesländer nimmt der Wettbewerbsdruck auf Produktions- und Dienstleistungsunternehmen im Beitrittsgebiet eher zu als ab. Benachteiligungen besonders schwerer Art stellen

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Ökonomen vom DIW und von anderen Instituten bei der Ausstattung der Ex-DDR mit Kapital, "Humankapital" und Finanzmitteln fest. Mit Einführung der Marktwirtschaft sind die ostdeutschen Wirtschaftseinheiten von heute auf morgen mit dem Weltmarkt konfrontiert, der im Telekommunikationssektor hier und da, z.B. bei den Endgeräten, bereits Übersättigungstendenzen aufweist. Vielfach kommt es weitaus billiger, Komponenten auf Außenmärkten zu beschaffen, als im Inland, sei es in Ost- oder in Westdeutschland, zu produzieren. Wenn Stimmen immer lauter werden, die bei der Auftrags- und Beschaffungspolitik des öffentlichen Unternehmenssektors, z.B. Bundesbahn und Bundespost, eine gewisse Favorisierung ostdeutscher Unternehmen anmahnen und für sie nach einem Bonus rufen, dann wird nichts anderes als künstlich geschaffene Wettbewerbsvorteile verlangt, was den darin strikten Regelungen der EG eindeutig zuwiderlaufen würde.

Tatsächlich ist die Technologiepolitik der Bundesregierung und die staatliche Förderung der technischen Entwicklung im Bezug auf den Bereich der Telekommunikation, wie im übrigen auch im Hinblick auf andere technische Bereiche, an die Vorgaben der Europäischen Gemeinschaft zur Wettbewerbsordnung gebunden. An den Bemühungen der Kommission der Europäischen Gemeinschaft, unter den Mitgliedsländern möglichst umfassende Übereinstimmung in der Frage ordnungspolitischer Zielsetzungen der Märkte für Telekommunikations-Dienstleistungen und -Endgeräte zu gewährleisten, kommt die Bundesregierung jedenfalls nicht vorbei.

Der Grundgedanke aller Empfehlungen läuft auf die Stärkung des Wettbewerbs und europaweite Öffnung der Märkte hinaus. Folgt man der Philosophie, dann erfordern die neuen telekommunikationsbezogenen Dienstleistungen und Endgeräte Marktbedingungen, die Innovationen, Experimente und einen hohen Grad an Flexibilität begünstigen und diese wiederum ein offeneres, sehr viel stärker auf Wettbewerb orientiertes Marktmilieu. Allerdings geht die Kommission von einer starken Rolle der Fernmeldeverwaltungen bei der Bereitstellung der Netzinfrastruktur und der Einführung europaweiter Netzstandards aus. Es wird als notwendig erachtet, die finanzielle Lebensfähigkeit der Fernmeldeverwaltungen zu bewahren, um den Ausbau der Telekommunikationsinfrastruktur und die damit verbundenen Investitionen sicherzustellen.

Daß ein ausreichender Anpassungszeitraum für die vorhandenen Strukturen, die ja über einen langen historischen Zeitraum gewachsen sind, gewährleistet sein muß, ist der EG-Kommission bewußt. So oder so beruhen ordnungspolitische Veränderungen, sei es in der Telekommunikation oder anderswo, immer auf Kompromissen zwischen Beteiligten – zwischen privaten und geschäftlichen

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Nutzern, Fernmeldeverwaltungen, Mitbewerbern und Telekommunikations- und Datenverarbeitungsindustrien.

Im einzelnen lauten die Empfehlungen der Kommission der Europäischen Gemeinschaft:

  • Die Fernmeldeverwaltungen behalten besondere Rechte bezüglich der Errichtung und des Betriebs der Netzinfrastruktur. Sofern ein Mitgliedsstaat für die Netze ein liberaleres System wählt, ist die Wahrnehmung der Infrastrukturaufgabe sicherzustellen.

  • Ein begrenztes Angebot von Zweiweg-Satelliten-Kommunikation im Wettbewerb ist von Fall zu Fall zulässig. Satelliten-Empfangsantennen für den individuellen Datenaustausch (Punkt zu Punkt oder Punkt zu Mehrpunkt) sind statthaft und den Bedingungen für Telekommunikations-Endgeräte gleichzustellen.

  • Im Bereich der Dienstleistungen darf die staatliche Fernmeldeverwaltung ein Monopol – wenn überhaupt – allenfalls am herkömmlichen Fernsprechdienst (Sprachübertragung) beanspruchen.

  • Alle anderen Dienstleistungen, vor allem die sog. Mehrwertdienste, sind im Wettbewerb für den eigenen Bedarf, für gemeinsame Nutzung mit anderen Teilnehmern und für Dienstleistungen Dritter anzubieten.

  • Die öffentlichen Unternehmen des Fernmeldewesens nehmen am Wettbewerb teil. Um Mißbrauch durch marktbeherrschende Stellung von Fernmeldeverwaltungen oder multinationale Computer- und Datenverarbeitungsfirmen zu vermeiden, sind Marktteilnehmer mit marktbeherrschender Stellung zu überwachen.

  • Der Markt für Endgeräte ist dem Wettbewerb zu öffnen. Hoheitliche und betriebliche Funktionen der Fernmeldeverwaltungen sind klar zu trennen.

  • Die Quersubventionierung des Wettbewerbsbereichs der Fernmeldeverwaltungen ist einer strikten kontinuierlichen Prüfung zu unterziehen.

  • Allen Wettbewerbern ist ein offener Netzzugang (Open Network Provision) zu gewähren.

  • Bei der Zulassung von Endgeräten anerkennen die Staaten der Europäischen Gemeinschaft die Testverfahren gegenseitig.

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Wer nach Gründen für das Engagement der EG-Kommission in der Frage ordnungspolitischer Regeln für den Telekommunikationsmarkt sucht, findet sie unter anderem in Erwartungen über die künftig wahrscheinliche wirtschaftliche Bedeutung der Kommunikationstechnik. Schätzungen besagen, daß der Ausbau des ISDN-Netzes in den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft in den kommenden 15 bis 20 Jahren etwa 300 Milliarden DM kostet. Davon entfallen 75 v.H. auf den Ausbau der Netze und 25 v.H. auf die Endgeräte. Liegt der Anteil der Telekommunikation am Bruttosozialprodukt in den EG-Staaten derzeit bei 2 bis 3 v.H., erwarten Experten für das Ende des Jahrhunderts mit einem Anwachsen der Quote auf über 7 v.H.. Das würde der volkswirtschaftlichen Bedeutung entsprechen, die im heutigen Europa der Automobilindustrie zukommt. Prognosen aus der Industrie sprechen davon, daß im Jahre 2000 rund 60 v.H. aller Arbeitsnehmerinnen und Arbeitsnehmer Tätigkeiten ausüben, die Bildschirmarbeit einschließen, also mit Informations- und Kommunikationstechniken zu tun haben werden.

Man muß weder die ordnungspolitischen Empfehlungen der EG-Kommission noch die Größenordnungen der Vorhersagen über die Diffusionsrate luK-gestützter Aktivitäten im Beschäftigungssystem unbedingt teilen, um von der steigenden wirtschaftlichen Bedeutung der Telekommunikation überzeugt zu sein.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Oktober 2001

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