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5. Ökologisches Wirtschaften und Verkehr

Druck-Ausgabe: Seite 46

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5.1. Ökologische Erneuerung der Industrie in der Region

Seinen Vortrag zu diesem Thema leitete Privatdozent Dr. Eberhard Umbach von der Universität Osnabrück mit dem Hinweis ein, daß demokratische Industriegesellschaften, auch soziale Marktwirtschaften, menschheitsgeschichtlich gesehen eine sehr junge Gesellschaftsform darstellten. Ihr Beginn liege nur etwa 200 Jahre zurück, und sie habe eine große Zahl von Menschheitsträumen wahr werden lassen. Der Schlüssel zu diesem Erfolg habe insbesondere in der Freisetzung von ungeahnten Potentialen an Kreativität, Konkurrenz und Solidarität gelegen, führte Umbach weiter aus, die dann in ein sehr flexibles System von Institutionen integriert worden seien. Wenn man die Fortschritte aus der Vergangenheit nicht vergesse, das kärgliche Ausgangsniveau und die Schwierigkeiten, die mit ihrer Erreichnung verbunden gewesen seien, dann könne man auch die Verwandlung der sozialen Marktwirtschaft in eine ökosoziale Marktwirtschaft für möglich halten. Er halte die ökosoziale Marktwirtschaft für ein Ziel, für das es sich zu arbeiten lohne.

Als Volkswirt und Soziologe beschäftige er sich seit etwa 30 Jahren mit verschiedenen Strukturproblemen der sozialen Marktwirtschaft in der interdisziplinären Projektarbeit, und zwar in der Aufbauarbeit für die bundesweit innovativen Studiengänge "Angewandte Systemwissenschaft" bezogen auf den Umweltschutz sowie als Leiter des Pilotprojekts "Umweltverträgliches Wirtschaftssystem in den Bereichen Abfall und Emissionen" auf der Basis einer Finanzierung des Bundesministers für Forschung und Technologie.

Er sei sich darüber im klaren, daß in der gegenwärtigen konjunkturellen Lage die Aufmerksamkeit der Unternehmer und Manager vorwiegend anderen Sorgen zugewendet sei als der zeitintensiven Beachtung weiterer komplizierter Gesetze und Verordnungen im Umweltbereich, die eventuell auch noch Kosten verursachten. Das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln habe in diesem Zusammenhang im Juli 1993 "die Ökonomieverträglichkeit des Umweltschutzes" angemahnt. [Fn 1: Vgl. iwd - Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft, Heft 30/1993, S. 4.]

Teilweise habe das Institut recht, denn für viele Betriebe sei Umweltschutz vorwiegend ein Kostenfaktor und ein Problem für Management und Belegschaft. Recht hätten seines Erachtens aber auch die Ökologen und Ökonomen, die auf die wachsenden Arbeitsplatzeffekte des Umweltschutzes verweisen würden und darauf, daß Umwelttechnik eine wachsende Branche sei. Richtig sei auch die Langfristaussage etwa des Club of Rome, daß wir uns eine kontinuierlich zunehmende Verschmutzung der Umwelt für das Überleben unserer Nachkommen nicht leisten könnten. [Fn 2: Vgl. Meadows, D./Meadows, D./Randerf, J.: Die neuen Grenzen des Wachsturns, Stuttgart 1992.]
Es gebe viele richtige Partialaussagen zum Thema Umweltschutz, und im Bereich

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Systemwissenschaft und in dem genannten Projekt versuche man, die vielen Einzelfakten, Einzelziele und Einzelstrategien in ein kohärentes Ganzes zu bringen, in dem möglichst jeder sich wiederfinde und an dem möglichst alle sich orientieren könnten.

Das angesprochene Projekt habe zum Ziel, für ausgewählte Stoffe ein integriertes Zukunftsbild eines umweltverträglichen Wirtschaftssystems zu entwerfen, und zwar für:

  • Kohlendioxid,
  • Schwefeldioxid,
  • Kohlenwasserstoffe (Benzol, polyzyklische Aromate, Dioxine und Furane),
  • Abwässer (Siedlungsabwässer, industrielle Abwässer),
  • Bauschutt, Bodenaushub und Bergematerial,
  • Hausmüll und hausmüllähnlicher Gewerbemüll,
  • Stickoxide und NH-Verbindungen,
  • Phosphate,
  • tierische Ausscheidungen in der Landwirtschaft,
  • Sonderabfall gemäß § 2 Abs. 2 AbfG und
  • Schwermetalle (Blei, Quecksilber, Cadmium).

Außerdem sollten realistische Wege zur Erreichung des Zielzustands aufgezeigt werden. Ein solches Ziel lasse sich nur erreichen, wenn man allen Beteiligten, und insbesondere den Unternehmern, Managern und Politikern, genügend Zeit lasse, dieses übergeordnete Ziel in ihrem Wirkungskreis, also in der Firma, dem Betrieb, der IHK oder der Behörde schrittweise zu verwirklichen. Man plane dafür den Zeitraum von 6 Jahrzehnten ein, also bis zum Jahr 2050. Einen wichtigen Nutzen dieser Arbeit sehe man darin, daß ein solches abgesichertes Zukunftsbild als Referenz für das alltägliche politische Leben dienen könne.

Das sei heute dringend notwendig, wie man z.B. an den Bemühungen des Dualen Systems Deutschland sehe. Bei dessen Errichtung auf der Grundlage der Verpackungsverordnung des Bundesumweltministers habe es höhere Ziele aus dem Abfallgesetz gegeben, die Minister Töpfer am Verpackungssektor exemplarisch habe realisieren wollen. Die vom Bundesrat verabschiedete Fassung sei aber inkohärent in ihren Vorgaben gewesen, insbesondere habe sie die Müllverbrennung verbaut, ohne die Warnungen der Kunststoffbranche vor den zu erwartenden Engpässen bei der stofflichen Verwertung von Kunststoffen zu berücksichtigen. Sicherlich sei da auf allen Seiten auch viel Taktik im Spiel gewesen, aber im Augenblick sorge das Fehlen eines langfristigen Strukturplans für die Abfallwirtschaft doch für beträchtliche Irritationen.

Umbach ging in seinen weiteren Ausführungen näher auf den Begriff umweltverträgliches Wirtschaftssystem ein. Der Ist-Zustand sei charakterisiert durch einen massiven Strom hin zu den Deponien, der Zielzustand durch eine Reduktion des Umfangs der stofflichen Flüsse und einen hohen Anteil der im Kreis geführten Stoffe.

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Er nahm dann eine nähere Beschreibung des Zielzustandes mit Hilfe einer Reihe von Kriterien vor, die in der folgenden Liste aufgeführt sind:

  • Durch massive Steigerung der Energie- und Materialeffizienz sinkt der Gesamtumsatz der Stoffströme kräftig.
  • Insbesondere bei wiederverwertbaren Stoffen und Produkten sind die Entnahmen aus Lagern von Primärrohstoffen stark zurückgegangen. Hier sind nicht die ein- und ausgehenden Ströme am umfangreichsten, sondern die Menge der im Kreislauf gehaltenen Stoffe.
  • Bei der Energieverwendung liegt der Anteil der Verlustenergie unter 20 vH (noch zu präzisierende vorsichtige Schätzung).
  • Beim Energieaufkommen liegt der Anteil der fossilen Energien bei unter 30 vH, die Kernenergie hat keinen Anteil mehr.
  • Die Güterproduktion erfolgt von vornherein unter Berücksichtigung der Wiederverwertung der eingesetzten Rohstoffe und/oder der Einzelteile. Dadurch wird die Wiederverwertungsrate stark erhöht.
  • Produzenten und Konsumenten sind es gewohnt, Abfälle aus Produktion und Konsum so weit wie möglich zu sortieren, getrennt zu sammeln und der Wiederverwertung zuzuführen.
  • Die Wiederverwertung wird ergänzt durch die Vermeidung von nicht wiederverwertbaren Abfällen, insbesondere dann, wenn bei der Verbrennung Schadstoffe entstehen, und von energieaufwendigen Produkten und Dienstleistungen. (Wenn der Gesamtenergiebedarf umweltverträglich gedeckt würde, wäre der Verzicht auf energieaufwendige Produkte und Dienstleistungen unter Umweltgesichtspunkten nicht nötig. Dieser Zustand ist 2050 nach heute gängigen Erwartungen jedoch nicht zu erreichen.)
  • Nicht vermeidbare und nicht verwertbare brennbare Abfälle werden sortenrein verbrannt, sofern keine giftigen Reste dabei entstehen. (Bei der Beschränkung auf brennbare Abfälle entstehen weniger zu deponierende Reste.)
  • Wenn geeignet, werden nicht vermeidbare und nicht verwertbare Abfälle einer physikalisch-chemisch-biologischen Behandlung zugeführt. (Ob dabei eher Deponierung oder eher Wiederverwertung angestrebt wird, muß noch präzisiert werden.)
  • Durch Vermeidung, Verwertung, Verbrennung und physikalisch-chemischbiologische Behandlung ist der Anteil von zu deponierendem Abfall sehr klein, damit kontrollier- und handhabbar, und somit auch kein politisches Problem mehr.
  • Abwässer werden so weit geklärt, daß ihre Einleitung in Flüsse und Randmeere dort zu keinen bedeutenden ökologischen Effekten führt. Der Klärschlamm wird, zusammen mit dem organischen Anteil im Hausmüll und, sofern noch vorhanden, überschüssigen tierischen Ausscheidungen, zu Dünger verarbeitet. Dadurch wird der gegenwärtig eingesetzte Handelsdünger weitgehend oder nahezu vollständig ersetzt.

Für das laufende Projekt habe man den Bezugsrahmen Bundesrepublik Deutschland gewählt. Für Umweltprobleme würden auf dieser Ebene viele Rahmenbedingungen gesetzt, aber die Realisierung erfolge vor Ort, auf regionaler und lokaler Ebene. Hier im Alltag der Menschen müsse sich die Hinwendung zu immer mehr umweltverträglichen Handlungsweisen vollziehen, zunächst als Innovationen, dann als Routineverhalten. Die neuen Verhaltensweisen müßten insbesondere mit betrieblicher Rentabilität und politischer Durchsetzbarkeit zu verbinden sein, ergänzte Umbach.

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Deshalb wolle man mit dem Projekt nicht bei der Makroperspektive Bundesrepublik stehen bleiben, sondern man plane eine Regionalstudie, in der die Ergebnisse von der Bundesebene auf die konkrete Handlungsebene von Unternehmen, Betrieben und Gebietskörperschaften in der Region bezogen würden. Man wolle ganz konkret dabei mitwirken, daß in Unternehmen und Gebietskörperschaften Langfristpläne erstellt werden, und zwar nicht nur für den eigenen Gebrauch, sondern auch als Beispiel für andere. Solche Modellvorhaben würden auch von externen Finanzierungsinstitutionen bezahlt oder zumindest unterstützt, wenn sie vielversprechend seien.

Umbach wandte sich dann den Handlungsbereichen von Unternehmen zu, die er unter Umweltgesichtspunkten als besonders relevant einschätze. Er führte dabei auf:

  • Art und Gestaltung der Produkte,
  • Verfahren der Produktion,
  • Umweltverträglichkeit von Rohstoffen und Zuliefererteilen,
  • Verwertbarkeit des vom Konsumenten ausgemusterten Produkts,
  • Entscheidung über Produktionsstandorte sowie
  • Unterstützung/Tolerierung von staatlicher Umweltstandards.

Diese Handlungsmöglichkeiten seien vor dem Hintergrund einer sehr wichtigen Änderung der Rahmenbedingungen zu sehen: Es sei unumgänglich, daß die Preise für Energie und Verbrauch von Primärrohstoffen steigen und demgegenüber die Preise für den Einsatz des Faktors Arbeit relativ sinken würden, um die externen Kosten zu internalisieren.

Er beziehe sich dabei insbesondere auf die Ergebnisse zweier Institutionen, und zwar erstens die des Business Council für Sustainable Development unter der Leitung des Schweizer Industriellen Schmidheiny. Diese Gruppe habe 1992 einen umfassenden Bericht für die Rio-Konferenz vorgelegt. [Fn 3: Vgl. Schmidheiny, St.: Kurswechsel - Globale unternehmerische Perspektiven für Entwicklung und Umwelt, München 1992.]
Zweitens beziehe er sich auf Publikationen der OECD. Die Spitzenorganisation der westlichen Industrieländer befasse sich seit längerem mit umweltökonomischen Fragen.

Wenn man sich jetzt die obige Liste der Handlungsbereiche ansehe, so sei über die ersten drei Stichworte wohl keine Unklarheit möglich. Beispiele dafür gebe es zahlreiche, und besonders instruktive seien in dem Buch von Schmidheiny enthalten.

Umbach hob anschließend den vierten Handlungsbereich besonders heraus: Entscheidung über Produktionsstandorte. Mit der oben geforderten Verteuerung des Primärenergieeinsatzes ergäben sich neue Überlegungen, wo die Produktion sinnvollerweise angesiedelt werde. Bisher spielten für viele Güter die Transportkosten eine untergeordnete Rolle, so daß die Entfernung zwischen Produktionsstätte und Ort des Verkaufs und Ge- oder Verbrauchs nicht so bedeutsam sei. Das werde sich ändern, denn höhere Transportkosten würden die Produktion in der Nähe der Nachfrage fördern. Das werde ein weiterer Anreiz auch für mittelständische Firmen

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zur Errichtung von Betriebsstätten im Ausland sein. Leider sei die Auswirkung einer solchen Entwicklung auf den deutschen Arbeitsmarkt nicht positiv.

Eine weitere Anmerkung machte Umbach dann zum letzten Punkt seiner Aufzählung: Tolerierung staatlicher Maßnahmen. Hierzu beziehe er sich auf die Aussage einer Vertreterin des Verbandes der chemischen Industrie. Diese habe ausdrücklich ordnungspolitische Einwirkungen des Staates gefordert. Zwar wolle sich die chemische Industrie nicht in jedes Reagenzglas gucken lassen, aber die Setzung von Umweltstandards sei eine genuine staatliche Aufgabe. [Fn 4: Referat auf einer Tagung in der Evangelischen Akademie Iserlohn am 11. 9. 1993.] Daß dazu auch Durchsetzung und Kontrolle gehöre, verstehe sich von selbst, so Umbach.

Die genannten Handlungsfaktoren und Rahmenbedingungen seien zentrale Faktoren für das geplante Regionalprojekt und für die ökologische Erneuerung der Industrie in der Region. Nach Abschluß des gegenwärtig laufenden Projekts auf Bundesebene im Frühjahr 1994 wolle man damit beginnen. Die Art der Realisierung hänge ganz wesentlich von Kooperationspartnern in Wirtschaft, Verwaltung und Politik ab, die man gewinnen könne. Umbach lud zu unverbindlichen Interessensbekundungen ein.

In seinen abschließenden Worten ging Umbach auf den Punkt ein, daß er über einen sehr langen Zeitraums gesprochen habe. Die möglichen, wünschbaren und z.T. mit Skepsis betrachteten Veränderungen, die dabei zur Sprache gekommen seien, könnten dramatisch erscheinen. Wenn man sich aber vorstelle, daß das Projekt auf einen Zeitraum von 60 Jahren ausgelegt sei, so bedeute das auf kurze Sicht, etwa für fünf Jahre, daß jeweils nur eine geringe Richtungsänderung notwendig sei. Man brauche bei einem so langfristigen Umweltkonzept nicht alles auf einmal zu realisieren, aber die Zielsetzung müsse beibehalten und beharrlich angesteuert werden, auch wenn es zeitweilig Stillstände und Rückschläge gebe.

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5.2. Die Verkehrsinfrastruktur

An den Anfang seines Ausführungen zum Thema "Anforderungen an eine wirtschaftsnahe Infrastruktur im Osnabrücker Raum" stellte Klaus Hellmann, geschäftsführender Gesellschafter der Spedition Hellmann in Osnabrück, die Definition des Begriffs Infrastruktur: "Infrastruktur ist die Gesamtheit aller durch Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechts getragenen Einrichtungen für Verkehr und Beförderung, Fernsprech- und Fernmeldewesen, Gas-, Wasser-, und Elektrizitätsversorgung, Bildung und Kultur, Krankheitsvorsorge und Krankenbehandlung." Er wolle sich, fuhr Hellmann fort, im Rahmen seines Vortrags auf den Verkehr und die Beförderung beschränken.

Die Region wie auch ihre Infrastruktur sei abhängig von den Entwicklungen in der Wirtschaft und Gesellschaft. Es sei daher notwendig, auf die Rahmenbedingungen und

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die zukünftige Entwicklung in Deutschland einzugehen. Bei einer solchen Betrachtung dürfe man nicht außer acht lassen, daß Deutschland ein wichtiges Transitland sei.

In einer Verkehrsstudie der Deutschen Shell AG werde ein optimistisches und ein pessimistisches Szenario für den Kraftfahrzeugverkehr unterschieden, erläuterte Hellmann. Bei der optimistischen Variante gehe man von einem durchschnittlichen Wirtschaftswachstum von über 3 vH jährlich aus. In diesem Fall steige nach der Shell-Studie der Fahrzeugbestand bis zum Jahre 2020 von heute 40 auf 52 Millionen Fahrzeuge, was einer Steigerung von rund 30 vH entspreche. Für die Bevölkerung Deutschlands rechne die Studie im selben Zeitraum mit einer Steigerung von 11 vH von heute 81 auf 90 Millionen Menschen. Bei der pessimistischen Variante rechne man, so Hellmann weiter, mit einem Wirtschaftswachstum von unter 2 vH. Selbst bei dieser Konstellation ergebe sich laut Shell noch ein Wachstum des Fahrzeugbestandes von rund 15 vH von heute 40 auf dann 46 Millionen Fahrzeuge. In diesem Fall rechne die Shell AG mit einem Anstieg der Bevölkerung von 81 auf nur 82 Millionen Menschen.

Das Ergebnis dieser Studie zeige also ganz eindeutig, daß wir in Zukunft in jedem Fall mit einem Zuwachs des Verkehrs und einer stärkeren Belastung der Infrastruktur rechnen müßten, folgerte Hellmann.

Da die Verkehrsinfrastruktur grundsätzlich vom Personen- und vom Güterverkehr genutzt werde, präsentierte Hellmann anschließend einige Zahlen über die Aufteilung des Verkehrsaufkommens. Der Personenverkehr habe sich im Jahr 1990 nach einer Untersuchung der DaimlerBenz AG wie folgt aufgeteilt:

  • Freizeit...................................43,5 vH,
  • Beruf......................................19,9 vH,
  • Geschäft.... ............................12,5 vH,
  • Einkaufen...............................11,7 vH,
  • Urlaub......................................9,6 vH,
  • Ausbildung................................2,8 vH.

Im Güterverkehr seien im Jahr 1991 etwas über 4 Milliarden t bewegt worden, hier nannte Hellmann für die Verteilung des Aufkommens die folgenden Zahlen:

  • Straßennahverkehr .....................71 vH,
  • Straßenfernverkehr .....................13 vH,
  • Schienenverkehr .........................10 vH,
  • Binnenschiffsverkehr ....................6 vH.

Aus diesen Zahlen sei ersichtlich, daß das größte Volumen im Straßennahverkehr abgewickelt werde. Dieser Anteil sei seines Erachtens durch die Schiene nicht wirtschaftlich zu ersetzen.

Hellmann zitierte weitere Untersuchungen, in denen bis zum Jahr 2010 ein Wachstum von 60 vH im Güter- und Personenverkehr vorausgesagt werde. Da die jetzt vorhandene Verkehrsinfrastruktur schon heute nicht ausreichend sei, könne sie in

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der Zukunft also nur noch schlechter werden. Auch an diesem Wochenende, als keine LKWs auf den Straßen gewesen seien, hätten die Medien über kilometerlange Staus berichtet. Für die Wirtschaft sei die Infrastruktur ein wichtiger Wachstumsfaktor, der sowohl für die Bundesrepublik als auch für die hiesige Region zu einem Hemmschuh werden könne.

Die deutsche Wirtschaft, und dies treffe in Teilen auch auf die Region Osnabrück zu, befinde sich in einer Kosten- und Strukturkrise, fuhr Hellmann fort. Die Schlagworte:

  • global sourcing,
  • outsourcing und
  • Verringerung der Fertigungstiefe

erforderten ein Umdenken in unseren Unternehmen und würden automatisch einen höheren regionalen Verkehr nach sich ziehen. Eine Verbesserung der Wirtschaftslage sei in dieser Region wie auch in der Bundesrepublik insgesamt also nur mit einer hervorragenden, berechenbaren überregionalen und regionalen Infrastruktur möglich. Er nannte dann ein Beispiel dafür, in welchem Dilemma oder Kostenwettbewerb sich die heimische Industrie befinde: Der Transport eines Containers Textilien von Hongkong nach Hamburg koste heutzutage rund 1.600 DM, also nicht viel mehr als ein gleicher Transport von Hamburg nach München. Bei den international unterschiedlichen Arbeitskosten entstehe hier ein sehr starker Preiswettbewerb. Wir seien also in Deutschland darauf angewiesen, kostensenkende Maßnahmen zu ergreifen.

Hellmann stellte anschließend die Frage, welchen Beitrag hierzu eine gute Infrastruktur leisten könne. Fahrzeuge des Werkverkehrs, der Lieferanten, der Berater, der Müllabfuhr, der Ingenieure, der Installateure und der Speditionen, dies sei im übrigen nur ein kleiner Ausschnitt des Wirtschaftsverkehrs, seien heutzutage durch die Verkehrsberuhigung vielfach Stunden länger unterwegs. Durch Staus entstünden der Region Kosten in Millionenhöhe. Nach einer Untersuchung zweier Osnabrücker Studenten würden Manager, Monteure und Mitarbeiter regionaler Unternehmen durch den Flughafen Münster/Osnabrück Kosten in Höhe von knapp 10 Millionen DM pro Jahr einsparen. Übertrage man die kleine Kapazität des Flughafens auf das gesamte Verkehrsaufkommen der Region, so werde deutlich, welche Kosteneinsparung möglich sei.

Ein weiterer, ganz wichtiger Faktor dürfe nicht unterschätzt werden, führte Hellmann weiter aus: Durch eine gute Infrastruktur könnten neue Märkte erschlossen werden und neue Kunden in die Region kommen. Ein gutes Beispiel für eine schlechte Infrastruktur nannte er die fehlende Autobahnverbindung zwischen Osnabrück und Bielefeld. Nach seiner Ansicht könnte der Wirtschaftsaustausch zwischen diesen Regionen viel stärker sein. Was andererseits eine gute Verkehrsinfrastruktur bewirken könne, werde im positiven Sinne durch die Fertigstellung der Verbindung nach Holland deutlich. Nordhorn, Bentheim und Holland seien näher an Osnabrück

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herangerückt, und es seien damit neue, attraktive Märkte für Unternehmen der Region geschaffen worden.

Eine gute Infrastruktur könne darüber hinaus auch das Zünglein an der Waage für zuzugswillige Unternehmen sein. Last but not least müßten die Mitarbeiter der Unternehmen ihre Arbeitsplätze gut, preiswert und schnell erreichen können. Man müsse also erkennen, faßte Hellmann seine Ausführungen zusammen, daß die Infrastruktur einen entscheidenden Faktor für die Wirtschaft darstelle in den Bereichen:

  • Beschaffung,
  • Veränderung der Fertigungstiefe,
  • Absatzmarkt und
  • Erreichbarkeit durch den Kunden.

Nach diesem Plädoyer für einen grundsätzlichen Ausbau der Verkehrsinfrastruktur kam Hellmann auf konkrete Maßnahmen zu sprechen, die aus der Sicht der regionalen Wirtschaft dringend notwendig seien.

Er sprach hier zunächst das Straßenverkehrsnetz an. Wegen der systematischen Verstopfung der Osnabrücker Innenstadt werde neben dem inneren Ring die Westumgehung zwischen Hellem und dem Hafen zwingend notwendig. Weiterhin sei zur Entstopfung von Osnabrück die unmittelbare Verknüpfung der A33 ab Osnabrück-Fledder mit der A1 nordöstlich von Osnabrück ebenso notwendig wie der Ausbau der A30 zwischen dem Kreuz Lotte und dem Kreuz Osnabrück-Süd. Um den Anschluß an weiter entfernt liegende Unter-, Mittel- und Oberzentren zu erreichen, sei die Fertigstellung der A33 in Richtung Südost bis Bielefeld wichtig. Zur Beseitigung des Engpasses A1 forderte er deren sechsspurigen Ausbau von Münster bis Bremen. Darüber hinaus sprach sich Hellmann für den Anschluß der A30 an die A7 nach Hannover, die Ortsumgehung B51/B65 bei Beim sowie den durchgehenden Ausbau der B68 bis Bramsche aus.

Als besonders wichtig für den Schienenverkehr generell bezeichnete Hellmann eine vorrangige Förderung der Ost/West-Schienenverbindung Berlin-Amsterdam, und zwar über Osnabrück. Im Güterverkehr sei die Einrichtung eines regionalen und überregionalen Güterverteilzentrums mit integriertem Kombibahnhof erforderlich, und im Bereich des Schienenpersonenverkehrs regte Hellmann eine verbesserte zeitliche Anbindung der folgenden Strecken an:

  • Osnabrück-Melle,
  • Osnabrück-Oldenburg und
  • Osnabrück-Rheine.

Weiterhin müsse die Optimierung der fahrplanmäßigen Einbindung in das Schnellbahnnetz der Bundesbahn erfolgen. Schließlich sprach er noch die Stichworte "Verbesserung der Kombiverkehre" und "Verbesserung der Leistung von Bahn und Post" an.

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Bezüglich der Binnenschiffahrt mahnte Hellmann anschließend die Beseitigung der Engstellen im Ausbau des Mittellandkanals und des Stichkanals für das Europaschiff einschließlich der Option für Containerverkehr an.

Im Bereich öffentlicher Personenverkehr forderte Hellmann die Erarbeitung eines Konzepts zum Anschluß des ländlichen Raums an Osnabrück, um die Attraktivität des öffentlichen Personennahverkehrs zu erhöhen. In diesem Zusammenhang müßten in der Zukunft Versuche mit der Verkehrsinformatik ausgebaut werden mit dem Ziel, die vorhandene Infrastruktur besser zu nutzen. Ein gutes Beispiel stelle hier das Parkleitsystem in Osnabrück dar.

Dies sei eine lange Liste an Forderungen bezüglich der Infrastruktur, und die Wirtschaft sei sich bewußt, daß nicht alles erreicht werden könne. Wichtig sei es vor allen Dingen, so Hellmann, "den Trend zum geplanten Stau zu brechen". Möglicherweise entstehe dabei der Eindruck, die Wirtschaft habe kein Interesse an der Ökologie. Dieser Eindruck sei aber nicht richtig. Man dürfe nicht vergessen, daß alle Menschen arbeiten müßten, um ihren Lebensunterhalt verdienen zu können. Ohne eine gesunde Wirtschaft seien die Ziele Erwirtschaftung des Lebensunterhalts und Schutz der Umwelt nun einmal nicht möglich.

Es sei Aufgabe der Politik, Rahmenbedingungen und Vorgaben für einen besseren Schutz der Umwelt zu setzen. Als Beispiele hierfür nannte er:

  • Festlegung des Flottenverbrauchs,
  • Vorschriften zur Wärmedämmung,
  • Festlegung geringerer Emissionswerte,
  • Lärmschutzverordnung und
  • Wegekostenverteilung nach gefahrenen Kilometern.

Alle diese Mannahmen müßten leider auch unter dem Aspekt der Wettbewerbsbedingungen unserer Partnerländer betrachtet werden. Es gehe also um viel Überzeugungsarbeit im politischen Raum. Für unsere Politiker gebe es also noch viel zu tun.

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5.3. Diskussionsbeiträge

Mehrfach wurde im Verlauf der anschließenden Diskussionsrunde auf die Bedeutung des Speditions- und Verkehrsgewerbe für die Region und auf die aktuelle Bedrohung dieses Wirtschaftsbereichs durch die Bonner Politik hingewiesen. Mehrere Spediteure wiesen darauf hin, daß die nicht vollzogene Harmonisierung innerhalb der EU eine Wettbewerbsverzerrung zu Lasten deutscher Unternehmen darstelle, die zu Arbeitsplatzabbbau und Abwanderung führe. Besonders deutlich formulierte dies Felicitas Egerland, Mitglied der CDU-Fraktion im Rat der Stadt Osnabrück, indem sie sagte: "Mit der heutigen Entwicklung schaffen wir nicht einen LKW von deutschen Straßen runter, wir bekommen nur ausländische Fahrzeuge rauf, die nicht

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so verkehrssicher sind wie wir, die mit der Arbeitsordnung nicht so vertraut sind und kontrolliert werden, und die technisch nicht so perfekt warten wie wir."

Einen weiteren Diskussionspunkt stellte das geplante Güterverkehrszentrum in der Stadt Osnabrück dar. Hier berichtete Oberbürgermeister Fip, daß aktuell mit einem Aufwand von allein ca. 40 Millionen DM der Grunderwerb zu Ende geführt worden sei. Er bezeichnete das mit insgesamt 105 ha ausgewiesene Güterverkehrszentrum mit Anschluß auch an die Wasserstraßen als eine Zukunftsinvestition, die man in dem Mut auf die Zukunft über Nebenhaushalte finanziere. Man biete damit ein überregionales Distributions- und Logistikzentrum an, das ein wichtiger Beitrag für die Entwicklung der Wirtschaft in der Region weit über das Jahr 2000 sein werde. [Fn 5: Vgl. Stolzenburg - Guhe, P.: Anforderungsprofil und Nutzenpotential eines Güterverkehrszentrums für den Raum Osnabrück. Materialien zur Schriftenreihe "Osnabrücker Studien zur Geographie" Nr. 22/1993. Osnabrück 1993.]
Er forderte eine stärkere Förderung dieses Projekts durch das Land Niedersachsen.

Die Zusammenarbeit zwischen Spediteuren und der Bahn sprach Walter Koch, Spediteur aus Osnabrück, an. Herr Hellmann habe ja in seinem Vertrag gesagt, die Spediteure seien durchaus bahnfreundlich, man wolle mit der Deutschen Bundesbahn zusammenarbeiten. Er fragte Hellmann, wie dieser sich eine Zusammenarbeit vorstelle, wenn die Bahn mit dem geplanten Bahn-Trans-Modell demnächst ruinöse Preise anbiete.

Hellmann erläuterte daraufhin zunächst, daß Bahn-Trans ein mit Steuergeldern finanziertes zweites System zur Kombination von Straße und Schiene sei. Es ähnele dem bereits bestehenden Kombiverkehr, bei dem ein LKW-Aufbau auf einen Eisenbahnwaggon aufgesetzt werde. Bei Bahn-Trans handele es sich aber überwiegend um Wechselbehälter der Bahn. Theoretisch biete das neue System bessere Beförderungszeiten, die aber nur zum Teil den Speditionen angeboten würden, und hinzu komme der angesprochene sehr starke Preiswettbewerb. Die Spediteure müßten also überlegen, wie sie ihre Kosten senken könnten. Er sei aber sicher, im Wettbewerb zu bestehen, denn als Mittelstand sei man flexibler. Im Grunde könne er nur an die Politik appellieren, Bahn-Trans und Kombi-Verkehr zusammenzulegen, um daraus ein gemeinsames Konzept zu entwickeln.

Auch Staatssekretär Tacke vertrat in der Diskussion die Ansicht, daß eine Haltung pro Bahn langfristig dem Speditionsgewerbe hier im Raum gut tue.

Im weiteren Verlauf der Diskussion wurde dann auch die Umweltproblematik noch einmal aufgegriffen. Zunächst richtete dabei Schwanhold an die Referenten Umbach und Hellmann die Frage, welches Modell sie zur Reduktion der Umweltbelastung für geeigneter hielten, die Zertifikatslösung, bei der Rechte zur Einleitung von beispielsweise CO2 an einer Börse gehandelt würden, oder die Steuerlösung. Umbach sagte hierzu, er persönlich präferiere eine Steuerlösung, die den Verbrauch an Treibstoff belaste, gegenüber einer einheitenbasierten Steuer, also z.B. einer

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Erhöhung der KFZ-Steuer. Die knallharte Besteuerung des Verbrauchs an Treibstoff, der ja die eigentliche Emission produziere, führe dazu, daß wirklich der am meisten bezahlen müsse, der am meisten fährt.

Hellmann schloß sich Umbach grundsätzlich an und favorisierte eine Steuerlösung. Im Detail forderte er aber neben einer Besteuerung des Kraftstoffverbrauchs eine Besteuerung der gefahrenen km, um auch die Inanspruchnahme der Infrastruktur abzudecken. Dabei sei es seines Erachtens aber besonders wichtig, bei der Besteuerung zu berücksichtigen, daß Deutschland keine Insel sei. Man brauche international einheitliche Wettbewerbsbedingungen. Würden zum Beispiel in Deutschland durch eine Steuererhöhung die Mineralölkosten steigen, dann könnten holländische Spediteure mit vergrößerten Tanks die Steuererhöhung umgehen. Nur in einem europäischen Gleichschritt könne sinnvoll etwas bewirkt werden.

Zum Modell von Umbach gab es eine Frage von Frau Dr. Lange-Quassowski. Sie habe vermißt, wo man in seinem Modell den Punkt Müllvermeidung ansiedeln könne. Denn nur mit einem Kreislauf, das zeige gerade DSD, komme man in puncto Kunststoff nicht aus. Umbach erläuterte dann, daß das Modell grundlegend auf eine Verringerung der Stoffströme abziele und Müllvermeidung damit ein ganz zentrales Ziel sei. Konkret zur Verbesserung von DSD könne er sich vorstellen, daß man den Mehrweganteil gewaltig erhöhe, indem sich die schwere Verwertbarkeit der Kunststoffverpackungen in höheren Kosten für diese Verpackungen niederschlage. Das würde bedeuten, daß es dann rentabel sei, Mehrwegverpackungen insbesondere für Flüssigkeiten in sehr verstärktem Maße einzusetzen. Er wolle durchaus nicht DSD generell verteufeln, aber DSD habe bisher Konstruktionsfehler. Als gravierendsten Fehler nannte er, daß man eine Quasi-Marktstruktur für Sekundärrohstoffe in eine Nicht-Marktstruktur umgewandelt habe. Derjenige, der Sekundärrohstoffe habe, müsse dafür bezahlen, daß er sie loswerde. Das sei in einer Marktwirtschaft ein Unding.

Eine letzte Frage ging von Frau Dr. Lange-Quassowski an Hellmann. Sie habe sich gefreut, daß in seinem Vortrag auch der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) angesprochen worden sei. Es würde sie interessieren, ob in den Unternehmen des Verkehrsgewerbes der Region Aquisition für den Busverkehr betrieben würde. Hellmann antwortete darauf, daß in seinem Unternehmen den Mitarbeitern grundsätzlich ein Jobticket angeboten werde. Es gebe hier aber Probleme in der Zusammenarbeit mit den Stadtwerken Osnabrück. So habe man vor über einem Jahr das Gespräch aufgenommen, um die Betriebsstandorte in der Elbe- und der Dornierstraße an das Busnetz anzuschließen. Es habe dann ein Jahr gedauert, um überhaupt Interesse zu wecken. Jetzt sei zwar die Dornierstraße angebunden, aber zur Elbestraße habe man gesagt, daß dort eine Anbindung nicht interessant sei. Dies habe zur Folge, daß die Mitarbeiter in der Elbestraße mit dem PKW oder mit dem Fahrrad kommen müßten.


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