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TEILDOKUMENT:
Schumann, Oswald (1865 - 1939) Geboren am 11. Oktober 1865 in Borzenzine (Schlesien) als Sohn eines Müllers, Dissident. Besuchte von 1872 bis 1879 die Volksschule in Borzenzine. Arbeitete von 1879 bis 1880 als Ziegeleiarbeiter. Verzog 1880 nach Beuthen und arbeitete drei Jahre als Streckenarbeiter bei der Eisenbahn. 1883 Umzug nach Breslau; verdiente sich seinen Lebensunterhalt abwechselnd als Handelshilfsarbeiter und Transportarbeiter. Siedelte 1884 nach Berlin über. In der Reichshauptstadt wiederum als Hausdiener und Transportarbeiter tätig. Seit 1885 Mitglied des 1883 gegründeten "Vereins Berliner Hausdiener". Vom Berliner Verein spaltete sich am 7. Juli 1886 der "Unterstützungsbund der Hausdiener Berlins" ab, der mehr als ein reiner Geselligkeits- und Unterstützungsverein sein wollte. Schumann trat in dem kleinen gewerkschaftlichen Lokalverein nicht pointiert hervor. Diente von 1888 bis 1890 beim 35. Füsilierregiment und kam 1890 nach Berlin zurück. Der Zurückgekehrte "stieg" am 5. November 1892 in die Gewerkschaftsarbeit ein als Mitglied des "Verbandes der Geschäftsdiener, Packer und Berufsgenossen", der zu Beginn des Jahres aus einer Fusion des Unterstützungsbundes und des "Zentralvereins der Haus- und Geschäftsdiener" entstanden war. Innerhalb kurzer Zeit stieg Schumann zu einem der dominierenden Persönlichkeiten der un- und angelernten Berliner Arbeiter auf. Eine eigenartige Konstellation führte seit 1892 dazu, daß sich die ungelernten Handelshilfsarbeiter und die ungelernten Transportarbeiter nahekamen. Die rasante Entwicklung im Industrialisierungsprozeß ließ alsbald neben dem "Verband der Fabrikarbeiter Deutschlands" einen zweiten gewerkschaftlichen Hauptstrom ungelernter Arbeiter entstehen. Bereits 1892 bei seinem Gewerkschaftsdebut sprach sich Schumann im "Verband der Geschäftsdiener, Packer und Berufsgenossen" ganz allgemein für "Zentralisation" aus, d.h. für eine nationale Gewerkschaftsorganisation der Handelshilfsarbeiter unter dem Dach der Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands. Leitete zu Beginn des Jahres 1893 eine Zahlstelle seiner Lokalorganisation im Berliner Norden. Im Oktober 1893 in eine zwölfköpfige Kommission gewählt, die Material über die Arbeitsbedingungen im Handelsgewerbe zusammentragen sollte. Der Anstoß zu Untersuchung kam aus der Statistischen Abteilung des Reichsamtes des Inneren, die früh gewerkschaftliche Hilfe in Anspruch nahm. Anregungen des Schlesiers, auch arbeitslosen Kollegen die Aufnahme in den Verband zu ermöglichen, blieben zunächst unberücksichtigt. Am 8. Januar 1894 zum 2. Vorsitzenden seiner Lokalorganisation gewählt. (Neuer Verbandsname ab Oktober 1894: "Verband aller im Handels- und Transportgewerbe beschäftigten Hilfsarbeiter für Berlin und Umgebung"). Der 1. Berufskongreß aller im Handelsgewerbe beschäftigten Geschäfts-, Haus-, Komptordiener, Markthelfer, Packer, Ausläufer, Speicher-, Speditions- und Kellerarbeiter, Geschäftsdiener und verwandter Berufsgenossen hatte sich zu Pfingsten 1896 in Halle für die lokale Organisationsform ("lose Zentralisation durch Vertrauensmännersystem") ausgesprochen und einer dreiköpfigen Agitationskommission das Mandat erteilt, Deutschland in verschiedene Agitationsbezirke einzuteilen. Im Mai 1894 zum "Vertrauensmann" Berlins gewählt. Erhielt in dieser Eigenschaft auch ein Mandat für die Berliner Gewerkschaftskommission, in der freigewerkschaftliche Berliner Zentral- und Lokalorganisationen die Gewerkschaftsbelange der Reichshauptstadt koordinierten. Auf der Generalversammlung des "Verbandes aller im Handels- und Transportgewerbe beschäftigter Hilfsarbeiter Berlins und Umgebung" am 13. Januar 1896 zu einem der Revisoren der Lokalorganisation bestimmt (Rücktritt vom Amt des 2. Vorsitzenden). Für die nationale Agitationskommission unternahm Schumann vom 23. März bis 8. April 1895 die dritte große Agitationstour nach Mittel- und Ostdeutschland, die ihn teilweise an die Arbeitsstätten seiner Jugend führte. Der Berliner Vertrauensmann stand Pate bei der Gründung neuer Lokalvereine in Zwickau, Görlitz, Haynau und Frankfurt an der Oder. Einstimmige Wiederwahl zum Berliner Vertrauensmann aller im Handels- und Transportgewerbe beschäftigten Hilfsarbeiter am 18. Juni 1895. In den Mittelpunkt seiner Agitation stellte er die unerträglich langen Arbeitszeiten und die schleichende Verlängerung der Sonntagsarbeitszeit. Für den 2. Kongreß aller im Handels- und Transportgewerbe beschäftigten Hilfsarbeiter Deutschlands vom 24. bis 26. Mai 1896 fanden am 7. März die Berliner Wahlen statt. Die Versammlung beschloß, "die Lokalorganisation hochzuhalten"; gegen dieses Votum hatten Carl Kaßler, Johann Dreher und Oswald Schumann gesprochen, die unter diesen Umständen keinesfalls mit gebundenem Mandat reisen wollten. Gleichwohl erhielt Schumann gemeinsam mit dem Nestor der Berliner Handelshilfsarbeiterbewegung und dem Redakteur des Verbandsblattes für Halberstadt ein Mandat. In Halberstadt Referat "Der gegenwärtige Stand der Sozialreform im Handels- und Transportgewerbe", in der Schumann über die deprimierenden Anhörungen in der Reichskommission für Arbeiterstatistik referierte. In der Kampfabstimmung über die künftige Organisationsform der Hilfsarbeiter im Handels- und Transportgewerbe erklärte der Wahlberliner sich "im Prinzip für Zentral-Organisation", meinte jedoch, "aus praktischen Gründen für die Beibehaltung der jetzigen Form stimmen zu müssen". Schumanns Votum war mit ausschlaggebend für den schillernden Kompromiß in der Organisationsfrage (Beibehaltung des lokalistischen Vertrauensmännersystem, Option für eine Zentralisation in zwei Jahren). Die Wahl der Revisoren wurde den Berliner Kollegen übertragen. Sofort nach dem Halberstadter Kongreß in den ersten großen Streik seiner Berufsgenossen in der Hauptstadt verwickelt. Einen Abwehrstreik im Juni 1896 bei der Berliner Privatpost gegen Massenentlassungen und Arbeitszeitverlängerungen suchte Schumann - ganz im lokalistischen Sinne - durch Geldsammlungen in Deutschland zu einem guten Ende zu führen. Rücktritt vom Amt des Berliner Vertrauensmannes und Wahl zu einem der vier Revisoren am 23. Juni 1896. Unstimmigkeiten auf der Versammlung über die eingesammelten Streikgelder sollten sich noch bis ins Jahr 1900 hineinziehen. Unklare Beschlüsse, fortwährende organisatorische Lähmung und innergewerkschaftliche Querelen veranlaßten Oswald Schumann im Frühherbst 1896 die Seite zu wechseln und Kurs auf eine eigenständige Zentralorganisation zu nehmen. Gemeinsam mit dem "zentralistischen" Revisor Johann Dreher ( dem Leiter des Verbandsblattes "Der Handels-Hilfsarbeiter"), dem Leiter der Preßkommission Friedrich Himpel und weiteren Bezirksagitatoren unterzeichnete Schumann einen Aufruf für die Abhaltung eines außerordentlichen Kongresses vom 25. bis 27. Dezember 1896 in Altenburg. Einer von 18 Delegierten aus 14 Orten, die in Altenburg den "Zentralverband der Handels-, Transport- und Verkehrsarbeiter Deutschlands" aus der Taufe hob, der reichsweit unter einheitlicher Leitung und Kassenführung die Interessen der ungelernten Handelshilfsarbeiter, Transport- und Verkehrsarbeiter vertreten sollte. Johannes Hoffmann, Carl Kaßler und Oswald Schumann erhielten vom Kongreß ein Mandat als provisorischer Vorstand. Am 7. Januar 1897 konstituierte sich in Berlin der neue Vorstand mit Oswald Schumann als 1. Vorsitzenden. (Am Schluß des 1. Quartals 1897: 1.881 Mitglieder in 15 Verwaltungsstellen, Ende 1897: 3.474 Mitglieder in 27 Verwaltungsstellen.) Eine Generalversammlung der Berliner Mitglieder lehnte am 10. Januar 1897 einen Antrag ab, die Eigentumsrechte am "Handels-Hilfsarbeiter" an die neue nationale Gewerkschaft abzutreten. Am 15. Januar 1897 gab der Zentralverband das von dem Österreicher Johann Dreher redigierte Organ "Der Courier" heraus. Der Vorsitzende der Zentralorganisation mühte sich nach der organisatorischen Sezession in Berlin um eine redliche Verständigung mit dem lokalistischen Flügel, der in Berlin zunächst deutlich in der Mehrheit blieb. Auf Schumanns Initiative hin beschloß am 8. April 1897 eine Versammlung aller Hausdiener, Packer, Kutscher und Berufsgenossen mit knapper Mehrheit, je einen Vertreter beider Richtungen als Delegierten in die Berliner Gewerkschaftskommission zu entsenden. Seit April 1898 hauptamtliche Anstellung im Zentralverband. Ganz im traditionellen Sinne unternahm Schumann im April 1898 eine erste Agitationsreise durch 19 süddeutsche Städte, um die Basis der hart um seine Existenz ringenden Zentralorganisation zu erweitern. (Neugründung zweier Verwaltungsstellen in Darmstadt und Kassel.) Weitere Agitationsreise im Mai 1898 nach Norddeutschland. Delegierter der "zentralen Richtung" auf einer Berliner Konferenz am 11. Dezember 1898, die Modalitäten für einen Zusammenschluß beider widerstreitenden Richtungen zu formulieren suchte. Wiederwahl zum 1. Vorsitzenden auf der 1. Generalversammlung vom 25. bis 28. Dezember 1898 in Kassel. Ab 1. Januar 1899 fungierte Schumann auch als Redakteur und Verleger der Verbandszeitschrift, um den von Ausweisung bedrohten Österreicher Johann Dreher zu schützen. Trat am 13. April 1903 von dieser Aufgabe zurück. Referat "Die Unfallversicherungsschutzgesetzgebung mit besonderer Berücksichtigung unseres Berufes" auf dem Kongreß der Handels-, Transport- und Verkehrsarbeiter Deutschlands vom 2. bis 5. April 1899 in Leipzig. Diese "Einigungskonferenz" kam auf Initiative der Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands zu Stande. Wahl Schumanns zum 1. Vorsitzenden der geplanten, vereinigten Organisation, ehe der Kongreß an "Nebensächlichkeiten" scheiterte. Weiteres, intensives Bemühen des Vorsitzenden des Zentralverbandes um eine "Vereinigung" der verfeindeten Strömungen. Ein erster Durchbruch gegen die scheinbar übermächtige lokalistische Konkurrenz in Berlin gelang den Zentralisten bei den Wahlen zur Ortskrankenkasse für die Gewerbebetriebe der Kaufleute, Handelsleute und Apotheker, als ihre Liste mit den Listenführern Oswald Schumann und August Werner die meisten Stimmen auf sich vereinigen konnte. Auf der letzten Konferenz der Lokalisten vom 15. bis 17. April 1900 in Braunschweig kam Schumann den ehemaligen gewerkschaftlichen Mitstreitern weit entgegen und garantierte ihnen eine angemessene Repräsentanz in allen Gremien. Einer der Vorsitzenden der gemeinsamen "Einigungskommission", die eine besondere Bedeutung für Berlin hatte. Auf der gemeinsamen Generalversammlung des Zentralverbandes und der Lokalorganisation am 17. Juni 1900 in Keller's Festsälen zum neuen Vorsitzenden der vereinigten Organisation gewählt. ("Schumann erklärt, daß nun die Wunden, die der gegenseitige Kampf geschlagen hat, geheilt sind...") Statuarische Bestätigung der Berliner Wahl auf der 2. Generalversammlung vom 6. bis 10. April 1901 in der "Goldenen Rose" in Nürnberg. Wie kein zweiter Vorsitzender der deutschen Gewerkschaftsbewegung vollzog Schumann künftig Organisationszusammenschlüsse, die seiner tiefen Überzeugung entsprangen, dem Zusammenschluß auf der Kapitalseite nur mit gewerkschaftlicher Gegenmacht begegnen zu können. Nach organisatorischer Konsolidierung und langer und intensiver Vorbereitung ging der Zentralverband 1900 in Berlin in den ersten, großen Arbeitskampf seit seiner Gründung: beim dreitägigen Streik der "Großen Berliner Straßenbahn" im Mai 1900 hatte Schumann wochenlang als Agitator gewirkt. 4.500 von 4.800 Straßenbahnern hatten sich der Organisation angeschlossen. Der gewonnene Lohnkampf zahlte sich langfristig zwar nicht in Mitgliedergewinnen bei den Straßenbahnern aus, wirkte dennoch außerordentlich fördernd auf den Organisationsgedanken. Für reichsweites Aufsehen sorgte der Gewerkschaftsvorsitzende, als er mit Aktien im Besitz seiner Gewerkschaft im Frühjahr 1901 auf der Aktionärsversammlung unter spektakulären Umständen für die Rechte des Straßenbahnpersonals warb. Teilnehmer auf dem Genossenschaftstag 1904 in Hamburg, auf der er die "tieftraurigen" Arbeits- und Lohnverhältnisse in den Genossenschaften präsentierte. Gemeinsam mit den gelernten Handlungsgehilfen an Verhandlungen mit dem "Zentralverband deutscher Konsumvereine" beteiligt, die 1906 im ersten Tarifvertrag mündeten. Wiederwahl zum Vorsitzenden auf der 3. Generalversammlung vom 11. bis 16. April 1903 in Hamburg. (Neuer Verbandsname ab 1. Juli 1903: "Zentralverband der Handels-, Transport- und Verkehrsarbeiter und -Arbeiterinnen Deutschlands".) Erhebliche Konflikte zwischen dem Verbandsausschuß und den Revisoren des Verbandes führten dazu, daß Schumann im Mai 1904 zeitweise die Verbandsgeschäfte niederlegte. Sein dominierender Führungsstil, in der Organisation nie unumstritten, setzte sich letztlich auf der 4. Generalversammlung vom 8. bis 13. Mai 1905 in Frankfurt am Main durch. Künftige Wiederwahl auf allen Verbandstagen zum Vorsitzenden bis 1930. Seine Fähigkeiten als Organisator und Taktiker bei schwierigen und langdauernden Verhandlungen kamen ihm in einem langen Verhandlungsmarathon zu Gute, der schließlich zur Gründung eines großen Industrieverbandes im Transport- und Verkehrsgewerbe führte. Auf der 7. Generalversammlung des "Verbandes der Hafenarbeiter Deutschlands" vom 26. bis 31. Januar 1902 in Hamburg warb Schumann bei der älteren Bruderorganisation um ein enges, organisatorisches Bündnis ("... wenn wir zusammen arbeiten, dann werden wir den Unternehmern schon etwas Achtung abzwingen...") Für den geplanten Zusammenschluß investierte er einen Gutteil seiner Arbeitskraft. Ein Kartellvertrag (gültig vom 1. April 1905 an) trug Schumanns Unterschrift gemeinsam mit dem Vorsitzenden des "Seemannsverbandes in Deutschland", dem "Verband der Eisenbahner Deutschlands", dem "Verband der Maschinisten, Heizer und verwandter Berufsgenossen" und des "Verbandes der Hafenarbeiter Deutschlands". Der Vertrag sollte Reibungsflächen bei Grenzstreitigkeiten mindern und sah eine gegenseitige Unterstützung bei Lohnbewegungen vor. Nicht nur Schumann interpretierte den Vertrag als Basis für eine kommende Verschmelzung der Verbände. Auf der Konferenz der Verbände der Eisenbahner, Hafenarbeiter, Handels-, Transport- und Verkehrsarbeiter, Maschinisten und Heizer und Seeleute vom 7. bis 8. September 1906 in Hamburg präsentierte Schumann einen detaillierten Organisationsplan. Die besonderen Belange der einzelnen Verbände sollten durch eigene Reichssektionen gewahrt bleiben (mit eigenen Verbandsblättern), die Verbandskasse sollte jedoch zentral verwaltet werden. Wichtig war dem Vorsitzenden des Zentralverbandes die Beibehaltung des alten Organisationsnamens, befürchtete er doch eine Absplitterung der alten Stammitglieder durch Gründung einer eigenständigen Organisation der Handelshilfsarbeiter. Schumann akzeptierte gleichwohl den von den Hafenarbeitern vorgeschlagenen Namen "Deutscher Transportarbeiter-Verband", den seine Organisation zum 1. Juli 1907 annahm. Der von Schumann so stark erhoffte Zusammenschluß scheiterte zunächst am Mitgliedervotum der organisierten Hafenarbeiter. Dissonanzen bei der Rekrutierung der Bremer Lagerhausarbeiter führten 1907 zu beträchtlichen Spannungen, die eher der organisatorischen Schwäche, denn der Stärke der Hafenarbeiter geschuldet waren. Teilnehmer auf den Vorständekonferenzen der kartellierten Verbände am 25. März 1908 und am 8. Dezember 1908, die die schweren organisatorischen Unstimmigkeiten nicht beseitigen konnten. Aufhebung des Kartellvertrages zum 1. Januar 1909 durch die organisierten Seeleute und Hafenarbeiter. Es war viel dem großzügigen Entgegenkommen Schumanns zu danken, daß die Gespräche im Spätherbst 1909 in einer Verhandlungsrunde vom 13. bis 16. Dezember 1909 in Hamburg zu einem guten Ergebnis führten. Auf dem gemeinsamen Verbandstag der Verbände der Hafenarbeiter, Seeleute und Transportarbeiter am 12. Mai 1910 in Hamburg zum Vorsitzenden der gemeinsamen Organisation ("Deutscher Transportarbeiter-Verband") gewählt. Schumann stand damit der größten Massenorganisation ungelernter Arbeiter in Europa vor. Der Zusammenschluß signalisierte einen Wandel in den freien Gewerkschaften. Gleichzeitig dokumentierte er strukturelle Veränderungen im Industriestandort Deutschland: über die Hälfte der mehr als 200.000 Mitglieder waren 1912 im großstädtischen Milieu verankert. Geschichtsbewußter Autodidakt, der seit 1905 die Sicherung der eigenen Quellen für eine eigenständige Geschichtsschreibung betrieb. Verfaßte 1907 zusammen mit Johann Dreher die Verbandsgeschichte "Die ökonomischen Vorbedingungen und das Werden der Organisation. Ein Ausschnitt aus der Geschichte der Handels-, Transport- und Verkehrsarbeiter-Bewegung", für die beide Autoren das gesammelte Material gesichtet und ausgewertet hatten. Weniger spektakulär, obgleich nicht minder engagiert, hatte der Transport- und Handelshilfsarbeiter den Anschluß der Eisenbahner an seine Organisation geebnet. Teilnehmer am 6. Verbandstag des "Verbandes der Eisenbahner Deutschlands" vom 10. bis 12. Juni 1906, der seit knapp einem Jahrzehnt ein Schattendasein in der gewerkschaftlichen Halbillegalität führte. Zur Organisation der Eisenbahner unter dem Dach des "Deutschen Transportarbeiter-Verbandes" zwinge der Selbsterhaltungstrieb, um Streikbrecherdienste der Eisenbahner in den kommenden Arbeitskämpfen von vorneherein zu unterbinden. Das Angebot Schumanns auf der Generalversammlung des "Verbandes der Eisenbahner Deutschlands" vom 17. bis 18. Mai 1908 im Gewerkschaftshaus zu Berlin bewegte sich in den klassischen Bahnen, in denen der Vorsitzende des "Deutschen Transportarbeiter-Verbandes" Gewerkschaftszusammenschlüsse vollzog: Angebot einer eigenen Sektionsleitung, Fortführung eines eigenen Organs, Anstellung eines festbesoldeten Sekretärs. Nach einem Votum von 13 zu 11 Delegiertenstimmen gaben die Eisenbahner zum 1. Juli 1908 ihre Autonomie auf. Sonderbestrebungen der süddeutschen Straßenbahner vereitelte Schumann als Mitglied der Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands, indem er im Herbst 1905 ein Votum herbeiführte, daß die legitime Rolle des Transportarbeiterverbandes bei der Organisation der Straßenbahner unterstrich. Schumann präsidierte den Verhandlungen auf der 1. Konferenz der Straßenbahner Deutschlands vom 28. bis 29. Januar 1907 in München. (Referat: "Die Organisation der Straßenbahner Deutschlands und ihre fernere Gestaltung"). Vorschlag zur Schaffung einer eigenen Reichssektion, für deren Leitung er ein Votum zugunsten seines alten Freundes August Rathmann herbeiführte. Nicht zuletzt wegen der Schwierigkeiten bei der Rekrutierung süddeutscher Arbeiter warnte Schumann verbandsintern vor "Christenverfolgungen", um die Konkurrenzorganisationen nicht zu stärken. Die schwierigen Organisationsbemühungen der Straßenbahner Deutschlands suchte er in Zukunft vor allem durch seine Arbeit im Reichstag zu stützen, indem er für ein gemeinsames Arbeitsrecht aller Betroffenen stritt. Referat "Das Koalitionsrecht der Straßenbahner Deutschlands" auf der 2. Reichskonferenz der Straßenbahner vom 27. bis 28. März 1913 in Frankfurt am Main, das alle zentralen Strukturelemente einer gemeinsamen Gewerkschaft im öffentlichen Dienst vereinigte. ("Kollegen, laßt Euch von den Unternehmern dadurch nicht beeinflussen, daß sie Euch sagen, Ihr seid doch Beamte, die sich mit einem gewöhnlichen Arbeiter oder Kutscher nicht auf eine Stufe stellen könnten... Es bleibt bestehen, daß wir alle zusammen, ganz gleich ob Straßenbahner, Kutscher, Arbeiter usw. gezwungen sind, im Dienste des Kapitals zu fronden und daß man nicht einen Deut danach fragt, ob es sich um Rechte des Straßenbahners oder eines gewöhnlichen Arbeiters handelt.") Viel versprach sich Schumann seit 1909 von der Organisation der Automobilführer, die er als die kommende Berufssparte einschätzte. Für sie schlug er auf der 4. Konferenz der Gau- und Ortsvorstände die Errichtung einer gesonderten "Gefahrenkasse" vor. Bestätigung als Vorsitzender der "Fakulta", der fakultativen Unterstützungseinrichtung des Verbandes, am 16. Juni 1910 in Berlin ("Vater" der Unterstützungseinrichtung). Teilnehmer auf allen Konferenzen der Kraftwagenführer bis zum Ende der Weimarer Republik. Führender Funktionär der Berliner Gewerkschaftsbewegung: am 5. Mai 1904 in den Ausschuß der Berliner Gewerkschaftskommission gewählt, der Exekutive der freien Gewerkschaftsbewegung in der Reichshauptstadt. Wiederwahl 1905, 1907 und 1908, ehe Schumann wegen Ämterhäufung das Amt an August Werner abgab. Teilnehmer an den Kongressen der Gewerkschaften Deutschlands von 1899 bis 1932. Auf dem 5. Kongreß der Gewerkschaften Deutschlands vom 22. bis 27. Mai 1905 in Köln mit 116 von 191 abgegebenen, gültigen Stimmen als Mitglied der Generalkommission gewählt. Schumann repräsentierte den Flügel gestandener Gewerkschafter, der sich von der Dominanz der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands löste und eigenständige Gewerkschaftspositionen vertrat. Gab in Köln ein Votum gegen jedwede unkontrollierte Form des Massenstreiks ab. ("In unserem Berufe werden wir kaum in den nächsten 10, 12 Jahren mit der Organisation soweit vorwärts kommen, daß an einen Generalstreik zu denken ist.") Hingegen unterstützte Schumann als Gewerkschafter die Sozialdemokratie im Kampf um ein allgemeines, gleiches, direktes und geheimes Wahlrecht in Preußen, indem er innerverbandlich - auch gegen die Stimmen ehemaliger Lokalisten - die Möglichkeiten für große Streikaktionen ebnete. Letzte Wiederwahl in die Generalkommission auf dem 9. Kongreß vom 22. bis 27. Juni 1914 in München. In der Generalkommission einer der dominierenden Persönlichkeiten, die dem Leitungsgremium seinen Stempel aufdrückte. Neben vielseitigem Engagement in der nationalen Arbeiterbewegung setzte der gebürtige Schlesier seit der Jahrhundertwende Akzente bei der Zusammenarbeit auf internationaler Ebene. Spätestens seit 1900 begannen die freigewerkschaftlichen, deutschen Transportarbeiter die internationale Arbeit in der "Internationalen Transportarbeiter-Föderation" (ITF) mehr zu gewichten. Die Stärkung der ITF lag im Interesse der deutschen Organisationen, wobei die Bedürfnisse der Hafenarbeiter und Seeleute dominierten. Erstmals Delegierter auf dem 3. ITF-Kongreß in Paris vom 19. bis 20. September 1900, auf dem die deutschen Delegierten Reorganisationsvorstellungen des internationalen Berufssekretariats präsentierten. Delegierter auf dem 4. ITF-Kongreß in Amsterdam vom 10. bis 12. August 1904, der den Sitz des Berufssekretariats nach Hamburg verlegte und einen fünfköpfigen Zentralrat (aus Mitgliedern des "Heimatlandes" der ITF) als neue Verwaltungsspitze vorsah. Teilnehmer einer Konferenz der deutschen Verbandsvorsitzenden am 20. September 1904 in Berlin, um die Übernahmemodalitäten der ITF durch die deutschen Verbände abzusprechen. Wahl Schumanns zum Schriftführer des Generalrates. Referat über "Die Berufsstatistik" auf dem 5. ITF-Kongreß vom 24. bis 28. Juni 1906 in Mailand. Jeweils Teilnehmer als Mitglied des deutschen Generalrates bis zum 8. Internationalen Transportarbeiter-Kongreß vom 26. bis 30. August 1913 in London, der letztmals der Wahl einer deutschen Exekutive zustimmte. Innerhalb der ITF unnachgiebiger Interessenvertreter des "deutschen Organisationsmodells" gegenüber angelsächsischen und antiautoritär-romanischen Vorstellungen. Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands seit Mitte der achtziger Jahre. Von 1908 bis 1919 Mitglied des Gemeinderats seiner Wohngemeinde Mahlsdorf. Nach Absprache zwischen der Generalkommission und der SPD-Spitze als "Wahlkreisfremder" im Wahlkreis 8 (Frankfurt an der Oder) nominiert. Wahl in den Reichstag im 2. Wahlgang mit 13.449 Stimmen (=50,8%). Im Jahre 1919 Wahl in die Nationalversammlung im Wahlkreis 6 (Frankfurt an der Oder) und von Juni 1920 bis Juli 1932 Mitglied des Reichstages als Abgeordneter des Wahlkreises 5 (Frankfurt an der Oder). Setzte sich in seiner Jungfernrede am 19. März 1912 im Zusammenhang mit der Erhebung über die Sonntagsruhe, Nachtruhe und Arbeitszeit im Binnenschiffahrtsgewerbe kritisch mit der Tätigkeit des Statistischen Amtes im Reichsamt des Inneren auseinander. Nahm für die SPD-Fraktion in den nächsten 20 Jahren das Wort zu spezialisierten Fragen der Berufsstatistik, Fragen der Arbeitszeit und den Arbeitsbedingungen im Verkehrs- und Transportgewerbe. Gehörte zu den Abgeordneten, die die Lage der Seeleute und die Reform der Seemannsordnung kritisch im Parlament beleuchteten. Während des Krieges einer der Repräsentanten der Kriegspolitik der Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands. ("Wir als Arbeiter haben das größte Interesse an der Erhaltung unseres Vaterlandes.") Innerhalb der Gremien unterstützte der Handelshilfsarbeiter alle Kriegsmaßnahmen, die auf einen Siegfrieden Deutschlands hinausliefen. Um gegen das "organisatorische Treiben einiger Sonderbündler" vorzugehen, holte er sich von der Konferenz der Gau- und Ortsvorstände im September 1915 ein Mandat. 1916 stimmte der Vorsitzende des "Deutschen Transportarbeiter-Verbandes" der Gründung einer eigenständigen, freigewerkschaftlichen Eisenbahnerorganisation zu, die am 1. Juli 1916 ihre Arbeit aufnahm. Abordnung Schumanns in den Vorstand des "Deutschen Eisenbahner-Verbands", der bis zum nächsten Verbandstag fungieren sollte. Auf der 1. Generalversammlung des "Deutschen Eisenbahner-Verband" vom 25. bis 31. Mai 1919 in Jena gab Schumann sein Mandat zurück. Delegierter auf dem Internationalen Gewerkschaftskongreß vom 1. bis 4. Oktober 1917 in Bern. Als Mitglied der Generalkommission und der SPD-Reichstagsfraktion nahm Schumann im Oktober 1918 wesentlichen Einfluß auf die Besetzung von Regierungsämtern durch Gewerkschafter. Mitglied im Demobilisierungsamt, daß nach Kriegsende die Reintegration zurückkehrender Soldaten lösen sollte. Nach dem Staatsumsturz geriet Schumann unter den Druck der Antikriegsopposition, die ihn für das enge Bündnis von Militär und Gewerkschaften verantwortlich machte. Einen Antrag der Berliner Opposition, ihn als Vorsitzenden abzuwählen, scheiterte auf dem 10. Verbandstag des "Deutschen Transportarbeiter-Verbandes" vom 22. bis 27. Juni 1919 in Stuttgart. Bei der Wiederwahl konnte sich Schumann vor allem auf die älteren Delegierten stützen, die trotz ungeheueren Zulaufs neuer und junger Mitglieder den Verbandstag dominierten. Gegen seinen Willen wurde Schumann auf dem 10. Kongreß der Gewerkschaften Deutschlands vom 30. Juni bis 5. Juli 1919 nicht mehr als Vorstandsmitglied für den Gewerkschaftsvorstand nominiert und verfehlte mit 121 abgegebenen Stimmen deutlich ein Vorstandsmandat. Behielt als Mitglied der Vorständekonferenz und erfahrener Organisator auf den nationalen Gewerkschaftskongressen beträchtlichen Einfluß. Teilnehmer auf dem Internationalen Gewerkschaftskongreß vom 28. Juli bis 2. August 1919 in Amsterdam. Distanzierte sich gemeinsam mit anderen deutschen Gewerkschaftsführern von eine Erklärung Johann Sassenbachs zur Kriegsschuldfrage, die den Gewerkschaftern in den ehemaligen Feindesländern den Wind aus den Segeln nehmen sollte. Künftige Delegation durch den Bundesausschuß des ADGB zu allen weiteren IGB-Kongressen bis 1930 (Stockholm). Die nachrevolutionäre Situation suchte Schumann zu nutzen, indem er wie kein anderer deutscher Gewerkschafter auf eine gemeinsame Organisation von Arbeitern, Angestellten und Beamten in einem Verband drängte. ("Wir lehnen es ab, die Sonderrechte der Beamtenschaft zu festigen. Arbeiter und Angestellte gehören in ein und dieselbe Organisation.") Die Gründung einer Freigewerkschaftlichen Beamtenzentrale und alle Verhandlungen mit dem "Deutschen Beamtenbund" bekämpfte er resolut. Er stand mit seinen rigiden Positionen innerhalb der freien Gewerkschaftsbewegung weitgehend isoliert da. Schumann nahm seit 1919 Kurs auf eine Einheitsorganisation, die neben dem alten Klientel Eisenbahner und Postbedienstete umfassen sollte. Teilnehmer auf der Konferenz von Vertretern der im Post- und Telegraphendienst Beschäftigten vom 20. bis 22. Oktober 1919 im Gewerkschaftshaus zu Berlin, die erste Erfolge bei der Rekrutierung der Posthelfer für den "Deutschen Transportarbeiter-Verband" buchen konnte. Aus Schumanns Feder stammte der Resolutionsentwurf auf der 18. Konferenz der Gau- und Ortsvorstände vom 7. bis 9. September 1920, der die "Schaffung einer Arbeitsgemeinschaft der interessierten Verbände unter dem Namen 'Deutscher Verkehrsbund' für unbedingt erforderlich" hielt. Der "Deutsche Verkehrsbund" nahm am 1. Januar 1921 seine Arbeit auf (Geschäftsführer Luis Brunner). Gemeinsam mit dem Eisenbahner Franz Scheffel und dem Geschäftsführer saß Schumann in der provisorischen Leitung. Gewisse, organisatorische Erfolge bei der Gewinnung neuer Mitglieder bei den Telegraphenarbeitern und Privateisenbahnern konnten nicht darüber hinwegtäuschen, daß Schumanns großes Ziel spätestens 1922 mit der Gründung des freigewerkschaftlichen "Allgemeinen Deutschen Beamtenbundes" gescheitert war, zumal sich die Eisenbahner gegen eine Einheitsorganisation sperrten. (Dennoch: programmatische Umbenennung der Organisation zum 1. Januar 1923 in "Deutscher Verkehrsbund".) Vom 30. Juni 1920 bis 10. November 1921 als Vertreter des "Personen- und Lastfuhrgewerbes einschließlich des Luft- und Kraftfuhrwesens" Mitglied des Vorläufigen Reichswirtschaftsrates, arbeitete im wirtschaftspolitischen Ausschuß mit. Seit [1923] Mitglied des Aufsichtsrat der Bank der Arbeiter, Angestellten und Beamten AG, deren Gründung Schumann durch Einlagen seiner Organisation stark unterstützt hatte. Von 1925 bis 1932 einer der 12 Mitglieder "Aus den Kreisen von Wirtschaft und Verkehr" des Verwaltungsrats der Deutschen Reichspost. Auf der 1. Bundesausschußtagung des Allgemeinen Deutschen Beamtenbundes (ADB) am 9. Februar 1923 als stellvertretendes Vorstandsmitglied gewählt. Schumanns Mandat erlosch nach dem 1. Bundeskongreß des ADB vom 12. bis 14. Januar 1925. Teilnehmer auf dem 2. Bundeskongreß der freigewerkschaftlichen Beamtenorganisation vom 12. bis 14. September 1927 in Berlin. Insgesamt strebte Schumann zu Beginn der zwanziger Jahre eine Reduktion der Zahl der Gewerkschaften im Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund an (15 statt 58 Organisationen). Mitglied der "16er Kommission", die auf Beschluß des 1. Bundestags des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes vom 19. bis 24. Juni 1922 in Leipzig eine Neustrukturierung des Dachverbandes vorbereiten sollte. Schumanns Handschrift trug wesentlich die Verschmelzungsrichtlinie, die der 2. Bundestag des ADGB vom 31. August bis 4. September 1925 verabschieden sollte (Anerkennung des Prinzips des Industrieverbandes, freiwillige Zusammenschlüsse durch gegenseitige Verständigung). Neue Wege beschritt Schumann, indem er seine Hand über genossenschaftliche Gründungen im KFZ-Transportgewerbe hielt. (1928: 700 Beschäftigte). Durch Übernahme städtischer Konzessionen und durch Beteiligungen an gemischtwirtschaftlichen Verkehrsunternehmungen suchte er, einen entscheidenden Einfluß auf die Ausgestaltung des Kraftwagenverkehrs zu nehmen. Der Vorsitzende des "Deutschen Verkehrsbundes" selbst warb seit Beginn des Jahres 1925 wieder für einen Einheitsverband im öffentlichen Dienst, wobei er bei seinen Bemühungen den "Verband der Gemeinde- und Staatsarbeiter" einschloß, da Grenzstreitigkeiten bei den Straßenbahnern und Staatsarbeitern zu beträchtlichen Energieverlusten geführt hatten. Schumanns Unterschrift trug im August 1925 ein "Gegenseitigkeitsvertrag" zwischen dem "Verband der Gemeinde- und Staatsarbeiter", dem "Einheitsverband der Eisenbahner Deutschlands", dem "Deutschen Verkehrsbund" und der "Reichsgewerkschaft Deutscher Kommunalbeamter", der eine Arbeitsgemeinschaft begründete. Gemeinsame Grundsätze für die Lohn- und Gehaltspolitik wurden abgesprochen. Bereits 1926 auf einer Tagung in Kissingen wollte Schumann über den Kartellvertrag hinausgehen, wobei er vorrangig den organisatorischen Zusammenschluß anstrebte, um anschließend die Feinabstimmung vorzunehmen. Sein Organisationsvorschlag vom 28. Dezember 1928 orientierte sich an den Erfahrungen seiner zahlreichen Zusammenschlüsse: einheitliche Organisation und Kassenführung, Fortführung teilautonomer Reichsabteilungen. Vorbehalte der organisierten Eisenbahner im Sommer 1928, die Vorbehalte des starken Beamtenflügels waren, ließ Schumann prinzipiell nicht gelten: er nahm ein Scheitern der Einheitsbemühungen in Kauf. Letzte Wiederwahl auf dem 13. Bundestag vom 12. bis 17. August 1928, der mit seinem Votum unterstrich, daß Schumann die Leitung der geplanten Großorganisation zu übernehmen habe. Beschluß des Vorstandes am 11. und 12. Dezember 1928 die Verschmelzungsverhandlungen ausschließlich mit dem "Verband der Gemeinde- und Staatsarbeiter" zu führen. Am 15. Januar 1929 von seinem Vorstand in eine sechsköpfige Verhandlungskommission gewählt, in der Schumann vor allem auf eine Harmonisierung der Unterstützungsleistungen der beiden Verbände hinarbeitete. Auf einer gemeinsamen Tagung der Verbandsbeiräte der Gewerkschaften am 25. und 26. Juli 1929 (zu denen noch der "Verband der Gärtner und Gärtnereiarbeiter" stieß), konnten die Verhandlungsergebnisse sanktioniert werden. Wahl Schumanns zu einem der Vorsitzenden auf dem konstituierenden Verbandstag des "Gesamtverbandes der Arbeitnehmer der öffentlichen Betriebe und des Personen- und Warenverkehrs" vom 7. bis 10. Oktober 1929 in Berlin. Zum 1. Januar 1920 nahm die Gewerkschaft ihre Arbeit auf, auf deren Realisierung Schumann sein Leben lang hingearbeitet hatte. Starre und schematische Strukturen der neuen Gewerkschaft nahm Schumann angesichts des großen Ziels der Vereinigung hin. Seit Mitte der zwanziger Jahre wieder verstärkte Mitarbeit in der "Internationalen Transportarbeiter-Föderation". Nach einer längeren Periode der Abstinenz nahm er wieder auf dem Kongreß der ITF vom 7. bis 12. August 1928 in Hamburg teil. Auf der Pariser ITF-Konferenz vom 15. bis 21. September 1926 als deutscher Delegierter zum stellvertretenden Mitglied des Generalrats der ITF gewählt. Hatte die Funktion bis zum Kongreß vom 7. bis 13. April 1932 in Prag inne. Gemeinsam mit den übrigen deutschen Delegierten vermittelte Schumann den ausländischen Bruderorganisationen angesichts der Bedrohung durch den Nationalsozialismus ein Bild von der Standhaftigkeit der deutschen Arbeiterbewegung. Innerhalb des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes drängte Schumann seit 1929 auf eine Sitz-Verlegung des Internationalen Gewerkschaftsbundes nach Deutschland. Als einer von drei Kongreßvorsitzenden auf dem 4. und 5. Bundestag des ADGB 1931 und 1932 repräsentierte Schumann die gewachsene Bedeutung der Einheitsorganisation, die von den gewerkschaftlichen Großorganisationen in der schweren Krise die geringsten Mitgliedereinbußen (18,2%) hinnehmen mußte. In den Spitzengremien der freien Gewerkschaften warb er für die sozialdemokratische Tolerierungspolitik gegenüber der Brüning-Regierung. Intern mußte sich Schumann wegen der explodierenden Kosten des neugeschaffenen Verbandshauses beträchtliche Kritik gefallen lassen. Konnte nach mehrjähriger Bautätigkeit auf der 3. Beiratssitzung vom 21. bis 22. Dezember 1931 in Berlin immer noch keine genaue Kostenrechnung für den Bau präsentieren. Für die Öffentlichkeit überraschender Rücktritt auf der 4. Beiratssitzung am 11. Juni 1932. Eine verbandsinterne Revisionskommission hatte bei der Kontrolle der Ausgaben für den Bau des Verbandshauses am Michaelkirchplatz beträchtliche Investitionen in An- und Umbauten zu Tage gefördert, für deren Verwendung kein Verbandsbeschluß vorlag. Mit Schumann traten die beiden Kassierer Richard Nürnberg und Adam Ruppert zurück. Mit dem Rücktritt endete abrupt die Gewerkschaftskarriere eines Mannes, der seit der Begründung eines eigenen "Hausbaufonds" im Kaiserreich für eine angemessene, bauliche Repräsentanz seiner Gewerkschaft in der Reichshauptstadt sorgen wollte. Anfang Mai 1933 verhaftet, erlitt Schumann eine Herzattacke und mußte ins Staatskrankenhaus eingeliefert werden. Von der Gestapo beobachtet. Oswald Schumann starb am 9. Juni 1939 in Petershagen bei Berlin. Auf der 1. Beiratssitzung der Gewerkschaft ÖTV am 16. und 17. Dezember 1949 wurde das übergebene Erholungsheim in Bad Sulzbach in Müntner-Schumann-Heim umbenannt. © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | September 1998 |