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Gröbing, Karl (1897 - 1975)

Geboren am 13. April 1897 in Köln, katholisch, verheiratet. Besuchte in seiner Heimatstadt die Volksschule und anschließend zwei Semester die Maschinenbauschule; die Ausbildung mußte Gröbing 1914 infolge des Kriegsbeginn abbrechen. Kriegsdienst von 1914 bis 1918. Trat nach Kriegsende in Köln als technischer Postarbeiter (Schlosser) in den Dienst der Reichspost ein. Seit Januar 1919 Mitglied im "Christlichen Metallarbeiter-Verband Deutschlands". Gewerkschaftlicher Vertrauensmann und Mitglied des ersten Betriebsrates des Kölner Postamtes 12 (über 400 Bedienstete). Zum Vorsitzenden des Betriebsrates gewählt; gleichzeitig von seinen Kolleginnen und Kollegen in den Bezirksbetriebsrat delegiert. Nach Überführung der Post in die Aufsicht des Deutschen Reiches ("Verreichlichung") erfolgte 1920 in Deutschland die Zusammenlegung der bestehenden Postverwaltungen in Preußen, Bayern und Württemberg. Zum 1. Juli 1921 beschlossen der "Bayerische Postverband", der "Württembergische Postverband" und die "Deutsche Postgewerkschaft" mit Sitz in Berlin, zur "Deutschen Postgewerkschaft" mit Sitz in München zu fusionieren.

In der "Deutschen Postgewerkschaft" vereinigten sich Beamte, Angestellte und Arbeiter, wobei das Arbeiterelement aus den preußischen Landesteilen kam. Mit Zustimmung seiner Metallarbeitergewerkschaft traten Gröbing und seine Kolleginnen und Kollegen im Kölner Postamt zur "Deutschen Postgewerkschaft" über, die als Mitglied dem christlichen "Gesamtverband Deutscher Beamtengewerkschaften im Deutschen Gewerkschaftsbund" angehörte. 1924 auf Platz 2 der "Liste Deutsche Postgewerkschaft" in den "Zentralbetriebsrat im alten Reichspostgebiet" entsandt. Besuchte zur Fortbildung gewerkschaftliche und kaufmännische Kurse. 1926 auf der Gewerkschaftsliste zum stellvertretenden Mitglied des Aufsichtsrates für die Versorgungsanstalt der Deutschen Reichspost gewählt. Seit Herbst 1926 als hauptamtlicher Leiter der Bezirksgeschäftsstelle Köln seiner Gewerkschaft angestellt. Sein Betreuungsbereich umfaßte die Regionen Köln, Aachen, Koblenz und Frankfurt am Main. Seit dieser Zeit enge Bekanntschaft mit Michael Rott. Im Juni 1927 beschloß die Hauptversammlung der Münchner Gewerkschaft den Anschluß an den "Reichsverband Deutscher Post- und Telegraphenbeamten". Die Lohnempfänger machten am 29. Mai 1927 (in Übereinstimmung mit der Gewerkschaftsleitung) auf einer "Lohnempfänger-Konferenz" in Düsseldorf diesen Schritt nicht mit und bildeten die "Deutsche Postgewerkschaft" (Sitz Düsseldorf). Im Richtungsstreit blieb diese Gewerkschaft "neutral", obgleich es 1928 zu einer Arbeitsgemeinschaft mit dem christlichen "Gesamtverband deutscher Verkehrs- und Staatsbediensteten" kam. Vor allem Gröbing gehörte zu den Funktionären, die publizistisch den Kurs weltanschaulicher Neutralität im Verbandsblatt ("Deutsche Postgewerkschaft") propagierten.

1927 Eintritt in die liberale "Deutsche Demokratische Partei" (später: "Deutsche Staatspartei"). Seit Gründung der neuen Arbeitergewerkschaft mit altem Namen hauptamtlicher Sekretär am Sitz des Verbandsvorstandes in Düsseldorf. Im März 1928 zog Gröbing kurzfristig nach Berlin, um für den erkrankten Redakteur die Schriftleitung der in der Hauptstadt erscheinenden "Deutschen Postgewerkschaft" zu übernehmen. Auf dem 1. Gewerkschaftstag im August 1929 in Düsseldorf als geschäftsführendes Hauptvorstandsmitglied gewählt. Als einer von vier hauptamtlichen Angestellten führte Gröbing die Tarifgespräche im Reichspostministerium und koordinierte die Betriebsrätearbeit des Verbandes. Bis zum Ende der Weimarer Republik blieb Gröbings Hauptarbeitsgebiet der Kampf um angemessene Tarifverträge für die Telegraphenarbeiter der Deutschen Reichspost. In der Verbandspresse trat Gröbing vielfach mit ethischen Begründungen über eine gerechte "Bewertung menschlicher Arbeitskraft" hervor.

Wiederwahl als geschäftsführendes Vorstandsmitglied auf dem Gewerkschaftstag vom 2. bis 3. August 1931 in Düsseldorf. Seit 1932 Mitglied des Schiedsgerichts des Reichsversorgungsgerichts in Berlin. 1933 entlassen; ein Angebot hauptamtlich in der DAF mitzuarbeiten, schlug Gröbing aus. Entging nur knapp seiner Verhaftung. Blieb längere Zeit arbeitslos, da er vom Arbeitsamt als ehemaliger Gewerkschaftsfunktionär als "nicht zu vermitteln" eingestuft wurde. Betrieb von Juli 1936 bis März 1939 als "Ökonom" die Gastronomie im Vereinshaus Düsseldorf. Fand im Aril 1939 beim Versorgungsamt in Köln eine Anstellung, legte die Verwaltungsfachprüfung für den mittleren Reichsbeamtendienst ab und wurde 1940 als Beamter übernommen. Als einziger der 14 zugelassenen Kandidaten im Rheinland hatte er die Sekretärsprüfung mit "gut" bestanden. Von August bis November 1939 zu Wehrübungen bei einer Luftwaffenbaukompanie eingezogen. Im September 1943 nochmals zur Luftwaffe nach Dortmund eingezogen, geriet als Unteroffizier in britische Gefangenschaft und wurde Ende Mai 1945 entlassen. Wiedereintritt in das Versorgungsamt; als bekannter Antifaschist gehörte er dem Düsseldorfer Entnazifizierungsausschuß des Versorgungsamtes an. Trat 1946 der CDU bei und war zunächst ehrenamtlich in der Gewerkschaftsbewegung tätig. Seit dem 1. März 1946 Mitglied der "Gewerkschaft Transport und Verkehr", die seit dem 1. Februar 1946 von der britischen Besatzungsmacht erlaubt wurde. Mitglied des Gewerkschaftsvorstandes in Düsseldorf. Vom Vorsitzenden der Gewerkschaft, Heinrich Malina, für die kommende Einheitsgewerkschaft des öffentlichen Dienstes und des Transport- und Verkehrswesens gewonnen. Auf der Generalversammlung der "Gewerkschaft Transport und Verkehr" und der "Gewerkschaft Öffentliche Betriebe und Verwaltungen" vom 28. bis 30. Juli 1946 in Krefeld zum hauptamtlichen Sekretär in den Vorstand der neuen "Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr" (der Nordrhein-Provinz) gewählt.

Gröbing fungierte zunächst als Sekretär für den Bereich Staatsbetriebe und Verwaltungen; während des Sommers 1946 klärte sich in der Nordrhein-Provinz die Frage der Organisation des Postpersonals. Die Bediensteten der Reichspostdirektion Köln und Düsseldorf versammelten sich als eigene Fachabteilung in der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr. Auf der Vorstandstagung am 27. September 1946 als Fachabteilungsleiter der Fachabteilung Deutsche Post ernannt, die nun neben den Eisenbahnern zum Organisationsbereich der ÖTV gehörte. Referat "Unsere neue Gewerkschaftsbewegung" auf dem 1. Bezirkstag der Fachabteilung Reichspost der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr in Düsseldorf am 22. Oktober 1946. Ferner vertrat Gröbing seine Gewerkschaft im neugeschaffenen Beamten-Zonenausschuß des DGB (Britische Zone). Eine zentrale und überregionale Rolle spielte Gröbing bei der Erhaltung des Berufsbeamtentums. Die Politik der britischen Militärbehörde war zunächst darauf gerichtet, Beamte in die Sozialversicherung einzubauen. Um Beamtenmitglieder zu gewinnen und um die Gründung konkurrierender Beamtenorganisationen zu verhindern, stellte sich die nordrhein-westfälische DGB-Spitze auf die Seite der Beamtenschaft, um die Verwirklichung der Einheitsgewerkschaft nicht zu verhindern; eine Haltung, die zunächst von den Beamten auch honoriert wurde: die Zahl der Beamten stieg zum Ende des Jahres 1946 in der ÖTV merklich an.

Die von Gröbing maßgeblich gesteuerte Protestkampagne gegen alliierte Pläne lief in der ersten Junihälfte 1947 an und hatte letztlich Erfolg. Langfristig mündete Gröbings beamtenpolitische Aktivität im Bundesbeamtengesetz, daß im Juni 1953 die traditionellen deutschen Beamtenrechte bekräftigte. Der Rheinländer gehörte zur Satzungskommission, die im Vorfeld des Vereinigungsverbandstages der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr der britischen Zone vom 9. bis 12. September 1947 organisationspolitische Leitlinien formulierte. Wahl in den geschäftführenden Vorstand der Zonengewerkschaft auf dem Verbandstag in Krefeld. Seit April 1948 fungierte Gröbing als verantwortlicher Verbindungsmann zum internationalen Sekretariat der Postgewerkschaften. Während vieler Besprechungen und Tagungen des Jahres 1948 war Gröbing bemüht, das Postpersonal im Organisationsbereich der Gewerkschaft ÖTV zu belassen, konnte sich jedoch mit seinen Vorstellungen auf der Vorständekonferenz der Gewerkschaften des Öffentlichen Dienstes, Transport und Verkehr der Westzonen vom 22. bis 23. Oktober 1948 in Bad Salzuflen nicht durchsetzen. Trotz aller innerlicher Vorbehalte mußte Gröbing auf dem außerordentlichen Verbandstag der Gewerkschaft ÖTV der Britischen Zone im Januar 1949 in Köln den Kompromiß mit den süddeutschen Gewerkschaften (Sonderorganisation von Post und Bahn) bekanntgeben. Der Rheinländer sperrte sich auf den Beiratssituzungen seiner Gewerkschaft Ende 1948/Anfang 1949 lange dagegen, ein Amt im künftigen Bundesvorstand anzunehmen, weil er sich mit seinen Vorstellungen zur Organisation des Berufsbeamtentum von den übrigen Vorstandsmitgliedern zu stark angegriffen sah. Auf dem Vereinigungsverbandstag der Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes, Transport und Verkehr vom 28. bis 30. Januar 1949 in Stuttgart hinter den beiden gleichberechtigten Vorsitzenden Huber und Kummernuß gegen 14 Delegiertenstimmen zum stellvertretenden Vorsitzenden der Gewerkschaft ÖTV gewählt. Er stand damit als der Repräsentant der alten christlichen Gewerkschaften in der Führungsspitze der neuen Einheitsgewerkschaft. Im geschäftsführenden Hauptvorstand war Gröbing für die Leitung des Beamtensekretariats, die Koordinierung der Beamten- und Angestelltenpolitik und die Beamtenwirtschaftsunternehmen verantwortlich. Seit Februar 1950 Gesellschafter der Bauhütte Niederrhein GmbH.

1949 bildeten die Gewerkschaften des DGB, die Beamte zu ihren Mitgliedern zählten, einen Beamtenausschuß auf Bundesebene; er löste die alte "lockere" Arbeitsgemeinschaft ab. Zum Stellvertreter des Beamtenausschusses wurde Karl Gröbing gewählt, dem die Führung der Verhandlungen mit Bonner Ministerien über weite Strecken anvertraut war. Sein Arbeitsplatz stand in Stuttgart und Bonn, die Verabschiedung des Bundesbeamtengesetzes 1953 sah er auch als Frucht seiner Gewerkschaftsarbeit. Die kommenden Jahre waren geprägt durch seine Mitarbeit bei der Erarbeitung neuer Landesbeamtengesetze, der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes und seiner beratenden Tätigkeit einer neuen gesetzlichen Regelung des Personalvertretungsrechts. Im Zentrum standen allerdings alle Fragen eines gerechten Besoldungsrechts, das den Beamten eine Teilhabe am "Wirtschaftswunder" ermöglichen sollte. Auf dem 1. Gewerkschaftstag vom 18. bis 22. September 1952 in Hamburg einstimmig zum 3. Vorsitzenden der Gewerkschaft ÖTV gewählt. Wiederwahl auf dem 2. Gewerkschaftstag in Frankfurt am Main vom 3. bis 7. Mai 1955 gegen 11 Delegiertenstimmen. Den Unmut vieler Gewerkschaftsmitglieder gegen Gedankenmodelle innerhalb der CDU, eine eigene christliche Gewerkschaft zu unterstützen, bekam 1958 auch Karl Gröbing zu spüren. Dazu kam, daß er in wehrpolitischen Fragen, den Kurs der Adenauer-Regierung gestützt hatte.

Mit 205 Ja-Stimmen, bei 196 Nein-Stimmen und 30 Enthaltungen verfehlte er deutlich die absolute Mehrheit, galt dennoch als gewählt. Weniger drastisch fielen die Oppositionsstimmen auf dem Berliner Gewerkschaftstag vom 25. Juni bis 1. Juli 1961 ins Gewicht: 267 Ja-Stimmen, bei 165 Stimmenthaltungen. 1957 kam es zu einer Neuverteilung der Aufgaben innerhalb des geschäftsführenden Vorstandes, Beamtenpolitik blieb Gröbings Domäne, gab jedoch die Leitung der Hauptfachabteilung II K (Kommunale Verwaltungen) ab und übernahm die Leitung der Hauptfachabteilung III (Polizei). In der Zeit von 1954 bis 1957 konnte Gröbing ein Ansteigen der Beamtenmitglieder von 71.971 auf 79.612 konstatieren. Seit Wiedergründung der Verlagsanstalt Courier GmbH im Dezember 1955 einer der 10 Gesellschafter. Seit [1962] 2. Vorsitzender des Ausschusses "Öffentlicher Dienst" beim Parteivorstand der CDU. Seit November 1949 Mitglied des Bundesausschusses des DGB; Bestätigung in diesem Amt durch den geschäftsführenden Vorstand der ÖTV bis zu seinem Ausscheiden als hauptamtlicher Funktionär. 1964 nach Ablauf seiner Wahlperiode schied Gröbing aus dem aktiven Dienst seiner Gewerkschaft aus. 1965 wurde ihm das große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Karl Gröbing starb am 8. September 1975 in Kaarst.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | September 1998

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