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Forkhardt, Max (1878 - 1945 ?)

Geboren am 12. November 1878. Trat am 1. April 1906 in den sächsischen Staatsdienst ein. Tätigkeit in der Buchhaltung und der Kasse des Ministeriums für Fortbildung. [1909 Mitglied im "Verband Sächsischer mittlerer Regierungsbeamter".] War an der Bildung des "Kartells Sächsischer mittlerer Staatsbeamten" am 15. Dezember 1909 beteiligt, das den Begriff "mittlerer Beamter" öffentlich und rechtlich anerkannt wissen wollte. Zusammenschluß des Kartells mit der Standesorganisation der unteren Beamten ("Sächsischer Staatsbeamtenbund") zur "Arbeitsgemeinschaft Sächsischer Staatsbeamtenverbände" am 22. Oktober 1917. Die organisatorische Zusammenarbeit mündete am 4. Dezember 1918 in der Landesgruppe des Deutschen Beamtenbundes. Aus dem heterogenen sächsischen Beamtengebilde erwuchs am 4. Mai 1919 der "Bund Sächsischer Staatsbeamter" (BSS).

Auf der konstituierenden Sitzung betraute der provisorische Vorstand den Ministerialsekretär Forkhardt mit der Vertretung der Organisation im Dresdner Ortsausschuß des Deutschen Beamtenbundes. Der Dresdner - mit beträchtlichem Einfluß auf die mittlere Ministerialbürokratie - wirkte in der unmittelbaren Nachkriegszeit als "graue Eminenz" im Hintergrund, um den in Verbänden und Zirkeln zerklüfteten Bund zu einer schlagkräftigen Beamtengewerkschaft umzuformen, wobei er eng mit den neugewählten sozialdemokratischen Repräsentanten in Sachsen zusammenarbeitete. Auf dem 1. Bundestag des "Bundes Sächsischer Staatsbeamter" am 11. Juli 1920 zum neuen Vorsitzenden gewählt. Trat mit radikalen Vorstellungen zur Demokratisierung der sächsichen Verwaltung an die Öffentlichkeit. Auf dem 2. Deutschen Beamtentag vom 25. bis 27. Oktober 1920 als ehrenamtlicher Beisitzer in den Vorstand des Deutschen Beamtenbundes (DBB) gewählt. 1920 Beförderung zum Rechnungsinspektor; 1921 Beförderung zum Rechnungsoberinspektor. Arbeitete seit 1921 im Rechnungsamt des Ministeriums für Volksbildung. Zuständig für die Bildung von Schulverbänden, Veränderung der Schulbezirke und die Bewilligung von Schulbeihilfen. Übernahm im April 1920 den Besoldungsausschuß seiner Organisation und agitierte als Verbandsvorsitzender für eine organisatorische Strukturreform. Forkhardt wollte den Spielraum der einzelnen Verbände deutlich beschneiden und nur Einzelmitgliedschaften zulassen. Trotz großer Differenzen mit dem "rechten Flügel" des Bundes auf der 2. Bundestagung vom 22. bis 23. Januar 1921 mit deutlicher Mehrheit zum Vorsitzenden wiedergewählt. Bestätigung in seinem Amt auf allen Bundestagungen bis 1930. Seit Februar 1921 Mitglied des kurzlebigen Landesbeamtenbeirats, der nach der Novellierung des sächsischen Beamtenvertretungsgesetzes von der Bildfläche verschwand. Teilbesoldet seit dem 1. Juni 1922, die restlichen Bezüge wurden vom Verband getragen.

Auf der 5. Bundestagung vom 21. bis 22. Oktober 1922 in Dresden gingen Forkhardts organisationspolitische Vorstellungen in Erfüllung: Nach heftigen innerverbandlichen Kämpfen wurde mit Zweidrittelmehrheit ein neuer Satzungsentwurf angenommen. Seit dieser Zeit war der Bund vertikal auf der Grundlage der Einzelmitgliedschaft nach dem Grundsatz der Betriebsorganisation unter Bildung berufsständischer Sektionen (Landesfachgruppen) aufgebaut. Gleichzeitig machte sich Forkhardt zum Sprecher der Kräfte, die auf eine Loslösung vom Deutschen Beamtenbund (DBB) drängten. Der DBB - so Forkhardts Vorwürfe - arbeite zu wenig mit den Arbeiter- und Angestelltengewerkschaften zusammen, habe beim Streik der Eisenbahnbeamten 1922 versagt, das Beamtenrätegesetz nur unzureichend unterstützt und sich bei der Abwehr des Kapp-Putsches nur unklar verhalten. Der sächsische Gewerkschaftsvorsitzende leitete im Mai 1923 die Verhandlungsdelegation, die die Beitrittsmodalitäten zum freigewerkschaftlichen "Allgemeinen Deutschen Beamtenbund" (ADB) auslotete (Beitritt zum ADB am 1. Juni 1923). Dem "Bund Sächsischer Staatsbeamten" wurde bei seinem Beitritt ausdrücklich zugesichert, daß er ungeachtet der anderen in Frage kommenden freigewerkschaftlichen Verbände "nach wie vor alle im Dienste des sächsischen Staates stehenden Beamten und Beamtenanwärter als Mitglieder aufnehmen" dürfe. Gleichzeitig schloß der Vorstand die organisierten höheren Beamten aus dem Bund aus. Nach Beitritt als Vorstandsmitglied der freigewerkschaftlichen Dachorganisation kooptiert. Am 7. September 1923 zum 3. Vorsitzenden des neubegründeten Landesausschusses Sachsen des ADB gewählt. Seit Oktober 1923 von seiner Gewerkschaft in die Disziplinarkammer für sächsische Landesbeamte delegiert, im gleichen Monat von der SPD/KPD-Regierung zum Regierungsrat ernannt, was ihm künftig von konservativer Seite heftige Schmähungen einbrachte.

Die Verdrängung der Sozialdemokratie aus der sächsischen Regierungsverantwortung, der gewerkschaftsfeindliche Kurs bürgerlicher Koalitionsregierungen hatte auf die sächsische Beamtengewerkschaft deutliche Auswirkungen: die Mitgliederzahlen sanken von 15.835 (1923) auf 8.596 (1925), gleichwohl hatte der ADB in Sachsen unbestritten die Führung in allen Beamtenfragen inne. Forkhardt selbst ließ man den neuen sächsischen Kurs spüren. Er mußte zum 1. Mai 1924 seine Anstellung im Volksbildungsministerium aufgeben und die Stelle eines Kassendirektors der Technischen Hochschule Dresden antreten, eine Versetzung, die von gewerkschaftlicher Seite als Maßregelung interpretiert wurde. Nach schwerer Erkrankung lehnte Forkhardt die Festanstellung als Gewerkschaftsvorsitzender ab. Teilnehmer auf dem 1. Bundeskongreß des Allgemeinen Deutschen Beamtenbundes vom 12. bis 14. Januar 1925 in Berlin (Mitglied des Besoldungsausschusses des Kongresses). Delegierter auf der Nürnberger Konferenz der Internationalen Vereinigung von Beamten, Angestellten und Lehrern vom 17. bis 21. September 1927 in Nürnberg. Seit 1929 traten zwischen dem "Bund Sächsischer Staatsbeamter" und dem Allgemeinen Deutschen Beamtenbund deutliche Differenzen auf. Teile der organisierten sächsischen Beamtenschaft drängten aus Opportunitätsgründen aus dem freigewerkschaftlichen Lager hinaus. Konfliktstoff bot die wachsende Nähe des ADB zur Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Ein gemeinsamer lokaler Demonstrationsaufruf von SPD, ADGB, AfA-Bund und ADB in Dresden gegen die Abschaffung des 9. November als Feiertag gab Anlaß, die Zusammenarbeit mit der freigewerkschaftlichen Dachorganisation der Beamten prinzipiell in Frage zu stellen.

Ein Wahlaufruf der "Allgemeinen Deutschen Beamtenzeitung" vom 2. September 1930 zugunsten der SPD war formal der letzte Grund, die Trennung vom Allgemeinen Deutschen Beamtenbund einzuleiten. Gravierender wirkte indes das Beamtenprogramm des neugegründeten "Gesamtverbandes der Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes und des Personen- und Warenverkehrs". Die neue "gewerkschaftliche Großmacht" im öffentlichen Dienst wirkte attraktiv auf das sozialdemokratische Klientel und drohte, dem BSS das Wasser abzugraben. Forkhardt machte sich zunächst zum Sprachrohr eines radikalen gewerkschaftlichen Kurswechsels. Am 6. September 1930 kündigte der "Bund Sächsischer Staatsbeamten" das Organisationsverhältnis zum ADB. Der sächsische Vorsitzende begründete die Dissonanzen auf dem 3. Bundeskongreß des Allgemeinen Deutschen Beamtenbundes vom 28. bis 30. September 1930 in München. Auf der außerordentlichen Bundestagung am 18. Januar 1931 referierte Forkhardt die eigene Wendeentscheidung. Sein Renommee und sein hohes Prestige begünstigten das Stimmenergebnis (55 : 28 Delegiertenstimmen) zugunsten des Deutschen Beamtenbundes (bei gleichzeitigem Austritt aus dem ADB). In den kommenden Monaten zeigte sich Forkhardt deutlich abgestoßen von den Modalitäten des Zusammenschlusses der DBB-Organisation "Gewerkschaft Sächsischer Staatsbeamten" und des "Bundes Sächsischer Staatsbeamten" zum "Sächsischen Staatsbeamtenbund". Legte am 1. Juli 1931 den Vorsitz in seiner alten Organisation nieder, ohne im "Sächsischen Staatsbeamtenbund" (Gründungskongreß am 1. Februar 1932) ein neues Amt zu bekleiden. Zog sich völlig aus der Beamtenbewegung zurück. Nach 1933 als Stellvertreter des Hochschulrentmeisters an der Technischen Hochschule Dresden tätig. Lebte bis zum Bombenangriff am 13./14. Februar 1945 in Dresden. Vermutlich beim Bombenangriff umgekommen.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | September 1998

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