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Busch, Josef (1879-1956)

Geboren am 20. Juli 1879 in Itzehoe als Sohn eines Guts- und Privatgärtners, protestantisch, verheiratet. Nach der Volksschule Lehre als Gärtner. Arbeitete seit 1899 im "Gärtnerdorf" Lokstedt vor den Toren Hamburgs und zog 1903 in die Hansestadt um. 1898 Eintritt in den "Allgemeinen Deutschen Gärtner-Verein". Agierte seit 1901 für den Anschluß des neutralen Gärtnervereins an die freie Gewerkschaftsbewegung. Seit diesem Jahr Schriftführer der Nordwestdeutschen Gauvereinigung. Erhielt 1902 bei den Delegiertenwahlen zur 6. Generalversammlung in Hannover die zweitmeisten Stimmen aller Delegierten. Lehnte auf der Hannoveraner Tagung die Kompromißresolution des linken Flügels um Otto Albrecht ab und trat am 1. Januar 1903 der freigewerkschaftlichen "Deutschen Gärtner-Vereinigung" bei. Busch war der klassische Repräsentant der jungen Generation von Gärtnern (90% der Mitglieder waren unter 25 Jahre), die den Anschluß an die freie Gewerkschaftsbewegung anstrebten. 1903 beschloß eine Zweidrittelmehrheit der Mitgliedschaft des "Allgemeinen Deutschen Gärtner-Vereins" den Zusammenschluß mit der "Deutschen Gärtner-Vereinigung" zum 1. Januar 1904 (und damit den Anschluß an die Freien Gewerkschaften Deutschlands). Damit waren Buschs gewerkschaftliche Ziele realisiert. Von beiden sich ehemals bekämpfenden Richtungen wurde Busch in Hamburg als erster festbesoldeter Funktionär für den "1. Agitationsbezirk, Sitz Hamburg" gewählt und angestellt.

Von 1905 bis 1907 verdoppelte sich die Mitgliedschaft in Schleswig-Holstein, den drei Hansestädten, Mecklenburg-Schwerins und des Großherzogtum Oldenburgs auf 1.139 Mitglieder. Auf der 8. Generalversammlung vom 1. bis 5. September 1907 in Dresden hielt Busch das Korreferat zum Tagesordnungspunkt "Organisation und Agitation". Erwarb im Dezember 1908 das Hamburger Bürgerrecht. Nach dem Abgang des ehemaligen Vorsitzenden Georg Schmidt zum "Verband der Land-, Wald- und Weinbergarbeiter" (dem späteren "Deutschen Landarbeiterverband") wählte die 9. außerordentliche Generalversammlung am 12. bis 15. August 1909 Busch zum Gewerkschaftsvorsitzenden des "Allgemeinen Deutschen Gärtner-Vereins". Damit war Busch zum Zeitpunkt der Wahl der jüngste amtierende Vorsitzende der freien Gewerkschaften. Nach seiner Wahl Umzug von Hamburg nach Berlin. Seit Oktober 1912 preußischer Staatsbürger. Unter Buschs Leitung profitierte die Organisation vom allgemeinen Aufschwung der freien Gewerkschaften. Die Mitgliederzahlen stiegen von 4.817 (1909) auf 9.800 (1912) in knapp drei Jahren an, wobei der Mitgliedergewinn auch unter dem Aspekt der gewerkschaftlichen Rückständigkeit der Branche gesehen werden muß. Während des Weltkrieges zeitweise zum Heeresdienst eingezogen, hielt der norddeutsche Gärtner die Organisation, die auf Grund der Mitgliederstruktur starke Kriegsverluste erlitt, bis zur Novemberrevolution organisatorisch zusammen. Mitglied der USPD; kehrte 1922 nach dem Vereinigungsparteitag in Nürnberg zur SPD zurück. Zusammen mit seinem Amtsvorgänger, Georg Schmidt, verhandelte er mit den Arbeitgeberverbänden in der Landwirtschaft, um landwirtschaftliche Arbeitsordnungen durchzuführen.

Busch votierte mit den übrigen Vorstandsmitgliedern für den neuen Gewerkschaftsnamen "Verband der Gärtner und Gärtnerei-Arbeiter" (ab 1. Januar 1919), um die Gewerkschaft auch optisch für Ungelernte und Ausländer attraktiv zu machen. Buschs Verhandlungsgeschick war es zu verdanken, daß sich 1920 nach chaotischen innerorganisatorischen Diskussionen 900 Mitglieder des ehemaligen berufsständischen "Verbandes Deutscher Privatgärtner" der freien Gewerkschaftsbewegung anschlossen. Busch wurde auf allen Generalversammlungen nach seiner Wahl zum Vorsitzenden (1912 und 1920 in Berlin, 1925 in Erfurt) mit großen Mehrheiten in seinem Vorstandsamt bestätigt. Den Abwerbungsversuchen auf besser dotierte Gewerkschaftsstellen widerstand der engagierte Gärtner, der in der klassischen Tradition einer kleinen, bewußten - im großstädtischen Milieu verankerten - Berufsgewerkschaft stand. Den Organisationsbestrebungen des "Verbandes der Gemeinde- und Staatsarbeiter" stand der Norddeutsche höchst kritisch gegenüber, unterzeichnete gleichwohl als Verbandsvorsitzender mit dem "Verband der Gemeinde- und Staatsarbeiter" am 10. Februar 1920 einen Kartellvertrag, der den Besitzstand beider Organisationen wahren sollte. Auf der Sitzung des ADGB-Bundesausschusses vom 13. bis 17. Dezember 1921 zum Revisor für die Bundeskasse gewählt. Wiederwahl im Juni 1922, im Dezember 1925 und im März 1929. Zu Beginn der zwanziger Jahre verstärkten sich im "Verband der Gärtner und Gärtnerei-Arbeiter" die Diskussionen über den "Verbleib" des Verbandes. Als relativ kleine Organisation sah man immer weniger Chancen, die eigenen Forderungen durchzusetzen. 1920 auf der Generalversammlung favorisierte Busch einen Anschluß an den "Deutschen Landarbeiter-Verband", der von der Mitgliedschaft allerdings verworfen wurde, weil man eine Nivellierung der Löhne befürchtete. Ebenfalls scheiterten Buschs Überlegungen eines Anschlusses an den neugegründeten "Verband der Nahrungsmittel- und Getränkearbeiter".

Innerhalb des Bundesausschusses des ADGB wehrte sich der Gärtnervorsitzende indes heftig gegen die Anhänger des Industrieverbandsgedankens. Mitunterzeichner der Protestresolution des Holzarbeitervorsitzenden Fritz Tarnows im Juli 1925. ("Die unterzeichneten Vertreter von Berufs- und Industrieverbänden legen die schärfte Verwahrung gegen den Versuch ein, durch einen etwaigen Mehrheitsbeschluß zahlreiche, dem Bund angeschlossenene Verbände gegen ihren Willen zur Preisgabe ihrer Existenz oder zur Zerreißung ihrer Mitgliedschaften zwingen zu wollen.") Buschs langfristige Pläne einer Gewerkschaftskonzentration wurden dennoch realisiert: Eine Konferenz der Gauleiter und des Beirates der Gärtnergewerkschaft gab am 26. und 27. 1928 August grünes Licht für den Anschluß an den "Verband der Gemeinde- und Staatsarbeiter", der allerdings zunächst am Einspruch des ADGB-Vorstandes scheiterte.

Erst neue Konstellationen in der Verschmelzungsfrage der Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes (der "Einheitsverband der Eisenbahner Deutschlands" scherte aus) machten den Weg für den "Verband der Gärtner und Gärtnerei-Arbeiter" zur Verschmelzung mit dem "Deutschen Verkehrsbund" und dem "Verband der Gemeinde- und Staatsarbeiter" frei. Teilnehmer auf der gemeinsamen Tagung der Verbandsbeiräte der drei verschmelzungswilligen Organisationen am 26. Juli 1929, der die Ergebnisse monatelanger Verhandlungen sanktionierte. Auf dem 13. Verbandstag des "Verbandes der Gärtner und Gärtnerei-Arbeiter" im Oktober 1929, der unmittelbar der Verschmelzung zum "Gesamtverband der Arbeitnehmer der öffentlichen Betriebe und des Personen- und Warenverkehrs" voranging, musterte Busch 11.300 Mitglieder, von denen 1.500 in Gemeinde- und Staatsbetrieben arbeiteten, und im Durchschnitt jünger und aktiver waren. Zusammen mit den Gärtnern und Gärtnerinnen im alten "Verband der Gemeinde- und Staatsarbeiter" waren zum Zeitpunkt des Zusammenschlusses ca. 24.000 Arbeiter und Angestellte in Gärtnereien organisiert. Auf der Gründungstagung des "Gesamtverbandes" im Oktober 1929 als einziges Mitglied des alten freigewerkschaftlichen Gärtnerverbandes in den Vorstand gewählt. Als Leiter der "Reichsfachgruppe für Gärtnerei, Park und Friedhof" innerhalb der Reichsabteilung "A" (Gemeindebetriebe und Verwaltungen) nahm er im neuen "gewerkschaftlichen Machtzentrum" weiterhin gärtnerische Interessen wahr, gleichzeitig Mitglied der Reichsabteilungsleitung. Versuchte in der neuen Organisation die Gewährung der Rechte der gewerblichen Arbeiter auf allen Gebieten des Arbeitsrecht und der Sozialgesetzgebung und die Ausdehnung des Berufsbildungsgesetzes auf die gesamte Gärtnerei durchzusetzen. Wiederwahl zum Reichsgruppenfachleiter auf der 1. Reichskonferenz Gärtnerei, Park und Friedhof am 13. und 14. März 1931 in Kochel. Im Juni 1932 übertrug der Verbandsvorstand dem Gärtner zusätzlich die Leitung der Reichsfachgruppe der Landstraßenwärter.

Busch hatte in dieser Eigenschaft alle Hände voll zu tun, um eine Unterhöhlung der Tarifverträge durch den "Freiwilligen Arbeitsdienst" (FAD) zu verhindern. ("Der FAD kostet die öffentliche Hand über doppelt soviel wie Tarifarbeit.") Bei der Verkleinerung des Verbandsvorstandes auf der 5. Tagung des Verbandsbeirates im November 1932 fiel Busch der "Sparwelle" zum Opfer und schied aus der Verbandsspitze aus. Delegierter auf dem 6. bis 9. und 11. und 12. Kongreß der Freien Gewerkschaften Deutschlands (1908, 1910, 1914, 1925, 1928), Mitglied des Vorläufigen Reichswirtschaftsrates von 1921 bis 1933. Juli 1933 fristlos entlassen. Machte sich [1934] mit einem eigenen Gartenbaubetrieb in Berlin-Niederschönhausen selbständig, den er auch nach 1945 weiter betrieb. Josef Busch starb am 18. Mai 1956 in Berlin-Pankow.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | September 1998

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