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Dokument:
Unsere künftigen Aufgaben
/ Eugen Prager - [Electronic ed.], 1932 - 11 KB, Text
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Der Verein Arbeiterpresse teilt das Schicksal aller sozialen und wirtschaftlichen Organisationen der Arbeiterklasse: sie können gegenwärtig nicht an die Erweiterung ihrer Einrichtungen denken, sondern müssen alle Kraft aufwenden, um das bisher Errungene zu halten. Selbst dem Zwange zum Abbau mancher Leistungen, seien sie ideeller oder materieller Natur, können wir uns in dieser Zeit nicht entziehen. Es ist deshalb erklärlich, daß in den Kreisen unserer Mitglieder, ebenso wie in den Mitgliederkreisen der anderen Organisationen, die Frage nach der Existenzberechtigung unserer Vereinigung auftaucht. Dazu soll hier einiges gesagt werden.
Der Verein Arbeiterpresse ist geschaffen worden, um die Lohn- und Arbeitsverhältnisse der Angestellten in der Arbeiterbewegung nach einheitlichen Gesichtspunkten zu regeln. Wenn er auch nicht wie eine Gewerkschaft durch Kampfmaßnahmen für seine Mitglieder eintreten konnte, so ist es ihm doch in Zusammenarbeit mit den anderen Organisationen der Arbeiterschaft gelungen, einen starken Einfluß auf die Gestaltung der Zustände auszuüben, unter denen die Vertrauensleute in der Bewegung ihre Arbeit verrichten. Die ursprünglich unserem Verein angegliederte Unterstützungsvereinigung sorgt dafür, daß bei Invalidität und hohem Alter eine Beihilfe für den Lebensunterhalt geleistet wird. Die schwere Wirtschaftskrise hat zwar auch uns im einzelnen manchen Schaden gebracht, im allgemeinen konnte aber die Grundlage unseres Wirkens erhalten werden.
Seit unserer Generalversammlung in Kiel im Jahre 1927 hat sich unsere soziale Arbeit noch erweitert. Seitdem haben wir das mit Zustimmung des Parteivorstandes und des Bundesvorstandes des UDGB. geschaffene Schiedsverfahren. Das ergänzt unsere kollektive Tätigkeit durch die Bearbeitung der einzelnen Streitfälle. Von dieser mehr individuellen Arbeit erfahren die Mitglieder naturgemäß weniger als von Maßnahmen und Vereinbarungen, die die Gesamtheit der Kollegenschaft betreffen. In unseren Generalversammlungen von Magdeburg und Leipzig ist ausführlich darüber Bericht erstattet worden. Auch der seitdem verflossene Abschnitt hat eine Anzahl von Streitfällen arbeitsrechtlicher Natur gebracht, bei denen der Vorstand des Vereins Arbeiterpresse vermittelnd und regelnd eingreifen konnte. Erfreulich ist es, daß im Schiedsverfahren nur selten Schiedssprüche gefällt werden müssen, fast immer konnten Vergleiche geschlossen werden, die auch stets ausgeführt worden sind.
Bei dieser Gelegenheit müssen wir darauf hinweisen, daß sich manche unserer Mitglieder selbst in eine schwierige Lage gebracht haben, weil sie sich vorher zu wenig um die Arbeit des Vereins Arbeiterpresse gekümmert hatten. Wir haben einen Vertragsentwurf aufgestellt, der über das hinausgeht, was in dem für verbindlich erklärten Vertrag des Reichsverbandes der deutschen Presse enthalten ist. Wiederholt mußten wir in Streitfällen die Erfahrung machen, daß unserer Vertrag nicht in Geltung getreten ist, so daß keine Möglichkeit bestand, seine günstigeren Bedingungen anzuwenden. Aehnliches erleben wir oft auch bei der Unterstützungsvereinigung; auch hier wäre manche Enttäuschung zu vermeiden, wenn die Kollegen sich nicht erst in Zeiten der Not um diese Einrichtung kümmern würden.
Sollen wir uns nun mit dem zufrieden geben, was der Verein Arbeiterpresse bisher geleistet hat oder gibt es Möglichkeiten, seine Tätigkeit zu erweitern? Ich schließe mich den Kollegen an, die diese Frage schon seit Jahren bejaht haben. In einigen Bezirken ist man auch schon von der Theorie zur Praxis übergegangen. Es werden in gewissen Abständen Konferenzen abgehalten, auf denen die die Kollegen berührenden sozialen und beruflichen Probleme zur Verhandlung kommen. Der Ausdehnung dieser Arbeit auf das ganze Reich stehen allerdings große Schwierigkeiten gegenüber. Wir sind dabei in einer anderen Lage, als die Kollegen von der Gewerkschaftspresse. Nur wenige Organe der Gewerkschaften erscheinen noch außerhalb Berlins, es ist also ohne Schwierigkeiten möglich, regelmäßig Zusammenkünfte und Konferenzen abzuhalten. Die Unternehmungen der Partei sind über das ganze Reich verstreut, Generalversammlungen und allgemeine Konferenzen lassen sich deshalb schon wegen der hohen Kosten nur in größeren Zeitabständen durchführen. Ganz abgesehen davon, daß die ununterbrochene Arbeit in der Tagespresse stets nur einen Teil der Kollegen frei läßt.
Aber ich sehe eine Menge anderer Aufgaben, mit denen wir uns befassen könnten. Bisher haben wir uns mit ihrer Erörterung in den "Mitteilungen" begnügt. Die Uebertragung in die Wirklichkeit blieb der Entwicklung oder dem Zufall überlassen. Einige Punkte seien hier skizziert:
Presse: Technische Fragen, Ausgestaltung und Aufmachung, Bild und Karikatur, Einfluß auf öffentliche Meinung und Wahlen, Werbung.
Beobachtung der bürgerlichen Presse, Nutzbarmachung der dort gesammelten Erfahrungen.
Beobachtung der ausländischen Presse. Welche Einrichtungen können wir von dort übernehmen?
Zusammenarbeit mit der sozialistischen Presse des Auslandes.
Zeitungswissenschaft, vor allem in bezug auf die Presse der Arbeiterbewegung.
Organisation: Wissenschaftliche Behandlung der Werbemethoden als Vorbereitung auf die Anwendung in unserer Bewegung.
Die Werbe- und Organisationsmethoden der neueren Massenparteien.
Mit diesen Anregungen wird nicht beabsichtigt, in die Befugnisse der Partei und der Gewerkschaften, auch nicht in die geschäftlichen Methoden unserer wirtschaftlichen Unternehmungen einzugreifen. Die Absicht ist vielmehr, durch vorbereitende Arbeit notwendige Entscheidungen zu erleichtern und zu beschleunigen. Der Kreis der hier skizzierten Aufgaben greift mit Absicht über das Interesse der Redakteure hinaus. Es sollen dazu alle herangezogen werden, die wirtschaftlich oder geistig mit der Leitung der Arbeiterpresse und der Arbeiterorganisation verbunden sind.
Wie lassen sich diese Aufgaben aber durchführen? Mittel in größerem Umfange stehen und nicht zur Verfügung. Sie sind aber auch gar nicht erforderlich. Das nächstliegende ist, trotz der schlechten Zeiten, die Erweiterung und die Modernisierung unserer "Mitteilungen". Das andere wäre durch Konferenzen und Kurse zu erreichen, die etwa in Berlin beginnen und sich bezirksweise auf das ganze Reich ausdehnen könnten. Berlin ist deswegen an erster Stelle genannt, weil hier am leichtesten das erforderliche Material gesammelt und nutzbar gemacht werden kann. Hier wird man auch, ohne größeren Schaden anzurichten, "experimentieren" können. Die für die Arbeit notwendigen Kräfte wird man allerdings im Reich ebenso finden wie in der Reichshauptstadt.
Diese Anregungen sind gegeben worden, obgleich es scheinen könnte, als ob wir gegenwärtig andere Sorgen hätten. Aber ich bin der Meinung, daß wir uns an Optimismus von Herrn von Papen nicht übertreffen lassen sollten, der seine Steuergelder und andere Dinge in Erwartung der kommenden fetten Jahre schon jetzt austeilt. Wir haben nichts zu verschenken; wohl aber könnten wir noch vieles erwerben, wenn wir uns rechtzeitig an die Arbeit machen.
Mitteilungen des Vereins Arbeiterpresse, Nr. 331, Berlin, 01. November 1932, XXXII. Jahrgang