Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
Online-Suppl. Erweiterung des Berichtszeitraums von Mitte 1977 bis zur Jetztzeit / Autor: Dieter Schuster.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2003 ff

Stichtag: 21. Okt. 1979

Zum 10. Jahrestag des Bestehens der sozial-liberalen Regierungskoalition veröffentlichen der SPD-Parteivorstand, der SPD-Vorsitzende W. Brandt und Bundeskanzler H. Schmidt eine gemeinsame Erklärung, in der es u. a. heißt: „Unser Land, die Bundesrepublik Deutschland, steht heute gut da. Im Blick auf die Zukunft ist es gelungen, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass sich unsere Gesellschaft verändert und neuen Herausforderungen mit Zuversicht stellen kann. Sicherheit für die 80er Jahre kann es nur durch die Kräfte der sozialen und liberalen Demokratie geben. Sicherheit in den 80er Jahren kann es nur geben, wenn zur Friedens- und Entspannungspolitik auch wirksame Schritte zur militärischen Abrüstung und zur Rüstungskontrolle hinzukommen. Sicherheit für die 80er Jahre kann es nur geben, wenn wir heute die notwendigen Schritte tun, um morgen weiterhin im sozialen Frieden zu leben.

Viel ist noch zu tun: vor allem für die Gleichstellung von Frau und Mann, auch in der Altersversorgung, die mit an den Fortschritt unserer Wirtschaft gekoppelt bleiben muss.

Sicherheit für die 80er Jahre heißt: Bürgerfreiheiten verteidigen und ausbauen. Aber selbstkritische Bereitschaft zu neuen Wegen bleibt notwendig. Neue Herausforderungen, wie die durch die technische Entwicklung bedingten Datenschutzprobleme oder Gefahren durch Wildwuchs bei den Massenmedien, müssen jetzt angenommen werden, um die freiheitliche Qualität unserer Gesellschaft zu sichern und zu verbessern.

Sicherheit für die 80er Jahre kann es nur geben, wenn es uns gelingt, sparsamer mit Rohstoffen und Energie umzugehen; wenn es gelingt, eine menschliche Umwelt zu erhalten oder wieder herzustellen. Neue technologische Entwicklungen müssen besser vom Menschen beherrscht werden; denn nicht alles technisch Machbare ist bereits politisch und gesellschaftlich sinnvoll.

Sicherheit für die 80er Jahre kann es nur geben, wenn wir dem Strukturwandel in der Weltwirtschaft durch eine vorwärtsgerichtete Politik der Vollbeschäftigung und der Modernisierung unserer Volkswirtschaft begegnen.„

Bundeskanzler H. Schmidt sagt dem Deutschen Naturschutzring bei seinen Forderungen nach einem verbesserten Umwelt- und Naturschutz die volle Unterstützung der Bundesregierung zu. Der Kanzler räumt bei der Eröffnung der „Eurokampagne 1979/1980 zum Schutz der Tier- und Pflanzenwelt und ihrer natürlichen Lebensräume„ ein, dass sich die Bundesregierung der Umweltproblematik erst in den letzten Jahren bewusst geworden sei. H. Schmidt erinnert daran, dass den Völkern nicht nur ein kulturelles Erbe, sondern auch das der natürlichen Umwelt anvertraut sei, das nicht verspielt werden dürfe. Die Menschheit sei sich erst seit verhältnismäßig kurzer Zeit dieser Aufgabe bewusst. Dabei hätten sich die Naturschutzorganisationen große Verdienste erworben.

„Wir müssen„, so sagt H. Schmidt wörtlich, „die Natur vor uns selbst schützen. Wenn wir Natur zerstören, zerstören wir die Grundlage einer menschenwürdigen Existenz.„ Der Kanzler ermahnt die Naturschützer aber gleichzeitig, immer zu einem Ausgleich der Interessen und zu Kompromissen bereit zu sein, wozu immer ein demokratischer Dialog erforderlich sei. Nötig sei sicher eine Akzentverschiebung hin zu einem ,qualifizierten’ Wachstum, das auch den Erfordernissen des Umwelt- und Naturschutzes Rechnung trage. Es sei unbestreitbar, so sagt H. Schmidt weiter, dass in den Wiederaufbaujahren der Bundesrepublik an der Natur „Raubbau„ getrieben worden sei. Tatsache sei aber auch, dass in der Bundesrepublik in den letzten Jahren mehr und schärfere Umweltgesetze verabschiedet worden seien als in anderen europäischen Ländern.