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TITEL/INHALT

Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
Online-Suppl. Erweiterung des Berichtszeitraums von Mitte 1977 bis zur Jetztzeit / Autor: Dieter Schuster.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2003 ff

Stichtag:
22. Okt. 1979

Das Präsidium der SPD appelliert mit Nachdruck an die besonnenen Kräfte in der Union, den von F. J. Strauß gewiesenen Weg - er hat den Kompromiss der Bund-Länder-Kommission über die Anerkennung der Gesamtschul-Abschlüsse aufgekündigt - nicht mitzugehen und zu dem Kompromiss vom Sommer zurückzukehren. Sonst entstehe ein tiefer Riss in der Bildungspolitik.

Zur Fortschreibung des Bildungsgesamtplanes, insbesondere in der Frage der Gesamtschule, beschließen Bundesvorstand und Bundesausschuss der Arbeitsgemeinschaft für Sozialdemokraten im Bildungsbereich (AfB) in Bonn u. a.: „Die AfB erwartet von den SPD-Kultusministern, dass sie bei dem Erpressungsversuch der CDU/CSU im Zusammenhang mit der Fortschreibung des Bildungsgesamtplanes insbesondere in der Frage der Gesamtschulen weiterhin konsequent den sozialdemokratischen Standpunkt vertreten. Sie müssen auf der rechtlichen Absicherung der Gesamtschule als einer Regelschule bestehen. Die Gesamtschule hat sich bewährt: Sie ist humaner, da in ihr die Schüler angstfreier lernen und nicht oder seltener sitzenbleiben; Sie ist sozialer, weil fast jeder Schüler mindestens den Hauptschulabschluss erreicht, ein beachtlicher Teil bessere Abschlüsse erwirbt und die soziale Benachteiligung zurückgeht; Sie bewirkt größere Freiheit, indem die Schüler selbständiger und selbstsicherer werden; Sie erreicht mehr Solidarität, indem sie zu einem besseren Verständnis zwischen den Sozialschichten führt. Die Gesamtschule hat nicht zuletzt deshalb ein größeres Engagement und größere Einsatzbereitschaft von Lehrern, Eltern und Schülern erreicht. Die sozialdemokratischen Grundwerte der Freiheit, der Gerechtigkeit und der Solidarität verpflichten die SPD, die Gesamtschule zu realisieren. Indem die CDU/CSU ausschließlich für das dreigliedrige Schulsystem eintritt, zeigt sie das Augenmaß ihrer reaktionären Orientierung; sie will den Anspruch einer Minderheit auf elitäre Bildung gegen die Interessen der Mehrheit der Bevölkerung durchsetzen, die Bildungswege und Lebensperspektiven für alle offen halten möchte.„

Das Präsidium der SPD erklärt, dass der in Prag begonnene Prozess gegen sechs führende Mitglieder der Bürgerrechtsbewegung Charta `77 die Entspannungspolitik erneut belasten könne; er verstoße gegen Inhalt und Geist der Schlussakte von Helsinki. Nach den Anklagepunkten hätten die Angeklagten nur die in der CSSR verfassungsmäßig garantierten Rechte wahrgenommen. Die sechs Angeklagten sollten freigelassen werden, damit sie in einem fairen Verfahren unter internationaler Überwachung ihre Unschuld zweifelsfrei beweisen könnten.

Zu der wieder aufgeflammten Diskussion um den neugefassten Paragraphen 218 stellt W. Brandt in der Oktober-Ausgabe von „sozialdemokrat magazin„ u. a. fest: „Es gibt doch wohl keinen Zweifel, dass die jetzige Regelung einen Fortschritt gegenüber dem früheren Zustand gebracht hat. Die Frauen sind gesicherter vor Erniedrigung, Erpressung und Gefährdung ihres Lebens. Gesetz und gesellschaftliche Wirklichkeit liegen nicht mehr so weit auseinander. Gerade dieser letzte Punkt ist es, der manche der neuerlichen Anwürfe geradezu als grotesk erscheinen lässt.

Wir wissen uns mit der großen, ja mit der überwältigenden Mehrheit der Frauen in der Bundesrepublik einig: Sie lassen sich nämlich von niemandem mehr vorschreiben, wie sie mit ihren Konflikten fertig werden. Was der Staat tun kann und muss, ist nicht mehr – und nicht weniger, als die Möglichkeiten der Beratungen erheblich auszubauen helfen. Vor allem für jene Frauen, die ohnehin zu den sozial Benachteiligten gehören und für die es aus vielen, jedenfalls nicht von ihnen zu verantwortenden Gründen immer noch sehr schwer ist, den Weg zu einer Beratungsstelle zu finden. Was aus kirchlicher Sicht als Sünde gelten mag, darf nicht mit einem Zwang zur Strafverfolgung verwechselt werden. Mit übler Nachrede ist einem nicht nur bei dieser Gelegenheit auftauchenden Spannungszustand ohnehin nicht beizukommen.„


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