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TITEL/INHALT

Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
Online-Suppl. Erweiterung des Berichtszeitraums von Mitte 1977 bis zur Jetztzeit / Autor: Dieter Schuster.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2003 ff

Stichtag:
Anf. März 1978

Bundesgeschäftsführer E. Bahr stellt eine von den Meinungsforschungs-instituten Infas und Infratest im Auftrag der SPD durchgeführte Untersuchung über Sozialstruktur, Parteiaktivität und Informationsverhalten der SPD vor. Für diese Studie wurden 5.000 Parteimitglieder befragt. Die SPD hat sich zu einer echten Volkspartei „gemausert„. Aus der „Kommunikationsstudie„ geht hervor, dass sich die SPD seit Mitte der 60er Jahre in ihrer Mitgliederstruktur stärker verändert hat als in den nahezu hundert Jahren zuvor. Aus der Arbeiterpartei ist eine Arbeitnehmerpartei geworden. Die SPD hat sich zudem erheblich verjüngt. 22 Prozent aller SPD-Mitglieder sind Arbeiter. Das entspricht exakt dem Anteil an der Gesamtbevölkerung. Unter den CDU-Mitgliedern sind nur elf Prozent Arbeiter und bei der FDP fünf Prozent. Der Anteil der Beamten ist in allen Parteien überrepräsentiert. Während vier Prozent der Gesamtbevölkerung Beamte sind, stellen sie in der SPD und in der CDU jeweils 13 Prozent des Mitgliederanteils und in der FDP 14 Prozent. Etwa ein Drittel der SPD-Mitglieder sind Angestellte, was ebenfalls dem Bevölkerungsanteil entspricht. Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung sind die Selbstständigen bei der SPD unterrepräsentiert. Fast zwei Drittel aller SPD-Mitglieder haben einen Volksschulabschluss, was ebenfalls analog zu den Zahlen der Gesamtbevölkerung liegt. Die Zahl der SPD-Mitglieder mit mittlerer Reife und Abitur liegt etwas höher als in der Gesamtbevölkerung. Weiter weist die Studie die SPD als eine Männerpartei aus. Während der Frauenanteil an der Bevölkerung bei 53 Prozent liegt, sind nur 21 Prozent der SPD-Mitglieder Frauen. Auch bei der FDP liegt der Frauenanteil bei 21 Prozent, bei der CDU bei 19 und bei der CSU gar nur bei zwölf Prozent. Bei dieser Sachlage müsse nach E. Bahr auch in Betracht gezogen werden, dass in einer Volkspartei die heterogenen Kräfte stärker seien als in einer Weltanschauungspartei alten Typs. 70 Prozent der SPD-Mitglieder rechnen sich zur Mittelschicht und höher. Das Durchschnittseinkommen der SPD-Mitglieder liegt bei monatlich 2.250 DM und damit um etwa 100 DM über dem Bevölkerungsdurchschnitt.

Weitere Ergebnisse der Studie sind: SPD-Mitglieder sind kontaktfreudige Menschen, haben ein hohes Geselligkeitsgefühl und sind stark in Verbänden des vorpolitischen Raumes engagiert. Das durchschnittliche SPD-Mitglied gehört noch zwei weiteren Vereinen bzw. Organisationen an. 60 Prozent der SPD-Mitglieder sind aktive Gewerkschafter, fast zehn Prozent arbeiten in karitativen Verbänden mit, rund ein Drittel der Mitglieder gehört einem Sportverein an und ein Viertel wirkt in sonstigen Vereinen mit.

Nach den Beitrittsgründen und Bindungen an die SPD gefragt, wurde in erster Linie die Antwort gegeben: „Die Partei vertritt meine Interessen„. Als ein überaus hohes Moment der Bindung an die Partei stellten sich bei der Studie der moralische Anspruch und die Glaubwürdigkeit der SPD heraus.

Die Untersuchungen geben auch Anhaltspunkte dafür, dass die SPD-Arbeitsgemeinschaften nicht den Grad von Aktiven erreichen, für die sie manchmal zu sprechen vorgeben. So befinden sich rund 300.000 SPD-Mitglieder im Juso-Alter (bis 35 Jahre); 80.000 bezeichnen sich jedoch nur als Jungsozialisten, von denen wiederum lediglich 35.000 sagen, sie seien aktive Jusos. Bei der AfA und bei der AsF sehen die Zahlen ähnlich aus. Bei den Aktivitäten auf Ortsvereinsebene geben 31 Prozent eine regelmäßige Versammlungsteilnahme an. Als wichtigste Informations-vermittlung geben 77 Prozent die Massenmedien, 29 Prozent das Elternhaus an. Rd. 25 Prozent der Parteimitglieder lesen „Bild„, rd. 35 Prozent den „Spiegel„ (bei den SPD-Wählern sind es rd. 15 Prozent), rd. 30 Prozent den „Stern„ (bei den SPD-Wählern gleichviel), Tageszeitungen (FAZ, Welt, Süddeutsche) werden von rd. 5 bis 10 Prozent der Parteimitglieder gelesen. Bei der „Zeit„ sind es rd. 10 Prozent. 88 Prozent der Parteimitglieder sehen die „Tagesschau„, 67 „Heute„, 53 „Panorama„, 49 „Report„, 48 „Bericht aus Bonn„, 46 „Monitor„ und „Journalisten fragen - Politiker antworten„.


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