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TITEL/INHALT

Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
3. Nach dem Zweiten Weltkrieg. 2., neu bearb. und erw. Aufl. 1978.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001

Stichtag:
19. Mai 1968

Ministerpräsident H. Kühn betont auf einer Landesdelegiertenkonferenz der SPD von Nordrhein- Westfalen, die SPD müsse ihr Arbeiterfundament stabilisieren, ohne deshalb die mit dem Godesberger Programm gewonnene Öffnung zur »linken Mitte« aufzugeben. Sie müsse sich als linke Volkspartei verstehen. Um aus dem gegenwärtigen Tief herauszukommen, müsse die SPD die verlorenen Arbeiterstimmen und die aus ihrer Gefolgschaft ausgeschwenkten jungen Wähler zurückgewinnen und nicht durch Stimmen von rechts ausgleichen.

Der Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) beschließt: Der DGB hat erreicht, daß es nicht zu der ursprünglich vorgesehenen viel weiter gehenden Einschränkung der Grundrechte bei den Notstandsgesetzen gekommen ist. Der DGB bedauert jedoch, daß sein dringender Appell an die Abgeordneten des Bundestages vor der 2. Lesung, die jetzt vorliegenden Notstandsgesetzentwürfe abzulehnen, unbeachtet geblieben ist. Auch die in der 2. Lesung im Bundestag angenommenen Änderungsanträge können die schwerwiegenden Bedenken des DGB gegen die Notstandsverfassung nicht beseitigen. Nach wie vor ist der DGB der Meinung, daß auch in Notzeiten das Streik- und Koalitionsrecht gesichert werden muß und daß Zwangsmaßnahmen und Dienstverpflichtungen nicht das geeignete Mittel sind, das demokratische Bewußtsein und die Eigeninitiative der Bürger zu fördern. Für besonders verhängnisvoll hält es der DGB, daß der Einsatz der Bundeswehr bei inneren Notständen von der Mehrheit des Bundestages befürwortet wurde. Der DGB wird daher bis zur 3. Lesung weiterhin die ihm in einer parlamentarischen Demokratie zur Verfügung stehenden demokratischen Mittel ausschöpfen und dabei erneut den Bundestagsabgeordneten seine Bedenken vortragen. Wie bisher wird der DGB alle Maßnahmen ausschließlich in eigener Verantwortung durchführen und sich nicht von anderen Gruppen in unkontrollierbare Aktionen drängen lassen. Der Bundesvorstand des DGB lehnt einen allgemeinen Streik (Generalstreik) zur Verhinderung der Notstandsgesetze ausdrücklich ab, denn er hält es für einen Verstoß gegen die Grundsätze der parlamentarischen Demokratie, gegen einen mit großer Mehrheit gefaßten Beschluß des Bundestages zum Streik aufzurufen.


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net edition fes-library | Juni 2001