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TITEL/INHALT

Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
2. Vom Beginn der Weimarer Republik bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges. 3., unveränd. Aufl. 1980.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001

Stichtag:
13. April 1932

Außerordentlicher Gewerkschaftskongreß des ADGB in Berlin. Die einzige Aufgabe des Kongresses ist die Darlegung und Begründung der Forderung nach Arbeitsbeschaffung vor der Öffentlichkeit. W. Eggert legt den Plan der Gewerkschaften vor, der die besonders geeigneten Bereiche für die Arbeitsbeschaffung bezeichnet und für eine Million Arbeitskräfte für die Dauer eines Jahres zusätzliche Beschäftigung bringen soll durch einen Gesamtaufwand von rund zwei Milliarden Mark, die unter anderem durch die Ersparnisse bei der Arbeitslosenunterstützung und durch eine Arbeitsbeschaffungsanleihe aufgebracht werden sollen.
Bei einer Verwirklichung des Planes werde eine zusätzliche Kaufkraft in den wirtschaftlichen Kreislauf eingeschaltet. Das werde kräftigend auf eine Reihe von Verbrauchsgüterindustrien wirken; zugleich würden die Baustoffindustrien eine Belebung erfahren. Sowohl Reichsarbeitsminister A. Stegerwald wie Ministerpräsident O. Braun wenden sich gegen Maßnahmen, die zu einer Inflation führen könnten.
Der Kongreß richtet in seinem Beschluß »Wiederaufbau durch Arbeitsbeschaffung« an die Reichsregierung die Forderung, unverzüglich Anordnungen zur Inangriffnahme öffentlicher Arbeiten und zur Vergebung öffentlicher Aufträge sowie zur Förderung geeigneter Privataufträge zu treffen in einem Umfange, daß eine fühlbare Entlastung des Arbeitsmarktes eintritt. Zu diesem Zweck müssen solche zusätzlichen Arbeiten in Gang gebracht werden, die wirtschaftlich nützlich sind und von deren Kostenaufwand ein möglichst großer Teil auf die Löhne entfällt. In erster Linie kommen hierfür in Betracht Straßenhaltung und Straßenbau, landwirtschaftliche Meliorationen und Siedlungen, Hochwasserschutz, Kiemwohnungsbau und Unterhaltung des vorhandenen Wohnraumes sowie Aufträge der Reichsbahn und der Reichspost. Bei der Durchführung der Arbeiten müssen die beschäftigten Arbeitskräfte den üblichen Tariflohn erhalten; die Arbeitszeit darf höchstens 40 Stunden in der Woche betragen.
Der Kongreß verkennt nicht die Schwierigkeiten, die der Finanzierung der Arbeiten entgegenstehen. Alle noch auftreibbaren Mittel, auch gewisse Steuermittel, wie die durch die Reichsfluchtsteuer erfaßten Beträge und die Hauszinssteuer, sind vorübergehend zur Arbeitsbeschaffung zu verwenden, ferner die beträchtlichen Summen der durch die Wiederbeschäftigung von Arbeitslosen ersparten Unterstützungen sowie die von den Wiederbeschäftigten aufzubringenden Steuern und Beiträge zur Arbeitslosenversicherung.
Darüber hinaus unterstützt der Kongreß die Forderung der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion nach einer volkstümlichen Arbeitsbeschaffungsanleihe, die so auszugestalten ist, daß sie die von der Bevölkerung gehorteten Gelder anzieht.
Die Wirtschaftsführung des privatkapitalistischen Systems hat nach den Erfahrungen der letzten Zeit das Vertrauen weitester Volkskreise verloren. Der Einfluß des Staates, seine Aufsicht und seine Mitwirkung in der Wirtschaft müssen beschleunigt ausgebaut und verstärkt werden. Der Kongreß beauftragt den Bundesvorstand, die Forderungen der Gewerkschaften für den notwendigen Umbau der Wirtschaft erneut der Regierung vorzulegen und sie mit stärkstem Nachdruck zu vertreten.

Mit einer Verordnung des Reichspräsidenten »Zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung und der Staatsautorität« werden sämtliche militärähnlichen Organisationen der NSDAP, vor allem die SA und SS, aufgelöst. Die Auflösung der Organisationen sei notwendig, um die öffentliche Sicherheit und Ordnung aufrechtzuerhalten und die Staatsautorität vor weiteren schweren Beeinträchtigungen zu bewahren.


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net edition fes-library | Juni 2001