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TITEL/INHALT

Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
2. Vom Beginn der Weimarer Republik bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges. 3., unveränd. Aufl. 1980.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001

Stichtag:
8./14. April 1919

Zweiter Reichskongreß der Arbeiter-, Bauern- und Soldatenräte in Berlin. Unter den 264 Delegierten befinden sich 142 SPD- und 57 USPD-Mitglieder. Die KPD hatte sich nicht an den Wahlen zum Kongreß beteiligt. Zum Vorsitzenden wird R. Hauschildt (SPD) gewählt. Tagesordnung: Bericht des Zentralrates (R. Leinert); der Aufbau Deutschlands und das Rätesystem (M. Cohen); die Sozialisierung des Wirtschaftslebens (für den erkrankten K. Kautsky, Luise Kautsky).

Ein vom Kongreß angenommener Beschluß, G. Ledebour aus der Haft zu entlassen, wird von der Reichsregierung nicht durchgeführt. Ein Antrag der USPD-Mitglieder, den Belagerungszustand in Deutschland aufzuheben, wird abgelehnt. Angenommen werden der SPD-Antrag, alle politischen Gefangenen, die anläßlich politischer Bewegungen verhaftet worden seien, freizulassen, und der Antrag der Soldatenfraktion, einen Reichssoldatenrat zu
errichten.

Zur Frage des Rätesystems wird auf Vorschlag der SPD-Delegierten beschlossen, Kammern der Arbeit als sozialistische Ergänzung der Demokratie einzurichten. Zu diesen Kammern sollen alle arbeitsleistenden Deutschen, nach Berufen gegliedert, wahlberechtigt sein. Jedes Gesetz bedürfe der Zustimmung dieser Kammern.
Der von den USPD-Delegierten vertretene Antrag, den politischen und wirtschaftlichen Aufbau Deutschlands auf die Räteorganisation zu gründen, wird abgelehnt.

In einem Referat über die Sozialisierung des Wirtschaftslebens lehnt K. Kautsky die russische Methode ab. Not tue vor allem die Wiedervereinigung des Proletariats unter dem »Banner der Sozialisierung«. Unter dem Gesichtspunkt dieser Forderung verdiene die Regierung kein Vertrauen. Die vorliegenden Resolutionen werden dem neuen Zentralrat zur weiteren Behandlung überwiesen.

Der Kongreß fordert die Abschaffung der Freiwilligenwerbung, das Verbot des Tragens von Orden und die Wahl der Offiziere durch die Soldaten.

Der Antrag der beiden sozialdemokratischen Delegationen auf Veröffentlichung der Akten zur Vorgeschichte des Krieges wird mit großer Mehrheit angenommen. Die auswärtige Politik der Regierung, insbesondere die Führung der Waffenstillstandsverhandlungen durch M. Erzberger, wird verworfen, da sie geeignet sei, die Gegensätze zwischen den Völkern, besonders zwischen Deutschland und Frankreich zu verschärfen. Mit Rußland seien sofort freundschaftliche Beziehungen zu knüpfen.
Über die Besetzung des Zentralrates kommt es mit den USPD-Delegierten, die eine paritätische Besetzung fordern, zu keiner Einigung. Es werden nur 21 Mitglieder gewählt, 7 für die USPD freigehalten.
Dem neuen Zentralrat gehören 16 SPD-Mitglieder, ein DDP-Mitglied, zwei Soldatenräte, ein Mitglied des Bauernrates und ein christlicher Gewerkschafter an.



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net edition fes-library | Juni 2001