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TITEL/INHALT

Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
2. Vom Beginn der Weimarer Republik bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges. 3., unveränd. Aufl. 1980.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001

Stichtag:
18. Okt. 1923

Im Namen des arbeitenden Volkes erklären die versammelten Ausschüsse der drei gewerkschaftlichen Spitzenorganisationen, daß »die Not der breiten Massen einen Grad erreicht hat, der nicht mehr ertragen werden kann.
Nur rasche und tiefgreifende Maßnahmen können den völligen Zusammenbruch verhindern. Die Ordnung der Währung und der Staatsfinanzen, die nicht möglich ist ohne Zwangsopfer des Besitzes, muß sofort herbeigeführt werden.
Rücksichtslose finanzpolitische Maßnahmen sind dazu erforderlich. Die Gewerkschaften wiederholen ihre Forderung, zu diesem Zweck eine Erfassung von Sachwerten und die unmittelbare Beteiligung des Reiches an den Gewinnen der Wirtschaft durchzuführen.
Die Versammelten sind sich bewußt, daß eine dauernde Stabilisierung der Währung nicht erreicht werden kann ohne eine Gesundung der Wirtschaft. Die Gewerkschaften versagen sich nicht der Mitwirkung bei der notwendigen wirtschaftlichen Reorganisation. Dem entgegen steht aber der Egoismus des Unternehmertums, der sich auswirkt in maßlosen Preisausschreitungen und seinen sinnfälligsten Ausdruck gefunden hat in der schamlosen Preisdiktatur der Kartelle. Die rücksichtslose Zerschlagung dieser gegen das Gemeinwohl gerichteten privaten Zwangswirtschaft, die Beschränkung des hemmungslosen Gewinntrubels, die Erzwingung eines erheblichen Preisabbaues und damit Stärkung der Konsumkraft sind notwendige Voraussetzungen für die wirtschaftliche Wiedergesundung.
Im Namen der hungernden Massen fordern die Gewerkschaften von der Regierung sofortige Maßnahmen zur Behebung der Lebensmittelnot. Alle Mittel der Staatsgewalt müssen eingesetzt werden, um zu verhindern, daß das Volk bei vollen Scheunen verhungert.
An die gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmerschaft richten die Versammelten die Mahnung zu Besonnenheit, Einigkeit und Disziplin. Der politische, wirtschaftliche und soziale Generalangriff gegen die Arbeitnehmerschaft kann erfolgreich nur abgewehrt werden durch deren geschlossene Front.«



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net edition fes-library | Juni 2001