Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. -
[Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
ADGB, AfA und Deutscher Beamtenbund veröffentlichen ihre Forderungen: In einer Sitzung der Nationalversammlung in Stuttgart macht Reichskanzler G. Bauer (SPD) die Alldeutschen, einen Teil der Deutschnationalen und E. Ludendorff für den Kapp-Putsch verantwortlich. Dies seien dieselben Kreise, die die Schuld am Kriege trügen und daß Deutschland den Krieg in dieser elenden Weise verloren hätte. Der Staatsstreich habe die Arbeit um die Erneuerung Deutschlands um Monate, wenn nicht um Jahre zurückgeworfen.
2. Vom Beginn der Weimarer Republik bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges. 3., unveränd. Aufl. 1980.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001
Stichtag:
18. März 1920
»1. Entscheidender Einfluß der genannten Arbeitnehmerverbände auf die Umgestaltung der Regierungen im Reich und den Ländern sowie auf die Neuregelung der wirtschafts- und sozialpolitischen Gesetzgebung.
2. Sofortige Entwaffnung und Bestrafung aller am Putsch beteiligten Truppen und Bestrafung aller Personen, die am Sturz der legalen Regierungen beteiligt waren oder sich als Beamte des Reichs, der Länder oder Gemeinden ungesetzlichen Regierungen zur Verfügung gestellt haben.
3. Sofortiger Rücktritt des Reichswehrministers G. Noske sowie der preußischen Minister W. Heine (SPD) und R. Oeser (DDP).
4. Gründliche Reinigung der gesamten öffentlichen Verwaltungen und Betriebsverwaltungen von allen reaktionären Persönlichkeiten, besonders solchen in leitenden Stellen, und deren Ersatz durch zuverlässige Kräfte. Wiedereinstellung aller in öffentlichen Diensten gemaßregelten Organisationsvertreter.
5. Schnellste Durchführung der Demokratisierung der Verwaltungen unter Zuziehung und Mitbestimmung der wirtschaftlichen Organisationen der Arbeiter, Angestellten und Beamten.
6. Sofortiger Ausbau der bestehenden und Schaffung neuer Sozialgesetze, die den Arbeitern, Angestellten und Beamten volle soziale und wirtschaftliche Gleichberechtigung gewährleisten. Schleunige Einführung eines freiheitlichen Beamtenrechts.
7. Sofortige Sozialisierung des Bergbaus und der Kraftgewinnung, Übernahme des Kohlen- und des Kalisyndikats durch das Reich.
8. Sofortige Vorlegung eines Enteignungsgesetzes gegen Grundbesitzer, die die verfügbaren Lebensmittel nicht abführen oder ihren Betrieb nicht im Interesse des Volksganzen bewirtschaften, damit die produktiven Kräfte zur Gewinnung von Nahrungsmitteln restlos ausgenutzt werden.
9. Auflösung aller konterrevolutionären militärischen Formationen, Übernahme des Sicherheitsdienstes durch die organisierte Arbeitnehmerschaft.«
Ph. Scheidemann übt scharfe Kritik an G. Noske, ohne ihn mit Namen zu nennen, indem er ihm zum Vorwurf macht, daß er das Herannahen des Putsches nicht bemerkt habe. Er fordert die gründliche Säuberung der Reichswehr, die Entlassung aller unzuverlässigen Offiziere und die Entwaffnung der Truppen, die gemeutert haben. G. Noske reicht sein Abschiedsgesuch ein. Der Sprecher der USPD A. Henke hebt die Einigkeit des Proletariats in der Abwehr des Putsches hervor. Er bezichtigt aber die Regierung der Mitschuld an den Vorgängen.
Die SPD-Fraktion verlangt die Einsetzung eines zentralen Volksgerichts beim Reichsgericht aus Mitgliedern der Nationalversammlung zur Aburteilung der Putschisten und zur Einziehung ihres Vermögens.