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TITEL/INHALT

Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
2. Vom Beginn der Weimarer Republik bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges. 3., unveränd. Aufl. 1980.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001

Stichtag:
25. April 1944

Die »Union« schreibt an die Exekutive der Labour Party:
»Mr. Churchill hat im Namen der englischen Regierung erklärt, daß die Grundsätze der Atlantic-Charta in bezug auf territoriale Änderungen als Resultat dieses Krieges auf Deutschland keine Anwendung finden werden.
Im Zusammenhang mit dieser prinzipiellen Erklärung hat Mr. Churchill die Annektion deutschen Gebietes zugunsten Polens angekündigt. In den amtlichen Erklärungen der englischen und russischen Regierung ist über das Ausmaß dieser Annektionen nichts gesagt worden, aber die polnischen Patrioten in Moskau propagieren die Annektion Ostpreußens, Schlesiens und eines
Teils der Provinz Pommern.
Angeblich offizielle Pläne, die in der amerikanischen und englischen Öffentlichkeit diskutiert werden, sehen eine Aufteilung des deutschen Reichsgebiets vor 1933 in vier oder fünf selbständige Einzelstaaten vor.
Im Geiste der in der Erklärung vom 23. Oktober 1943 vertretenen Politik der europäischen Zusammenarbeit möchten wir unseren englischen Genossen gegenüber unsere tiefe Sorge über die jüngste Entwicklung der alliierten Politik zum Ausdruck bringen.
Wir deutschen Sozialisten sind überzeugt, daß große Teile des deutschen Volkes nach diesem schrecklichen Krieg bereit sein werden, einer Politik zu folgen, die die Schäden des Krieges heilen hilft und die durch tiefgehende Eingriffe in die staatliche und wirtschaftliche Struktur Deutschlands die Machtpositionen des deutschen Militarismus zerstört und damit die Wiedereingliederung eines demokratischen und friedlichen Deutschlands in die Gemeinschaft der freien Völker vorbereitet.
Wenn aber dieser Krieg endet mit der Vernichtung der Existenzgrundlagen des deutschen Volkes, werden die demokratischen und fortschrittlichen Kräfte im deutschen Volk einem neuen aggressiven Nationalismus gegenüberstehen, der eine politische Gesundung unmöglich machen wird.
Nur ein Frieden, der einem demokratischen Deutschland die nationalen und wirtschaftlichen Existenzmöglichkeiten erhält, wird der kommenden deutschen Arbeiterbewegung die Basis für eine aktive und erfolgreiche Friedenspolitik in der Gemeinschaft der europäischen Völker schaffen können.
Wir halten es für unsere Pflicht, der Leitung der Bruderpartei unseres Gastlandes unsere Auffassungen zur Kenntnis zu bringen. Wir fühlen uns mit der Labour Party verbunden in den sozialistischen Vorstellungen über die Voraussetzungen eines dauernden Weltfriedens, und wir sind überzeugt, daß auch die Labour Party den Abschluß dieses Krieges durch einen Frieden anstrebt, der der neuen sozialistischen Arbeiterbewegung im Nachkriegsdeutschland die Gewinnung der Mehrheit des deutschen Volkes für eine Politik des Friedens und der Zusammenarbeit mit allen Völkern Europas ermöglicht.«



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net edition fes-library | Juni 2001