Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
2. Vom Beginn der Weimarer Republik bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges. 3., unveränd. Aufl. 1980.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001

Stichtag: 21. Dez. 1936

Aufruf des »Komitee zur Vorbereitung der deutschen Volksfront«; »Für die deutsche Volksfront«.
»Die Volksfront will keine neue Partei sein. Sie soll ein Bund aller derer werden, die entschlossen sind, ihre Kraft für Freiheit und Wohlstand des deutschen Volkes einzusetzen. Alle in ihr vereinigten Parteien und Gruppen bleiben ihren besonderen weiterreichenden Zielen treu. Alle eint der Wille, die braune Zwangsherrschaft zu vernichten. Erst der Sturz der nationalsozialistischen Machthaber wird jeder politischen, geistigen und religiösen Strömung die Möglichkeit geben, für ihre Ansichten, Ziele und Ideale in freier Gleichberechtigung einzutreten.«
Für die Zeit nach dem Sturz der nationalsozialistischen Machthaber wird gefordert: Verstaatlichung der Rüstungsindustrie und der Großbanken, Enteignung des Großgrundbesitzes, Reorganisation von Heer und Verwaltung, Garantie des bäuerlichen Eigentums, Aufhebung der Kriegswirtschaft (und damit Konsolidierung des Mittelstandes in Handel und Gewerbe), tarifliche Regelung des Arbeitsprozesses, umfangreiche Sozialfürsorge sowie Förderung der Selbstverwaltung.
Sobald dies erreicht und die Freiheit gesichert sei, werde das Volk »auf Grund eines unverfälschten demokratischen Wahlrechts seine Vertreter wählen, die ihm allein verantwortlich« seien.
Zu den Unterzeichnern gehören Sozialdemokraten, u. a. R. Breitscheid, M. Braun, Tony Sender, A. Grzesinski, S. Marck, K. Böchel, S. Aufhäuser, A. Schifrin, A. Braunthal; Kommunisten, u. a. W. Pieck, W. Ulbricht, F. Dahlem, H. Wehner, W. Münzenberg; SAP-Mitglieder, u. a. W. Brandt, M. Diamant, P. Prölich, B. Goldenberg, W. Fabian, J. Walcher und unabhängige Persönlichkeiten, u. a. L. Feuchtwanger, A. Zweig, H. Mann, E. Toller, J. R. Becher, E. Bloch, W. Hallgarten, M. Seydewitz, Anna Siemsen, K. Rosenfeld.
Doch auf Grund ziemlicher Auseinandersetzungen scheitert das Volksfrontexperiment um die Jahreswende 1937/1938.