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[DIGITALE BIBLIOTHEK DER FES]
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Walter Wimmer
Multimedia-Angebote im Bibliothekskatalog. Neue Möglichkeiten durch das ALLEGRO-Programm ALCARTA


Auch wenn man beim Stichwort Multimedia wohl eher an Angebote im Internet oder an aufwendige CD-ROM-Produktionen, wie beispielsweise Enzyklopädien denkt, möchte ich mich im Folgenden primär mit einem althergebrachten Dienstleistungsangebot der Bibliothek im Haus-Netz der Friedrich-Ebert-Stiftung beschäftigen, nämlich unserem Bibliothekskatalog. Dieser soll jedoch durch die Nutzung von neuen Möglichkeiten der aktuellen Windows-Versionen unseres Bibliotheks-Programms ALLEGRO mit multimedialen Elementen angereichert werden.

Mutimedia könnte man als Integration von Text, Audio, Video und animierter Grafik in interaktiven Anwendungen beschreiben. Eine solche , im Idealfall für den Benutzer völlig transparente Integration unterschiedlichster Informationstypen und Datenformate in einer Anwendung findet in den neuen ALLEGRO-Programmen nicht statt. ALLEGRO ist und bleibt ein Datenbanksystem zur Verwaltung von Textinformationen. Datentypen wie binäre Objekte kennt ALLEGRO nicht und wird es wohl auch in Zukunft nicht kennen. In der ALLEGRO-Datenbank werden also in Textform Meta-Daten über digitale Objekte verwaltet, beispielsweise die Fundstelle einer Datei im Internet und nicht die Objekte selbst. Neue Möglichkeiten der Windows-Programme erlauben es aber, aus diesen Textinformationen Präsentationsformen zu entwickeln, die an das World Wide Web erinnern, also Darstellungsformen, die vielen Bibliotheksnutzern mittlerweile vertraut sind.

Im Bibliothekswesen taucht die Begriffskombination Multimedia und Katalog fast ausschließlich im Zusammenhang mit Internet-Informationssystemen auf. Web-Browser entwickeln sich sicherlich mehr und mehr zur universellen Arbeitsoberfläche für unterschiedlichste Anwendungen. Die konventionellen ALLEGRO-Programme bieten jedoch Suchmöglichkeiten, die mit WEB basierten ALLEGRO-Lösungen nur mit erheblichem Aufwand zu realisieren wären. Es lohnt sich für uns also, etwas Arbeit in unseren alten Bibliotheks-OPAC zu investieren, um diesen an neue Anforderungen anzupassen. Was sind nun diese neuen Anforderungen?

Digital vorliegende Publikationen in unterschiedlichsten Datenformaten, insbesondere Dokumente aus dem Internet, stellen die Bibliotheken vor völlig neue Probleme. Die Erschließung und Präsentation dieser digitalen Publikationen im lokalen OPAC einer Bibliothek ist hier nur ein Teilaspekt. Mittlerweile sind digitale Publikationen nicht mehr nur ein Phänomen, das auf die Naturwissenschaften beschränkt ist. Auch Gewerkschaften und Parteien veröffentlichen Publikationen zunehmend auch oder ausschließlich in digitaler Form.

Eine systematische Langzeitarchivierung bei den herausgebenden Einrichtungen findet vielfach nicht statt. Veraltete Daten werden gelöscht oder durch aktualisierte ersetzt. Die Gefahr ist also sehr groß, dass die Publikationen für immer verloren gehen. Eine Spezialbibliothek, wie die Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung, hat hier die Aufgabe, diese fehlende Langzeitsicherung wenigstens teilweise zu ersetzen.

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Die Sicherung der Daten ist dabei nur ein Aspekt. Genauso wichtig ist ihre Erschließung. Automatisierte Volltextindexierungen allein können eine optimale Erschließung dieser Dokumente nicht gewährleisten, sondern führen vielfach zu einer Informationsüberflutung, wie man bei der Benutzung von Internet-Suchmaschinen unschwer feststellen kann. Die Diskussion um Regelungen zur bibliographischen Beschreibung von Internet-Dokumenten, wie das "Dublin Core Metadata Element Set" ist auch außerhalb konspirativer bibliothekarischer Zirkel in vollem Gang. Nicht zuletzt gibt es Internet-Suchmaschinen, die Internetdokumente intellektuell beschreiben, wenn auch nicht unbedingt nach RAK, anstatt sie lediglich über Volltextindexierung zu erschließen.

Es macht also durchaus Sinn, digital vorliegende Dokumente in einem Bibliothekskatalog mit herkömmlichen bibliothekarischen Nachweistechniken zu erschließen. Auf Grund der Fülle des Materials ist hier natürlich eine weitere bibliothekarische Tugend gefordert, nämlich eine kritische Auswahl zu treffen.

Daneben scheint der Versuch durchaus sinnvoll, herkömmliche bibliothekarische Arbeitsweisen zu ergänzen und - soweit möglich - Abfragemechanismen für automatisierte Erschließungssysteme aus dem Katalog heraus aufrufbar zu machen. Auf diese Art könnten beispielsweise Suchanfragen an eine lokal verfügbare Volltextdatenbank abgeschickt werden, die dann entsprechende Suchergebnisse liefert.

Digital vorliegende Dokumente sollen, soweit dies technisch realisierbar ist, für den Benutzer online aus dem Bibliothekskatalog heraus aufrufbar sein. Auf lange Sicht sind zur Speicherung dieser Dokumente optische Medien, also CD-ROMs oder in Zukunft auch DVDs, sinnvoll. Hier könnten Limitierungen im Zugriff daraus entstehen, dass CD-ROMs nur in begrenzter Anzahl im Hausnetz zugänglich gemacht werden können.

Durch die Möglichkeit, Dokumente direkt aus dem Bibliothekskatalog heraus aufzurufen, soll nicht zuletzt ein Beitrag zu einer verbesserten Informationsversorgung von Hausmitarbeitern an den verschiedenen Standorten der Friedrich-Ebert-Stiftung geleistet werden. Als Beispiele können hier erste in digitaler Form abonnierte Zeitschriften, sowie die Sammlung digitalisierter Publikationen der Friedrich-Ebert-Stiftung dienen.

Die reine Nachweisfunktion des Bibliothekskatalogs soll also um Mechanismen zur schnellen Bereitstellung digitaler Dokumente ergänzt werden. Ich möchte hier die Vermutung formulieren, dass durch die alltägliche Verfügbarkeit großer Informationsmengen im Internet entsprechende Erwartungshaltungen bei den Benutzern von Bibliotheken entstehen oder verstärkt werden. Meiner Meinung nach sollten Bibliotheken versuchen, diesen sich verändernden Informationsbedürfnissen ihrer Kunden im Rahmen ihrer Möglichkeiten gerecht zu werden.

Die reinen Kataloginformationen, also die Titelaufnahmen, sollen durch zusätzliche digitale Informationselemente angereichert werden. In manchen Fällen mag sich der Zusatznutzen für den Benutzer darauf beschränken, dass die Recherche im Katalog für ihn interessanter wird. Ein Beispiel ist der Aufruf von Bildmaterial zur Person aus Personennormsätzen heraus. Der Katalog einer Bibliothek ist jedoch ein Produkt, das die Bibliothek nach außen darstellt. Es ist meiner Meinung nach durchaus legitim, dieses Produkt durch solche Informationen aufzupolieren.

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"Der wahre Jacob" online"

"Der wahre Jacob" online - die Bibliothek verbindet alte und neue Medien zu einem Informationsangebot.

In anderen Fällen ist der Zusatznutzen für den Benutzer deutlicher erkennbar. Gescannte Inhaltsverzeichnisse, die aus Titelaufnahmen heraus aufgerufen werden, können dem Benutzer bei der Entscheidung, ob ein bestimmter Titel für ihn relevant ist, durchaus weiterhelfen.

Ein Link auf die Internet-Homepage einer Körperschaft oder auf Internetseiten mit Material zu einer Person ermöglicht es einem Benutzer, sich schnell umfassender über diese Institution oder Person zu informieren. CD-ROMs können, wenn die technischen Voraussetzungen gegeben sind, aus der Titelaufnahme heraus gestartet werden.

Ein weiteres Beispiel: An der UB Braunschweig werden Internet-Links systematisch erschlossen und in einer ALLEGRO-Datenbank suchbar gemacht. Es handelt sich hier um das Projekt COOL. Meines Erachtens könnte es für eine Bibliothek durchaus sinnvoll sein, solche Angebote in ihre Katalogsysteme im Haus zu integrieren, obwohl intellektuell bearbeitete Linksammlungen bzw. virtuelle Bibliotheken wie Sand am Meer im Internet zu finden sind. Es reicht ja nicht, wenn sich eine Bibliothek als Dienstleistungseinrichtung versteht, sie muss auch als solche von ihrem Umfeld wahrgenommen werden. Solche Angebote können das Image einer Bibliothek, als Einrichtung, die aktiv versucht, die Informationsbedürfnisse ihrer Nutzer zu befriedigen, stärken. Es handelt sich hier meines Erachtens um die Fortführung einer seit Jahrhunderten genuin bibliothekarischen Aufgabe mit neuen Mitteln.

Wie bereits erwähnt, ermöglichen die Windows-Programme von ALLEGRO Darstellungsformen, die dem Benutzer aus dem World Wide Web bekannt sind, also insbeson-

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dere Hyperlinks. Diese Links heißen im ALLEGRO-Jargon Flips. Ich werde im Folgenden aber weiterhin den Terminus Links benutzen, da dieser Begriff gebräuchlicher ist.

Zur Darstellung digitaler Informationen in unterschiedlichen Formaten, benutzt ALLEGRO ähnlich wie ein Web-Browser Hilfsprogramme, sogenannte Viewer, die durch das Anklicken eines Links aktiviert werden.

Nicht unerwähnt bleiben soll, dass Links in ALLEGRO außer dem Start von Viewern noch eine Reihe anderer Möglichkeiten bieten. Beispielsweise können direkt Suchanfragen an die ALLEGRO-Datenbank gestartet werden. Dadurch werden für den Benutzer in einem ALLEGRO-Katalog neue intuitivere Formen der Datenbanknutzung möglich.

Die Hyperlinks der ALLEGRO-Datenbank basieren auf einem anderen Konzept als die Links im Web. Dort werden Dokumente, meistens jedenfalls, im sogenannten HTML-Format abgelegt. Dieses Format wurde von Anfang an darauf ausgelegt, die Integration multimedialer Elemente in Textinformationen zu erleichtern.

ALLEGRO verwendet für die Darstellung der Titelaufnahmen und die Realisierung der Links kein HTML sondern das Dateiformat RTF. Dieses Format wurde von Microsoft für den Datenaustausch zwischen Textverarbeitungen entwickelt und stammt aus einer Zeit, in der Multimedia noch kein Thema war. Mit der Zeit wurde das RTF-Format erweitert, beispielsweise um die Möglichkeit, Hyperlinks in Texten zu definieren. Die Darstellung von Texten mit eingebundenen grafischen Elementen ist jedoch mit dem in die ALLEGRO-Programme integrierten RTF-Interpreter nicht möglich.

Eine Darstellung der Titelaufnahmen im HTML-Format hätte also für die Integration multimedialer Elemente in den Katalog erheblich bessere Möglichkeiten geboten. Eine Entscheidung für das HTML-Format hätte es erforderlich gemacht, einen WEB-Browser in die ALLEGRO-Programme zu integrieren. Dies ist von der Programmierung her wesentlich aufwendiger, als die gewählte Lösung. Darin dürfte mit ein Hauptgrund für die Entscheidung für das RTF-Format liegen. Die ALLEGRO-Entwicklungsabteilung besteht ja nur aus zwei Personen, so dass man dort gezwungen ist, funktionale Lösungen mit vertretbaren Aufwand zu entwickeln.

Wie bereits erwähnt sind für eine Einbindung multimedialer Elemente in eine ALLEGRO-Anwendung externe Hilfsprogramme unverzichtbar. Im WEB-Browser kann und muss der Benutzer seine Viewer für bestimmte Datenformate selbst wählen. In einer ALLEGRO-Anwendung muss der Systemverwalter für die Verfügbarkeit dieser Programme sorgen und ihren korrekten Aufruf sowie die Zuordnung zu bestimmten Datenformaten in den Parameterdateien verankern.

Ich möchte hier auf einige Programme für häufige Datenformate hinweisen, die frei im Internet erhältlich sind. Viewer, die man bezahlen muss, können sich in umfangreicheren Netzen leicht zu einem Kostenfaktor summieren, den man nicht vernachlässigen sollte.

Das wichtigste Hilfsprogramm ist ein WWW-Browser, wie Netscape oder der Internet Explorer. Da viele digitale Dokumente im HTML-Format vorliegen ist er praktisch unverzichtbar. Ebenfalls häufig im Internet zu finden ist das PDF-Format. Hierfür gibt es den kostenlosen Acrobat Reader der Firma Adobe. Dokumente im Postscript-Format

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beschränken sich im Wesentlichen auf den mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich. Hier ist das Programm Ghostview empfehlenswert, das auch PDF-Dateien anzeigen kann.

Für Dokumente im Word- oder Excel-Format bietet die Microsoft freie Viewer an. An den OPAC-Geräten wird man ja in der Regel nicht Winword oder Excel zur Verfügung stellen wollen.

Die Grafikformate GIF und JPEG können auch von WEB-Browsern dargestellt werden. Ein sehr empfehlenswertes Programm zur Anzeige unterschiedlichster Grafikformate ist Irfan View, das für die nichtkommerzielle Nutzung kostenfrei ist. Für die Anzeige von Film- oder Toninformationen kann ich hier leider keine Empfehlung abgeben, da diese Dateiformate für uns zur Zeit nicht relevant sind.

Die neuen Windows-Programme von ALLEGRO sind, wie auch ihre DOS-Äquivalente, sogenannte monolithische Programme, das heißt sie brauchen einen ständigen Zugriff auf die Index- und Datendateien der Datenbank. Daneben gibt es jedoch schon seit längerem das Programm AVANTI, mit dem man eine ALLEGRO-Datenbank als Client-Server-Anwendung betreiben kann. Es wird hauptsächlich für die Internet Präsentation von ALLEGRO-Katalogen genutzt.

Nun könnte man sich die dabei verwendete Technik problemlos auch im Hausnetz, dem Intranet zunutze machen. Beide Lösungen haben für uns ihre spezifischen Vor- und Nachteile:

  1. Im Hausnetz der FES-Zentrale sind die monolithischen Programme schneller. Bei einer Lösung, die Mechanismen nutzt, die man für die Internet-Präsentation eines Katalogs verwendet, müssen sämtliche Anfragen über einen WWW-Server geleitet werden. Dieser wickelt dann die Kommunikation mit der Datenbank ab. Das kostet natürlich Zeit. Bei Suchanfragen aus den Außenstellen der Friedrich-Ebert-Stiftung ist dies anders. Hier sind Zugriffe über eine Client-Server-Lösung sicherlich schneller, da dabei wesentlich geringere Datenmengen übertragen werden.
  2. Die herkömmlichen ALLEGRO-Programme bieten wesentlich bessere Suchmöglichkeiten als Lösungen, die einen WWW-Server verwenden. So können beispielsweise einzelne im Lauf einer Recherchesitzung entstandene Ergebnismengen miteinander verknüpft werden. Bei Anfragen über einen WWW-Server wäre dies für uns nur mit hohem Aufwand zu realisieren.
  3. Eine Lösung, die einen WWW-Server nutzt, liefert die Suchergebnisse im HTML-Format. Dadurch ist die bereits angesprochene bessere Integration multimedialer Elemente in den Katalog möglich.
  4. Für den Einsatz von AVANTI ist ein Windows-NT oder ein UNIX-Rechner erforderlich. Da wir hier in einem Novell-Netz katalogisieren, würde für uns die Anschaffung eines entsprechenden Rechners nötig, von dem aus ein ständiger Zugriff auf den aktuellen Stand der Katalogdaten im Novell-Netz möglich ist.

Mittelfristig werden wir unseren Katalog wohl auf beide skizzierten Arten anbieten. Die geringere Netzbelastung durch eine Client-Server-Lösung wie AVANTI bei der Literaturversorgung der Mitarbeiter in Außenstellen und insbesondere in Berlin dürfte dabei zum entscheidenden Faktor werden. Zudem ist es schon seit langem ein Manko unseres

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existierenden Internet-Katalogs, dass er nicht auf die aktuellen Katalogdaten zugreift sondern offline aktualisiert wird.

Die Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung hat mit ihrem neu gestalteten Bibliotheks-OPAC erste Schritte auf dem Weg ins Multimedia-Zeitalter zurückgelegt. Wir werden versuchen, diesen Weg im Rahmen unserer Möglichkeiten konsequent weiter zu verfolgen.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Dezember 1999

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